Unfreiwillige Unterbringung in der Psychiatrie

<p class="article-intro">Die Unterbringung in psychiatrischen Abteilungen und Spitälern ist im UbG geregelt. Das Gesetz bildet einen bundesweit einheitlichen Rahmen; bei der Anwendung ergeben sich in der Praxis jedoch regionale und standortspezifische Unterschiede. Die Arbeiten der GÖG tragen zur Förderung von Transparenz, Vergleichbarkeit und Qualität in einem sehr sensiblen Versorgungsbereich bei.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Hinweis:</h2> Die aktuelle Publikation schlie&szlig;t an eine JATROS-Publikation zum UbG aus dem Jahr 2014 an (Hagleitner et al: JATROS Neurologie &amp; Psychiatrie 1/2014). Hauptfokus der gegenst&auml;ndlichen Publikation sind die aktuelle Versorgungssituation sowie Weiterentwicklungen und Neuerungen, die sich seit der letzten Publikation ergeben haben.</div> <p>Das Unterbringungsgesetz (UbG, BGBl 1990/155) ist ein Gesetz zum Schutz der Pers&ouml;nlichkeitsrechte von Patientinnen und Patienten in einem &auml;u&szlig;erst sensiblen Bereich der Versorgung. Das UbG kommt in Krankenh&auml;usern und Abteilungen f&uuml;r Psychiatrie zur Anwendung, in denen Personen in einem geschlossenen Bereich angehalten werden oder sonstigen Beschr&auml;nkungen ihrer Bewegungsfreiheit unterworfen werden.<br /> Auch wenn das Gesetz theoretisch einen &ouml;sterreichweit einheitlichen Rahmen bietet, bestehen in seiner praktischen Anwendung erhebliche regionale sowie auch standortspezifische Unterschiede, die auf eine Vielzahl von Faktoren zur&uuml;ckzuf&uuml;hren sind. Die Gesundheit &Ouml;sterreich GmbH (G&Ouml;G) erhebt seit 2005 im Ministeriumsauftrag Daten zur Vollziehung des UbG. Daher liegt eine f&uuml;r &Ouml;sterreich einzigartig umfassende und bundesweit vergleichbare Datengrundlage vor.<br /> Die gegenst&auml;ndliche Publikation stellt einleitend den rechtlichen Rahmen (Grundz&uuml;ge des UbG) dar. Danach gibt sie einen &Uuml;berblick &uuml;ber die &ouml;sterreichische Versorgungssituation, wobei die Vielfalt der der G&Ouml;G vorliegenden Daten anhand konkreter Beispiele verdeutlicht wird. Die Werte ausgew&auml;hlter Indikatoren werden &ndash; teilweise f&uuml;r mehr als ein Jahrzehnt zur&uuml;ckreichend &ndash; pr&auml;sentiert.<br /> F&uuml;r die Analyse der Unterbringungsdaten muss bedacht werden, dass das UbG nur einen Teilbereich der psychosozialen Versorgung betrifft und regelt. Zahlreiche Wirkfaktoren nehmen auf die Qualit&auml;t der Versorgung Einfluss. Aus diesem Grund hat die G&Ouml;G unter Experteneinbindung eine &Uuml;bersicht &uuml;ber m&ouml;gliche Einflussfaktoren erstellt, die in diesem Artikel pr&auml;sentiert und zur Diskussion gestellt wird.</p> <h2>Hintergrund und Ziele der Analyse von Unterbringungsdaten</h2> <p>Die G&Ouml;G erhebt seit 2005 im Auftrag des Bundesministeriums f&uuml;r Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (BMASGK, vormals Bundesministerium f&uuml;r Gesundheit und Frauen, BMGF) Daten zur Vollziehung des Unterbringungsgesetzes (UbG). Das Projekt &bdquo;Analyse der Unterbringungen nach UbG in &Ouml;sterreich&ldquo; zielt darauf ab, durch das Schaffen gr&ouml;&szlig;tm&ouml;glicher Transparenz &uuml;ber Praxis und Vollzug des UbG und das Einbinden aller relevanten Akteure in den Diskurs zur F&ouml;rderung der bestm&ouml;glichen Versorgungsqualit&auml;t im Sinne der Patientinnen und Patienten beizutragen. Die Ergebnisse dieser Arbeiten der G&Ouml;G werden im 2-Jahres-Rhythmus publiziert. Die aktuelle Publikation (Sagerschnig S. et al., 2017) findet sich unter https://goeg. at/UbG_OE_2016.</p> <h2>Grundz&uuml;ge des Unterbringungs- gesetzes</h2> <p>Das UbG definiert drei Voraussetzungen, die erf&uuml;llt sein m&uuml;ssen, um eine Person in einer psychiatrischen Abteilung oder Klinik unterzubringen:</p> <ul> <li>Die Person leidet an einer psychischen Krankheit.</li> <li>Im Zusammenhang mit der psychischen Krankheit liegt eine ernstliche und erhebliche Gef&auml;hrdung des eigenen Lebens oder der eigenen Gesundheit oder des Lebens oder der Gesundheit anderer vor.</li> <li>Die betreffende Person kann nicht in anderer Weise (insbesondere au&szlig;erhalb eines psychiatrischen Krankenhauses/ einer psychiatrischen Abteilung) ausreichend &auml;rztlich behandelt oder betreut werden.</li> </ul> <p>Diese Voraussetzungen gelten f&uuml;r die Unterbringung ohne Verlangen (&sect; 8 UbG) ebenso wie f&uuml;r die Unterbringung auf Verlangen (&sect; 4 UbG), wobei im zweiten Fall die Patientin/der Patient selbst das Verlangen, untergebracht zu werden, eigenh&auml;ndig schriftlich formulieren muss. Ist einer der drei Punkte nicht erf&uuml;llt, darf eine Person nicht untergebracht werden. F&auml;llt eine der Voraussetzungen weg, ist die Unterbringung sofort aufzuheben. Seit der Novelle des UbG im Jahr 2010 ist die R&uuml;ckfallwahrscheinlichkeit in die &Uuml;berlegungen miteinzubeziehen (&sect; 32a UbG).<br /> In Zusammenhang mit dem UbG ist eine Differenzierung der Zugangs- und Aufnahmearten (wie kommt eine Person ins Krankenhaus und wie wird sie aufgenommen: jeweils mit oder ohne Anwendung des UbG) erforderlich; die Abbildung 1 zeigt die unterschiedlichen M&ouml;glichkeiten im &Uuml;berblick.<br /> Der Prozess der gerichtlichen Kontrolle im Kontext des UbG variiert je nach Unterbringungsart, &uuml;ber jede Unterbringung ohne Verlangen muss das Gericht unverz&uuml;glich informiert werden (&sect; 17 UbG). Auch weitergehende Beschr&auml;nkungen sowie &auml;rztliche Behandlung im Zuge einer Anwendung des UbG unterliegen der gerichtlichen Kontrolle. Abbildung 2 zeigt den schematischen Ablauf einer Unterbringung ohne Verlangen ab dem Zeitpunkt der Aufnahmeuntersuchung im Krankenhaus.<br /><br /> Anders ist das Vorgehen f&uuml;r die Unterbringung auf Verlangen (&sect; 4 UbG), siehe Abbildung 3.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Neuro_1801_Weblinks_s43_abb1.jpg" alt="" width="2151" height="635" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Neuro_1801_Weblinks_s43_abb2.jpg" alt="" width="2150" height="1599" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Neuro_1801_Weblinks_s43_abb3.jpg" alt="" width="2151" height="806" /></p> <h2>Datengrundlagen</h2> <p>Der G&Ouml;G stehen folgende, &uuml;berwiegend administrative Daten aus unterschiedlichen Quellen zur Verf&uuml;gung. Die Nutzung dieser Daten ist ergiebig und schont zugleich die zeitlichen Ressourcen der Datenlieferanten.</p> <ul> <li>Eigene Erhebung aus Daten der mit der Vollziehung des UbG befassten psychiatrischen Krankenh&auml;user und Abteilungen</li> <li>Von der Patientenanwaltschaft (VertretungsNetz, IfS)# zur Verf&uuml;gung gestellte Daten</li> <li>Daten der Bezirksgerichte, die im Auftrag des Bundesministeriums f&uuml;r Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (vormals Bundesministerium f&uuml;r Justiz) an das Bundesrechenzentrum gemeldet werden</li> </ul> <h2>Das Projekt generiert eine f&uuml;r &Ouml;sterreich einzigartig umfassende Datengrundlage</h2> <p>Zusammengef&uuml;hrt bilden diese Daten einerseits den gesamten Unterbringungsverlauf (Zugang, station&auml;re Aufnahme, Unterbringungsbeginn, gerichtliche Verfahren) in seiner Chronologie ab, andererseits erm&ouml;glichen sie ein Gesamtbild f&uuml;r die Anwendung des UbG in &Ouml;sterreich.<br /> Zahlreiche Indikatoren sind inzwischen &uuml;ber Jahre stabil und liefern vergleichbare Werte f&uuml;r ganz &Ouml;sterreich. Dadurch, dass die Datenquellen teilweise idente Indikatoren beinhalten, ist eine Plausibilisierung dieser &uuml;ber die unterschiedlichen Datenlieferanten hinweg m&ouml;glich. Die von der G&Ouml;G vorgenommene Plausibilit&auml;tskontrolle zeigt Abweichungen zwischen den Datenquellen auf und f&ouml;rdert Kl&auml;rungen sowie Anpassungen der Datensets und Meldeverfahren. All dies tr&auml;gt Schritt f&uuml;r Schritt zu einer Qualit&auml;tssteigerung und einer gr&ouml;&szlig;eren Vergleichbarkeit der Daten bei.<br /> Das Bundesrechenzentrum &uuml;bermittelt der G&Ouml;G seit vielen Jahren die Daten der Bezirksgerichte zu Unterbringungsf&auml;llen, Anh&ouml;rungen, m&uuml;ndlichen Verhandlungen und zu den Ergebnissen der Zul&auml;ssigkeitspr&uuml;fungen.<br /> Die Krankenh&auml;user melden Informationen zu vollstation&auml;ren Aufnahmen und Unterbringungsf&auml;llen. Soweit f&uuml;r die Einrichtung m&ouml;glich, sind diese nach Zugangs- und Aufnahmearten differenziert (Daten zu Zugangs- und Aufnahmearten liegen nur den Krankenh&auml;usern vor). Seit einigen Jahren erhebt die G&Ouml;G dar&uuml;ber hinaus auch Daten zu untergebrachten Personen sowie zu Diagnosegruppen. Immer mehr Krankenh&auml;usern ist es inzwischen m&ouml;glich anzugeben, ob Unterbringungen bei Aufnahme oder w&auml;hrend des Aufenthalts beginnen.<br /> Die Patientenanwaltschaften (VertretungsNetz, IfS) haben seit einigen Jahren ihre Datenmeldung an die G&Ouml;G mit wenigen Ausnahmen f&uuml;r ganz &Ouml;sterreich vereinheitlicht. Das bisher gemeldete Datenset (u.a. Unterbringungsh&auml;ufigkeit, -dauer, Unterbringungen nach Geschlecht und Altersgruppen, unterbringende Abteilungen) wurde erweitert um Daten, die eine n&auml;here Beschreibung bzw. Analyse der untergebrachten Personen erm&ouml;glichen. Die Daten der Patientenanwaltschaften stellen die einzige Datengrundlage f&uuml;r Zwangsma&szlig;nahmen (Beschr&auml;nkungen, &auml;rztliche Behandlung ohne/gegen den Willen von Patientinnen/Patienten) dar, die w&auml;hrend der Unterbringung zur Anwendung kommen.</p> <h2>Daten zum Vollzug des UbG in &Ouml;sterreich</h2> <p>Im Jahr 2017 kam das UbG in allen &ouml;sterreichischen Bundesl&auml;ndern in insgesamt rund 30 psychiatrischen Abteilungen oder Krankenh&auml;usern f&uuml;r Erwachsene und in 11 Abteilungen f&uuml;r Kinder und Jugendliche zur Anwendung.<br /> Im Jahr 2016 meldeten die Krankenh&auml;user den Bezirksgerichten etwa 25 000 Unterbringungen ohne Verlangen, was 285 Unterbringungen pro 100 000 Einwohner/ Einwohnerinnen (EW)<sup>+</sup> entspricht (vgl. Abbildung 4). Im Jahr 2000 kamen auf 100 000 EW noch 183 Unterbringungen, in den Jahren 2000 bis 2012 nahm die Rate stetig zu, allerdings in den einzelnen Jahren in einem sehr unterschiedlichen Ausma&szlig;. Zwischen 2013 und 2014 nahm die Unterbringungsrate leicht ab, ab 2015 hingegen wieder zu. Im Bundesl&auml;ndervergleich variiert die Unterbringungsh&auml;ufigkeit sehr stark (Bundesl&auml;nder- Bandbreite: zwischen 153,7 und 413,9 Unterbringungen pro 100 000 EW<sup>++</sup>), dies ist auf zahlreiche Faktoren zur&uuml;ckzuf&uuml;hren (siehe Abschnitt zu Einflussfaktoren).<br /> Gemessen an allen von den psychiatrischen Krankenh&auml;usern und Abteilungen im Rahmen der G&Ouml;G-Krankenhausdatenerhebung gemeldeten station&auml;ren Aufnahmen im Jahr 2016&sect; machen die Aufnahmen mit Unterbringung ohne Verlangen etwa ein Viertel aus (2016: 28 % ), ein sehr geringer Anteil (weniger als 2 % ) entf&auml;llt auf Unterbringungen auf Verlangen. Der gr&ouml;&szlig;te Teil aller Aufnahmen erfolgt jedoch ohne Anwendung des Unterbringungsgesetzes (2016: 70 % ). Die genannten Anteile blieben in den letzten Jahren relativ stabil.<br /> Der Gro&szlig;teil der Patientinnen und Patienten kommt ohne Anwendung des UbG ins psychiatrische Krankenhaus/die psychiatrische Abteilung (2016: 88 % aller F&auml;lle), etwa 9 % aller F&auml;lle mit &auml;rztlicher Bescheinigung und etwas &uuml;ber 3 % mit der Sicherheitsbeh&ouml;rde bei Gefahr im Verzug. <sup>&sect;&sect;</sup> Von den F&auml;llen mit Unterbringung ohne Verlangen kommt ebenfalls der gr&ouml;&szlig;te Teil (rund 63 % ) ohne Anwendung des UbG ins Krankenhaus, beinahe 28 % kommen mit &auml;rztlicher Bescheinigung und knapp weniger als 10 % mit der Sicherheitsbeh&ouml;rde.<br /> Auch fast 90 % der Unterbringungen auf Verlangen folgen einem Zugang ohne UbG. Nur in 8,4 % der F&auml;lle melden die Spit&auml;ler Zug&auml;nge mit &auml;rztlicher Bescheinigung und in 2,4 % &uuml;ber die Sicherheitsbeh&ouml;rde. Wenn Personen mittels UbG-Prozedere (&sect;&sect; 8, 9 Abs. 1 sowie &sect; 9 Abs. 2) ins Krankenhaus kommen, erfolgt zumeist auch die station&auml;re Aufnahme gem&auml;&szlig; UbG (Zugang nach &sect;&sect; 8, 9 Abs. 1: 90 % bzw. Zugang nach &sect; 9 Abs. 2: 88 % ).<br /> Insgesamt wurden im Jahr 2016 18 547 Personen untergebracht, davon war der Anteil der M&auml;nner (54 % ) etwas h&ouml;her als der Anteil der Frauen (46 % ). Zwischen den Altersgruppen variiert die Unterbringungsrate sehr stark (Abb. 5) und zeigt einen ersten Peak bei den 14- bis 30-J&auml;hrigen und einen zweiten bei den &uuml;ber 80-J&auml;hrigen. W&auml;hrend bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre in Relation zum Anteil in der Bev&ouml;lkerung mehr M&auml;dchen als Burschen untergebracht werden, ist in allen h&ouml;heren Altersgruppen die bev&ouml;lkerungsbezogene Rate untergebrachter M&auml;nner h&ouml;her als jene der Frauen.<br /> Von 2014 bis 2016 zeigt sich in nahezu allen Altersgruppen eine Zunahme des Anteils untergebrachter Personen pro 100 000 EW, die st&auml;rkste Zunahme war in der Altersgruppe der 14- bis 17-J&auml;hrigen zu verzeichnen (Abb. 6). Eine Abnahme des Anteils untergebrachter Personen war lediglich im Altersbereich zwischen 40 und 60 Jahren zu erkennen.<br /> Viele Unterbringungen sind von kurzer Dauer. Etwas &uuml;ber ein Viertel (26,5 % ) der Unterbringungen ohne Verlangen dauern nur bis zu zwei Tage. Beinahe die H&auml;lfte (47,6 % ) aller Unterbringungen werden nach sp&auml;testens vier Tagen beendet, etwas &uuml;ber 60 % dauern bis zu einer Woche. Nach 18 Tagen sind rund 84 % aller Unterbringungen beendet. Rund 80 % der untergebrachten Personen wurden einmal im Kalenderjahr (2016) untergebracht, 14 % zweimal. Ein Prozent wurde mehr als f&uuml;nfmal untergebracht (Quellen: VertretungsNetz, IfS).<br /> Bei rund einem Drittel der Unterbringungen kam es im Jahr 2016 zu zumindest einer Beschr&auml;nkung der Bewegungsfreiheit gem&auml;&szlig; &sect; 33 UbG. Die Anteile der Unterbringungen mit Beschr&auml;nkung sind je nach Bundesland sehr unterschiedlich (Bundesl&auml;nder-Bandbreite: 21&ndash;49 % ). Eine Einschr&auml;nkung des Verkehrs mit der Au&szlig;enwelt gem&auml;&szlig; &sect; 34 UbG kommt nur selten vor (1 % der Unterbringungen). In 4 % der Unterbringungen wurde mindestens eine Verl&auml;ngerung ausgesprochen (Quellen: VertretungsNetz, IfS).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Neuro_1801_Weblinks_s43_abb4_korr_3.jpg" alt="" width="1417" height="827" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Neuro_1801_Weblinks_s43_abb5_korr.jpg" alt="" width="1417" height="825" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Neuro_1801_Weblinks_s43_abb6_korr.jpg" alt="" width="1417" height="977" /></p> <h2>Daten alleine liefern nur bedingt zufriedenstellende Antworten</h2> <p>Die Arbeiten der G&Ouml;G zeigten recht bald, dass Analyse und Auswertung der Daten zu einigen Fragestellungen nur bedingt zufriedenstellende Antworten liefern. Um die vielen Einflussfaktoren auf die Unterbringungsh&auml;ufigkeit oder auch potenzielle Auswirkungen gesetzlicher &Auml;nderungen auf die Praxis besser zu verstehen, wurde daher ein eigenes Format geschaffen, im Rahmen dessen die Auswertungsergebnisse pr&auml;sentiert und diskutiert werden &ndash; die sogenannten Expertengespr&auml;che zur Unterbringung. Diese werden von der G&Ouml;G im Ministeriumsauftrag seit 2012 f&uuml;r die Erwachsenenpsychiatrie sowie seit 2013 auch f&uuml;r die Kinderund Jugendpsychiatrie begleitet und bringen einmal j&auml;hrlich alle f&uuml;r die Umsetzung des UbG relevanten Akteurinnen und Akteure zusammen.<br /> Austausch und Vernetzung stehen im Vordergrund der Expertengespr&auml;che. Ihr Ziel ist, das gegenseitige Verst&auml;ndnis der Involvierten f&uuml;r ihre unterschiedlichen Standpunkte und Perspektiven zu f&ouml;rdern (u.a. im Lichte ihrer jeweiligen Aufgaben, ihrer t&auml;glichen Arbeitsbedingungen sowie ihres [Er-]Lebens der Umsetzung der gesetzlichen Ma&szlig;nahmen). Im Rahmen eines sehr offenen Austausches werden priorit&auml;re Anliegen identifiziert sowie unterschiedliche regionale und standortspezifische Ans&auml;tze diskutiert.<br /> Fallweise werden auch Empfehlungen formuliert. Die G&Ouml;G versteht sich als Drehscheibe zwischen den Akteuren, die den Austausch unterst&uuml;tzt, aber nicht f&uuml;r die Umsetzung m&ouml;glicher Folgema&szlig;nahmen zust&auml;ndig ist. Diese Zust&auml;ndigkeit liegt in der Verantwortung der einzelnen mit der Umsetzung des UbG befassten Akteure je nach deren Auftrag und Arbeitsschwerpunkt. In den vergangenen Jahren wurden u.a. folgende Themen schwerpunktm&auml;&szlig;ig diskutiert: Dokumentation und Datenlage, rechtliche Rahmenbedingungen, UbG-Novellen, Architektur, freiheitsbeschr&auml;nkende Ma&szlig;nahmen, unbegleitete minderj&auml;hrige Fl&uuml;chtlinge, Interessenvertretung der Betroffenen.</p> <h2>Einflussfaktoren auf die Unterbringung</h2> <p>Unterbringungen sind ein sehr sensibler Bereich der psychiatrischen Versorgung, der unterschiedliche fachliche und berufliche Sph&auml;ren ber&uuml;hrt. Spannungsfelder ergeben sich durch die divergierenden Zust&auml;ndigkeiten und die damit verbundenen Schwerpunktsetzungen, die sich ma&szlig;geblich durch gesetzliche Vorgaben, medizinische sowie patienten- und menschenrechtliche Aspekte definieren.<br /> Einflussfaktoren auf Unterbringungsraten sind vielf&auml;ltig und unterliegen komplexen Wechselwirkungen. Die Anwendung des UbG ist ein spezieller Teilbereich der (psychiatrischen) Versorgung, bei dem der Gesamtkontext unbedingt zu ber&uuml;cksichtigen ist. Viele Sektoren (Gesundheit, Soziales, Justiz, Familie etc.) bzw. Politikbereiche sowie zahlreiche unterschiedliche Organisationen und Berufsgruppen sind betroffen. Daten &uuml;ber Unterbringungen sollten daher mit einem breiten Blickwinkel &ndash; &uuml;ber das UbG-Geschehen hinaus &ndash; interpretiert werden. Insbesondere die Erkl&auml;rung von Wirkzusammenh&auml;ngen bedarf einer umfassenden Betrachtung, einstweilen k&ouml;nnen dazu noch keine Aussagen gemacht werden.<br /> Die G&Ouml;G hat unter Mitwirkung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Expertengespr&auml;che zur Unterbringung einen &Uuml;berblick &uuml;ber die m&ouml;glichen Einflussfaktoren auf Unterbringungen erstellt (Abb. 7).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Neuro_1801_Weblinks_s43_abb7_korr.jpg" alt="" width="2150" height="1316" /></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> Die Unterbringung in psychiatrischen Abteilungen und Spit&auml;lern ist durch das UbG bundesweit einheitlich geregelt. Dennoch zeigen die Analysen der G&Ouml;G gro&szlig;e regionale und standortspezifische Unterschiede in der Anwendung des Gesetzes in der Praxis.<br /> Die Arbeiten der G&Ouml;G tragen jedenfalls zu einer gr&ouml;&szlig;eren Transparenz hinsichtlich des Unterbringungsgeschehens bei und forcieren das Generieren vergleichbarer und valider Indikatoren. Aktuell liegt der Fokus der Datenpr&auml;sentation auf einer hochaggregierten Ebene (Gesamt&ouml;sterreich, tw. Bundesl&auml;nder). Im Jahr 2017 wurden mit Vertreterinnen und Vertretern der Krankenh&auml;user erstmals auch standortspezifische Unterschiede diskutiert.<br /> Ziel zuk&uuml;nftiger Arbeiten ist jedenfalls eine laufende Weiterentwicklung des &bdquo;Einflussfaktorenmodells&ldquo; sowie eine vertiefende Analyse ausgew&auml;hlter Einflussfaktoren und deren Wechselwirkungen unter Ber&uuml;cksichtigung vorliegender Studienergebnisse. Die Diskussion der Unterbringungsdaten auf Standortebene soll fortgesetzt werden. Ziel ist es auch, aus bisherigen Arbeiten Erkenntnisse abzuleiten, die von den zust&auml;ndigen Akteuren aufgegriffen werden.<br /> Eine besondere Herausforderung in der Anwendung des UbG stellen die Kooperation und Kommunikation der vielen zust&auml;ndigen Akteure dar, v.a. wenn diese unterschiedlichen Berufsgruppen und/oder Sektoren zugeh&ouml;ren. Abl&auml;ufe der Zuweisung und der station&auml;ren Aufnahmeuntersuchung sind besonders kritische Phasen. Die G&Ouml;G l&auml;dt im Rahmen der Expertengespr&auml;che alle Akteure dazu ein, &uuml;ber die eigenen Zust&auml;ndigkeitsgrenzen hinauszublicken und UbG-Abl&auml;ufe gesamthaft zu diskutieren. Dies tr&auml;gt im Sinne der Patienten zu einem gr&ouml;&szlig;eren Wissen &uuml;ber und Verst&auml;ndnis f&uuml;r das Gesamtgeschehen bei und f&ouml;rdert den Wissenstransfer zwischen Vertretern aus Praxis und Forschung sowie Politik und Verwaltung.</div> <p><br /> <strong>Fu&szlig;noten:</strong><br /> <sup>#</sup> VertretungsNetz: Betreuung aller &ouml;sterreichischen Bundesl&auml;nder mit Ausnahme von Vorarlberg; die Zust&auml;ndigkeit f&uuml;r Vorarlberg obliegt dem Institut f&uuml;r Sozialdienste, IfS. <sup>+</sup> Daten der Bezirksgerichte, Statistik Austria (Jahresdurchschnittsbev&ouml;lkerung); Berechnung: G&Ouml;G <sup>++</sup> Quellen: Daten der Patientenanwaltschaften (VertretungsNetz, IfS), Statistik Austria (Bev&ouml;lkerungsprognosen); Berechnung VertretungsNetz; Einwohnerinnen/Einwohner aus dem n&ouml;rdlichen Burgenland werden in der Regel f&uuml;r Wien, jene aus dem s&uuml;dlichen Burgenland f&uuml;r die Steiermark gez&auml;hlt.&nbsp;<sup>&sect;</sup> Quelle: G&Ouml;G-Krankenhausdatenerhebung. Berechnungen ohne KA Rudolfstiftung und KH Hietzing-Rosenh&uuml;gel <sup>&sect;&sect;</sup> Nur Daten von Einrichtungen, die hinsichtlich dieser Differenzierung melden konnten, wurden f&uuml;r die Berechnungen herangezogen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>&bull; Bundesgesetz &uuml;ber die Unterbringung psychisch Kranker in Krankenanstalten (Unterbringungsgesetz &ndash; UbG, BGBl 1990/155), http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe? Abfrage=Bundesnormen&amp;Gesetzesnummer=10002936 &bull; Bundesrechenzentrum (2017): Daten der Bezirksgerichte zur Unterbringung f&uuml;r das Jahr 2016 &bull; G&Ouml;G (2016): Protokoll Expertengespr&auml;che zur Unterbringung in der Erwachsenenpsychiatrie (Runde West&ouml;sterreich) am 6. 10. 2016 in Salzburg. Im Auftrag des Bundesministeriums f&uuml;r Gesundheit und Frauen in Zusammenarbeit mit der Christian- Doppler-Klinik, Salzburg &bull; G&Ouml;G (2016): Protokoll Expertengespr&auml;che zur Unterbringung in der Erwachsenenpsychiatrie (Runde Ost&ouml;sterreich) am 12. 10. 2016 in Wien. Im Auftrag des Bundesministeriums f&uuml;r Gesundheit und Frauen, Wien &bull; G&Ouml;G (2016): Protokoll Expertengespr&auml;che zur Unterbringung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie am 4. 11. 2016 in Wien. Im Auftrag des Bundesministeriums f&uuml;r Gesundheit und Frauen &bull; Hagleitner J und Ladurner J: Qualit&auml;t trotz Zwang &ndash; Herausforderung f&uuml;r die Psychiatrie. JATROS Neurologie &amp; Psychiatrie 2014; 1: 8-10 &bull; IfS-Patientenanwaltschaft Vorarlberg (2016): Jahresbericht 2016. Institut f&uuml;r Sozialdienste, Rankweil &bull; Krankenhausdaten. Daten zur Unterbringung 2016. Erhebung der G&Ouml;G im Jahr 2017. Gesundheit &Ouml;sterreich GmbH, Wien &bull; Sagerschnig S et al.: Analyse der Unterbringungen nach UbG in &Ouml;sterreich. Gesundheit &Ouml;sterreich im Auftrag des Bundesministeriums f&uuml;r Gesundheit und Frauen 2017, Wien &bull; VertretungsNetz-Patientenanwaltschaft (2016): Ausgew&auml;hlte Auswertungen zu Unterbringungen f&uuml;r das Jahr 2016, Wien</p> </div> </p>
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