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Welche Biomarker bei NSCLC kann man heute im Blut bestimmen?

<p class="article-intro">Gerade bei Patienten mit Lungenkrebs gestaltet sich die Gewinnung von Gewebeproben oft als schwierig. Daher ist die minimal invasive Methode der Liquid Biopsy, also die Analyse von zirkulierenden Tumorzellen oder zirkulierender freier Tumor-DNA, ein großer Hoffnungsträger.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Einleitung</h2> <p>Bereits heute hat die Analyse von EGFRMutationen, insbesondere die Bestimmung einer T790M-Mutation, bei Patienten unter Therapie mit Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) Einzug in die klinische Routine gehalten. An weiteren Einsatzm&ouml;glichkeiten wie Analysen gr&ouml;&szlig;erer Spektren von Mutationen mittels &bdquo;next generation sequencing&ldquo; (NGS) sowie dem Einsatz der Liquid Biopsy im Rahmen der Tumorfr&uuml;herkennung wird fieberhaft gearbeitet.<br /> Biomarker sind messbare biologische Molek&uuml;le. Sie dienen zum Erlangen oder Absichern einer Diagnose, zur Einsch&auml;tzung der Prognose einer Erkrankung oder im pr&auml;diktiven Setting zur Einsch&auml;tzung, ob eine Therapieform Erfolg versprechend ist. Die Bestimmung von Biomarkern im peripheren Blut wird aufgrund der minimal invasiven Gewinnungsmethode und der guten Verf&uuml;gbarkeit sehr gesch&auml;tzt. Im Blut werden routinem&auml;&szlig;ig gel&ouml;ste Bestandteile bestimmt, wobei neben Elektrolyten, Gasen und Proteinen in zunehmendem Ma&szlig;e auch Nukleins&auml;uren analysiert werden. Auch zellul&auml;re Bestandteile werden beurteilt, wobei neben Zellen des normalen peripheren Blutes (Blutbild) im Falle maligner Erkrankungen auch zirkulierende Tumorzellen nachweisbar sind.</p> <h2>Probleme in der Histologie des Lungenkarzinoms</h2> <p>Der Goldstandard zur Diagnostik eines malignen Tumors ist nach wie vor die histologische Analyse einer im Rahmen einer Biopsie oder Tumorentfernung gewonnenen Gewebeprobe nach Paraffineinbettung. Neben der genauen Zuordnung des Tumorgewebes werden auch pr&auml;diktive und prognostische Marker am Paraffinmaterial bestimmt. Jedoch gestaltet sich insbesondere bei Lungenkrebspatienten die Gewinnung von Tumorgewebe oft als schwierig und in einigen F&auml;llen ist eine Probenentnahme aufgrund unvorteilhafter Lokalisation des Tumors oder des schlechten Allgemeinzustands des Patienten nicht m&ouml;glich. Ein weiteres oft diskutiertes Ph&auml;nomen ist die Tumorheterogenit&auml;t, wobei Teile des Tumors oder auch die Metastasen verschiedene Merkmale aufweisen k&ouml;nnen, wodurch ein unterschiedliches Ansprechen auf eine Therapie zu erwarten ist.<br /> L&ouml;sungen dieser Probleme werden intensiv erforscht, insbesondere da durch neue Therapieoptionen die f&uuml;r die Therapieentscheidung n&ouml;tigen Tests aufwendiger und gewebefordernder werden.</p> <h2>Minimal invasive Verfahren</h2> <p>Neben neuen Techniken zur Gewinnung von gr&ouml;&szlig;eren Tumorproben aus schlechter zug&auml;nglichen peripheren Lungenabschnitten liegt ein gro&szlig;er Schwerpunkt auf der Erforschung nicht oder minimal invasiver Eingriffe.<br /> Die Tatsache, dass Tumoren durch aktive Produktion oder passive Freisetzung, etwa im Rahmen des Zelltodes, Zellbestandteile in die Blutzirkulation abgeben, ist die Grundlage f&uuml;r die Bestimmung zirkulierender Biomarker. In den letzten Jahrzehnten lag der Fokus vor allem auf Proteinen, im Falle des Lungenkarzinoms auf Biomarkern wie der Neuron-spezifischen Enolase (NSE) oder dem karzinoembryonischen Antigen (CEA) sowie dem zirkulierenden Zytokeratin-19-Fragment CYFRA21-1. Jedoch sind diese Marker zu wenig sensitiv und spezifisch, um f&uuml;r eine sichere Einzeldiagnostik herangezogen zu werden.</p> <h2>Liquid Biopsy</h2> <p>Ein gro&szlig;er Hoffnungstr&auml;ger ist derzeit die Liquid Biopsy, womit vor allem die Analyse von im Blut zirkulierenden Tumorzellen (CTC) und zirkulierender zellfreier Tumor- DNA (ctDNA), Exosomen und &bdquo;tumor-educated platelets&ldquo; gemeint ist. Diese gelangen aus allen Tumorlokalisationen in die Zirkulation und ihre Detektion ist somit repr&auml;sentativ f&uuml;r das gesamte Tumorgenom.<br /> Vor allem zirkulierende Tumorzellen liegen jedoch, insbesondere beim nicht kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC), nur in sehr geringer Menge im peripheren Blut vor und sind nur mit erheblichem Aufwand und eigenen Ger&auml;ten zu isolieren, wodurch sich eine routinem&auml;&szlig;ige Gewinnung dieser Zellen zu diagnostischen Zwecken nicht anbietet.<br /> Auch zirkulierende zellfreie Tumor- DNA (ctDNA), die aus nekrotischen oder apoptotischen Tumorzellen in die Blutbahn gelangt, kann im peripheren Blut nachgewiesen werden, wobei die Menge an ctDNA, abh&auml;ngig von Tumorentit&auml;t und Tumorstadium, stark variiert. Neben der zum Teil geringen Menge an ctDNA und deren oft durch Degradierung eingeschr&auml;nkter Qualit&auml;t kann auch eine Kontamination durch Nicht-Tumor-DNA, die beim Zerfall von Leukozyten in der Blutprobe freigesetzt wird, zu Problemen bei der Analyse f&uuml;hren. Daher werden f&uuml;r die Abnahme einer Liquid Biopsy spezielle R&ouml;hrchen mit Zus&auml;tzen zur Stabilisierung der Leukozytenmembranen verwendet (z.B. Streck-R&ouml;hrchen).<br /> Als Einsatzm&ouml;glichkeiten der Liquid Biopsy werden derzeit besonders die Verlaufskontrolle (Therapie-Monitoring), die Bestimmung pr&auml;diktiver Biomarker, inklusive des Auftretens von Resistenzmutationen, sowie auch die Tumorfr&uuml;herkennung (Therapie-Screening) diskutiert.<br /> Zur Bestimmung von Mutationen im EGFR-Gen, inklusive der Resistenzmutation T790M, liegt seit 2016 der von der FDA zugelassene cobas<sup>&reg;</sup> EGFR Mutation Test v2 vor. Dieser Test beruht auf einem Multiplex- Realtime-PCR-Ansatz, bei dem bis zu 0,1 % mutierter DNA vor dem Hintergrund von WildTyp-DNA nachgewiesen werden k&ouml;nnen. Eine h&ouml;here Sensitivit&auml;t (bis zu 0,01 % ) kann durch den Einsatz der digitalen PCR erreicht werden, jedoch ist hierbei die M&ouml;glichkeit der Generierung von falsch positiven oder (noch) nicht klinisch relevanten Ergebnissen gegeben. Daher ist es wichtig, die erhobenen Befunde mit dem klinischen Bild zu korrelieren, um g&uuml;ltige Cut-offs oder Sensitivit&auml;tsgrenzen zu ermitteln. Sowohl mit Multiplex-Realtime- PCR als auch mit digitaler PCR kann jedoch nur eine geringe Anzahl bekannter Ver&auml;nderungen detektiert werden.<br /> Ein gr&ouml;&szlig;eres Spektrum an Ver&auml;nderungen kann mittels Sequenziermethoden (&bdquo;next generation sequencing&ldquo;) detektiert werden. Bei der Verwendung von &bdquo;wholeexome sequencing&ldquo; (WES) oder &bdquo;wholegenome sequencing&ldquo; (WGS) fallen jedoch gro&szlig;e Datenmengen an, deren Auswertung und Interpretation aufwendig sind und wof&uuml;r zus&auml;tzliche bioinformatische Kenntnisse ben&ouml;tigt werden. Daher wird zunehmend auf gut erforschte Gen-Panels gesetzt (&bdquo;targeted resequencing&ldquo;), die in immer gr&ouml;&szlig;erer Zahl auch f&uuml;r Liquid-Biopsy- Anwendungen auf den Markt kommen. Neben der Analyse von Punktmutationen und Insertionen/Deletionen (EGFR, BRAF, KRAS usw.) k&ouml;nnen mit diesen Methoden auch komplexere Ver&auml;nderungen wie Translokationen (z.B. ALK, ROS-1) oder l&auml;ngere Deletionen (zumeist auf RNA-Ebene, z.B. &bdquo;MET exon 14 skipping&ldquo;) untersucht werden.<br /> Mittels gr&ouml;&szlig;erer &bdquo;NGS resequencing panels&ldquo; kann auch eine Aussage &uuml;ber die Mutationslast von Tumoren (&bdquo;tumor mutational burden&ldquo;, TMB), die neben der PD-L1- Expression als Biomarker des Ansprechens auf eine Immuntherapie verwendet wird, getroffen werden. Die Analyse der TMB von Tumoren ist auch in ctDNA aus peripherem Blut m&ouml;glich. Erste Studien zum Einsatz der Messung von TMB im Blut wurden am ESMO 2017 (Fabrizio DA 2017) vorgestellt und die kommenden Publikationen werden zeigen, ob die Bestimmung des TMB aus Blut eine weitere klinisch wertvolle Anwendung der Liquid Biopsy darstellt.<br /> Auch im Einsatz der Liquid Biopsy zur Tumorfr&uuml;herkennung konnten k&uuml;rzlich Fortschritte vermeldet werden. In einer von Cohen et al. publizierten Arbeit (Science 2018) wurde ein auf einer Kombination aus ctDNA- und Protein-Bestimmung aus dem Blut basierender Test an Tumorpatienten in operablen Tumorstadien untersucht, um dessen Eignung zum Screening auf acht h&auml;ufige Tumortypen (inkl. Lungenkrebs) zu bestimmen. Die Positivit&auml;tsrate lag im Median bei 70 % , die h&ouml;chsten Sensitivit&auml;tsraten (69&ndash;98 % ) wurden in den f&uuml;nf Krebsgruppen Ovar, Leber, Magen, Pankreas und &Ouml;sophagus erzielt. Bei Patienten mit bekanntem Lungenkrebs in den Stadien I&ndash;III lag die Positivit&auml;tsrate des Tests lediglich bei etwa 60 % . Im Vergleichskollektiv von Normalpersonen zeigte der Test nur bei unter 1 % ein (falsch) positives Ergebnis. Als Einschr&auml;nkung der Studie muss allerdings erw&auml;hnt werden, dass die eingeschlossenen Patienten bereits Tumorsymptome zeigten und die Sensitivit&auml;t im Stadium I durchwegs deutlich geringer war als bei h&ouml;heren Tumorstadien. Auch ist in einer durchschnittlichen Screening-Population, die auch Patienten mit chronischen, u.a. entz&uuml;ndlichen Erkrankungen einschlie&szlig;t, eine h&ouml;here Zahl an falsch positiven Ergebnissen zu erwarten. Gr&ouml;&szlig;ere Studien zum Einsatz in der Tumorfr&uuml;herkennung sind bereits angelaufen.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Die Liquid Biopsy ist bereits ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil in der Betreuung von Lungenkrebspatienten. Zum derzeit schon in der Routine eingesetzten EGFR-Mutationstest, insbesondere zur Erkennung einer T790M-Resistenz-Mutation unter TKI-Therapie, sind in n&auml;chster Zeit eine Reihe an zus&auml;tzlichen Diagnose- und Monitoring-M&ouml;glichkeiten abzusehen. Jedoch besteht insbesondere beim Lungenkrebs das Problem der eingeschr&auml;nkten Sensitivit&auml;t der Tests. Daher bleiben auch in Zukunft Gewebeproben von Prim&auml;rtumoren und/oder Metastasen ein essenzieller Bestandteil in der Abkl&auml;rung des Lungenkarzinoms.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>bei der Verfasserin</p> </div> </p>
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