
Resistenzen in der mCRPC-Therapie: den molekularen Mechanismen auf der Spur
Autorin:
Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Isabel Maria Heidegger-Pircher, PhD, FEBU
Department für Urologie
Medizinische Universität Innsbruck
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Die systemische Behandlung des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC) hat in den letzten Jahren große Fortschritte erfahren. Alle Substanzen haben jedoch gemeinsam, dass es primär oder sekundär zu Resistenzentwicklung kommt, die einen Therapiewechsel erforderlich macht. Zudem besteht vor allem bei Androgenrezeptor-Signalinhibitoren (ARSI) das Problem von Crossresistenzen. Im Folgenden werden Beispiele verschiedener Resistenzmechanismen, die sich unter ARSI entwickeln, sowie mögliche Strategien, an denen geforscht wird, um diese Resistenzen zu überwinden, vorgestellt.
Keypoints
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Therapieresistenz ist ein dominierendes Hindernis in der klinischen Praxis.
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Es existieren unterschiedliche Mechanismen der Therapieresistenz bei mCRPC (AR-abhängig vs. -unabhängig, primär vs. erworben)
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Die zugrunde liegenden Resistenzmechanismen können für die Entwicklung von Biomarkern genutzt werden, um Behandlungsentscheidungen in der täglichen Routine zu lenken.
Die Behandlungslandschaft des metastasierten Prostatakarzinoms ändert sich seit einigen Jahren stetig. Neben Medikamenten, die bereits seit einigen Jahren beim metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) eingesetzt werden,haben wir rezent den PARP Inhibitor Olaparib bei Patienten mit BRCA1- oder BRCA2-Mutation nach Vortherapie mit einer neuen hormonellen Therapie dazugewonnen. Einen Überblick über die aktuelle Zulassungslage beim mestastasierten Prostatakarzinom (Stand 17.11.2021) gibt Abbildung 1.
Abb. 1: Überblick über die aktuelle Therapie des metastasierten Prostatakarzinoms (Stand 17.11.2021)
Arten der Resistenzentwicklung
Androgen-abhängige Resistenzentwicklung
Trotz aller neuer Behandlungsoptionen beim metastasierten Prostatakarzinom bleibt die Hormontherapie das entscheidende Backbone in der Systemtherapie. Obwohl die meisten Patienten initial sehr gut auf die Therapie ansprechen, bildet sich nach meist 2-3 Jahren eine Kastrationsresistenz heraus. Dies kann diverse Ursachen haben, wie die Reaktivierung des Androgenrezeptors (AR) z.B. durch Spleißvarianten oder Mutationen, AR-Gen-Amplifikationen oder ein Bypassing des AR etwa durch eine Hochregulation des Glukokortikoid-Rezeptors.1 Von bis dato sieben verschiedenen beschriebenen Spleißvarianten ist die AR-V7-Spleißvariante diejenige, die klinisch wohl am bedeutsamsten ist. Bereits 2017 konnte gezeigt werden, dass das Vorhandensein der AR-V7-Spleißvariante auf zirkulierenden Tumorzellen mit einem schlechteren progressionsfreien (PFS) und Gesamtüberleben (OS) bei Patienten, die Abirateron oder Enzalutamid erhalten, einhergeht.2
Androgen-unabhängige Resistenzentwicklung
Spratt und Kollegen konnten vor einigen Jahren in einer Transkriptom-Analyse von fast 20000 radikalen Prostatektomien zeigen, dass 9–11% der Patienten eine niedrige AR-Aktivität besitzen, aber ein erhöhtes Immun-Signalling, eine dominant neuroendokrine Expression oder verminderte DNA-Reparatur aufweisen.3 Klinisch ist dies von Bedeutung, da diese Patienten schlecht oder gar nicht auf Hormontherapie oder eine Docetaxel-Chemotherapie ansprechen, im Gegenzug aber von einer platinhaltigen Chemotherapie oder von PARP-Inhibitoren profitieren.
Vorbestehende Resistenz
Ein Beispiel der präexistenten Resistenz auf ARSI ist die „HSD3B1 (1245A>C) germline variant“. In einer kürzlich publizierten Studie wurden DNA-Proben von 475 Männern aus der CHAARTED-Studie analysiert. Interessanterweise konnte gezeigt werden, dass über 50% der Patienten einen Missense-codierenden Einzelnukleotid-Polymorphismus (SNP) im HSD3B1-Gen besitzen, was dazu führt, dass mehr Androgene von adrenalen Precursern produziert werden und somit die Entwicklung einer Kastrationsresistenz erleichtert wird, was sich in einem verminderten OS und einer verminderten Zeit bis zur Kastrationsresistenz niederschlägt.4
Therapie-assoziierte Resistenz
Bluemn und Kollegen haben die mCRPC-Phänotypen vor und nach Einführung von ARSI verglichen. Dabei konnten sie zeigen, dass eine AR-Inhibition dazu führt, dass immer mehr AR-null-Phänotypen entstehen, die aber auch keine neuroendokrinen Eigenschaften besitzen. Interessanterweise haben diese „doppelt negativen Prostakarzinome“ eine erhöhte Aktivität des FGF- und MAPK-Pathways, die eine AR-Abhängigkeit umgehen kann.5 Derzeit laufen 3 klinische Studien mit FGF-Inhibitoren bei Patienten mit AR-unabhängigem Prostatakarzinom.
Crossresistenzen ARSI – ARSI
Aus dem klinischen Alltag und aus klinischen Studien wissen wir, dass eine Sequenztherapie von zwei ARSI nur selten mit einem Therapieansprechen vergesellschaftet ist. Vor wenigen Monaten wurde in einer hochrangig publizierten Arbeit gezeigt, dass eine sequenzielle Therapie von Abirateron – Enzalutamid oder vice versa zu einer Zunahme der AR-Copy Number, zu Veränderungen der AR-Mutationsfrequenzen sowie zu einer veränderten AR-Liganden-Bindungsdomäne führt.6
Stategien der Resistenzüberwindung
Kombinationstherapien
Eine Möglichkeit, um Resistenzen hinauszuzögern oder zu verhindern, ist die Gabe von Kombinationstherapien. Derzeit laufen multiple Kombinationsstudien von zugelassenen mit ebenfalls zugelassenen oder noch experimentellen Therapien. Beispielsweise konnte gezeigt werden, dass die Kombination von Abirateron plus Olaparib v.a. bei Patienten mit HRR+ ein signifikant verlängertes radiografisches PFS (rPFS) im Vergleich zur Olaparib-Monotherapie zeigt.7 Hintergrund der Wirksamkeit ist, dass die PARP- Aktivität dazu führt, dass der AR aktiviert wird und es somit unabhängig vom BRCA Signalling zu einem Tumorwachstum kommt.
Bipolare Androgentherapie
Ein weiterer interessanter Ansatzpunkt ist die bipolare Androgentherapie (BAT). Hierbei soll durch zyklische supraphysiologische Gabe von Testosteron die Sensitivität gegenüber ARSI wieder hergestellt werden. In einer kürzlich publizierten, randomisierten, multizentrischen Studie mit knapp 200 mCRPC-Patienten konnte gezeigt werden, dass die Sequenz BAT – Enzalutamid mit einem signifikant verlängerten PFS im Vergleich zur Sequenz Enzaluamid – BAT vergesellschaftet ist.8
Zusammenfassung
Primäre, erworbene oder Crossresistenzen unter ARSI stellen ein klinisch signifikantes Problem im Alltag dar. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind vielfältig, neben der Androgen-abhängigen Resistenzentwicklung zeigen rezente Studien eine Vielzahl von neuen Mechanismen auf. Gegenstand der derzeitigen Forschung ist es, die Resistenzen zu verstehen und Escape-Stategien zu etablieren, um den Patienten ein personalisiertes Behandlungskonzept anbieten zu können.
Literatur:
1 Kita Y et al.: Castration-resistant prostate cancer refractory to second-generation androgen receptor axis-targeted agents: opportunities and challenges. Cancers (Basel) 2018; 10(10): 345 2 Antonarakis ES et al.: Resistance to androgen-pathway drugs in prostate cancer. N Engl J Med 2014; 371(23): 2234 3 Spratt DE et al.: Transcriptomic heterogeneity of androgen receptor activity defines a de novo low AR-active subclass in treatment naive primary prostate cancer. Clin Cancer Res 2019; 25(22): 6721-30 4 Hearn JWD et al.: HSD3B1 genotype and clinical outcomes in metastatic castration-sensitive prostate cancer. JAMA Oncol 2020; 6(4): e196496 5 Bluemn EG et al.: Androgen receptor pathway-independent prostate cancer is sustained through FGF signaling. Cancer Cell 2017; 32(4): 474-89.e6 6 Annala M et al.: Evolution of castration-resistant prostate cancer in ctDNA during sequential androgen receptor pathway inhibition. Clin Cancer Res 2021; 27(16): 4610-23 7 Clarke N et al.: Olaparib combined with abiraterone in patients with metastatic castration-resistant prostate cancer: a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 2 trial. Lancet Oncol 2018; 19(7): 975-86 8 Denmeade SR et al.: TRANSFORMER: a randomized phase II study comparing bipolar androgen therapy versus enzalutamide in asymptomatic men with castration-resistant metastatic prostate cancer. J Clin Oncol 2021; 39(12): 1371-82
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