
Das neue Rasterzeugnis der ÖGU
Autoren:
Dr. Lukas Steinkellner
Abteilung für Urologie und Andrologie Ordensklinikum Linz
E-Mail: lukas.steinkellner@ordensklinikum.at
Dr. David Oswald
Universitätsklinik für Urologie und Andrologie Universitätskrankenhaus Salzburg
E-Mail: d.oswald@salk.at
Nach langjähriger Entwicklung wurde heuer der Vorschlag eines neuen Rasterzeugnisses für die Sonderfachausbildung für Urologie und Andrologie durch den ÖGU-Vorstand beschlossen, der Ärztekammer bzw. dem Gesundheitsministerium übermittelt und im Rahmen der Jahrestagung in Linz präsentiert.
Keypoints
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Für die Rasterzeugnisse der Sonderfachgrundausbildung (SFG) sowie der Module (1) Andrologie und sexuelle Funktionsstörung, (2) Kinderurologie und (3) urologische Onkologie wurden Korrekturen eingereicht.
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Als Basis für die Neugestaltung dienten die Vorschläge des ÖGU-Think-Tanks, Empfehlungen aus den Arbeitskreisen, verfügbare Literatur sowie der internationale Vergleich (v.a. EBU – European Board of Urology, Deutschland und Schweiz).
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Im Rahmen der Sonderfachgrundausbildung werden nun vermehrt Eingriffe individuell genannt und explizit mit einer Kennzahl versehen.
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Wichtige Grundkompetenzen und -fähigkeiten der Urologie sollen zukünftig in ergänzenden Kursen abgebildet werden.
Das derzeit gültige Rasterzeugnis der Sonderfachausbildung für Urologie wird durch die Ärzteausbildungsordnung (ÄAO) 2015 vorgegeben. Im Rahmen der damaligen Umstellung von der ÄAO 2006 wurden sogenannte Gegen- bzw. Nebenfächer abgeschafft, die Basisausbildung wurde etabliert und die Kennzahlen im Rasterzeugnis wurden verändert. Die wohl bedeutendste Neuerung war aber die Modularisierung der Ausbildungszeit. Derzeit müssen Assistenzärzt*innen 9 Monate Basisausbildung (BA), 36 Monate Grundausbildung (SFG) und 27 Monate Schwerpunktausbildung (SFS) absolvieren. Für Letzteres muss aus folgenden Modulen zu je 9 Monaten (3x) gewählt werden: (1) Andrologie und sexuelle Funktionsstörungen, (2) Kinderurologie, (3) urologisch-onkologische Chirurgie, (4) Laparoskopie und minimalinvasive Therapie, (5) Urogeriatrie, (6) Blasenfunktionsstörungen und Urodynamik und (7) wissenschaftliches Modul.
Die Anzahl an verfügbaren Ausbildungsstellen und die an Abteilungen möglichen Module können im Ausbildungsstätten-Verzeichnis online eingesehen werden ( www.aerztekammer.at/ausbildungsstaettenverzeichnis ). Ob aus Sicht der Assistenzärzt*innen Ausbildungszeiten korrekt eingetragen sind, kann im Umkehrschluss unter www.meindfp.at/ überprüft werden.
Für die jeweiligen Abschnitte bestehen nun getrennt zu erfüllende Rasterzeugnisse. Dies bedeutet konkret, dass die Kennzahlen der Sonderfachgrundausbildung (SFG) in den vorgegebenen 36 Monaten zu erfüllen sind. Die Inhalte der Module (1–7) dürfen parallel erlernt werden, d.h., die Richtzahlen sind nicht zwingend in einem Zeitraum von 9 Monaten nachzuweisen. Diese Tatsache ist selbst unter Assistenzärzt*innen kaum bekannt und findet in der Realität selten Berücksichtigung. Im Rahmen der Ausbildungsumfrage 2022 (siehe Artikel des AAÖGU zur Ausbildungsumfrage in der vorliegenden Ausgabe von ÖGU Aktuell) zeigte sich, dass dies nur 50% aller Teilnehmer*innen wussten und nur ein Drittel glaubt, die Kennzahlen der SFG entsprechend erfüllen zu können. Insgesamt glauben 2022 nur 40%, die aktuell gültigen Rasterzeugnisse der urologischen Ausbildung erfüllen zu können.
Entwicklung des Rasterzeugnisses
Die Grundlage für die aktuelle Überarbeitung legte eine Arbeitsgruppe (ÖGU-Think-Tank) von insgesamt neun Personen über die letzten zwei Jahre. Beteiligt waren Vertreter der Assistenzärzt*innen, Oberärzt*innen, Primarärzt*innen und niedergelassenen Kolleg*innen. Berücksichtigt wurden die aktuell gültigen Ausbildungsordnungen im deutschsprachigen Raum (Tab. 1), die Abteilungs- und Ausbildungsstruktur in Österreich sowie verfügbare Literatur.
Tab. 1: Internationaler Vergleich; * auf Basis der Konzeption des ÖGU-Think-Tanks, genannte Kennzahlen beziehen sich auf die SFG
Sonderfachgrundausbildung (36 Monate)
Im Vergleich zur ÄAO 2015 werden nun individuelle Eingriffe der „diagnostischen und therapeutischen Endoskopie des Harntrakts“, der „Ableitung des Harntrakts“ sowie der „Operationen am äußeren Genitale“ explizit genannt und mit eigenen Kennzahlen versehen. Des Weiteren wurde aufgrund der zunehmenden Bedeutung der Fusionsbiopsie sowie des transperinealen Zuganges die Zahl der erforderlichen Eingriffe erneut (wie auch schon im Vergleich zur ÄAO 2006) angepasst (Tab. 2). Um wichtige Kennkompetenzen und -fähigkeiten (z.B. Spermiogramm, Urodynamik, Sonografie etc.) der Urologie weiter zu festigen, sollen ergänzende Kursformate dauerhaft etabliert werden. Zusätzlich wird die medikamentöse Tumortherapie in der Sonderfachgrund- und in der -schwerpunktausbildung unmissverständlich abgebildet. Da alle in Österreich aktuell verfügbaren Daten zu individuellen Kennzahlen aus den Ausbildungsumfragen des Arbeitskreises AssistenzärztInnen stammen und die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) ohnehin an einer fächerübergreifenden Lösung arbeitet, soll ein verpflichtendes OP-/Leitungslogbuch eingeführt werden.
Sonderfachschwerpunktmodule (SFS, 27 Monate)
In Bezug auf die SFG wurden drei der sieben möglichen Module aufgegriffen und überarbeitet:
(1) Andrologie und sexuelle Funktionsstörungen
Die Kenntnisse (A), Erfahrungen (B) und Fertigkeiten (C) wurden für dieses Modul überarbeitet:
A – zusätzlich: Basiskenntnisse der Methoden der assistierten Reproduktion
B – zusätzlich: Teilnahme an einem internationalen (1x) oder (2x) an einem andrologischen Sommer- oder Winterworkshop
C – Anpassung der Kennzahlen:
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Andrologische Anamnese und Status: 30
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Rel. Ultraschalluntersuchungen: 30
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Konservative und operative Therapie andrologischer Erkrankungen: 50
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Kommunikation und Beratung von Patient*innen mit Sexualfunktionsstörung (1) und Fertilitätsstörung (2), jeweils: 20
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Operateur*in oder Assistenz bei mikrochirurgischen Eingriffen (Refertilisierung, Varikozele, mikroTESEn, Penisprothesen und/oder IPP-Operationen): 10
(2) Kinderurologie
Im Rahmen dieses Moduls wurden die wichtigsten Krankheitsbilder in Erfahrungen (B) weiter definiert und die erforderlichen Kennzahlen in Fertigkeiten (C) angepasst:
(B) Erfahrungen
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Nennung individueller Krankeitsbilder, (z.B. Pyelonephritis, Hodenhochstand, Hydronephrose, Hoden- und Hydatidentorsion)
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Listung individueller diagnostischer und therapeutischer Endoskopie
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Einführung Urotherapie, kindliche (Video-)Urodynamik und päd. Nephrologie
(C) Fertigkeiten
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Diagnostik und Therapie der im Kindesalter auftretenden urologischen Erkrankungen: 50
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Fachspezifische Sonografie: 50
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Uroradiologische Untersuchungen: 20
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Operationen am äußeren Genitale: 30
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Mitwirkung an Operationen höherer Schwierigkeitsgrade: 15
(3) Urologische Onkologie
Neben der Umbenennung des Moduls ist die einzige Veränderung die explizite Ergänzung der medikamentösen (hormonablativen) Tumortherapie.
Ausblick
Durch den beschlossenen Kompetenzverlust der ÖÄK für die Ärzteausbildung mit Jänner 2023 an die Länder sowie die aktuell fehlende österreichweite Lösung ist die unmittelbare Zukunft ungewiss. Ohne entsprechende Einigung wäre vorerst das Gesundheitsministerium für die Qualitätssicherung verantwortlich, sodass offen bleibt, wie rasch der Vorschlag des neuen Rasterzeugnisses tatsächlich Einzug im klinischen Alltag findet.
Aus Sicht der Österreichischen Gesellschaft für Urologie stellt die aktuelle Überarbeitung jedoch einen wichtigen Schritt eines ständig wandelnden Prozesses zur Sicherung der urologische Ausbildung dar. Es wird derzeit bereits aktiv an der Etablierung der geplanten Kursformate gearbeitet, um diese zukünftig auch flächendeckend anbieten zu können. Zukünftig gilt es, die Grundkompetenzen und -fähigkeiten der Urologie und Andrologie in Österreich weiter zu spezifizieren und gegenüber anderen Fachrichtungen noch besser abzugrenzen.
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Literatur:
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