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10 Jahre Ästhetische-Operationen-Gesetz in Österreich

Ein Gesetz für die Schönheit

Anlässlich 10 Jahren Ästhetische-Operationen-Gesetz in Österreich (ÄsthOpG) lud die Österreichische Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC) zum Online-Talk. Das Gesetz ist unter maßgeblicher Beteiligung der ÖGPÄRC verfasst worden. Die vom Vorstand der ÖGPÄRC organisierte Veranstaltung beleuchtete neben den grundlegenden Zielen und Gestaltungsbereichen des ÄsthOpG im Speziellen die Umsetzung der ärztlichen Aufklärung.

AUSZÜGE § 2 UND § 3 ÄSTHOPG – DEFINITIONEN

  • Ästhetische Operation: Behandlung zur Verbesserung des optischen Aussehens oder der Verschönerung des menschlichen Körpers; einschließlich altersbedingter äußerlicher Veränderungen des Körpers ohne med. Indikation

  • Ästhetische Behandlung: Behandlung mit anderen als operativ-chirurgischen Methoden wie insbesonders Arzneimittel und minimal invasiver Methoden zur Verbesserung des optischen Aussehens oder der Verschönerung des menschlichen Körpers; einschließlich altersbedingter äußerlicher Veränderungen des Körpers ohne med. Indikation

  • Medizinische Indikation: eine solche liegt vor, wenn Lebensgefahr oder Gefahr der Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes des Patienten abzuwenden ist oder wenn es gilt, einen funktionellen oder anatomischen Krankheitszustand zu beseitigen

  • Ästhetische Operationen mit med. Indikation: wenn die Kosten von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden > Antrag für Kostenübernahme:

  • Narbenkorrektruren

  • Brustrekonstruktionen

  • OL-Blepharoplastiken

  • Abdominoplastiken, OA- und OSCH-Straffungen (postbariatischer Natur)

  • Reduktionsplastiken

  • Otoplastiken ab dem 18. Lebensjahr

  • Postpartale Rectusdiastase

  • Gynäkomastie (Stand zum 13. Februar 2024)

Prim. Univ.-Doz. Dr. Rupert Koller, Klinik Ottakring und amtierender Präsident der ÖGPÄRC, betonte, dass es neben Österreich ein vergleichbares Gesetz nur noch in Dänemark und Frankreich gebe. Schon zu Beginn der 2010er-Jahre war er mitbeteiligt bei Verhandlungen über das Gesetz mit dem damaligen Gesundheitsminister Stöger.

Das Bundesgesetz über die Durchführung von ästhetischen Behandlungen und Operationen (ÄsthOpG) trat mit 1.Jänner 2013 in Österreich in Kraft.1 Es stellt die gesetzliche Grundlage für die Ausübung und Durchführung im Bereich der sogenannten „Schönheitschirurgie“ dar.

Wer darf operieren? Was ist ein ästhetischer Eingriff?

Das Gesetz regelt, wer ästhetische Operationen durchführen darf, was alles unter den Begriff ästhetischer Eingriff fällt, schützt bestimmte Altersgruppen, gilt aber nicht für bestimmte Gewerbetreibende wie z.B. Tätowierer.

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R. Koller, Wien

„Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgen, die eine jahrelange umfassende Facharztausbildung absolviert haben, dürfen vom Gesetz her sämtliche ästhetische Operationen durchführen, andere Fachgruppen wie Dermatologen, Chirurgen, HNO-Ärzte, MKG-Chirurgen und Augenärzte dürfen dies in ihrem Bereich“, unterstrich Koller. Aus seiner Sicht sei das ÄsthOpG ein sehr gutes Gesetz zum Schutz der Patienten und seriös arbeitender Kollegen, egal welcher Fachdisziplin sie angehören.

Den Begriff „Schönheitschirurg“ gibt es nicht!

Besonderes Augenmerk wurde auf den Schutz bestimmter Personengruppen gelegt, so dürfen sich laut §7 Personen unter 16 Jahren keinen ästhetischen Operationen unterziehen. Für Personen zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr gelten bestimmte Bedingungen, u.a. dass ein Erziehungsberechtigter die Einwilligung zur Op erteile und ein psychologisches Gutachten vorliegen müsse.

Univ.-Doz. Dr. Rupert Koller bringt es so auf den Punkt. „Was nicht geschützt ist, ist der Begriff des ‚Schönheitschirurgen’, jeder Arzt darf sich so nennen. Ein Qualitätssiegel haben jedoch nur Plastische Chirurgen, die eine 6-jährige Ausbildung absolviert und einen Lehrzielkatalog mit einer bestimmten Anzahl von Operationen erfüllt haben“, erinnerte der Präsident.

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L. Hefel, Dornbirn

Dr. Ludwig Hefel, Dornbirn, Bundes-Fachgruppenobmann, bestätigte die Wichtigkeit des Gesetzes aus standespolitischer Sicht. Für ihn sei besonders die Regelung, welche Fachärzte und Allgemeinmediziner welche Operationen ausüben dürfen, essenziell. Fachärzte für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie sind die einzigen, die alle ästhetischen Eingriffe machen dürfen. „Es gibt Richtzahlen, die jeder, der ästhetische Eingriffe durchführt, erfüllen muss.Diese Information ist vor allem für die Patienten wichtig und nur die wenigsten wissen, dass z.B. Allgemeinmediziner einen Antrag an die Ärztekammer stellen müssen, wenn sie ästhetische Operationen durchführen wollen. In der Lehrpraxis des Facharztes für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie darf diese Expertise jedoch vermittelt werden. Leider gebe es immer wieder Diskussionen, welche Fächer zu bestimmten ästhetischen Eingriffen befähigt sind, in absehbarer Zeit sind sicherlich Überarbeitungen nötig, es muss nachgeschärft werden“, ist Hefel überzeugt.

Das Gesetz lebt

Prim. Univ.-Prof Dr. Matthias Rab, Krankenhaus Klagenfurt, Beirat für Öffentlichkeitsarbeit, Österreich-Delegierter bei den Europäischen Fachgesellschaften, beleuchtete Fakten und Zahlen des Gesetzes retrospektiv. 30.000–50.000 ästhetische Operationen ohne medizinische Indikation werden jährlich in Österreich durchgeführt, wobei es sich bei 80–90% um Frauen handelt. Bei Übertretungen gibt es Haftungs- und Verwaltungsstrafen. Rab: „Man kann sogar für das Nichtführen eines Operationspasses, der zwingend vorgeschrieben ist, eine Verwaltungsstrafe bekommen.“ Dies sei aber de facto noch nie passiert. „§5 regelt die verschärfte Aufklärung und hier gab es die meisten Rechtssprechungen“, so Rab.

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M. Rab, Klagenfurt

Eine Aufklärung über sämtliche Komplikationen und alternative Behandlungsmöglichkeiten sowie ein genauer Kostenplan (über € 1.560 = 70% des durchschnittlichen Nettolohns in Österreich) sei dem Patienten in einem ausführlichen Gespräch mitzuteilen. Ein Verzicht seitens des Patienten auf schriftliche wie mündliche Aufklärung sei unwirksam, der Arzt muss aufklären! Bei Verdacht auf körperdysmorphe Störung sollte vor dem Eingriff ein Psychiater oder Psychologe konsultiert werden. Eine Fotodokumentation habe prä- und postoperativ stattzufinden.

Zwischen Aufklärung und Einwilligung sei eine Frist von zwei Wochen einzuhalten, die OP dürfe frühestens einen Tag nach Einwilligung erfolgen. Bei unter 16-Jährigen dürfen keine ästhetischen Behandlungen und Operationen durchgeführt werden und bei Personen zwischen 16 und 18 Jahren ist auch eine längere Frist – nämlich vier Wochen zwischen Aufklärung und Eingriff – einzuhalten, erinnerte Prof. Rab. §8 des Gesetzes regelt Werbebeschränkung und Provisionsverbot. Selbstanpreisung durch reklamehaftes Herausstellen, auch Hinweise auf Preisgünstigkeit und kostenlose Beratungsgespräche sind untersagt. Werbevorträge, Preisausschreiben, Spiele, Verlosungen etc. sind verboten. §9 sieht vor, jedem Patienten, der sich einem ästhetischen Eingriff unterziehen möchte, einen Operationspass inklusive aller Patientendaten, Seriennummer und Bezeichnung der Implantate auszuhändigen. Rab räumt allerdings ein, dass es bisher keine diesbezüglichen Verurteilungen oder Anzeigen gegeben hat.

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Die Qualität der medizinischen Versorgung kann im Ausland zwar durchaus hoch sein, aber die Nachsorge (von Komplikationen) ist wesentlich. Diese erfolgt in den meisten Fällen im Inland.

Welche Konsequenzen gibt es?

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J. Thurner, Salzburg

Bei einem Streitwert unter €15.000,– ist das Bezirksgericht zuständig, darüber das Landesgericht, bei Berufungen geht es bis zum Obersten Gerichtshof. In einem Fall (OP lege artis, danach Mastopexie mit Wundheilungsstörung) wurde der Klage vollinhaltlich Folge gegeben, weil die Frist zwischen Aufklärung und Einwilligung unter 14 Tagen gelegen hatte. Der Klägerin wurden €25.832,– zugesprochen. Im 2. Fall handelte es sich um ein Mittelgesichtslifting: Die Klägerin war bei diagnostizierter Dysmorphophobie mit dem Ergebnis unzufrieden. Obwohl die Korrektur-OP lege artis verlief, lag auch hier eine zu kurze Frist zwischen Aufklärung und OP, dennoch wurde die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Klägerin hätte auch bei Einhaltung der Frist dem Korrektureingriff zugestimmt. Bei 3. Fall handelt es sich um eine Mammaaugmentation: Die Klägerin unterzeichnete Aufklärung und Einwilligung am selben Tag, der Fall ist noch offen.

Dr. Josef Thurner, Beirat für rechtliche Belange aus Salzburg, berichtete über seine gutachterliche Tätigkeit. Die Aufklärung sei bei FA für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie meist sehr gut und ausführlich dokumentiert. Erstgespräche dauern in der Regel 45–60 Minuten, und Folgeberatungen bedeuten zusätzliche Sicherstellung. Inwieweit dies auf andere Fachgruppen zutreffe, könne er nicht beurteilen. Wird die Werbung bei einem Kollegen der ÖGPÄRC zu offensiv betrieben, wird der persönliche Kontakt gesucht und gefordert, von aggressiven Werbestrategien Abstand zu nehmen.

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B. Zink, Klagenfurt

Univ.-Doz. Dr. Barbara Zink, Klagenfurt, vertritt die niedergelassenen Kollegen. Der Schutz der besonderen Personengruppen liegt ihr speziell am Herzen. Sie appelliert an die Patienten, bei der Wahl des Arztes eine sorgfältige Auswahl zu treffen und nannte die Oberlidkorrektur, die sich in vielen Fällen aufgrund der funktionellen Einschränkung (=medizinische Indikation) dem Ästhetik-Gesetz entzieht. Dozentin Zink beschrieb den Fall einer Patientin, mit der alles besprochen war und die meinte, ihre Allgemeinmedizinerin würde die OP um den halben Preis durchführen. Zink ist der Überzeugung, „die Gesellschaft müsse besser informiert und mehr aufgefordert werden, die Verantwortung wahrzunehmen und den entsprechend kompetenten Arzt zu wählen.“ Auch rät sie bei Patienten, die möglichst schnell operiert werden möchten, ihnen mit einem winzigen Eingriff etwas mehr Selbstsicherheit zu geben und Abkühlungsphasen einzuhalten, bevor weitere Entscheidungen getroffen werden.

Billig wird schnell teuer

Abschließend erwähnte Prof. Koller, dass die Ästhetik auch in den Krankenhausabteilungen gelehrt wird und spricht eine Warnung aus, sich im Ausland operieren zu lassen. Beispielhaft warnte Koller vor Agenturen, die Patienten zu ästhetischen Operationen in die Türkei vermitteln. Das medizinische Niveau sei dort zwar in der Regel hoch, doch Patienten werden meist kurz nach dem Eingriff zurückgeflogen und haben keine adäquate Nachsorge. „Sie kommen aber dann mit den Komplikationen zu uns und wir sind verpflichtet, sie zu behandeln. Bei schwerwiegenden Indikationen wird man Kosten übernehmen, beim rein ästhetischen Eingriff wird die Kostenübernahme eventuell abgelehnt. Im Endeffekt hat der Patient die Folgekosen selber zu tragen.“ Prof. Koller freute sich darüber, dass „das Gesetz nicht nur tote Materie ist, sondern gelebt wird und zur Anwendung kommt“. Er appelliert an alle Kollegen, sich daran zu halten und erinnert, dass Gerichte sich vorwiegend mit der Einhaltung der Frist zwischen Aufklärung und Einwilligung beschäftigen.

Weitere Informationen

Online-Talk der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC) am 25. Jänner 2024, Wien

1 Bundesgesetz über die Durchführung von Ästhetischen Behandlungen und Operationen (ÄsthOpG). https://www.jusline.at/gesetz/aesthopg (letzter Zugriff: 01. Februar 2024

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