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„Ein offener Dialog ist mir wichtig“

<p class="article-intro">Am 10. April 2018 wurde Prim. Univ.-Prof. Dr. Kurt Redlich in feierlichem Rahmen offiziell in sein Amt als Vorstand der 2. Medizinischen Abteilung – Zentrum für Diagnostik und Therapie rheumatischer Erkrankungen, KH Hietzing, eingeführt. Den Nachfolger von Univ.-Prof. Dr. Josef Smolen erwartet ein dualer Versorgungsauftrag als Rheumatologe und Internist. JATROS gratuliert herzlichst und bat Prof. Redlich zum Gespräch.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Herr Prof. Redlich, in die Fu&szlig;stapfen einer gro&szlig;en Pers&ouml;nlichkeit zu treten ist eine besondere Herausforderung. Wollen Sie die Lehre, Wissenschaft und vor allem den Spirit von Prof. Smolen weitertragen?</strong><br /> <strong>K. Redlich:</strong> Mit der Gr&ouml;&szlig;e der Fu&szlig;stapfen haben Sie vollkommen recht. Ich denke, dass es seit der Implementierung der Rheumatologie als eigenes Fach in &Ouml;sterreich keine Pers&ouml;nlichkeit gegeben hat, die unser Fach derma&szlig;en beeinflusst hat wie Prof. Smolen. Er war Pr&auml;sident der &Ouml;GR, der EULAR und im Vorstand des ACR, der gr&ouml;&szlig;ten amerikanischen Gesellschaft f&uuml;r Rheumatologie. Er ist mit den besten K&ouml;pfen in der Rheumatologie vernetzt und teilweise befreundet. Ich habe von Prof. Smolen eine Abteilung mit gro&szlig;er Tradition &uuml;bernommen, denn hier wurden die ersten Biologika weltweit eingesetzt, n&auml;mlich TNF-Blocker. An dieser Abteilung wurde die Symbiose aus Behandlung, Lehre und wissenschaftlichem Interesse tats&auml;chlich gelebt. Es ist mir ein gro&szlig;es Anliegen, das weiterzutragen. Zugegebenerma&szlig;en leben wir in einer Zeit sehr dynamischer Wandlungen, aber es ist ja immer jeder aufgefordert, Gutes zu erhalten und Besseres zu erm&ouml;glichen.</p> <p><strong>Was verdanken Sie Ihrem gro&szlig;en Lehrer und Mentor am meisten?</strong><br /> <strong>K. Redlich:</strong> Zwei Dinge: nicht nur den Glauben, sondern auch die Erkenntnis, dass vieles m&ouml;glich ist, selbst wenn man aus einem kleinen Land kommt, sofern man bereit ist, global zu denken. Und auch das Bewusstsein, dass man vieles schaffen kann, wenn man sich anstrengt und bereit ist, Leistung zu erbringen.</p> <p><strong>Wie sehen Ihre kurz- und mittelfristigen Pl&auml;ne aus? Gibt es schon langfristige Pl&auml;ne?</strong><br /> <strong>K. Redlich:</strong> Wichtig ist f&uuml;r mich, von der Klinik kommend, ein m&ouml;glichst rasches Einarbeiten in die neuen Strukturen, doch das erleichtern mir die Mitarbeiter und das Haus sehr. Mittelfristig wird es darum gehen, als Zentrum f&uuml;r Rheumatologie, angepasst an die modernen Gegebenheiten, Standards in Diagnostik und Therapie weiterzuentwickeln und diese auch zu implementieren. Auch organisatorisch sind wir durch den starken Versorgungsauftrag gefordert.<br /> Wir m&uuml;ssen den Versorgungsauftrag leben, Wienerinnen und Wiener mit entz&uuml;ndlich- rheumatischen Krankheiten nicht nur gut und effektiv, sondern vor allem auch effizient zu behandeln. Es wird f&uuml;r Abteilungsleiter nicht gen&uuml;gen, fachlich gut zu sein, sondern wir brauchen einen starken Fokus auf bestm&ouml;gliche Organisation. Wir m&uuml;ssen und werden uns, in Zeiten von immer knapper werdenden Ressourcen, intensiv mit allen Kolleginnen und Kollegen, die Patienten mit rheumatischen Erkrankungen behandeln &ndash; Allgemeinmedizinern, Orthop&auml;den, niedergelassenen Rheumatologen, die leider selten sind, Dermatologen, . . . &ndash;, nicht nur austauschen, sondern gemeinsame Behandlungsstrategien entwickeln. Das geht nur, wenn wir intensiv mit allen Beteiligten zusammenarbeiten und so eine hohe Durchl&auml;ssigkeit der Systeme erreichen. Das geht nur durch einen offenen Dialog. Es muss klar definiert werden, was zum Beispiel der niedergelassene Bereich leisten kann, und was unser Zentrum einbringen kann. Dazu wird es bald Treffen mit Vertretern aus dem niedergelassenen Bereich geben. Prim&auml;r geht es um den Allgemeinmediziner als zentrale Anlaufstelle f&uuml;r die Patienten.</p> <p><strong>Wollen Sie die bisherige Struktur der Abteilung beibehalten?</strong><br /> <strong>K. Redlich:</strong> Wir sind als Zentrum f&uuml;r Diagnostik und Therapie rheumatologischer Erkrankungen auf den rheumatologischen Formenkreis fokussiert. Wir haben unter anderem einen Kollagenose- Schwerpunkt, verantwortlich daf&uuml;r ist OA Zimmermann gemeinsam mit OA Lindner, einen Vaskulitis-Schwerpunkt mit OA Porpaczy, f&uuml;r die axiale SpA und Psoriasisarthritis ist O&Auml; Jutta Stieger zust&auml;ndig, und f&uuml;r die RA sind mein Stellvertreter OA Mierau und Dr. Reiter verantwortlich. Selbstverst&auml;ndlich bieten wir auf unserer Abteilung mit &uuml;ber 70 Betten neben dem rheumatologischen Schwerpunkt auch eine breite internistische Versorgung an und haben mit der &Uuml;berwachungsstation, geleitet von OA Witzmann, das n&ouml;tige &bdquo;backup&ldquo; f&uuml;r Patientinnen und Patienten, die einer intensiveren Betreuung bed&uuml;rfen, und haben in OA Weiler einen ausgewiesenen Spezialisten f&uuml;r die Ultraschalldiagnostik rheumatischer Erkrankungen. Die Rheumatologie ist dank der gut wirkenden modernen Therapien st&auml;rker zu einem ambulanten Fach geworden. Es gibt eine Tagesambulanz; klar ist allerdings, dass Patienten mit schweren systemischen rheumatischen Erkrankungen enorm von einem spezialisierten Zentrum profitieren. Diese Patientinnen und Patienten brauchen eine komplexe medizinische Betreuung und das ist nur durch ein interdisziplin&auml;res Team aus Pflege, PsychologInnen, ErgotherapeutInnen und PhysiotherapeutInnen m&ouml;glich.</p> <p><strong>Der prim&auml;re Auftrag einer Universit&auml;tsklinik ist die Wissenschaft und dann die Patientenversorgung. Empfinden Sie die t&auml;gliche Arbeit nun als komplett anders als auf der Uniklinik Wien?</strong><br /> <strong>K. Redlich:</strong> Nein, &uuml;berhaupt nicht, denn es geht darum, f&uuml;r unsere Patienten etwas zu tun, in der Grundlagenwissenschaft, der angewandten Wissenschaft und in der Versorgung. Das, was man tut, sollte man gern und intensiv tun, man muss ein Ziel vor Augen haben und darf die Menschen nicht aus den Augen verlieren.</p> <p><strong>Sind klinische Pr&uuml;fungen in dem Umfang wie auf der Uniklinik geplant?</strong><br /> <strong>K. Redlich:</strong> Ja, wir haben hier ein eigenes Studienzentrum unter der Leitung von O&Auml; Jutta Stieger. Das wollen wir weiter ausbauen. Die scheinbar un&uuml;berwindliche Trennung zwischen hier Universit&auml;t Wien, die nur Wissenschaft macht, und da KAV-Spital, das den Versorgungsauftrag hat, ist nicht mehr zeitgem&auml;&szlig; und stimmt so auch nicht. Die Universit&auml;tsklinik braucht Patienten und Daten, sie kann und soll aber naturgem&auml;&szlig; nicht alle Patienten selber behandeln, und umgekehrt profitieren wir von den Erkenntnissen der Universit&auml;t. Es muss zu einem st&auml;rkeren Austausch kommen, auch wissenschaftlich. Das ist in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung leichter und ich sehe es auch als meinen pers&ouml;nlichen Auftrag, hier einen Beitrag zu leisten. Gerade Wien hat hier ein unheimliches Potenzial und wird das auch n&uuml;tzen.</p> <p><strong>Wie wichtig ist die interdisziplin&auml;re Zusammenarbeit mit Dermatologen, Orthop&auml;den und P&auml;diatern? Mit welchen H&auml;usern gibt es Kooperationen?</strong><br /> <strong>K. Redlich:</strong> Laut medizinischem Masterplan 2030 soll im Krankenhaus Hietzing ein Zentrum f&uuml;r Immunologie entstehen. Wir sind als Rheumatologen gewohnt, interdisziplin&auml;r zu denken. Sehnen- und Gelenksbeteiligung, Muskeln, Darm, Haut, Lunge, Herz, Augen &ndash; es gibt kein Organ, das nicht von rheumatologischen Erkrankungen betroffen sein kann. Wir brauchen daher eine enge Kooperation mit anderen Fachgruppen, die ich hier im Krankenhaus Hietzing in au&szlig;erordentlicher Form finde. Eine orthop&auml;dische Kooperation existiert mit Prim. Peter Zenz vom Otto-Wagner-Spital. Extern gibt es Kooperationen mit dem Wilhelminenspital und der Uniklinik Wien.</p> <p><strong>Laut dem &Ouml;SG soll die Rheumatologie in Wien auf wenige Standorte beschr&auml;nkt werden. Bereitet Ihnen das Sorgen?</strong><br /> <strong>K. Redlich:</strong> Nein, gar nicht, ganz im Gegenteil. Die Kompetenzen werden in einigen wenigen H&auml;usern geb&uuml;ndelt werden. Geplant ist eine Regionalisierung, die drei Regionen umfasst, im Westen sind das wir und Kollege Fasching, im S&uuml;den Kollege Erlacher, und die Region NO ist noch unklar; diese H&auml;user sollen den rheumatologischen Versorgungsauftrag &uuml;bernehmen. Die Frage wird sich stellen, wie man die Versorgung in der Region NO sicherstellen wird. Wir sind eingebettet in ein dichtes Netz von niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen und wir f&uuml;hlen uns einer wohnortnahen Versorgung verpflichtet.</p> <p><strong>Wenn Sie sich nochmals entscheiden k&ouml;nnten: W&uuml;rden Sie wieder Rheumatologe werden?</strong><br /> <strong>K. Redlich:</strong> Ja, sofort wieder! Ich kenne wenige F&auml;cher, die so klinisch sind, wo es so sehr darauf ankommt, sich mit dem Menschen zu besch&auml;ftigen. Etwas &uuml;bertrieben gesagt, braucht man oft wenig oder gar keine Zusatzbefunde wie Labor oder Bildgebung, sondern kann sich durch eine sorgf&auml;ltige Anamnese und genaue klinische Untersuchung der Diagnose zumindest schon sehr gut ann&auml;hern.</p> <p><br /><strong><em>Vielen Dank f&uuml;r das Gespr&auml;ch!</em></strong></p></p>
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