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Stammzellen aus dem Fettgewebe bessern Symptome bei Sjögren-Syndrom

In einer Studie aus China linderte eine Stammzelltherapie Trockenheitssymptome in Auge und Mund besser als Placebo.1

Die Behandlung der Sicca-Symptomatik beim primären Sjögren-Syndrom beschränkt sich auf die Linderung von Symptomen und die Prävention von Komplikationen. Die aktuellsten Empfehlungen der EULAR für das primäre Sjögren-Syndrom stammen aus dem Jahr 2020.2 Wie bei anderen ihrer Empfehlungen hat die EULAR übergreifende Prinzipien für die Behandlung zusammengestellt und daneben konkrete Empfehlungen festgehalten. So sollte beispielsweise Trockenheit zunächst mit topischen Therapien behandelt werden. Eine systemische Behandlung kommt bei aktiver systemischer Entzündung infrage. Die Therapie sollte darauf zugeschnitten werden, welches Organ wie schwer betroffen ist, was man mit dem „EULAR Sjögren’s syndrome disease activity index“ (ESSDAI) misst. Die systemische organspezifische Therapie sollte schrittweise oder kombiniert erfolgen: mit rasch wirksamen Glukokortikoiden, konservativen Immunsuppressiva und bei Bedarf auch Biologika. Explizit für die Behandlung des Sjögren-Syndroms zugelassen sind Pilocarpin-Tabletten zur Behandlung der Symptome einer Xerostomie. Werden Antikörper oder andere systemische Therapien eingesetzt, ist dies „off-label“. Untersucht werden derzeit Antikörper gegen B- oder T-Zellen oder bestimmte Zytokinblocker, aber Studien zeigten bisher keinen dauerhaften klinischen Effekt.3 Die EULAR empfiehlt zielgerichtete Therapien gegen B-Zellen – etwa Rituximab – dann, wenn eine schwere refraktäre systemische Erkrankung vorliegt.2 Allerdings ist der Einsatz auch limitiert, etwa wenn Kontraindikationen für die Medikamente bestehen.

Gesucht wird daher nach neuen Therapien. Forscher von der Medizinischen Universität Xuzhou in der Provinz Jiangsu im Osten Chinas setzen auf Stammzellen aus dem Fettgewebe („adipose-derived stem cells“, ADSC). In einer Studie mit 74 Patienten zeigten sie, dass die Behandlung wirksam und sicher ist.1 Die Zellen haben die Fähigkeit, sich in verschiedene Zellen zu differenzieren, und zeigen offenbar anti-inflammatorische und immunmodulatorische Eigenschaften. Studien weisen darauf hin, dass ADSC eine Alternative für die Behandlung von systemischem Lupus erythematodes oder systemischer Sklerose sein könnten. Die Stammzellen haben den Vorteil, dass sie aus einer relativ kleinen Menge Fettgewebe kultiviert werden können und dass man die Verabreichung gut kontrollieren kann.

74 Patienten wurden randomisiert, 64 Patienten beendeten die Studie. Von diesen waren 35 mit der Stammzelltherapie behandelt worden und 29 mit Placebo. Mit Liposuktion wurde von einem gesunden Spender Fettgewebe aus dem Abdominalbereich entnommen. Dieses wurde aufbereitet und kultiviert. Diefertige therapeutische Lösung wurde unter Ultraschallsicht und nach lokaler Betäubung beidseitig in Tränen- oder Speicheldrüsen injiziert, und zwar in einer Dosierung von 0,05ml Stammzell-Kochsalz-Lösung (5x104 Zellen) pro Kilogramm Körpergewicht. Patienten der Placebogruppe bekamen nur physiologische Kochsalzlösung injiziert. Nach 2 und 4 Wochen wurde das Prozedere wiederholt. Die Wirksamkeit wurde anhand der unstimulierten und stimulierten Speichelmenge, des Schirmer-Tests, ESSDAI, des Patientenfragebogens ESSPRI („EULAR Sjogren‘s Syndrome Patient Reported Index“) und immunologischer Parameter im Serum beurteilt. Nachuntersuchungen fanden nach 1, 3 und 6 Monaten statt. Mittels Flusszytometrie wurde belegt, dass mesenchymale Stammzellmarker exprimiert wurden, und zwar unter anderem CD73, CD90 und CD105.

Zu Beginn der Studie und nach einem Monat unterschied sich die Sekretion der Speichel- und Tränendrüsen nicht, aber nach 3 Monaten wurde bei den Patienten der Verumgruppe mehr Sekretion gemessen. Nach 6Monaten waren unstimulierte und stimulierte Speichelmenge in der Stammzellgruppe wieder gesunken und es zeigte sich kein statistischer Unterschied mehr zur Placebogruppe. Aber im Schirmer-Test hatten die Patienten, die mit Stammzellen behandelt worden waren, zu dem Zeitpunkt im Schnitt noch signifikant mehr Tränenflüssigkeit als die Placebo-Patienten. Das erklären sich die Autoren damit, dass die Stammzellen auf die Tränendrüsen einen längeren Effekt haben könnten als auf die Speicheldrüsen. Auch die Krankheitsaktivität besserte sich, was daran zu erkennen war, dass sich ESSDAI und ESSPRI nach 1, 3 und 6 Monaten signifikant zwischen Stammzell- und Placebogruppe unterschieden. Auch anhand der immunologischen Parameter war eine Wirkung zu erkennen: Zwar zeigte sich im IgA-Spiegel statistisch keine Differenz zwischen den beiden Gruppen, jedoch in den Werten von IgG, IgM, C3, C4 und in der BSG.

2 Patienten berichteten als Nebenwirkung über Juckreiz auf der Haut, der mehr als 2 Stunden anhielt. Eine mögliche Erklärung dafür, dass nur so wenige Nebenwirkungen auftraten, vermuten die Autoren darin, dass sie ein anderes Nährmittel für die Stammzellkultivierung verwendet hatten als üblich. In anderen Studien wurde fetales Rinderserum verwendet, was im Körper eine Immunreaktion und entsprechende Nebenwirkungen hervorrufen könnte.

Die Therapie mit Stammzellen aus dem Fettgewebe, so das Fazit der Wissenschaftler, kann die Trockenheit in Augen und Mund von Sjögren-Patienten lindern und sei eine vielversprechende Methode. Ob sich die Stammzellen bewähren und langfristig sicher sind, muss sich in weiteren Studien zeigen.

1 Li F et al.: Sci Rep 2023; 13(1): 13521 2 Ramos-Casals M et al.: Ann Rheum Dis 2020; 79(1): 3-18 3 Chowdhury F et al.: Front Med 2021; 8: 707104

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