
Lymphknotenmanagement, Bildgebung, Staging – aktuelle Aspekte
Autorinnen:
Dr. Johanna Krauter
Mag. Dr. Melanie R. Hassler-Di Fratta, PhD
Universitätsklinik für Urologie
Medizinische Universität Wien
E-Mail: johanna.krauter@meduniwien.ac.at
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Aktuelle Empfehlungen im fortgeschrittenen Stadium des Peniskarzinoms, betreffend die Auswahl der radiologischen Bildgebung unter Therapie, das Therapieregime und die Anzahl der Zyklen, beruhen auf einer spärlichen Datenlage mit geringer Evidenz. Das multidisziplinäre Vorgehen in einem erfahrenen Zentrum kann das Outcome dieser seltenen uroonkologischen Patientengruppe jedoch verbessern. Weitere Daten aus klinischen Studien (z.B. der kürzlich gestarteten InPACT-Studie zur neoadjuvanten Chemo- oder Chemoradiatio) werden hoffentlich zur Verbesserung des klinischen Managements beitragen.
Keypoints
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Für das Langzeitüberleben ist ein optimales Lymphknotenmanagement ausschlaggebend.
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Eine invasive Diagnostik bei entsprechenden Risikofaktoren ist bei Patienten mit klinisch unauffälligen Lymphknoten indiziert.
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SPECT/CT identifiziert bei cN0- und cN1-Patienten mehrere und eine exaktere präoperative Lokalisation der Sentinellymphknoten als eine Szintigrafie.
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Level-1-Evidenz zur neoadjuvanten Chemo- oder Chemoradiatio vor Operation bei fortgeschrittenem Peniskarzinoms ist durch die laufende InPACT-Studie zu erwarten.
Das Plattenepithelkarzinom des Penis (PEC) ist eine seltene Erkrankung, die vor allem Männer in der 6. Lebensdekade betrifft. Das relative 5-Jahres-Überleben bei Patienten mit negativem Lymphknotenstatus beträgt ca. 94%, reduziert sich jedoch bei Vorhandensein positiver Lymphknoten auf 46–21%.1,2 Ein Leitlinien-konformes Lymphknotenmanagement ist für die optimale klinische Versorgung dieser Patienten daher von essenzieller Bedeutung. Eine systemische Chemotherapie im fortgeschrittenen Stadium gilt mittlerweile als StandardofCare.
Staging und Lymphknotenmanagement
Für Prognose und Therapie des PEC ist die TNM-Klassifikation entscheidend.3 Die letzte Version des TNM-Systems weist zwei signifikante Änderungen zur Vorversion auf: Eine perineurale Invasion wird nun dem T1b-Stadium zugeschrieben und hat daher ein ähnliches Risiko für inguinale Metastasen wie cT2-Primärtumoren.4 Außerdem wird pN1 definiert als ≥2 unilaterale inguinale Metastasen ohne extranodales Wachstum und pN2 als ≥3 unilaterale inguinale Lymphknoten (LK) oder bilaterale Metastasen.5
Im Rahmen retrospektiver Analysen hat sich die Bedeutung eines optimalen Lymphknotenmanagements bzw. der chirurgisch-invasiven LK-Abklärung auch bei Patienten mit klinisch negativem Lymphknotenstatus (cN0) mit zugrundeliegendem Hochrisikoprimärtumor für ein verlängertes Langzeitüberleben bestätigt.6,7 Bei einem cN0-Befund sollte daher immer eine invasive Lymphknotendiagnostik erfolgen, wenn bei einemTumorim Stadium≥pT2„Highgrade“eine lymphovaskuläre Invasion oder eine perineurale Invasion vorliegen.8–11
Zum invasiven Staging kann entweder eine (dynamische) Sentinel-LK-Biopsie (SNB) oder eine superfizielle oder modifizierte inguinale Lymphknotendissektion (LND) durchgeführt werden. Lützen et al.kombinierten SNB mit präoperativer und intraoperativer Sonografie bei cN+-Patienten.12 Die präoperative Sonografie und SNB hatten jeweils eine Sensitivität von 95% und 74% sowie eine Spezifität von 61% und 100% bei einem Follow-up von 2 Jahren. Kombiniert mit der intraoperativen Sonografie erhöhten sich Sensitivität und Spezifität auf 100%. Durch die Kombination konnten 21 LNDs vermieden werden und im medianen Follow-up von 46 Monaten zeigte sich kein Lymphknotenrezidiv.12 Ein systematischer Review berichtete, dass eine Kombination von prä-SNB-Sonografie und Feinnadelaspirationszytologie (FNAC) die Rate an falschnegativen Befunden reduzieren kann.13 In einer dänischen Studie von Jakobsen et al. zeigte die Kombination von SNB und FDG-PET-CT bei Patienten vor SNB eine Sensitivität von 94%.14 Nach negativer SNB kann für Patienten mit fehlendem Lymphknotenbefall eine „Active Surveillance“-Strategie gewählt werden. Bei einem pN1-Nachweis sollte eine komplette ipsilaterale LND vorgenommen werden. Bei einem pN2-Befund oder bei Nachweis eines extranodalen Wachstums werden eine ipsilaterale inguinale LND und eine einseitige oder beidseitige pelvine LND empfohlen.15
Die Einführung des SPECT/CT bei der SNB ermöglicht eine präoperativ exaktere Lokalisation der Sentinellymphknoten. Bisher gibt es dazu 3 Studien, welche zeigen, dass SPECT/CT mehr Sentinelknoten als eine Szintigrafie bei cN0- und cN1-Patienten identifiziert.12,13,16 Derzeit noch unklar ist, ob durch Einführung der SPECT/CT die Operationszeit reduziert wird und die Genauigkeit der SNB zu einer Reduktion der falschnegativen Rate führt.
Eine Feinnadel-Aspirationsbiopsie (FNA) kann zusätzliche Informationen liefern und das weitere chirurgische Prozedere beeinflussen. Bei Niedrigrisikotumoren (pTis, pTa oder pT1a) mit klinisch auffälligen LK und negativer FNA wird eine Exzisionsbiopsie empfohlen. Bei Hochrisikotumoren mit cN+ und negativer FNA wird eine oberflächliche oder modifizierte LND empfohlen. Patienten mit positiver FNA und ≥3positiven nodalen Läsionen oder suspekten pelvinen LK im CT oder PET-CT können von einer neoadjuvanten Chemotherapie mit ggf. nachfolgender chirurgischer Sanierung profitieren.
Bildgebende Diagnostik
Grundsätzlich werden bei cN+ oder Hochrisikopatienten laut NCCN-Leitlinien ein CT oder ein MRT zum lokalen Staging empfohlen, die EAU-Leitlinien empfehlen außerdem ein FDG-PET-CT. Der Stellenwert von FDG-PET-CT-Untersuchungen bei cN0-Patienten wurde mehrfach untersucht, allerdings sind die Ergebnisse aller Studien aufgrund der niedrigen Patientenzahlen limitiert. In einer auf sieben Studien beruhenden Metaanalyse von Sadeghi et al.zeigte sich für das FDG-PET eine gepoolte Sensitivität von 56,5% (95% CI: 34,5–76,8%) pro Leiste bei cN0-Patienten.18 Souillac et al. berichteten, dass das FDG-PET-CT drei von vier Lymphknotenmetastasen bei cN0-Patienten korrekt identifizierte.19 Letztlich gibt es jedoch keine prospektive, randomisierte Studie, welche CT, MRT und FDG-PET vergleicht, somit ist die ideale Bildgebung bei Patienten mit cN+-Befund zum inguinalen Lymphknotenstaging nicht geklärt.
Zusätzliche Informationen über die Tumorausdehnung wie z.B. Invasion der Corpora cavernosa oder der Urethra können ein MRT oder eine farbcodierte Doppler-Sonografie bringen. Betreffend die Infiltration der Corpora cavernosa zeigten die Sonografie bzw. das MRT eine Sensitivität von 97% und 74% und eine Spezifität von 96% und 99%.17 Für die MRT-Bildgebung wurde in dieser Studie ein 1,5-Tesla-Gerät verwendet, bei einem 3-Tesla-Gerät könnte sich die Sensitivität nochmals verbessern. Erwähnenswert ist außerdem, dass die Ergebnisse der Sonografie signifikant benutzerabhängige Resultate zeigten. Entsprechend den Empfehlungen von EAU- und NCCN-Leitlinein sollten jedoch beide Modalitäten im Rahmen der Planung einer Organ-erhaltenden Operation durchgeführt werden.
InPACT-Studie
Da es bisher kaum konklusive Level-1-Evidenz zur Versorgung von Patienten mit fortgeschrittenem PEC gibt, ist der besondere Stellenwert der seit 2017 rekrutierenden InPACT-Studie hervorzuheben. Der International Penile Advanced Cancer Trial (InPACT; Clinical-Trials.gov Identifier: NCT02305654) soll 400 Patienten mit lokal fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom des Penis (zumindest positive inguinale Lymphknoten) im Vereinigten Königreich, den USA, Kolumbien und Kanada rekrutieren.20 Ein Studienziel ist es, die Rolle der neoadjuvanten Therapie (Chemotherapie oder Chemoradiatio) vor chirurgischer Therapie zu evaluieren. Auch wird die Rolle der prophylaktischen pelvinen LND nach inguinaler LND bei Patienten mit Hochrisikomerkmalen und Erhalt einer Radiochemotherapie untersucht. Das entsprechende Studiendesign ist in Abbildung 1 dargestellt. Mit diesem Studiendesign soll Klarheit bezüglich der Sequenzierung der Therapien beim lokal fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinom des Penis geschaffen werden. Ergebnisse werden Mitte/Ende 2024 bis Beginn 2025 erwartet.
Literatur:
1 Kirrander P et al.: Swedish National Penile Cancer Register: Incidence, tumour characteristics, management and survival. BJU Int 2016; 117(2): 287-92 2 Graafland NM et al.: Prognostic significance of extranodal extension in patients with pathological node positive penile carcinoma. J Urol 2010; 184(4): 1347-53 3 Paner GP et al.: Updates in the eighth edition of the Tumor-Node-Metastasis-Staging Classification for urologic cancers. Eur Urol 2018; 73(4): 560-9 4 Sun M et al.: Development and external validation of a prognostic tool for prediction of cancer-specific mortality after complete loco-regional pathological staging for squamous cell carcinoma of the penis. BJU Int 2015; 116(5): 734-43 5 Pettaway CA: Penile cancer management in the United States: Regional centers of expertise are needed! Ann Surg Oncol 2019; 26(4): 928-9 6 Kroon BK et al.: Patients with penile carcinoma benefit from immediate resection of clinically occult lymph node metastases. J Urol 2005; 173(3): 816-9 7 Hakenberg OW et al.: EAU-Guidelines on penile cancer: 2014 update. Eur Urol 2015; 67(1): 142-50 8 Solsona E et al.: Corpus cavernosum invasion and tumor grade in the prediction of lymph node condition in penile carcinoma. Eur Urol 1992; 22(2): 115-8 9 Hall MC et al.: Deoxyribonucleic acid flow cytometry and traditional pathologic variables in invasive penile carcinoma: Assessment of prognostic significance. Urology 1998; 52(1): 111-6 10 Ficarra V et al.: Prognostic factors in penile cancer. Urology 2010; 76(2 Suppl 1): 66-73 11 Velazquez EF et al.: Histologic grade and perineural invasion are more important than tumor thickness as predictor of nodal metastasis in penile squamous cell carcinoma invading 5 to 10 mm. Am J Surg Pathol 2008; 32(7): 974-9 12 Lutzen Uet al.: Value and efficiency of sentinel lymph node diagnostics in patients with penile carcinoma with palpable inguinal lymph nodes as a new multimodal, minimally invasive approach. Eur J Nucl Med Mol Imaging 2016; 43(13): 2313-23 13 Zou ZJ et al.: Radiocolloid-based dynamic sentinel lymph node biopsy in penile cancer with clinically negative inguinal lymph node: An updated systematic review and meta-analysis. Int Urol Nephrol 2016; 48(12): 2001-13 14 Jakobsen JK et al.: DaPeCa-3: promising results of sentinel node biopsy combined with(18) F-fluorodeoxyglucose positron emission tomography/computed tomography in clinically lymph node-negative patients with penile cancer - a national study from Denmark. BJU Int 2016; 118(1): 102-11 15 Lont AP et al.: Pelvic lymph node dissection for penile carcinoma: Extent of inguinal lymph node involvement as an indicator for pelvic lymph node involvement and survival. J Urol 2007; 177(3): 947-52 16 Saad ZZ et al.: Investigating the role of SPECT/CT in dynamic sentinel lymph node biopsy for penile cancers. Eur J Nucl Med Mol Imaging 2017; 44(7): 1176-84 17 Bozzini G et al.: Role of penile doppler US in the preoperative assessment of penile squamous cell carcinoma patients: Results from a large prospective multicenter European study. Urology 2016; 90: 131-5 18 Sadeghi R et al.: Accuracy of 18F-FDG PET/CT for diagnosing inguinal lymph node involvement in penile squamous cell carcinoma: Systematic review and meta-analysis of the literature. Clin Nucl Med 2012; 37(5): 436-41 19 Souillac I et al.: Prospective evaluation of (18)F-fluorodeoxyglucose positron emission tomography-computerized tomography to assess inguinal lymph node status in invasive squamous cell carcinoma of the penis. J Urol 2012; 187(2): 493-7 20 Canter DJ et al.: The International Penile Advanced Cancer Trial (InPACT): Rationale and current status. Eur Urol Focus 2019; 5(5): 706-9
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