In memoriam Marcus Riccabona

Die Entwicklung des Arbeitskreises Kinderurologie der ÖGU

Die Nachricht über den plötzlichen Tod von Univ.-Doz. Dr. Marcus Riccabona hat die kinderurologische Gemeinschaft in Österreich sehr getroffen. Marcus hat die österreichische Kinderurologie maßgeblich geprägt und kann als Vater der Kinderurologie in Österreich bezeichnet werden.

Durch seine Zielstrebigkeit und sein Können entwickelte Marcus Riccabona nicht nur die einzige kinderurologische Abteilung in Österreich, sondern er hat auch die Kinderurologie insgesamt auf ein hohes Niveau gehoben. Fürihn war klar, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind und althergebrachte Therapiekonzepte aus der Erwachsenenurologie nicht 1:1 angewendet werden können. Ihm, der geprägt war von Auslandsaufenthalten und einem zeitgemäßen Verständnis von Kindeswohl, lag die kindgerechte Betreuung auf der Bettenstation und in der Ambulanz sehr am Herzen.

Um neue Ideen zu sammeln und neueste Techniken zu lernen, war er weltweit unterwegs. Dieses Wissen teilte Marcus Riccabona mit den österreichischen Kolleginnen und Kollegen. Der Arbeitskreis Kinderurologie der ÖGU entwickelte sich zu einer wichtigen Plattform dieses Wissensaustausches.

In den ersten Jahren traf man sich vierteljährlich zu den Arbeitskreissitzungen. Meist handelte es sich um die gleiche kleine Gruppe, 3–4 Urologen. Wie Dr. Kurt Batelka, langjähriger Oberarzt am Wilhelminenspital (Prof. Dr. Othmar Zechner) in Wien, berichtet, war neben ihm meist noch Prim. Dr. Klaus Henning aus Klagenfurt bei den Gesprächen dabei.

Marcus Riccabona hat die Entwicklung des Arbeitskreises mit Nachdruck gefördert. Er übernahm früh dessen Leitung.Kurt Batelka kann sich noch sehr gut an die gemeinsamen Fortbildungen in Varese erinnern – damals traf sich die kinderurologische Welt einmal im Jahr in Norditalien zu einem Kongress mit Live-OPs.Insbesondere von dieser Veranstaltung wurden immer viele neue Erkenntnisse mitgebracht.

Auch wurde versucht, die Therapiealgorithmen der einzelnen Abteilungen zu vereinheitlichen. Dies war oftmals mit Diskussionen verbunden, da verschiedene Lehrmeinungen vorherrschten. Durch längeren Diskurs entstanden als Ergebnis die ersten Kinderurologischen Leitlinien der ÖGU unter der Federführung von Marcus Riccabona. Die Aktivität wie auch das positive Klima wurden schnell in der österreichischen Urologen-Gemeinschaft bekannt. Immer mehr Kolleginnen und Kollegen nahmen an den Sitzungen teil.

Im weiteren Verlauf wurden aus den Treffen tagesfüllende Symposien mit Live-Operationen am Vormittag und State-of-the-Art-Vorträgen am Nachmittag, auch komplexe Fälle wurden besprochen, jeder konnte seine „schwierigen“ Fälle präsentieren. Diese Veranstaltungen fanden zweimal im Jahr statt, alternierend in Linz und Innsbruck. Für mich als jungen Assistenzarzt waren dies absolute Glanzlichter, da praxisnah und klar das aktuellste Wissen vermittelt wurde.

Nach über 10-jähriger Leitung des Arbeitskreises Kinderurologie übergab Marcus Riccabona an seinen Nachfolger Prim. Univ.-Prof. Dr. Josef Oswald. Unter seiner Leitung entwickelte sich der Arbeitskreis konsequent weiter, Marcus Riccabona war als Stellvertreter immer involviert.

Die Leitlinien Kinderurologie der ÖGU wurden im Abstand von 5 Jahren überarbeitet, alle Mitglieder brachten sich ein und durchforsteten immer wieder die aktuelle Literatur.

Mittlerweile sind diese Leitlinien als „Kittelheft“ kurz und kompakt gehalten und im klinischen Alltag etabliert. Im Herbst 2022 hat mir ein Hamburger Kollege auf dem deutschen Urologenkongress mitgeteilt, dass diese Leitlinien auch bei ihm in der Klinik immer in Verwendung sind. Josef Oswald wurde 2013, als Marcus Riccabonas Nachfolger, neuer Leiter der Abteilung für Kinderurologie in Linz.

Im Frühjahr 2012 fand in Goldrain, Südtirol, im Rahmen einer Arbeitskreissitzung das Abschiedssymposium statt, mit dem Marcus in die Pension verabschiedet wurde. Es war eine gelungene Veranstaltung. In einer guten Atmosphäre wurde Wissen ausgetauscht, auch der soziale Aspekt kam nicht zu kurz. Wie wir alle wissen, blieb er der kinderurologischen Gemeinschaft erhalten, er hatte maßgeblich Anteil am Aufbau der Kinderurologie an der LMU in München.

Inspiriert von dieser Frühlingssitzung wurde die Idee eines Symposiums in den Bergen geboren.Nach kurzer Planungszeit kam von Josef Oswald die Einladung zu einem Meeting in Lech.

Der Erfolg dieser zweitägigen Sitzung war so groß, dass mittlerweile Kollegen aus ganz Europa zu diesem kleinen, aber wissenschaftlich hochkarätigen Treffen anreisen. Marcus Riccabona war als Ehrenmitglied des Arbeitskreises Kinderurologie jedes Jahr vor Ort. Auf meine Frage, wie es ihm gefällt, antwortete er mir: „Wunderbar, keine Organisation mehr, keine Verantwortung, 2. Reihe, fußfrei!“

Leider müssen wir ab nun auf Marcus verzichten. Marcus, du wirst immer in unserer Mitte sein, wir werden dich nicht vergessen und den Arbeitskreis Kinderurologie in deinem Geist weiterführen.

Deine Kolleginnen und Kollegen des österreichischen Arbeitskreises für Kinderurologie der ÖGU

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