Kann man den drohenden Versorgungsengpass noch abwenden?
Bericht:
Mag. Christine Lindengrün
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Die Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation (ÖGR) hat den „Österreichischen Rheumatologie-Report 2023“ herausgegeben: zur Information der Kollegenschaft und als Grundlage für Verhandlungen mit Entscheidungsträgern im Gesundheitssystem.
Die Idee, einen umfassenden Faktencheck zum Status quo der rheumatologischen Versorgungslandschaft Österreichs herauszugeben, hatte ihren Ausgangspunkt in einer Studie von Doz. Rudolf Puchner et al., die ein deutliches Missverhältnis zwischen dem verfügbaren Angebot und dem Bedarf an rheumatologischer Versorgung in Österreich aufzeigte.1
„Die Ergebnisse sind alarmierend“, sagt ÖGR-Präsidentin Doz. Dr. Valerie Nell-Duxneuner. „Wir steuern auf einen Engpass in der Versorgung rheumatologischer Patient:innen zu, wenn wir nicht rechtzeitig gegensteuern.“ Mit dem nun herausgegebenen Rheumatologie-Report richtet die ÖGR einen klar formulierten Appell an die Entscheidungsträger im Gesundheitssystem. „Unsere zentrale Forderung ist die Sicherstellung der rheumatologischen Versorgung in Österreich in der Zukunft“, so Nell-Duxneuner.
Der Report zeigt nicht nur die aktuelle Versorgung im stationären und ambulanten Bereich auf. Er enthält auch Erhebungen zu den Folgen rheumatischer Erkrankungen („burden of disease“) sowie einen Überblick über die Ausbildung und Entwicklungen des Berufsstandes. Zusätzlich wurde über Vertreter:innen der Patientenorganisationen die Perspektive der Patient:innen eingeholt.
Bedarfsorientierte Personalplanung gefordert
„Stationäre Aufnahmen wegen rheumatischer Erkrankungen nehmen ab, die Patient:innen werden zunehmend im ambulanten Bereich behandelt“, erklärt Nell-Duxneuner. In Ballungszentren sind das vor allem die Spitalsambulanzen. In anderen Gegenden sollten niedergelassene Fachärzt:innen die Versorgung übernehmen, aber: „Wir haben in ganz Österreich nur 26 niedergelassene Rheumatolog:innen mit Kassenvertrag“, sagt Nell-Duxneuner. „Die ambulante Versorgung von Rheumapatient:innen erfolgt derzeit zu einem großen Teil in Spitalsambulanzen, weil Kassenärzt:innen fehlen.“
Zusammen mit Internist:innen und Fachärzt:innen mit Zusatzfach Rheumatologie gibt es derzeit knapp 300 Rheumatolog:innen für hochgerechnet mindestens 200000 Österreicher:innen mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung. Allerdings arbeiten davon 30% in Teilzeit und 44% planen eine Reduktion auf Teilzeitbeschäftigung. Außerdem werden etwa 40% in den nächsten 10 Jahren in Pension gehen. „Wir müssen für Nachwuchs sorgen und wir müssen darauf achten, dass dieser Nachwuchs sehr gut ausgebildet ist“, betont Nell-Duxneuner. Die ÖGR betreibt Nachwuchsförderung mit den Rheuma Summer Schools für Studierende und Jungmediziner:innen und bietet außerdem ein Buddy-System und ein Mentoring-Programm für Ärzt:innen in Ausbildung an.
Was gut funktioniert
Nicht alle Ergebnisse des Rheumatologie-Reports sind besorgniserregend. Es gibt auch gute Nachrichten. So ist etwa der Beitrag Österreichs zur internationalen Forschung auf dem Gebiet der Rheumatologie herausragend. „Sowohl in der Grundlagenforschung als auch bei der Entwicklung medikamentöser Therapien wurden in den letzten Jahren und Jahrzehnten enorme Fortschritte erzielt“, so Nell-Duxneuner. Klassifikations- und Remissionskriterien sowie Treat-to-target-Algorithmen für verschiedenste rheumatologische Erkrankungen wurden unter maßgeblicher Mitwirkung österreichischer Wissenschafter:innen erarbeitet. „Ebenso erfreulich ist, dass für rheumatologische Patient:innen in Österreich zahlreiche innovative Medikamente zur Verfügung stehen und der Zugang zu diesen Medikamenten als Leistung der Sozialversicherung schon bald nach der Zulassung gewährleistet ist.“
3-Punkte-Plan zur Sicherung der rheumatologischen Versorgung
„Im Spitalsbereich sind wir in Österreich sehr gut aufgestellt, aber nicht im niedergelassenen Bereich“ fasst Nell-Duxneuner die Versorgungslage zusammen. „Daran müssen wir arbeiten. Am Beispiel Oberösterreich müssen wir den niedergelassenen kassenärztlichen Bereich für junge Kolleg:innen attraktiver machen.“
Der Appell an die gesundheitspolitischen Entscheidungsträger wird in einem 3-Punkte-Plan klar formuliert:
1. Rheumatologische Leistungen in der kassenärztlichen Versorgung
Die ÖGR fordert am Beispiel Oberösterreichs eine Honorierung für spezifische rheumatologische Behandlungen im Kassenbereich sowie die Schaffung von Honorarposten z.B. für Gelenkultraschall. „Wir empfehlen, das oberösterreichische Honorierungssystem auf ganz Österreich auszuweiten.“
2. Rheuma-Fachassistenz
Weiters wird die flächendeckende Etablierung der Rheuma-Fachassistenz gefordert. Dieser Punkt wurde von den Vertreter:innen der Patientenorganisationen dringend gewünscht. „Nichtärztliche Gesundheitsberufe mit spezieller Ausbildung vervollständigen die Versorgung und führen zu einer enormen Entlastung der Fachärzt:innen.“
3. Nachwuchsförderung und Bedarfsplanung
Die Personalbedarfsplanung soll die Altersverteilung und die Zunahme von Teilzeittätigkeit und Mehrfachspezialisierung berücksichtigen und bedarfsorientiert Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen.
Der Österreichische Rheumatologie-Report 2023 der ÖGR ist abrufbar auf: www.rheumatologie.at
Quelle:
Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie & Rehabilitation (ÖGR), 30. November bis 2. Dezember 2023, Wien
Literatur:
1 Puchner R et al.: The supply of rheumatology specialist care in real life. Results of a nationwide survey and analysis of supply and needs. Front Med (Lausanne) 2020; 7: 16
Das könnte Sie auch interessieren:
Interventionsmöglichkeiten bei selbstverletzendem Verhalten
Selbstverletzungen sind ein sehr breit gefächertes Spektrum und längst werden nicht alle derartigen Verletzungen überhaupt als solche wahrgenommen. Der Fokus dieses Beitrags liegt auf ...
Die Psychiatrie auf Stör
Niederschwellige aufsuchende Angebote können die Versorgung psychisch schwerstbeeinträchtigter Menschen deutlich verbessern. Die Patientinnen und Patienten bewahren ihre Autonomie und ...
Mangelernährung und ihr Einfluss auf die Wundheilung
Der Ernährungszustand hat einen relevanten Einfluss auf Wundheilungsprozesse. Liegt eine Malnutrition bzw. ein Gewichtsverlust vor, so sieht sich der Körper mit konkurrierenden Aufgaben ...