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Update Allergie

Pollensaison 2024

Pollenflug ist bereits fast über das ganze Jahr hinweg messbar. Aufgrund der klimatischen Veränderungen verkürzt sich die pollen- und beschwerdefreie Zeit auf inzwischen nur noch wenige Wochen im Jahr. Die Services des Österreichischen Polleninformationsdienstes sind für Allergiker:innen sowie für die behandelnden Ärzt:innen seit vielen Jahren wichtiger Begleiter durch die Pollensaison.

Pollen: überall und quasi ganzjährig

Laut GeoSphere Austria war dieser Winter der zweitwärmste der Messgeschichte. Die Natur reagiert auf die (zu) hohe Temperatur mit einer Pollensaison, die früher startet und später endet. Daher klagen bereits seit Anfang Februar zahlreiche Menschen über allergologische Beschwerden. Die Saison 2023 stellte dies bemerkenswert unter Beweis: Sie war eine der längsten Pollensaisonen seit Aufzeichnungsbeginn – gekennzeichnet durch einen frühen Blühbeginn bereits im Jänner und Belastungen bis in den Oktober sowieab Mitte Dezember. Damit gab es im letzten Jahr im Osten Österreichs knapp 300 Tage, an denen relevante Allergene Beschwerden verursachten. Ein Trend, der in den kommenden Jahren vermutlich noch weiter zunehmen wird.

Fulminanter Frühstart

„Die bisherige Pollensaison war eine Achterbahn an Belastungen“, so Dr. Markus Berger, Leiter des Österreichischen Polleninformationsdienstes. „Ende Jänner/Anfang Februar begann die Hasel mit ihrer Blüte, gefolgt von der Erle, die bis Anfang März stäubte. Die Erlenpollensaison war durchschnittlich, jedoch gab es außergewöhnlich hohe Belastungsspitzen gefolgt von geringem Pollenflug.“ Die frostigen Temperaturen im Jänner sorgten aber dafür, dass der Pollen Ende Februar verstärkt freigesetzt wurde. Da Allergiker:innen speziell am Anfang der Saison besonders empfindlich reagieren, können auch geringe Mengen an Pollen in der Luft bereits Symptome hervorrufen.

Anders als Hasel und Erle legte die Esche aufgrund des warmen Februars einen rekordverdächtigen Frühstart hin – etwa einen Monat früher als im Schnitt wurden bereits Pollenkörner an den Messstellen registriert und erreichten ungewöhnlich hohe Konzentrationen.

Prognose für das restliche Jahr

Die Birke ist eines der wichtigsten Baumpollenallergene und macht vielen Allergiker:innen Jahr für Jahr schwer zu schaffen. Sie braucht konstant über 10 Grad, um zu blühen. Diese Bedingung wurde heuer bereits erreicht und erste Pollenkörner wurden registriert. Auch das ist ein rekordverdächtiger Frühstart. Die Birkenblüte unterliegt einem Zwei-Jahres-Rhythmus. Das bedeutet, Jahre mit hohen und geringeren Pollenmengen wechseln sich ab. Nachdem das Jahr 2023 eher unterdurchschnittlich zu kategorisieren war, müssen Allergiker:innen heuer mit durchschnittlichen bis stärkeren Belastungen rechnen. „Unser Modell prognostiziert für 2024 vor allem für die Bundesländer Kärnten, Salzburg und Wien überdurchschnittlich intensive Belastungen durch Birkenpollen. In den übrigen Bundesländern gehen wir von einer durchschnittlichen bis unterdurchschnittlichen Saison aus“, so Berger.

<< Die bisherige Pollensaison war eine Achterbahn an Belastungen!>>
Dr. Markus Berger, Wien

Nach der Birke folgt die Blüte der Gräser, die voraussichtlich ähnlich stark wie bereits im Vorjahr sein wird. Die Wildkraut- und Gewürzpflanze Beifuß und das Unkraut Ragweed (Ambrosia, Traubenkraut) blühen vom Spätsommer bis in den Herbst hinein und beschließen die Pollensaison – kurz bevor die Purpurerle im Dezember den Weihnachtsfrieden stört.

Fazit: Über die letzten Jahrzehnte betrachtet, haben wir inzwischen eine immer längere Pollensaison. Das tatsächliche Ausmaß hängt schlussendlich aber immer von der Witterung und vom Vorhandensein von Luftschadstoffen (v.a. Ozon) ab – sie steigern die Allergenität des Pollens und verstärken Beschwerden. Allergiker:innen leiden dadurch länger und auch mehr.

Neue Pflanzen, neue Belastungen

Neben den hier heimischen können auch eingeschleppte Pflanzen allergische Belastungen hervorrufen, wie Mag. Dr. Helmut Zwander, wissenschaftlicher Leiter des Pollenwarndienstes des Landes Kärnten, erklärte. Bleiben die klimatischen Bedingungen unverändert, ist im Herbst vor allem im Burgenland mit einem verspäteten Belastungsgipfel für Personen, die auf Gräserpollen sensibilisiert sind, zu rechnen. Dieses Phänomen ist auf die Schilfblüte rund um den Neusiedler See zurückzuführen und sorgt auch in weiter entfernten Gebieten noch für einen messbaren Pollenflug.

Aber auch die im pannonischen Tiefland angebauten Olivenhaine können wahrscheinlich bereits in nicht allzu ferner Zukunft für Belastungen bei Menschen sorgen, die auf den Pollen von Ölbaumgewächsen sensibilisiert sind, zudem sind Eschepollen kreuzreaktiv mit den Pollen der Olivenbäume. In Österreich wird in Zukunft der Anbau des Olivenbaums an Fläche zunehmen: Für unsere Breiten werden Olivenbäume kälteresistent gezüchtet, aufgrund der Klimaerwärmung gedeihen sie aber ohnehin immer besser. Durch strategisch platzierte Messstellen versuchen wir auch diese Entwicklung bestmöglich zu dokumentieren, so Zwander.

<< Auch auf den Bergen ist man nicht mehr sicher: Inzwischen gelangt der Blütenstaub der Pflanzen bei geeigneten Wetterbedingungen bis über 2000 Meter.>>
Mag. Dr. Helmut Zwander, Klagenfurt

Auch der aus China stammende Götterbaum, der sehr widerstandsfähig gegen Luftverschmutzung ist, verbreitet sich zunehmend in Österreich und wurde bereits als invasive Art klassifiziert. Aufgrund der Tatsache, dass diese Pflanze vorwiegend insektenbestäubt ist, muss nur lokal mit relevantem Pollenflug gerechnet werden. Momentan spielt der Götterbaum aus allergologischer Sicht noch keine bedeutende Rolle. Blickt man aber auf das Herkunftsland dieser Pflanze, zeigt der Götterbaum ein nicht unerhebliches allergisches Potenzial.

Pollenallergie im Griff: informieren, erkennen, behandeln

Sowohl die Häufigkeit als auch die Belastung durch allergische Erkrankungen sind beträchtlich. Schätzungen zufolge leiden in Österreich rund 1,5–2 Millionen Menschen an allergischer Rhinitis bzw. Rhinokonjunktivitis – Tendenz steigend. Die Beschwerden inkludieren eine rinnende oder verstopfte Nase, Augenjucken und Niesattacken und sind mit einem Verlust an Lebensqualität verbunden, denn viele Allergiker:innen leiden während der Pollenzeit auch unter Schlafstörungen, einem Leistungsabfall bei der Arbeit bzw. in der Schule und an Einschränkungen bei Freizeitaktivitäten. Etwa 75% der Kinder, die an einer Pollenallergie leiden, behalten diese auch im Erwachsenenalter. Dazu kommt, dass der vermeintlich harmlose allergische Schnupfen der wichtigste Wegbereiter für allergisches Asthma ist.

Allergische Symptome richtig zu deuten,ist jedoch nicht immer ganz leicht. Eine einfache Faustregel ist: Treten die Beschwerden jedes Jahr etwa zur gleichen Zeit auf und dauern über mehrere Wochen an, könnte eine Pollenallergie hinter den Niesattacken und der rinnenden Nase stecken. Weitere konkrete Hinweise können der Risikofragebogen und das Pollen-Tagebuch geben – kostenlose Services und Teil der Pollen+ App sowie der Webseite des Österreichischen Polleninformationsdienstes. Richtig und regelmäßig ausgefüllt, kann man beim Pollen-Tagebuch Zusammenhänge zwischen dem regionalen Pollenaufkommen und den Beschwerden erkennen. All diese Services geben Pollenallergiker:innen geprüfte Information und nützliche Tools in die Hand, die sie besser durch die belastende Zeit bringen. „Es ist hilfreich, wenn Patienten gut informiert zum Arzt kommen. Das macht es möglich, dass sie ärztliche Empfehlungen richtig einordnen und ihre Behandlung noch besser aktiv mitgestalten können. Zudem weiß man aus Erfahrung und Studien, dass informierte Patienten eine höhere Therapietreue zeigen, was einen besseren Behandlungserfolg bringt“, so Prim. Priv.-Doz. Dr. Fritz Horak, ärztlicher Leiter des Allergiezentrums Wien West. Ein praktischer Service für Ärzt:innen sind die in der App integrierten Befundberichte zum Download. Damit hat man kompakt auf einer Seite alle relevanten Informationen auf einen Blick, die Aufschluss geben, ob der ausgewählte Pollentyp tatsächlich auslösend für die Symptome ist und ob die Therapie den gewünschten Erfolg zeigt.

Wichtig: frühzeitige Diagnose und Therapie

Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass allergische Erkrankungen sowohl unterdiagnostiziert als auch unterbehandelt sind. Dies hängt unter anderem mit der Bagatellisierung allergischer Erkrankungen, aber auch mit der Ungeduld von Patient:innen zusammen, da Behandlungen über mehrere Jahre durchgehalten werden müssen, um langfristig erfolgreich zu sein. Dabei steht heute eine Palette an ausgezeichneten Möglichkeiten zur Verfügung.

Die Behandlung fußt auf drei Säulen: Zunächst kann die Belastung durch umfassende, langfristige und konsequente Maßnahmen der Allergenvermeidung deutlich spürbar und nachhaltig eingedämmt werden. Dabei helfen beispielsweise Pollenfilter im Auto, Pollenschutzgitter an den Fenstern, Luftreiniger im Wohnraum, die Kleidung nicht im Schlafraum zu wechseln und vor allem den Pollen möglichst aus dem Weg zu gehen (Freizeit- bzw. Urlaubsplanung). In der symptomatischen Therapie stehen die bewährten Wirkstoffe Antihistaminika und Kortison zur Verfügung, die Symptome rasch lindern. Die Allergen-spezifische Immuntherapie (AIT) greift als dritte und einzige kausale Behandlungsmethode unmittelbar in den Krankheitsprozess ein. So werden nicht allein die Symptome gelindert, sondern es wird auch die zugrunde liegende Ursache der Allergie bekämpft und ein Fortschreiten der Erkrankung verhindert. Dabei wird das krankmachende Allergen über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren in Form von Spritzen, Tropfen oder selbstauflösenden Tabletten zugeführt. Die Dosis wird in der Regel langsam bis zu einer Erhaltungsdosis gesteigert, wodurch ein Gewöhnungseffekt entsteht. Das Immunsystem lernt, die Allergieauslöser wieder zu tolerieren. Ca. 70–80% der Patient:innen mit einer AIT berichten über eine Besserung der Symptome. Wichtig: Je früher die Therapie gestartet wird, desto besser!

Polleninfos neu: personalisiert, uptodate, praktisch

Der Österreichische Polleninformationsdienst ist ein Zusammenschluss der lokalen österreichischen Polleninformationsdienste mit dem Ziel, qualitative und aktuelle Services während der Pollensaison bereitzustellen. Österreichweit gibt es 25 Messstellen („Pollenfallen“), an denen laufend der Pollengehalt der Luft gemessen wird. Botaniker:innen und Analyst:innen werten die Luftproben aus und erstellen eine lokale Polleninformation, die zusammengeführt und der österreichischen Bevölkerung kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Dazu gibt es über die europäische Pollendatenbank EAN (European Aeroallergen Network) Zugriff auf etwa 520 aktive Pollenmessstellen in mehr als 40 Ländern weltweit.

<< Man weiß aus Erfahrung und Studien, dass informierte Patienten eine höhere Therapietreue zeigen, was einen besseren Behandlungserfolg bringt.>>
Prim. Priv.-Doz. Dr. Fritz Horak, Wien

Aktuelle Polleninformationen sind auf www.polleninformation.at abrufbar. Zudem liefern die Pollen+ App, der Pollenwarner auf Telegram und Signal sowie Services auf Facebook und Instagram wertvolle Informationen für Pollenallergiker.

Individualisierung im Fokus

Schon seit mehreren Jahren berücksichtigen die Services die individuelle Situation der einzelnen Betroffenen und können damit personalisiert abgerufen werden. Mit 2024 hat der Österreichische Polleninformationsdienst die personalisierte Vorhersage im Rahmen des Copernicus-Projektes PASYFO (ein satellitengestütztes Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union) weiter ausgebaut. Das Update verwendet zusätzlich zu den lokalen Pollen- und Symptomdaten der Nutzer:innen nun auch Wetterdaten und berechnet den Einfluss von Ozon, Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffdioxid (NO2) sowie Feinstaub. Damit sind die Vorhersage und das persönliche Allergierisiko noch genauer, da Wetter und Luftqualität maßgebliche Auswirkungen auf das Befinden von Pollenallergiker:innen haben.

Neuer Service für Ihre Patient:innen

Auch die Webseite des Vereins wurde weiterentwickelt und von Grund auf neu aufgebaut. Die wichtigsten Informationen kann sich jeder/jede Nutzer:in nun durch interaktive Elemente („widgets“) personalisiert für ihre bzw. seine Bedürfnisse auf der Startseite einstellen, also das Layout selbst gestalten. Damit stehen die für jede Personwichtigsten Informationsinhalte auf einen Blick sofort zur Verfügung. Auch die im letzten Jahr in der Pollen+ App implementierten Services „Asthmawetter“ (eine Kooperation mit der Service-Plattform www.menschenswetter.at ) und „Unwetterwarnung“ (in Kooperation mit der GeoSphere Austria) sind jetzt auf der Webseite verfügbar.

Abb. 1: Die neue Oberfläche von www.allergie.at bietet die Möglichkeit, mit einem Mausklick die gewünschte Seite zu wählen

www.allergie.at ist eine neue zentrale Landingpage in Kooperation mit der Patientenplattform IGAV – Interessensgemeinschaft Allergenvermeidung (Abb. 1). Allergiker:innen erhalten mit einem Mausklick schnell und einfach Zugriff auf wichtige Informationen: Aktuelle Polleninformationen, Pollen-Tagebuch etc. sind über www.polleninformation.at verfügbar und Hintergrundinformationen, kompakte Ratgeber und News zu unterschiedlichen Themen rund um Allergien auf www.allergenvermeidung.org . Auf den jeweiligen Seiten wurden Inhalte vernetzt und man gelangt durch Verlinkungen rasch auf die jeweils andere Seite. Das Ziel: Ihre Patient:innen mit Allergien sollen einfach und rasch für sie relevante Infos finden und auf wissenschaftlich gesichertes Wissen zugreifen können. (red)

Pressekonferenz „Pollensaison 2024: Fulminanter Start ,dankʻ Klimawandel“ am 13. März 2024

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