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Steigende Prävalenz und neue ERS-Leitlinie

Asthma im Kindesalter

Asthma ist die häufigste chronische Atemwegserkrankung bei Kindern, wird aber nach wie vor unter- bzw. falsch diagnostiziert. Aktuelle Daten der österreichischen LEAD-Studie belegen, dass eine verminderte Lungenfunktion bereits im Kindes- und Jugendalter vorliegen kann und mit einer niedrigeren Lebenserwartung korreliert. Eine neue Leitlinie der European Respiratory Society (ERS) konzentriert sich erstmals auf konkrete Empfehlungen für die Diagnose von kindlichem Asthma.

Während „nur“ rund 5% der Erwachsenen in Österreich an Asthma bronchiale leiden, sind es bei den Volksschulkindern rund 10% – Tendenz steigend. „In einem Zeitraum von knapp 10 Jahren hat sich die Anzahl asthmatischer Volksschulkinder um rund 16%, bei den 12- bis 14-Jährigen um 32% erhöht“, erklärt Prim. Dr. Fritz Horak, Ärztlicher Leiter des Allergiezentrums Wien West.

Erste ERS-Leitlinie für kindliches Asthma

Untersuchungen an europäischen Schulkindern zeigen zudem, dass Asthma nach wie vor häufig unter- oder falsch diagnostiziert wird.1 „Die Asthma-Diagnose bei Kindern stellt eine klinische Herausforderung dar. Ursache dafür ist oftmals, dass Atemwegsinfekte vor allem bei kleineren Kindern fehlgedeutet werden, da sie häufig ähnliche Symptome hervorrufen wie Asthma. In der Folge kommt es manchmal zu einer Übertherapie mit Cortison“,2so OÄ Dr. Angela Zacharasiewicz, Kinderärztin im Wiener Klinikum Ottakring.

Die bisherigen Asthma-Leitlinien bezogen sich nicht speziell auf Kinder. Eine internationale Expertenrunde der European Respiratory Society (ERS) hat sich daher intensiv damit auseinandergesetzt, wie Asthma beim Kind am besten zu diagnostizieren ist. Die Ergebnisse finden sich nun in der ersten Leitlinie zur klinischen Praxis für die Diagnose von Asthma bei Kindern.3 Zacharasiewicz ist Koautorin dieser ERS-Leitlinie: „Wir wissen, dass die Diagnosestellung nicht immer einfach und meist nicht mit einem einzigen Arztbesuch gestellt werden kann. Die Diagnose Asthma darf niemals auf nur einem einzigen Testergebnis beruhen.“ Laut ERS-Leitlinie stützt sich die Diagnose auf mehrere Säulen. Zur Diagnosesicherung empfiehlt sie drei Schlüsseltests: Spirometrie, Reversibilitätstest (Bronchospasmolyse-Test) und den FENO-Test. Zacharasiewicz: „Sind zwei von drei Schlüsseltests positiv, gilt die Diagnose Asthma als gesichert.“

Korrekte Diagnose entscheidend

Für Kinder und Jugendliche mit Asthma sind die korrekte Diagnosestellung und Therapie enorm wichtig für ihren weiteren Lebensweg. „Denn die Lungenfunktion im Kindesalter hat Auswirkungen auf die Lungengesundheit im Erwachsenenalter“, betont Prim. Priv.-Doz. Dr. Robab Breyer-Kohansal,Klinik Hietzing, Wien, und Forschungsleiterin der LEAD-Studie am Ludwig-Boltzmann-Institut für Lungengesundheit.4

Die Ergebnisse der seit 2012 laufenden und bisher größten epidemiologischen Beobachtungsstudie Österreichs zur Lungengesundheit zeigen, dass das Auftreten von erniedrigten Lungenfunktionswerten bei Kindern und Jugendlichen mit dem Auftreten von allergiebezogenen Merkmalen beim Skin-Prick-Test und dem Vorliegen chronischer Lungenerkrankungen wie Asthma korrelieren.Breyer-Kohansal: „Wir wissen, dass Kinder mit erniedrigter Lungenfunktion ein erhöhtes Risiko haben, im Erwachsenenalter an einer chronischen Lungenerkrankung zu leiden.“

Vermehrtes Auftreten durch Anstieg der Pollenbelastung

Im Zuge der LEAD-Studie wird unter anderem mittels Skin-Prick-Test untersucht, ob sich Allergien mit der Zeit auch ausprägen. Breyer-Kohansal: „Die LEAD-Studie untersuchte knapp 1500 Kinder und Jugendliche und 10000 Erwachsene, von denen 37% einen positiven Hautallergietest aufwiesen. Bei der nächsten Untersuchung vier Jahre später ist die Anzahl derer mit positivem Test – vor allem bei Kindern und jungen Menschen – weiter gestiegen.“ Eine mögliche Ursache dafür könnte der Klimawandel sein, da die Pollensaison mittlerweile deutlich länger andauert als früher.

Allergien möglichst frühzeitig behandeln

Rund 50% der Kinder mit allergischer Rhinitis entwickeln im Lauf ihres Lebens Asthma, erklärt Allergologe Horak: „Forschungsergebnisse zeigen ganz klar, dass ein Zusammenhang zwischen Allergien und Asthma besteht und gerade Kleinkinder, die eine Sensibilisierung aufweisen oder bereits an einer Allergie leiden, ein deutlich erhöhtes Risiko haben, auch an Asthma zu erkranken.“ (red)

Aussendung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) vom 28. April 2022

1 Aaron SD et al.: Underdiagnosis and overdiagnosis of asthma. Am J Respir Crit Care 2018; 198: 1012-20 2 Heffler E et al.: Prevalence of over-/misdiagnosis of asthma in patients referred to an allergy clinic. J Asthma 2015; 52: 931-34 3 Gaillard E et al.: Leitlinien der European Respiratory Society zur klinischen Praxis für die Diagnose von Asthma bei Kindern im Alter von 5–16 Jahren. Eur Respir J 2022; 58(5): 2004173 4 www.leadstudy.at; zuletzt aufgerufen am 8.6.2022

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