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Update Pollenallergie

Richtiger Umgang mit Ragweed: „search and destroy“

Die Ragweed-Saison hat begonnen. Aufgrund des feuchten und warmen Wetters der letzten Wochen wird für Österreich ein besonders starkes Wachstum und eine weitere Ausbreitung der invasiven Art Ambrosia artemisiifolia (Ragweed) erwartet. Angesichts der hohen Allergenbelastung durch diese sehr widerstandsfähige Pflanze wird dazu aufgerufen, Allergiker:innen zu informieren, ihr Vorkommen zu melden und Bestände, wann immer möglich, zu zerstören.

Keypoints

  • Ambrosia artemisiifolia ist ein Neophyt, der sich im letzten Jahrhundert von einer unbekannten Pflanzenart zu einem der wichtigsten Allergene entwickelt hat.

  • Die rasante Ausbreitung, welche durch globale Erwärmung und Luftverschmutzung begünstigt wird, wird ein zunehmendes Problem für Allergiker:innen, Gesundheitssysteme, Landwirtschaft und Infrastrukturerhalter darstellen.

  • Zur Eindämmung sollten Funde gemeldet und von nicht allergisch reagierenden Personen entfernt werden.

  • Services wie der Ragweedfinder erleichtern diesen Prozess und stellen eine Verbindung zu den verantwortlichen Behörden her, die durch das Wissen über die Bestände in Zukunft adäquat reagieren können.

Ragweed – korrekt: das Beifußblättrige Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia) – ist eine invasive Pflanzenart (Neophyt) mit hoher allergischer Potenz und einer rasanten Ausbreitung. Als typisches Unkraut hat Ragweed eine extrem hohe Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Lebensräume und Umweltbedingungen bewiesen.

Die Ausbreitung von Ragweed, das aus Nordamerika eingeschleppt wurde (mutmaßlich mit Hilfslieferungen nach dem Zweiten Weltkrieg, nach anderen Quellen bereits im 19. Jahrhundert), stellt nicht zuletzt ein medizinisches Problem dar. Denn Ragweed ist hochallergen,1 seine Pollen können schwerwiegend verlaufende Allergien hervorrufen, die sich in der Regel zunächst als allergische Rhinitis präsentieren, dabei jedoch zu einem Etagenwechsel in Richtung Asthma tendieren.

Darüber hinaus kann die Berührung der Pflanzen bei manchen Menschen zu einer Hautreaktion im Sinne einer Kontaktdermatitis mit geröteten, geschwollenen und juckenden Hautbereichen führen. Es werdenimmer mehr Sensibilisierungen beobachtet.Eine weitere Ausbreitung von Ragweed sollte daher vermieden und das invasive Unkraut nach Möglichkeit wieder aus den europäischen Ökosystemen verdrängt werden.

Verbreitung mittlerweile bis nach Tirol

In Österreich breitet sich Ragweed vom Osten her von Jahr zu Jahr weiter aus. Wien, das Burgenland und Niederösterreich sind demnach die Gebiete mit dem höchsten Ragweedvorkommen, es wurden aber auch bereits aus Tirol Funde gemeldet. Laut aktuellen Schätzungen sind derzeit etwa 150000 Personen im Osten, Südosten und Süden Österreichs von einer Ragweed-Allergie betroffen. Mit der zunehmenden Ausbreitung des Krautes wird die Sensibilisierungsrate deutlich ansteigen (Abb. 1).

© Österreichischer Polleninformationsdienst

Abb. 1: Die Grafiken zeigen sehr eindrücklich die progrediente Ausbreitung von Ragweed in Mitteleuropa seit 1992

Hat sich Ragweed in einer Gegend erst einmal etabliert, breitet es sich in Massen aus. „Hotspots“ sind die Straßenränder der Hauptverkehrsrouten. Aber auch in Gebieten mit Feldwirtschaft und bei Großbaustellen und Schutthalden, auf Deponien, Lagerflächen, Brachflächen, auf Bauflächen, öffentlichen Plätzen, an Bahnstrecken, in Hausgärten sowie an Plätzen, wo Vögel im Winter gefüttert werden, tauchen die Pflanzen auf. In Äckern kann sich Ragweed zu einem hartnäckigen Unkraut entwickeln. Wächst es in Felder ein, kann es für die Landwirtschaft zu einem massiven Problem werden und zu Ernteeinbußen führen. Ragweed hat sich als extrem widerstandsfähig und flexibel erwiesen. Zudem dürfte Ragweed in Europa eine noch ausgeprägtere Widerstandskraft entwickelt haben als in den USA und reagiert unter anderem weniger empfindlich auf Frost.

<< Beim Hantieren mit Ragweed unbedingt Handschuhe tragen und ab der Blütezeit eine Atemmaske verwenden.>>

Die Saison beginnt Mitte August. Die Pflanze macht ihre Blühbereitschaft und -intensität von der Temperatur, den Lichtstunden und der Regenmenge in den Wochen vor Blühbeginn abhängig. Aufgrund der hohen Niederschläge im Osten und Süden Österreichs ist in diesem Jahr mit einer starken Belastung durch Ragweed zu rechnen. Das Citizen-Science-Projekt „RagweedFinder.at“ meldet bereits besonders hohe Bestände.

Ragweed wird bis 2,5 Meter hoch und hat meist stark verzweigte und behaarte Stängel. Die Blätter sind gestielt und hellgrün mit meist doppelt gefiederter Blattfläche. Die Früchte, über die die Ausbreitung der Art erfolgt, bleiben über bis zu 40 Jahre keimfähig.

Vernichtung der Pflanze

Findet man Ragweed am Straßenrand oder im eigenen Garten, sollte es vernichtetwerden. Dazu ist es erforderlich, die Pflanze mit der Wurzel auszureißen oder die Wurzeln durch Jäten aus dem Boden zu entfernen. Mähen oder Abreißen reduziert zwar die Allergenbelastung in der Umgebung, löst das Problem aber nur kurzfristig, da die Pflanze nachwächst. Entschließt man sich doch zur Mahd, sollte diese nicht vor Ende Juli erfolgen und muss in der Regel nach wenigen Wochen wiederholt werden.

Wichtig: Beim Hantieren mit Ragweed unbedingt Handschuhe tragen und ab der Blütezeit eine Atemmaske verwenden. Um eine weitere Verbreitung zu vermeiden, darfausgerissenes Ragweed ab der Blüte (Augustbis Oktober) keinesfalls liegengelassen oder einfach kompostiert werden. Hat das Kraut einmal geblüht, muss es durch Verbrennen nachhaltig vernichtet werden, da die Samen nachreifen könnten. Ausgerissene Pflanzen sollten in Gemeinden ohne Müllverbrennung als Sondermüll entsorgt werden, keinesfalls aber als Restmüll, wenn keine Müllverbrennung zur Verfügung steht.

Globale Erwärmung und Luftverschmutzung

Die steigenden Temperaturen begünstigen nicht nur das Wachstum von Ragweed in Österreich, sondern können auch die Saisondauer verlängern.2 Zahlreiche Luftqualitätsparameter können zudem in erhöhten Konzentrationen Pollen oder die Pflanze selbst beeinflussen:

  • CO2 erhöht die Pollenproduktion3

  • NO2 erhöht die Allergenität von Pollen4

  • Ozon verstärkt Symptome5

Der Ragweedfinder: ein kostenloser Service des Polleninformationsdienstes

Ziel des Ragweedfinders ist es, Vorkommen des Unkrauts öffentlich zu dokumentieren, um gezielt Maßnahmen einzuleiten.Jeder Bürger ist aufgerufen, Funde aus ganz Österreich mit Foto über die Webseite www.ragweedfinder.at oder über die Ragweed-Finder-App zu melden. Jeder Melder wird über die Bestätigung oder Nichtbestätigung des Fundes informiert und alle tatsächlichen Ragweedfunde werden an die entsprechenden Stellen der Landesregierungen in den Bundesländern weitergeleitet. Der Finder kann dabei helfen, einerseits die Verbreitung dieser Pflanze einzudämmen und andererseits die Menschen vor Ragweed während der Hauptblütezeit im August und September zu schützen.

1 Comtois P, Gagnon L: Concentration pollinique et fréquence des symptômes de pollinose: Une méthode pour déterminer les seuils cliniques. Rev Francaise D Allergol et D Immunol Clin 1988; 28(4): 279-86 2 Ziska L et al.: Recent warming by latitude associated with increased length of ragweed pollen season in Central North America. PNAS 2011; 108(10): 4248-51 3 Wayne P et al.: Production of allergenic pollen by ragweed (Ambrosia Artemisiifolia L.) is increased in CO2-enriched atmospheres. Ann Allergy Asthma Immunolog 2002; 88(3): 279-82 4 Zhao F et al.: Common ragweed (Ambrosia artemisiifolia L.): Allergenicity and molecular characterization of pollen after plant exposure to elevated NO2. Plant Cell Environ 2016; 39(1): 147-64 5 Berger M et al.: Impact of air pollution on symptom severity during the birch, grass and ragweed pollen period in Vienna, Austria: Importance of O3 in 2010–2018. Enviro Pollut 2020; 263

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