
Endoskopische Prostataenukleation – Goldstandard ab 100 ccm?
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Lange Zeit galt die offene Adenomenukleation (AE) als Goldstandard für die subvesikale Desobstruktion von großen Prostatadrüsen nach therapierefraktärer oder therapieresistenter medikamentöser Behandlung. Trotz ihrer Effektivität stellt die AE eine invasive Operationstechnik dar, mit einer deutlich erhöhten Morbidität, einem verlängerten Krankenhausaufenthalt und einer prolongierten Rekonvaleszenz.
Keypoints
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Laut Empfehlung der aktuellen EAU-Leitlinie sollte die EEP der offenen AE vorgezogen werden. Im Vergleich zur AE bietet sie einen signifikanten Vorteil in Bezug auf eine kürzere Irrigationszeit, eine kürzere Katheterzeit, fehlende Wundheilungsstörungen, einen kürzeren Krankenhausaufenthalt sowie einen geringeren Blutverlust mit einer selteneren Notwendigkeit von Bluttransfusionen.
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Die EEP fasst eine Vielzahl von Operationstechniken zusammen und unterscheidet zwischen einer laserbasierten Enukleation und der strombasierten bipolaren Enukleation.
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Die unterschiedlichen EEP-Techniken bieten eine ähnliche Effektivität und Sicherheit, sodass die eingesetzte Technik von den Vorlieben und der Expertise des Operateurs abhängt.
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Trotz der steilen Lernkurve bietet die EEP ein Plateau bereits nach durchschnittlich ca. 30–50 Operationen und ist nicht unbedingt schwieriger zu erlernen als die konventionelle TUR-P.
Hintergrund
In der aktuellen EAU-Leitlinie (limited text update March 2021) wird die AE nur noch zur Behandlung von mittelgradigen bis schweren LUTS-Beschwerden ab einem Prostatavolumen über 80ml empfohlen, falls keine endoskopische Enukleationstechnik zur Verfügung steht.
Die endoskopische Enukleation der Prostata (EEP) fasst eine Vielzahl von Operationsmöglichkeiten zusammen, welche im Gegensatz zur offenen Adenomenukleation die transurethrale anatomische Enukleation der Prostata zum Ziel haben.
Abhängig von der eingesetzten Technik muss bei der EEP zwischen der laserbasierten Enukleation (HoLEP, ThuLEP/ ThuVEP, GreenLEP, DiLEP) und der strombasierten (bipolaren, plasmakinetischen) Enukleation (BipolEP) unterschieden werden.
Die erste transurethrale Enukleationstechnik wurde von Hiraoka als eine strombasierte, monopolare Enukleationsresektionstechnik 1983 vorgestellt. Obwohl diese Technik den Grundstein für die späteren Enukleationsverfahren legte, blieb sie ein lokales japanisches Phänomen, bis Fraundorfer und Gilling 1998 das laserbasierte HoLEP- Verfahren mit anschließender Morcellierung entwickelten. HoLEP war über viele Jahre die unangefochtene Erstlinientherapie, obwohl dieselbe Arbeitsgruppe bereits 2006 im Rahmen einer randomisierten Kontrollstudie die Nichtunterlegenheit von BipolEP im Vergleich zur HoLEP postulierte.
2016 analysierte Herrmann T. in seiner Arbeit „Enucleation is enucleation is enucleation is enucleation“, dass eine ähnliche Effektivität und Sicherheit unabhängig von der EEP-Technik beständen und dass die eingesetzte Technik von den Vorlieben, der Expertise und dem Arbeitsumfeld des Operateurs abhängen sollte.
HoLEP vs. BipolEP
In der systematischen Übersichtsarbeit von Lin et al. aus dem Jahr 2015 wurden aus PubMed, Embase und Web of Science 758 Patienten aus 9 randomisierten Kontrollstudien identifiziert, welche bei einem Prostatavolumen über ca. 80ml desobstruiert wurden. 4 Studien verglichen hierbei BipolEP vs. AE und 5Studien HoLEP vs. AE. In der Analyse wurde die EEP (BipolEP + HoLEP) vs. AE ausgewertet, aber auch die einzelnen Subgruppen wurden miteinander verglichen (BipolEP vs. AE vs. HoLEP). Bei einem durchschnittlichen Follow-up bis ca. 1 Jahr post OP zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen EEP und AE in Bezug auf funktionelle Parameter wie Qmax, PVR, IPSS, QoL, PSA und IIEF. Ein signifikanter Unterschied zugunsten der EEP zeigte sich jedoch in Form einer kürzeren Irrigationszeit, einer kürzeren Katheterzeit, einem kürzeren Krankenhausaufenthalt, fehlenden Wundheilungsstörungen sowie weniger postoperativ verabreichten Bluttransfusionen. Andere Komplikationen wie eine notwendige Rekatheterisierung, UTI, Reinterventionen, eine transiente Inkontinenz, Blasenhalsstenosen, Harnröhrenstrikturen oder das Auftreten eines Rezidivadenoms fielen hingegen nicht statistisch signifikant auf. Insgesamt benötigten die beiden EEP-Verfahren im Vergleich zur AE eine längere OP-Zeit. In der Subgruppenanalyse ähnelten sich jedoch die OP-Zeiten von BipolEP und AE, während die OP-Zeit der HoLEP immer noch statistisch signifikant länger ausfiel. Laut den Autoren könnte dieser Nachteil der HoLEP aber auch z.B. durch einen unerfahrenen Operateur verfälscht sein. Ansonsten konnten im direkten Subgruppenvergleich zwischen BipolEP und HoLEP keine weiteren relevanten Unterschiede festgestellt werden.
ThuLEP vs. HoLEP
2012 untersuchte Zhang et al. das funktionelle Ergebnis von ThuLEP vs. HoLEP im Rahmen einer prospektiven randomisierten Studie mit 133 Patienten und einem Follow-up von 18 Monaten. In beiden Gruppen kam zu einer deutlichen Verringerung des International Symptom Score (–5,2 vs. –6,2), des Restharnvolumens (–82,5% vs. –81,73%), sowie des PSA-Wertes (–43,36% vs. –30,43%). Auch der „Quality of Life“-Score (1,3 vs. 1,2) und der maximale Harnstrahl Qmax (23,4 vs. 24,2ml/s) waren nahezu identisch, sodass offensichtlich beide Verfahren LUTS-Beschwerden ähnlich effektiv und sicher reduzierten. Das ThuLEP-Verfahren wies einen statistisch signifikanten Vorteil in Bezug auf den Blutverlust (130,0 vs. 166,6ml) auf, während es einen Nachteil in Gestalt einer längeren OP-Zeit (72,4 vs. 61,5min) zeigte. Harnröhrenstrikturen oder Blasenhalsstenosen wurden in beiden Gruppen nicht festgestellt.
In seiner systematischen Übersichtsarbeit und Metaanalyse verglichen Xiao KW et al. 2019 ThuLEP vs. HoLEP und analysierten fünf unabhängige Studien mit einer Gesamtzahl von 1010 Patienten. Hierbei wurde kein statistisch signifikanter Unterschied in Bezug auf Operationszeit, Enukleationszeit, Morcellierungszeit, Katheterzeit und Hospitalisierungszeit festgestellt. Alle untersuchten Studien verzeichneten einen geringeren Blutverlust nach ThuLEP, obwohl dieser Unterschied nicht statistisch signifikant ausfiel.
Erfahrung des Operateurs entscheidend
Bei der Frage nach dem heutigen Goldstandard in der endoskopischen Prostataenukleation sollten auch die Komplexität des Eingriffs und damit die Möglichkeit einer breiten und sicheren Anwendung berücksichtigt werden.
Enikeev et al. haben die Lernkurve der unterschiedlichen EEP-Verfahren untersucht und 2021 im World Journal of Urology publiziert. Im Rahmen einer systematischen Literaturrecherche verglichen sie die Daten der letzten 10 Jahre zu HoLEP, ThuLEP, GreenLEP und BipolEP. Laut den Autoren beläuft sich die Lernkurve bei der HoLEP und der ThuLEP auf durchschnittlich ca. 30–40 Operationen (min. 20; max. 60), während die BipolEP ca. 40–50 Operationen benötigt. Die größte Heterogenität zeigte die GreenLEP mit einer Mindestanzahl von ca. 20 Operationen und einer maximal notwendigen Anzahl von ca. 150–200 Operationen.
Hierbei erwiesen sich die Trifecta- und Pentafecta-Kriterien als beste Methode, um die Lernkurve zu evaluieren. Diese Kriterien wurden im Jahr 2016 von Robert et al. entwickelt und berücksichtigen eine komplette Enukleation inklusive Morcellierung unter 90 Minuten, eine fehlende Konversion auf die konventionelle TUR-P, fehlende postoperative Komplikationen sowie eine fehlende Stressharninkontinenz 3 Monate nach der OP. Kim et al. stellen in ihrem Vergleich zwischen konventioneller TUR-P und HoLEP fest, dass HoLEP nicht schwieriger zu erlernen ist und nicht aus Angst vor einer steilen Lernkurve vermieden werden sollte.
Zudem sollte berücksichtigt werden, dass die Effizienz und Sicherheit der konventionellen TUR-P ab einem Prostatavolumen >80 ccm sinken und dann tatsächlich nur von einem sehr erfahrenen Operateur durchgeführt werden sollte.
Literatur:
• Lin Y et al.: Transurethral enucleation of the prostate versus transvesical open prostatectomy for large benign pro- static hyperplasia: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. World J Urol 2015; • Herrmann TRW et al.: Enucleation is enucleation is enucleation is enucleation. World J. Urol 2016; 34, 1353–55 • Herrmann TRW et al.: Lasers in Transurethral enucleation of the prostate - do we really need them. Published online 2020; 1-19 • Enikeev D et al.: Systematic review of the endoscopic enucleation of the prostate learning curve. World Journal of Urology 021; 39(7): 2427-38 • Hartung FO et al.: Holmium versus thulium laser enucleation of the prostate : a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. European Urology Focus. Published online 2021: 1-10 • Gravas S et al.: EAU Guidelines on the management of non-neurogenic male lower urinary tract symptoms (LUTS), incl. benign prostatic obstruction (BPO). EAU Guidelines. Edn. presented at the EAU Annual Congress Amsterdam 2022; ISBN 978-94-92671-16-5 EAU Guidelines Office, Arnhem, the Netherlands • Kim KH et al.: Comparison study of learning curve using cumulative sum analysis between holmium laser enucleation of the prostate and transurethral resection of the prostate: is holmium laser enucleation of the prostate a difficult procedure for beginner urologists? J Endourol 2021; 35(2): 159-64