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Die pulmonale Hypertonie (PH) wird seit 1998 in fünf verschiedene Klassen eingeteilt. Die Begriffe „primäre und sekundäre PH“ sind obsolet. Während es für die Behandlung der Klasse 1 (PAH) mehrere zugelassene Medikamente gibt, sind für die viel häufigeren Klassen 2 und 3 (PH bei Herz- bzw. Lungenerkrankungen) keine Medikamente zugelassen. Die Therapieentscheidung soll in einem Expertenzentrum für pulmonale Hypertonie fallen. Die aktuellen Forschungsprojekte zeigen, dass es noch viel Potenzial für verbesserte Medikamente gibt.
Keypoints
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Ab einem pulmonalarteriellen Mitteldruck von 21 mmHg liegt eine pulmonale Hypertonie vor.
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Die Einteilung in Gruppe 1 (PAH) bzw. 2 (PH bei Herzerkrankungen) ist vom pulmonalvenösen Druck (PAWP) abhängig.
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Für die Behandlung von PH bei Lungenerkrankungen sind keine Medikamente zugelassen.
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Die Wirkung von HIF-2α auf das Gefäßremodeling sowie das parasympathische und sympathische Nervensystem der Lunge geben Hoffnung auf neue Therapieoptionen.
Die Welt-Symposien für pulmonale Hypertonie (WSPH) haben seit dem Jahre 1998 fünf Gruppen von pulmonaler Hypertonie (PH) definiert:1
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die pulmonalarterielle Hypertonie (PAH, Gruppe 1)
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die pulmonale Hypertonie bei Herzerkrankungen (Gruppe 2)
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die pulmonale Hypertonie bei Lungenkrankheiten (Gruppe 3)
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die chronische thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH, Gruppe 4)
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und sonstige Formen der pulmonalen Hypertonie.
In den vergangenen 20 Jahren wurden zahlreiche neue Medikamente für die PAH und eines für die CTEPH entwickelt. Für die anderen Gruppen gibt es bislang keine zugelassenen Medikamente. Früher war eine pulmonale Hypertonie durch einen pulmonalarteriellen Mitteldruck ≥25mmHg definiert, nach der letzten Weltkonferenz wurde diese Schwelle auf 21mmHg herabgesetzt. Das wird zur Folge haben, dass das Zahlenverhältnis aus Patienten der Gruppe 1 und Gruppe 3 sich deutlich weiter in Richtung Gruppe 3 verschieben wird.2 Der Grund dafür ist, dass eine Vielzahl von Patienten mit Lungenkrankheiten einen pulmonalen Mitteldruck zwischen 20 und 25mmHg aufweist, dass dies allerdings nur wenige Patienten betrifft, die man der Gruppe 1 zuordnen würde.
Häufig stellt sich klinisch die Frage, ob ein Patient mit einer pulmonalen Hypertonie und einer Lungenkrankheit eigentlich zur Gruppe 1 oder zur Gruppe 3 zählt. Beides ist prinzipiell möglich. Die Kölner Konsensus-Konferenz und das letzte WSPH haben übereinstimmende Kriterien vorgeschlagen, um diese Zuordnung zu erleichtern.3, 4 Wie in Tabelle 1 dargestellt, sprechen geringe Einschränkungen der Lungenfunktion für Gruppe 1 und schwere für Gruppe 3. Umgekehrt spricht eine schwere hämodynamische Einschränkung für Gruppe 1 (PAH) und eine leichtere für Gruppe 3. Unterstützende Untersuchungen sind das Dünnschicht(HR)-CT der Lunge und die Spiroergometrie. Nach dem WSPH-Vorschlag wird dabei auch die DLCO in Betracht gezogen.4

Tab. 1: Kriterien, die für Gruppe 1 oder für Gruppe 3 sprechen (adaptiert nach Nathan SD et al.: Eur Respir J 2019; 53)
Lässt sich ein Patient der Gruppe 1 zuordnen, so wird in aller Regel eine PAH-Therapie indiziert sein. Bei Patienten der Gruppe 3 haben wir eine schwierigere Situation vor uns: Einerseits gibt es für die PH Gruppe 3 keine zugelassenen Medikamente, andererseits ist die Prognose, insbesondere bei einer schweren PH der Gruppe 3, äußerst schlecht. Von einer schweren PH wird gesprochen, wenn der mittlere pulmonalarterielle Druck (PAP) in Ruhe über 35mmHg liegt oder wenn das HZV mit unter 2L/min/m2 stark eingeschränkt ist und der PAP dennoch mehr als 25mmHg beträgt. Eine aktuelle Studie aus Frankreich hat gezeigt, dass die so definierte schwere PH mit einem schwereren Remodeling der Pulmonalarterien assoziiert ist.5
Therapieentscheidungen
Im Einzelfall wurden immer wieder beachtliche Erfolge erzielt, wenn PAH-Medikamente bei schwerer PH infolge einer Lungenkrankheit zum Einsatz kamen.6, 7 Der aktuelle Algorithmus der letzten WSPH schlägt vor, dass für die PH Gruppe 3 nach der Schwere der hämodynamischen Einschränkung über die Therapie entschieden wird. Patienten mit einer schweren PH bei Lungenerkrankungen gelten danach als Kandidaten für eine individuell angepasste Therapie, bei der auch PAH-Medikamente zum Einsatz kommen können. Diese sollten allerdings von einem Expertenzentrum verordnet werden, das sowohl für PH als auch für schwere Lungenkrankheiten ausgewiesen ist.
Es soll allerdings nicht verschwiegen werden, dass es im Einzelfall sehr schwierig sein kann, das Ausmaß einer interstitiellen Lungenkrankheit korrekt zu bestimmen. Es scheint, dass die DLCO das sensitivste Maß darstellt, das wir zur Verfügung haben.8 Aber auch die Therapie ist kompliziert: Gerade bei chronischen Lungenkrankheiten kann es sehr schwierig sein, eine PAH-Therapie anzuwenden, weil es darunter zu schwersten Gasaustauschstörungen kommen kann.
Bei der COPD mit schwerer PH muss man von dem seltenen vaskulären Phänotyp ausgehen.9 PAH-Therapien sind im Einzelfall erfolgreich, es kann aber auch erforderlich sein, nichtzugelassene Therapien in Erwägung zu ziehen.10
Bei der idiopathischen pulmonalen Fibrose (IPF) liegt im Vergleich zur COPD sehr häufig ein schweres Remodeling der Lungengefäße vor.11 Seit Jahren gibt es Anstrengungen, dafür PAH-Medikamente zu etablieren. Versuche mit Kalziumantagonisten, Endothelinrezeptorantagonisten und dem Stimulator der löslichen Guanylatzyklase können als gescheitert angesehen werden. Etwas günstiger stellen sich die Ergebnisse einer Therapie mit einem Phosphodiesterase-5-Inhibitor dar. Eine randomisierte, kontrollierte Studie aus dem Jahr 2010 zeigte zumindest Erfolge in der Beeinflussung der Lebensqualität von IPF-Patienten.12 Nachdem das IPF-Medikament Nintedanib zugelassen war, wurde ein günstiges Zusammenwirken von Nintedanib mit Sildenafil nachgewiesen13 und es gibt Anhaltspunkte dafür, dass dieses günstige Zusammenwirken mit den BNP-Werten der Patienten und somit der pulmonal-vaskulären bzw. kardialen Komponente assoziiert ist.14
Ausblick
Zukünftig wird es darauf ankommen, spezifische Therapieoptionen für Patienten mit pulmonaler Hypertonie bei Lungenkrankheiten zu entwickeln. Neue gezielte Ansatzpunkte für die Therapie ergeben sich aus der außerordentlich starken Wirkung von HIF-2α auf das Gefäß-Remodeling und damit auf den Zusammenhang zwischen Hypoxie-induzierten Faktoren und der pulmonalen Hypertonie15 sowie aus der Tatsache, dass sowohl das parasympathische Nervensystem16 als auch das sympathische Nervensystem der Lunge17, 18 erheblichen Einfluss auf das Remodeling der kleinen Pulmonalarterien hat.
In Österreich forscht das Ludwig-Boltzmann-Institut für Lungengefäßforschung zusammen mit seinen Partnern, der Medizinischen Universität Graz und der Bayer AG, an den Mechanismen, mit denen sich die Lungengefäße und das Lungengewebe gegenseitig beeinflussen, und steht im Kontakt mit einer Vielzahl von anderen führenden Institutionen in Europa und Nordamerika.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die pulmonale Hypertonie bei Lungenkrankheiten ein großes komplexes Feld darstellt, bei dem zwar erste Erfolge erzielt wurden, jedoch noch viel Entwicklungsarbeit im klinischen und molekularen Bereich zu leisten ist.
Autoren:
Univ.-Prof. Dr. Horst Olschewski1, 4
Univ.-Prof. Dr. Andrea Olschewski2, 4
Priv.-Doz. Dr. Gabor Kovacs1, 4
Priv.-Doz. Dr. Grazyna Kwapiszewska3, 4
1 Klinische Abteilung für Lungenkrankheiten, Universitätsklinik für Innere Medizin
LKH Universitätsklinikum Graz,
Medizinische Universität Graz
2 Experimentelle Anästhesiologie Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Medizinische Universität Graz
3Lehrstuhl für Physiologie, Otto-Loewi-Zentrum, Medizinische Universität Graz
4Ludwig-Boltzmann-Institut für Lungengefäßforschung, Medizinischer Campus, Graz
E-Mail: horst.olschewski@medunigraz.at
Literatur:
1 Galie N et al.: Eur Respir J 2015; 46: 903-75 2 Kovacs G et al.: Eur J Heart Fail 2019; 21: 1057-61 3 Olschewski Het al.: Int J Cardiol 2018; 272: 63-8 4 Nathan SD et al.: Eur Respir J 2019; 53 5 Bunel V et al.: Chest 2019; 156: 33-44 6 Lange TJ et al.: Cardiovasc Ther 2014; 32: 202-8 7 Hoeper MM et al.: PLoSOne 2015; 10: e0141911 8 Foris V et al.: Pulm Circ 2019; 9: 2045894019832214 9 Kovacs G et al.: Am J Respir Crit Care Med 2018; 198(8): 1000-11 10 Douschan P et al.: Pulm Circ 2019; 9: 2045894018816974 11 Hoffmann J et al.: Am J Respir Crit Care Med 2014; 190: 98-111 12 Zisman DA et al.: N Engl J Med 2010; 363: 620-8 13 Kolb M et al.: N Engl J Med 2018; 379: 1722-31 14 Behr J et al.: Am J Respir Crit Care Med 2019; 200: 1505-12 15 Dai Z et al.: Am J Respir Crit Care Med 2018; 198: 1423- 34 16 Yoshida K et al.: JACC Basic to translational science 2018; 3: 657-71 17 Crnkovic S et al.: Br J Pharmacol 2014; 171: 3895-907 18 Zhang H et al.: JACC Cardiovasc Interv 2019; 12: 274-84
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