
HPV-Impfung bei jungen Männern – eine urologische Verantwortung
Autor:innen:
Dr. Julia Weiss1
Univ.-Prof. Dr. Elmar A. Joura2
Univ.-Prof. Dr. Shahrokh F. Shariat1
1 Department für Urologie, Comprehensive Cancer Center, Medizinische Universität Wien
2 Department of Obstetrics and Gynecology, Comprehensive Cancer Center, Medizinische Universität Wien
E-Mail: julia.weiss@meduniwien.ac.at
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Die HPV-Impfung wurde lange Zeit ausschließlich als Maßnahme zur Prävention des Zervixkarzinoms bei Frauen gesehen. Doch aktuelle epidemiologische und klinische Daten zeigen klar: Auch Männer erkranken in relevanter Zahl an HPV-bedingten malignen Tumoren – und profitieren nachweislich von der Impfung. Die Urologie steht damit zunehmend im Zentrum einer Präventionsstrategie, die weit über das klassische Zielpublikum hinausgeht.
Das humane Papillomavirus (HPV) ist die weltweit häufigste sexuell übertragbare Infektion. Männer infizieren sich mindestens genauso häufig wie Frauen, zeigen jedoch seltener Symptome – bleiben aber infektiös. Die Folge: Sie fungieren nicht nur als bedeutende Überträger und sind selbst zunehmend von HPV-assoziierten Krebserkrankungen betroffen.
Epidemiologische Daten belegen ein unterschiedliches Infektionsmuster bei Männern. Ab dem dritten Lebensjahrzehnt liegt die Prävalenz von HPV-Infektionen im Gegensatz zu Frauen bei konstant weit über 30%. Ein wichtiges Detail ist, dass die Übertragung von Frau auf Mann deutlich besser funktioniert als umgekehrt. Die Zahlen widerlegen außerdem klar die Vorstellung, dass HPV nur eine Infektion des Jugendalters ist und daher eine späte Impfung keinen Sinn macht. Doch wie kann man sich eine HPV-Erkrankung beim Mann vorstellen? Während Genitalwarzen medizinisch eher harmlos sind, ist das onkologische Risiko deutlich alarmierender. HPV verursacht unter anderem Peniskarzinome, Analkarzinome, oropharyngeale Karzinome – vor allem HPV-16-assoziiert – und möglicherweise HPV-assoziierte Urothelkarzinome. Besonders dramatisch ist die epidemiologische Entwicklung der oropharyngealen Karzinome: In mehreren Ländern hat die HPV-assoziierte Inzidenz dieser Tumoren bei Männern bereits jene des Zervixkarzinoms bei Frauen überholt. Der Altersgipfel der Karzinome beim Mann liegt um das 65. Lebensjahr (im Gegensatz zum Zervixkarzinom, das seinen Altersgipfel mit 45 Jahren hat).
HPV-Impfstrategien: Europa und Österreich
Die WHO verfolgt das Ziel, HPV-bedingte Karzinome langfristig zu eliminieren. Die zentralen Punkte der Cervical Cancer Elimination Agenda bis 2030 lauten:
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90% Durchimpfungsrate bei 15-Jährigen
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70% HPV-Testung bei Frauen im Alter von 35 bis 45 Jahren
-
90% Zugang zu Diagnostik und Therapie
Europa setzt zunehmend auf geschlechtsneutrale Impfstrategien – jedoch mit großen Unterschieden in der Erfolgsrate: Skandinavien, Benelux und Großbritannien erreichen Impfquoten von 80–90% – teils mit „Catch-up-Programmen“. Deutschland weist bei Mädchen eine Impfquote von ca. 50% auf, bei Buben liegt sie deutlich darunter. Österreich bietet seit 2023 die geschlechtsneutrale, kostenlose HPV-Impfung bis zum 30. Geburtstag an – die Impfquote liegt derzeit aber noch unter dem WHO-Ziel. Das öffentliche HPV-Impfprogramm umfasst:
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Impfung in der 4. Schulstufe für Mädchen und Buben (9. Lebensjahr)
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Catch-up-Impfung bis zum 30. Geburtstag (kostenlos bei Beginn bis Ende 2025, danach wieder bis zum 21. Geburtstag)
Urologie als Schlüsselposition
Die Urologie ist oft die erste Anlaufstelle für Männer – insbesondere für junge Erwachsene, MSM („men who have sex with men“), HIV-positive oder HPV-betroffene Patienten. Sie spielt daher eine zentrale Rolle in der aktiven Impfaufklärung und Prävention. Aber auch Väter und Mütter sollen über die Wichtigkeit der Impfung bei ihren Kindern und Enkeln aufgeklärt werden. Die HPV-Impfung sollte Bestandteil der urologischen Prävention sein. Internationale Studien (z.B. DeKloe et al., ASCO 2024) zeigen eine signifikante Risikoreduktion: Bei geimpften Männern sank die Inzidenz HPV-assoziierter Kopf-Hals-Tumoren um 56%. Der präventive Effekt bleibt auch im Erwachsenenalter erhalten.
Fazit
Die Evidenz ist eindeutig: Die HPV-Impfung ist wirksam, sicher und schützt auch Männer vor hoher Morbidität und potenziell tödlichen Karzinomen. Die Urologie hat eine Schlüsselposition inne und sollte aktiv zur Impfaufklärung und Prävention beitragen.
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