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Neue Erkenntnisse und Prognose für 2022

Ragweed-Allergie im Fokus

Das Unkraut Ragweed wird laut Prognose des Österreichischen Pollenwarndienstes dieses Jahr voraussichtlich alle Rekorde brechen. Eine neue Studie zeigt zudem, dass Pollen von Pflanzen aus verschiedenen Gegenden unterschiedlich schwere allergische Reaktionen auslösen.

Die Zeichen stehen schlecht: Anfang August beginnt das Unkraut Ragweed (auch bekannt als Ambrosia, Trauben- oder Fetzenkraut) zu blühen und damit seine Pollen an den Wind abzugeben. „Die Pflanze macht ihre Blühbereitschaft und -intensität von der Temperatur, den Lichtstunden und der Regenmenge in den Wochen vor Blütebeginn abhängig“, erklärt Uwe E. Berger, MBA, Leiter des Österreichischen Pollenwarndienstes. Von all demgab es heuer reichlich. Daher wird die heurige Saison besonders stark ausfallen.

Ragweed eindämmen

Ragweed ist ein äußerst starker Allergieauslöser, der bei Allergikern Beschwerden wie Fließschnupfen, rote, juckende Augen, Niesreiz, Atemnot etc. und sehr häufig auch Asthma hervorruft. „Betroffene sollten bei ersten Anzeichen einen allergologisch versierten Arzt aufsuchen, um die Beschwerden fachgerecht abklären zu lassen“, appelliert Berger.

Die sehr anpassungs- und widerstandsfähige Pflanze kommt ursprünglich aus den USA. Sie wurde durch Hilfslieferungen nach dem Krieg eingeschleppt und breitet sich vom Osten her auch in Österreich von Jahr zu Jahr weiter aus. Wien, das Burgenland und Niederösterreich sind demnach die Gebiete mit dem höchsten Ragweed-Vorkommen. Das europäische Traubenkraut ist jedoch widerstandsfähiger als die amerikanische Pflanze – sie profitiert offensichtlich vom Klimawandel, verträgt zudem mehr Frost. Hat sich Ragweed in einer Gegend erst einmal etabliert, breitet es sich in Massen aus. Hotspots sind die Straßenränder der Hauptverkehrsrouten. Aber auch in Gebieten mit Feldwirtschaft und bei Großbaustellen und Schutthalden sowie an Plätzen, wo Vögel im Winter gefüttert werden, tauchen die Pflanzen auf.

Aufgrund seiner hohen allergischen Potenz und seiner rasanten Ausbreitung stellt Ragweed ein immer größer werdendes großes Gesundheits- und volkswirtschaftliches Problem dar. Seine Eindämmung steht daher auf der Agenda der betroffenen Bundesländer. In Niederösterreich gibt es in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Pollenwarndienst seit mehreren Jahren Maßnahmen, wodurch die Menge an Allergen in der Luft nicht mehr zugenommen hat. Auch das Burgenland hat eine Offensive zur Bekämpfung dieser Unkrautpflanze gestartet und als erstes Bundesland Österreichs am 1.7.2021ein Gesetz zur Bekämpfung und Verhinderung der Ausbreitung erlassen. Mit einer überarbeiteten Broschüre soll über die Notwendigkeit und die Möglichkeiten der Eindämmung aus ärztlicher Sicht informiert werden und außerdem darüber, was jeder Einzelne tun kann, um diesem starken Allergieauslöser Einhalt zu gebieten.

Tipps für die Allergenvermeidung
  • Mithilfe des Pollenwarndienstes lassen sich Freizeitaktivitäten im Freien vorausschauend planen: Unter www.pollenwarndienst.at können Allergiker die aktuellen Pollenflugprognosen für Österreich und Europa und anhand von Pollenverbreitungskarten auchAusweichmöglichkeiten abrufen.

  • Die Pflanze – am besten schon vor der Blüte – mitsamt der Wurzel ausreißen und in einem Plastiksack im Hausmüll entsorgen.

  • Nach Möglichkeitin Gebieten über 700 bis 1000 Meter Seehöhe Urlaubmachen.

  • Kein billiges Vogelfutter kaufen (Ragweed-Samen sind häufig in schlecht gereinigtem Vogelfutter zu finden; z.B. solchem aus Ungarn, Serbien oder Kroatien)

Herkunftsort und Umwelt beein-flussen Aggressivität der Pollen

Derzeit leiden über 33 Millionen Europäer an einer Ragweed-Allergie, Forscher prognostizieren aufgrund des Klimawandelseinen Anstieg auf 77 Millionen Fälle bis 2060. Die jährliche wirtschaftliche Belastung der EU durch allergisches Asthma wird bereits jetzt auf bis zu 151 Mrd. Euro geschätzt. Mit der globalen Erwärmung wird die Saison zudem länger und höhere Temperaturen werden dazu führen, dass diese Pflanzen in nördlicheren Gebieten und in höheren Lagen wachsen.

Ein interuniversitäres Studienteam unter Leitung der MedUni Wien und mit Beteiligung der Universität Wien und der Universität für Bodenkultur zeigte nun, dass die Herkunft von Ragweed-Pollen aus verschiedenen geografischen und klimatischen Regionen sowie der Grad der Umweltverschmutzung die Schwere von allergischen Reaktionen beeinflussen.

Die leitende Forscherin und Koordinatorin des Projekts „Atopica“, Dr. Michelle Epstein von der MedUni Wien, erklärt: „Unsere Studie zeigt, dass Pollen aus verschiedenen Umgebungen unterschiedlich aggressiv sein können. Also nicht nur die Pollenkonzentrationen in der Luft, sondern auch intrinsische Veränderungen im Zusammenhang mit der Umgebung könnten die Sensibilisierungsfähigkeit der Pollen verändern und schlimmere allergische Symptome verursachen.“ Univ.-Prof. Dr. Wolfram Weckwerth, Department für Funktionelle und Evolutionäre Ökologie der Universität Wien,einer der Autoren, sagt: „Wir wissen jetzt, dass sich die Aggressivität der Pollen durch Umwelteinflüsse verändert. Die nächsten Schritte sind eine weitere Charakterisierung der Pollen, insbesondere auf molekularer Ebene, um die Zusammensetzung allergener Komponenten eindeutig zu identifizieren.“

Der Einfluss des Klimawandels und anderer Umweltfaktoren betrifft laut den Forschern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine Reihe anderer pollenproduzierender Pflanzen. Das in dieser Studie angewendete Forschungsmodell bietet nun eine Strategie für weitere Studien, die die Auswirkungen des Klimawandels auf die Pollenallergie untersuchen.

Presseaussendung des Österreichischen Pollenwarndienstes und der Interessensgemeinschaft Allergenvermeidung (IGAV) vom 19.7.2022; Presseinformation der MedUni Wien vom 5.8.2022

Shu-Hua L et al.: Influence of the environment on ragweed pollen and their sensitizing capacity in a mouse model of allergic lung inflammation. Front Allergy 2022; doi: 10.3389/falgy.2022.854038

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