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Spitalslandschaft Österreich 2023

Situation an Urologischen Abteilungen

Im Folgenden werden die Ergebnisse einer aktuellen Evaluation der Ist-Situation an den Urologischen Abteilungen/Kliniken in Österreich zusammengefasst.

Keypoints

  • Die Urologie ist weiterhin ein attraktives Fach, die Stellenbesetzung ist gut bis sehr gut.

  • Es gibt aktuelleine Reduktion der operativen und stationären Kapazitäten mitjedoch signifikanten Unterschieden zwischen den einzelnen Spitälern.

  • Individuelle Umstrukturierungen im operativen Bereich sind dringend notwendig, wie z.B. OP-Tagesklinik, Verkürzung der Liegezeiten und Nüchternaufnahme am OP-Tag.

Im Rahmen der ÖGU-Jahrestagung in Linz im November 2023 wurde über die Ergebnisse einer Evaluation der Ist-Situation an Urologischen Abteilungen/Kliniken vorgetragen. Für diese Evaluation wurde von mir ein kurzer, einfacher Fragenkatalog erstellt und an alle Primarärzte der Urologischen Kliniken landesweit im Sommer 2023 per E-Mail versandt. Der Fragenkatalog wurde von mir dabei bewusst einfach und praktikabel gehalten, um eine hohe Rücklaufquote zu erzielen. Er bestand aus 10 Fragen zu den drei Themen Kapazitäten (an Betten, in Ambulanzen und im OP), Stellenschlüssel (Fachärzte und Ausbildungsärzte) und Wartezeiten für die klassischen urologischen Operationen (onkologisch, nichtonkologisch, elektiv). Die Daten wurden für ganzÖsterreich und im Einzelnen in Bezug auf die urologische Versorgung in den neun Bundesländern ausgewertet.

Demografie in Österreich

Österreich hat aktuell ca. 9,129 Mio. Einwohner (E). Fasst man die vier bevölkerungsreichsten Bundesländer im Nordosten zusammen, leben dort ungefähr 72% der Gesamtbevölkerung. Dies spiegelt sich auch zumindest zum Teil in der urologischen Spitalslandschaft in jedem Bundesland wider (eine Ausnahme ist die Steiermark). Folgende Standorte Urologischer Kliniken/Abteilungen wurden in den neun Bundesländern für die Evaluation kontaktiert (gerundete Einwohnerzahl in Klammer):

  • Vorarlberg (408000 E): Bregenz, Feldkirch

  • Tirol (773000 E): Innsbruck, Hall, Kufstein, Lienz

  • Salzburg (569000 E): SALK, BarmherzigeBrüder, Zell am See

  • Oberösterreich (1527000 E): Ried im Innkreis, Wels, Vöcklabruck, Steyr, Ordensklinikum, Kepler Univ.-Klinikum

  • Niederösterreich (1721000 E): Mistelbach, Wiener Neustadt, Baden, Krems, St. Pölten und Korneuburg

  • Wien (2000000 E): Hanusch-Krankenhaus, Barmherzige Schwestern & Barmherzige Brüder, Klinik Favoriten, Klinik Ottakring, Klinik Donaustadt, AKH

  • Burgenland (301000 E): Oberwart

  • Steiermark (1266000 E): Graz, Leoben

  • Kärnten (568000 E): Klagenfurt

Ergebnisse Fragebogen

Die Rücklaufquote des Fragebogens betrug 88%, d.h., vier Urologische Kliniken (Lienz, Zell am See, Korneuburg, Klagenfurt) haben in dieser österreichweiten Auswertung nicht berücksichtigt werden können.

Die österreichischen Kapazitäten im stationären Bettenbereich lagen im Mittelwert (MW) bei 86% (60–100%), im OP-Bereich bei 83% (Range 60–100%) und in den Ambulanzen bei 97% (70–100%; Tab. 1). Bei den OP-Kapazitäten betrug der Anteil der Tagesklinik im MW 13% (Range 0–38%),die Kapazitäten in den einzelnen Bundesländern wurden ebenfallsim Detail erfasst (Tab. 1).

Tab. 1: Aktuelle Kapazitäten stationärer Betten, im OP (anteilig davon die Tagesklinik) und in Ambulanzen im Mittelwert (%) gemessen an den möglichen vorhandenen Vollkapazitäten in Österreich und den Bundesländern

In Österreich sind mögliche Facharztstellen im Krankenhaus im MW mit 92% (Range 64–100%) und urologische Assistenzärzte in Ausbildung mit 97% (Range 67–100%) ausgelastet (Tab. 2).

Tab. 2: Stellenbesetzung bei Fachärzten und Assistenzärzten in urologischer Ausbildung im Mittelwert (%) gemessen am jeweiligen Stellenplan für Österreich und den Bundesländern

Die Wartezeiten für Operationen unterscheiden sich zwischen onkologischen,nichtonkologischen und elektiven Eingriffen deutlich. Die Wartezeit für eine radikal-onkologische OP liegt in Österreich im MW bei 2,1 Monaten (M.; Range 1–6), für eine TUR-P bei 3,9 M. (Range 1–12 M.), für eine TUR-B bei 1,7 M. (Range 1–4 M.), für eine Ureterorenoskopie (URS)/perkutane Nephrolitholapaxie (PNL) bei 3,2 M. (Range 1–12 M.) und für eine OP des äußeren Genitales bei 5,9 M. (Range 2–24 M.).

Die Ergebnisse der Facharztstellen und Wartezeiten wurden auf Bundes-und Länderebene ausgewertet (Tab. 2 und 3).

Tab. 3: Wartezeiten für Operationen (in Monaten) bei onkologisch radikalenOP, TUR-P, TUR-B, Stein-OP und OP des äußeren Genitales jeweils im Mittelwert für Österreich und in den Bundesländern

Diskussion

Die Evaluation der Fragebögen kann nur einen Überblick über die aktuelle Situation der Urologischen Abteilungen in den Spitälern in Österreich geben. Demografisch auffällig sind dabei jedoch z.T. erhebliche Unterschiede in der Spitalslandschaft in den einzelnen Bundesländern. Ein anerkannter Standard sollte pro 250000 Einwohner für die operativ-stationäre Versorgung 30–40 urologische Betten gewährleisten. Dies ist in der Steiermark und in Kärnten offensichtlich nicht gegeben. Es besteht im Bundesdurchschnitt ein Minus von rund 17% OP-Kapazitäten. Dieses spiegelt sich v.a. in den Wartezeiten für nichtonkologische und elektive Operationen deutlich wider. Hingegen sind die Wartezeiten für onkologische Eingriffe gemessen an den Leitlinienempfehlungen und im internationalen europäischen Vergleich noch normwertig und somit für Patienten als nicht gefährdend zu bewerten. Eine Umstrukturierung in den einzelnen Kliniken mit Erhöhung des tagesklinisch-operativen Angebots wäre sicherlich eine Möglichkeit, die eklatanten Wartezeiten für elektive Operationen am äußeren Genitale zu verkürzen und zusätzlich auch fehlende stationäre Betten teilweise zu kompensieren. Die Urologie ist weiterhin ein attraktives Fach, um eine medizinische Ausbildung und Karriere zu starten. Die Stellenbesetzung bei Assistenzärzten in Ausbildung ist österreichweit sehr gut. Die Urologie ist ein gutes Fach für eine simultane Wahlarztordination neben der Krankenhaustätigkeit, was sich in der etwas geringeren Auslastung der möglichen Krankenhaus-Facharztstellen von rund 92% zeigt.

Die Hoffnung auf eine vollständige Regenerierung der Spitalslandschaft mit einem Ist-Zustand mit maximalen Kapazitäten im operativen und stationären Bereich wird wohl ein Wunschgedanke bleiben. Bei einem europaweiten Personalmangel an Ärzten und in der Pflege in allen Bereichen der Medizin bleibt hier wenig Raum für Optimismus. So wird es an jeder Urologischen Klinik liegen, durch Eigeninitiative das Beste aus der vorhandenen Situation zu machen.

beim Verfasser

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