
Der als Krebs verkleidete Wurm: eine seltene Differenzialdiagnose
Autorin:
Dr. Asia Mohamed
Abteilung für ThoraxchirurgieKlinik Floridsdorf, Wien
E-Mail: asia.mohamed@gesundheitsverbund.at
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Eine Patientin wurde aufgrund unspezifischer Symptome vorstellig, die sich als seltene Konstellation onkologischer und infektiologischer Entitäten entpuppten. Der Fall unterstreicht, wie wichtig es ist, sowohl onkologische als auch infektiologische Ursachen in die differenzialdiagnostischen Überlegungen einzubeziehen, um eine zielgerichtete Therapie zu ermöglichen.
Keypoints
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Seltene Infektionen wie Echinokokkose können maligne Erkrankungen imitieren und sollten differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden.
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Zielgerichtete Therapien können auch bei komplexen klinischen Konstellationen zu einem vollständigen Ansprechen führen.
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Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist essenziell für die erfolgreiche Behandlung komplexer Fälle.
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Der Einsatz moderner diagnostischer Techniken wie VATS-Biopsie ist unerlässlich, um schwierige Fälle präzise zu klären.
Patientencharakteristik und Anamnese
Eine 61-jährige Patientin wurde mit unspezifischen Symptomen wie Belastungsdyspnoe, Schwindelattacken, diffusen Schmerzen im Bauchraum und rezidivierender Übelkeit vorgestellt. Aufgrund einer Mikrohämaturie wurde sie initial zur CT-Untersuchung überwiesen. Diese zeigte eine Raumforderung in der Leber, multiple Rundherde in beiden Lungen sowie eine hiläre und mediastinale Lymphadenopathie. Die beschriebene Symptomatik erforderte eine differenzierte Betrachtung sowohl onkologischer als auch nichtonkologischer Ursachen.
Eine CT-gesteuerte Biopsie der Leberraumforderung ergab den Befund einer Echinokokkose, woraufhin eine Albendazoltherapie eingeleitet wurde. Parallel dazu erfolgte eine Bronchoskopie mit EBUS-TBNA, welche ein BRAF-mutiertes Adenokarzinom der Lunge mit N2-Befall in der Region 7 bestätigte (Abb. 1). Aufgrund der multiplen pulmonalen Rundherde und der Lymphadenopathie wurde ein klinisches Stadium cT1c cN2 cM1a diagnostiziert, das die diagnostische und therapeutische Komplexität des Falles widerspiegelt.
Diagnostik und Differenzialdiagnose
Die initiale Annahme, dass es sich bei den Rundherden um Metastasen handeln könnte, wurde durch das untypische radiologische Erscheinungsbild infrage gestellt (Abb. 2). In der Differenzialdiagnose mussten daher auch seltene infektiologische Ursachen wie Echinokokkose berücksichtigt werden, eine Erkrankung, die in westlichen Ländern selten auftritt.
Da ein Ansprechen der pulmonalen Herde auf die Albendazoltherapie ausblieb, wurde zur weiteren Abklärung eine VATS-Biopsie der pulmonalen Rundherde durchgeführt. Die histopathologische Untersuchung zeigte granulomatöse, histiozytär abgegrenzte zentrale Nekrosen, die eindeutig mit Echinokokkose-Zysten vereinbar waren. Diese Ergebnisse führten zu einer entscheidenden Änderung des Behandlungsansatzes: Die pulmonalen Rundherde wurden als nichtmetastatische parasitäre Läsionen klassifiziert. Parallel dazu zeigten der Primärtumor und die mediastinale Lymphadenopathie ein gutes Ansprechen auf die Proteinkinase-Inhibitoren Dabrafenib und Trametinib.
Therapie und Verlauf
Nach der systemischen Therapie wurde die Leberzyste operativ entfernt, um eine vollständige Eradikation der parasitären Infektion sicherzustellen. Aufgrund des diskordanten Ansprechens zwischen den pulmonalen Rundherden und den onkologischen Läsionen wurde eine Lobektomie des rechten Unterlappens mit mediastinaler Lymphadenektomie durchgeführt. Die histopathologische Analyse bestätigte ein komplettes pathologisches Ansprechen des Tumors und der Lymphknoten, während die pulmonalen Rundherde eindeutig als Echinokokkose klassifiziert wurden.
Im postoperativen Verlauf gab es keine Komplikationen. Die Patientin wurde auf ein engmaschiges Nachsorgeprogramm gesetzt, um ein mögliches Tumorrezidiv oder ein Wiederauftreten der parasitären Infektion frühzeitig zu erkennen. Besonders hervorzuheben ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Pneumoonkologie, Infektiologie und Thoraxchirurgie, die wesentlich zum Behandlungserfolg beitrug.
Diskussion
Dieser Fall zeigt die herausragende Bedeutung einer differenzierten Diagnostik bei komplexen klinischen Szenarien. Die gleichzeitige Präsenz eines malignen Lungentumors und einer parasitären Infektion ist äußerst selten und erfordert ein hohes Maß an diagnostischer und therapeutischer Expertise. Die Echinokokkose wird in westlichen Ländern häufig übersehen, was die diagnostische Herausforderung zusätzlich verstärkt. Die Patientin gab an, häufig im Wald spazieren zu gehen und dort Beeren und Pilze zu sammeln. Diese Vorlieben könnten eine mögliche Quelle der Echinokokken-Infektion darstellen, da die Aufnahme von Echinokokken-Eiern durch verunreinigte Lebensmittel, wie ungewaschene Beeren oder Pilze, eine häufige Infektionsursache ist.
Die Anwendung moderner diagnostischer Verfahren wie der VATS-Biopsie sowie der molekulargenetischen Tumoranalyse war in diesem Fall entscheidend, um die verschiedenen Pathologien zu differenzieren. Die zielgerichtete Therapie mit Proteinkinase-Inhibitoren erzielte beeindruckende Ergebnisse, während die chirurgische Intervention zur vollständigen Entfernung der parasitären Läsionen führte. Der interdisziplinäre Ansatz ermöglichte eine optimale Versorgung der Patientin und trug maßgeblich zu ihrer Genesung bei.
Schlussfolgerung
Dieser Fall illustriert eindrucksvoll die Herausforderungen und Erfolge bei der Differenzierung und Behandlung seltener Infektionskrankheiten wie Echinokokkose im Kontext onkologischer Erkrankungen. Die gezielte Therapie führte zu einem erfreulichen klinischen Ausgang, bei dem sowohl die Tumorerkrankung als auch die parasitäre Infektion erfolgreich behandelt wurden.
Literatur:
bei der Verfasserin
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