
Primärversorgungs- einheiten als Dienstgeber


Ein Primärversorgungszentrum (auch Primärversorgungseinheit, kurz PVE) in Form einer Gruppenpraxen-GmbH oder -OG kann selbst als Dienstgeber auftreten. Während die Gesellschafter laut Ärztegesetz aufgrund ihrer Gesellschafterstellung zur persönlichen Berufsausübung verpflichtet sind und daher dafür keine arbeitsrechtliche Vereinbarung vorgesehen ist, ist zu prüfen, welche Vertragsform für das weitere Personal eines PVE zutreffend ist. Die Entscheidung, ob es sich um einen Werkvertrag, einen freien Dienstvertrag (man unterscheidet dienstnehmerähnliche freie Dienstverträge von unternehmerähnlichen freien Dienstverträgen, in der Folge werden nur dienstnehmerähnliche freie Dienstverträge behandelt) oder einen echten Dienstvertrag handelt, hat weitreichende arbeitsrechtliche, sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Konsequenzen!
Kauft die Gruppenpraxis Leistungen Dritter zu, die selbst unternehmerisch und damit persönlich und wirtschaftlich unabhängig tätig sind, so ist diesauf freiberuflicher Basis, als unternehmerähnlicher freier Dienstvertrag oder in Form eines Werkvertrags möglich.Zur Unterscheidung im Detail siehe die gesonderte Aufstellung in Tabelle1.
Dienstverhältnis prüfen
Ist ein Mitarbeiter jedoch zur persönlichen Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit verpflichtet, liegt ein echtes Dienstverhältnis vor, auf das zwingend arbeitsrechtliche Vorschriften anzuwenden sind. Neben den einschlägigen Gesetzen ist dabei insbesondere zu prüfen, welcher Kollektivvertrag einschlägig ist, da dessen Bestimmungen ein Dienstverhältnis umfassend regeln und davon grundsätzlich nicht zu Ungunsten der Dienstnehmer abgewichen werden darf.
Kollektivvertragliche Regelungen
In zahlreichen Bundesländern gibt es jeweils einen Kollektivvertrag für die Angestellten bei Ärzten und Gruppenpraxen. Wenngleich die Formulierung des jeweiligen Geltungsbereiches annehmen lässt, dass davon sämtliche Angestellten erfasst sind, so ergibt sich aus den Entgeltbestimmungen, dass lediglich nichtärztliches Personal im Angestelltenverhältnis davon umfasst ist. Darunter fallen etwa
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medizinische Assistenzberufe,
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medizinische Masseure und
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Heilmasseure oder
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dergehobene medizinisch-technische Dienst.
Zu beachten ist allerdings, dass für Zahnärzte oftmals Ausnahme- bzw. Sonderregelungen gelten.
Werden Ärzte angestellt, so gibt es derzeit nur für Oberösterreich einen dafür anwendbaren Kollektivvertrag (Näheres dazu im Artikel „Anstellung von Ärzten: Charakteristika & Konsequenzen“ der Ausgabe 01/2020 von ALLGEMEINE+).
Weder angestelltes ärztliches Personal (außerhalb Oberösterreichs) noch Personen, die als Arbeiter bei einer Primärversorgungseinheit beschäftigt sind (wie etwa Reinigungskräfte), fallen derzeit unter einen Kollektivvertrag.
Für diese Mitarbeiter gilt daher keinerlei zwingende Lohn- oder Gehaltsvorschrift, die Abgeltung darf mit diesen daher frei vereinbart werden, lediglich ein sittenwidrig niedriges Gehalt wäre unzulässig. Manche Ärztekammern empfehlen – hinsichtlich angestellter Ärzte – die Orientierung an den Gehaltsvorschriften der jeweiligen Landeskrankenanstalten. Hinsichtlich sämtlicher anderer Elemente des Dienst- bzw. Arbeitsverhältnisses sind die allgemeinen arbeitsgesetzlichen Vorschriften, etwa des Arbeitszeit- und Arbeitsruhe- oder Urlaubsgesetzes, zwingend anzuwenden.