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Sonografie der Säuglingshüfte: Brennpunkt Ausbildung

<p class="article-intro">Der Arbeitskreis für Kinderorthopädie der Österreichischen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (ÖGO) hat Empfehlungen festgelegt, die eine standardisierte Ausbildung für die Sonografie der Säuglingshüfte garantieren sollen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die Methode der H&uuml;ftsonografie nach Graf ist eine Erfolgsgeschichte, die von vielen Experten als nobelpreisverd&auml;chtig bezeichnet wurde und wird. Was macht sie so einmalig? Die Standardisierung &ndash; sowohl in der Durchf&uuml;hrung der Untersuchung, der Auswertung der Sonogramme als auch in der die Therapie. Graf hat die Bezeichnung &bdquo;Checkliste&ldquo; analog zum Flugwesen in seine Methodik eingef&uuml;hrt. Diese &bdquo;Checklisten&ldquo; dienen der Vermeidung von Fehlern und garantieren die Sicherheit der Methode.<br /> Das H&uuml;ftdysplasie-Screening mit der H&uuml;ftsonografie nach Graf funktioniert fehlerfrei &ndash; vorausgesetzt, der Untersucher h&auml;lt sich minuti&ouml;s an die Abfolge der einzelnen Schritte bei der Sonografie zur Erstellung eines auswertbaren Sonogramms. Nach 3 Jahrzehnten laufender Weiterentwicklung und Optimierung lassen sich klare Eckpfeiler definieren: anatomische Identifizierung (Checkliste 1), Brauchbarkeitspr&uuml;fung (Checkliste 2), deskriptive Einteilung in 4 H&uuml;fttypen, Messtechnik mit drei Linien und Bestimmung von Alpha- und Betawinkel, Feintypisierung mit dem Sonometer. Essenziell sind auch eine korrekte Abtasttechnik und die Vermeidung von Kippfehlern sowie ein korrekter Befund, der aus zwei zeitversetzten Sonogrammen (eines mit und eines ohne Messlinien) und dem dazugeh&ouml;rigen Befund (deskriptive Typisierung, Vermessung und Angabe der therapeutischen Konsequenz) besteht.<sup>1</sup><br /> Die Datenlage zeigt, dass die Einf&uuml;hrung des systematischen H&uuml;ftscreenings zu einer Reduktion der offenen Repositionen und Beckenoperationen in &Ouml;sterreich gef&uuml;hrt hat und kosteneffektiv ist. 2011 verglich Tschauner Kohorten von Patienten der orthop&auml;dischen Abteilung Stolzalpe aus der Zeit vor und nach Einf&uuml;hrung des systematischen sonografischen Screenings und konnte eine Abnahme operativer Eingriffe, eine gr&ouml;&szlig;ere Anzahl an erfolgreichen konservativen Therapien und eine Reduktion der H&uuml;ftkopfnekroserate feststellen.<sup>2</sup> Weiters sind die Arbeiten der Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Orthop&auml;die in Innsbruck von Thaler et al. 2011 und ganz rezent von Biedermann 2018 zu erw&auml;hnen, die f&uuml;r die Tiroler Population zeigen konnten, dass die Behandlungskosten gesenkt wurden und die Rate an offenen Repositionen und auch Korrekturoperationen von Sp&auml;tdyplasien durch ein universelles H&uuml;ftdysplasie- Screening mit Sonografie und damit durch fr&uuml;hen Behandlungsbeginn abnahm.<sup>3, 4</sup> Eine Studie aus dem Orthop&auml;dischen Spital Speising, Wien, publiziert von Thallinger et al. 2014, konnte anhand von &ouml;sterreichweiten Daten des Gesundheitsministeriums darstellen, dass es durch die Einf&uuml;hrung des Screeningprogrammes zu einer hochsignifikanten Abnahme der offenen H&uuml;ftrepositionen und Beckenoperationen, sowie auch der station&auml;ren Behandlungen von Patienten mit H&uuml;ftdysplasie kam.<sup>5</sup><br /> Im deutschsprachigen Raum ist das H&uuml;ftdysplasie-Screening mit der H&uuml;ftsonografie integraler Bestandteil der Vorsorgeprogramme. Im angloamerikanischen Raum gibt es weiterhin Tendenzen, die (nicht standardisierte) klinische Untersuchung mit selektivem Ultraschall als ausreichende Screening-Methode zu propagieren bzw. keine klaren Empfehlungen aufgrund unzureichender Evidenz abzugeben. Die Studien, die diesen Empfehlungen zugrunde liegen, berufen sich jedoch auf Arbeiten, die andere (dynamische) Sonografiemethoden beinhalten bzw. die korrekte Anwendung der Methode nach Graf bezweifeln lassen, wenn man die dort abgebildeten Sonogramme kritisch durchleuchtet.<sup>6, 7</sup> Erfreulicherweise wurde 2018 eine Studie aus Gro&szlig;britannien publiziert, in der selektives mit universellem Ultraschallscreening nach Graf verglichen wurde. Hier konnte die Effektivit&auml;t des universellen Screening-Programmes gezeigt werden: Die Anzahl der konservativen Behandlungen war h&ouml;her als in der selektiv gescreenten Gruppe, der Behandlungsbeginn war fr&uuml;her, die Anzahl an offenen Repositionen und Beckenoperationen war geringer.<sup>8</sup><br /> Die H&uuml;ftsonografie nach Graf ist eine orthop&auml;dische Kernkompetenz. Vor dem Hintergrund des neuen Faches f&uuml;r Orthop&auml;die und Traumatologie stehen wir vor der Aufgabe, eine gr&ouml;&szlig;ere Anzahl an &Auml;rztinnen und &Auml;rzten als bisher auszubilden und das Fachwissen zum Thema H&uuml;ftsonografie der S&auml;uglingsh&uuml;fte in k&uuml;rzerer Zeit als bisher zu vermitteln. Nur eine limitierte Anzahl an Abteilungen hat die M&ouml;glichkeit, hausintern ein Neugeborenen-Screening durchzuf&uuml;hren, da vor allem kleinere H&auml;user keine Geburtshilfe anbieten. Viele Ultraschalluntersuchungen werden im niedergelassenen Bereich stattfinden, da strukturelle &Auml;nderungen, wie die Zunahme ambulanter Geburten und auch die Personalknappheit seitens der &Auml;rzte (Stichwort Arbeitszeitgesetz), dazu f&uuml;hren, dass das l&uuml;ckenlose Screening im Spital nicht immer garantiert werden kann. Nicht zuletzt spricht Graf selbst von einem Ph&auml;nomen analog zur &bdquo;Impfm&uuml;digkeit&ldquo;, da die Erinnerung an die Zeiten der Pr&auml;-Screening-&Auml;ra und die t&auml;gliche Konfrontation mit den Folgen unerkannter Dysplasien verloren geht.<sup>2</sup><br /> Diese Entwicklungen haben dazu gef&uuml;hrt, dass der Arbeitskreis f&uuml;r Kinderorthop&auml;die der &Ouml;sterreichischen Gesellschaft f&uuml;r Orthop&auml;die und Orthop&auml;dische Chirurgie (&Ouml;GO) die Initiative ergriffen hat, das Thema Ausbildung in der Sonografie der S&auml;uglingsh&uuml;fte zu bearbeiten und Empfehlungen festzulegen. Diese sollen sowohl den Ausbildungsverantwortlichen als auch den in Ausbildung Stehenden helfen, eine standardisierte Ausbildung zu garantieren.<br /> Die Empfehlungen betreffen zum einen Leitlinien zur Ausbildung und Durchf&uuml;hrung der Sonografie der S&auml;uglingsh&uuml;fte (Methode nach Graf) als auch die Struktur der Ausbildungskurse, die in aufbauenden Stufen absolviert werden k&ouml;nnen. Alle aktuell geltenden Regelungen betreffend Rasterzeugnis und Richtfallzahlen als auch Vorgaben der &Auml;rztekammer bez&uuml;glich der Abrechnung bzw. R&uuml;ckverrechnung mit den Sozial- und Krankenf&uuml;rsorgetr&auml;gern im niedergelassenen Bereich wurden ber&uuml;cksichtigt. Es wurde auch die Weiterbildung integriert, die die Absolvierung eines Refresherkurses alle 5 Jahre vorsieht, um die Qualit&auml;t f&uuml;r praktizierende Kolleginnen und Kollegen abzusichern. Solche Kurse sollen zuk&uuml;nftig im Rahmen von wissenschaftlichen Tagungen angeboten werden. Alle Ausbildungskurse, die aktuell in &Ouml;sterreich stattfinden, sind auf den Homepages der &Ouml;GO (<a href="http://www.orthopaedics. % 20or.at" target="_blank">www.orthopaedics. or.at</a>) und &Ouml;GOuT (<a href="http://www.oegout. % 20at" target="_blank">www.oegout. at</a>) zu finden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1902_Weblinks_jatros_ortho_1902_s31_tab1.jpg" alt="" width="500" height="394" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1902_Weblinks_jatros_ortho_1902_s32_tab2.jpg" alt="" width="750" height="1013" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Tschauner C et al.: Developmental dysplasia of the hip: impact of sonographic newborn hip screening on the outcome of early treated decentered hip joints-a single center retrospective comparative cohort study based on Graf's method of hip ultrasonography. J Child Orthop 2011; 5(6): 415-24 <strong>2</strong> Tschauner C, Matthiessen HD, Graf R: Methodische Eckpunkte der Hüftsonografie nach Graf. State of the art 2018. OUP 2018; 7: 010&ndash;013 <strong>3</strong> Thaler M et al.: Cost-effectiveness of universal ultrasound screening compared with clinical examination alone in the diagnosis and treatment of neonatal hip dysplasia in Austria. J Bone Joint Surg Br 2011; 93(8): 1126-30 <strong>4</strong> Biedermann R et al.: Results of universal ultrasound screening for developmental dysplasia of the hip. Bone Joint J 2018; 100-B(10): 1399-404 <strong>5</strong> Thallinger C et al.: Long-term results of a nationwide general ultrasound screening system for developmental disorders of the hip: the Austrian hip screening program. J Child Orthop 2014; 8(1): 3-10 <strong>6</strong> Shorter D, Hong D, Osborne DA: Cochrane review: Screening programmes for developmental dysplasia of the hip in newborn infants (review). Evid Based Child Health 2013; 8(1): 11&ndash;54 <strong>7</strong> Loder RT, Skopelja EN: The epidemiology and demographics of hip dysplasia. ISRN Orthop 2011; 2011: 238607 <strong>8</strong> Westacott DJ et al.: Universal versus selective ultrasound screening for developmental dysplasia of the hip: a single-centre retrospective cohort study. J Pediatr Orthop B 2018; 27(5): 387-90</p> </div> </p>
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