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Ergebnisse einer Datenbankauswertung

Nebenwirkungen der Testosterontherapie

<p class="article-intro">Zu den Effekten einer Testosteronsubstitution gibt es zahlreiche Untersuchungen. Häufig wird die Behandlung mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko in Verbindung gebracht. Eine aktuelle Datenbankauswertung, die im März beim Kongress der European Association of Urology (EAU) in London vorgestellt wurde, kam zu differenzierten Ergebnissen. Dr. Julian Hanske, der die Studie in London präsentierte, erklärt im Interview, worauf es dabei ankam.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Die Daten wie vieler M&auml;nner haben Sie f&uuml;r Ihre Studie ausgewertet? Und was waren die Einschlusskriterien?</strong><br /> Insgesamt waren es 6844 M&auml;nner im Alter von 40 bis 65 Jahren; die H&auml;lfte hatte zwischen 2006 und 2010 Testosteron verschrieben bekommen, die andere H&auml;lfte nicht. Wir haben eine sogenannte Twin-Pair-Analyse vorgenommen. Dabei haben wir f&uuml;r jeden Patienten unter Testosteronersatztherapie einen &bdquo;Zwilling&ldquo; gesucht, der ihm in allen relevanten Aspekten wie Alter, Gr&ouml;&szlig;e, Gewicht, Lebensumst&auml;nden, Vorerkrankungen etc. exakt entsprach, aber keine Testosteronbehandlung erhalten hatte.<br /> Ausgeschlossen waren alle M&auml;nner mit zuvor erfassten kardiovaskul&auml;ren Vorerkrankungen, Gerinnungsst&ouml;rungen (z.B. Faktor-V-Leiden-Mutation), thromboembolischen Ereignissen oder Schlafapnoe, denn wir wollten sicher sein, dass nur die Auswirkungen des Testosterons in die Analyse einflie&szlig;en.</p> <p><strong>Gibt es Unterschiede zwischen dieser Population und derjenigen anderer Studien, zum Beispiel das Alter oder der Gesundheitszustand?</strong><br /> Der Hauptunterschied ist in der Tat das Alter der M&auml;nner. Wir konnten die TRICARE-Datenbank der Versicherung f&uuml;r Angeh&ouml;rige des US-Milit&auml;rs nutzen. Der Vorteil gegen&uuml;ber anderen Datenbanken, etwa SEER (&bdquo;Surveillance, Epidemiology, and End Results&ldquo;) vom National Cancer Institute kombiniert mit Medicare, ist, dass bei TRICARE auch j&uuml;ngere Patienten erfasst sind.</p> <p><strong><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Urologik_Uro_1703_Weblinks_urologik_uro_1703_seite_20_tab1.jpg" alt="" width="1417" height="607" />Welche Endpunkte haben Sie definiert und wie sahen die Ergebnisse aus? </strong><br /> Wir haben das eventfreie &Uuml;berleben (&bdquo;event free survival&ldquo;, EFS) und das absolute 2-Jahres-Risiko f&uuml;r Thromboembolien, obstruktive Schlafapnoe und kardiovaskul&auml;re Ereignisse wie Myokardinfarkte, Schlaganf&auml;lle etc. der beiden Gruppen verglichen. Dabei zeigte sich, dass es hinsichtlich der Thromboembolien keine Unterschiede im EFS beider Gruppen gab (Abb. 1). Dagegen war bei kardiovaskul&auml;ren Ereignissen das EFS in der Therapiegruppe l&auml;nger als in der Kontrollgruppe (Abb. 2). Und bei der Schlafapnoe schnitten die M&auml;nner der Therapiegruppe schlechter ab als die Kontrollen (Abb. 3). Dies gilt sowohl f&uuml;r das EFS als auch f&uuml;r das 2-Jahres-Risiko. Da es sich bei unserer Untersuchung um eine Datenbankauswertung handelt, k&ouml;nnen wir aber nur best&auml;tigen, dass ein Zusammenhang zwischen Testosteronsubstitution und Schlafapnoe besteht. Wir k&ouml;nnen nicht erkl&auml;ren, wie es dazu kommt. Dennoch sollte man das Ergebnis im Hinterkopf behalten, wenn man einen Patienten hinsichtlich einer Testosteronsubstitution ber&auml;t. Immerhin ist die Schlaf apnoe ein vor allem bei M&auml;nnern weit verbreitetes Problem und ein Risikofaktor f&uuml;r kardiovaskul&auml;re Krank heiten.<img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Urologik_Uro_1703_Weblinks_urologik_uro_1703_seite_21_tab2-4.jpg" alt="" width="1088" height="2430" /></p> <p><strong>In fr&uuml;heren Studien wurde die TRT mit einem erh&ouml;hten kardiovaskul&auml;ren Risiko in Verbindung gebracht. Wie erkl&auml;ren Sie sich die unterschiedlichen Resultate?</strong><br /> Auch hier gilt: Die Daten zeigen lediglich den Sachverhalt auf. &Uuml;ber die Ursachen kann man nur spekulieren. Das Alter der M&auml;nner k&ouml;nnte eine Rolle spielen. M&ouml;glicherweise sind M&auml;nner, die sich Testosteron verschreiben lassen, ohnehin agiler und fitter und senken dadurch ihr Risiko eines kardiovaskul&auml;ren Ereignisses. Einen konkreten Hinweis kann unsere Studie jedoch nicht geben. Dann kann man auch nicht generell von einem protektiven Effekt der TRT bei Herz- und Gef&auml;&szlig;krankheiten sprechen? Nein, das w&uuml;rde viel zu weit greifen und ist durch unsere Untersuchung nicht gedeckt.</p> <p><strong>In die Untersuchung waren auch junge M&auml;nner eingeschlossen, die die Behandlung &uuml;ber viele Jahre fortf&uuml;hren m&uuml;ssen. Sind weitere Nachbeobachtungen &uuml;ber einen l&auml;ngeren Zeitraum vorgesehen, um Langzeiteffekte beurteilen zu k&ouml;nnen?</strong><br /> Auch das ist leider nicht m&ouml;glich. Einerseits liegt das daran, dass die M&auml;nner von TRICARE zu Medicare wechseln, sobald sie &uuml;ber 65 Jahre alt sind. Andererseits ist bei TRICARE nur ersichtlich, dass die Patienten die Medikamente verschrieben bekommen haben. Ob und wie regelm&auml;&szlig;ig sie diese eingenommen haben, l&auml;sst sich nicht nachverfolgen, da keine Blutwerte erfasst werden. Zudem ist es aus rechtlichen und Datenschutzgr&uuml;nden nur erlaubt, Personengruppen in eine Analyse einzubeziehen, individuelle Auswertungen sind daher nicht m&ouml;glich. Es besteht mithin noch Forschungsbedarf.</p> <p><strong>Herr Dr. Hanske, vielen Dank f&uuml;r das Gespr&auml;ch.</strong></p></p>
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