
Sequenz- und Kombinationstherapie bei Osteoporose
Bericht: Reinhard Hofer
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Denosumab, das nach einem osteoanabolen oder einem antiresorptiven Mittel verabreicht wird, kann zu einem größeren Anstieg der Knochenmineraldichte (BMD) und einer größeren Reduktion von Knochendichteumbaumarkern führen als andere Antiresorptiva. Eine Therapiekombinationaus Teriparatid und Denosumab ist mit deutlicheren BMD-Veränderungen verbunden als eine Teriparatid-Monotherapie.
Das Ziel einer personalisierten Medizin ist die Behandlung des Patienten unter weitgehender Einbeziehung individueller Gegebenheiten über die funktionale Krankheitsdiagnose hinaus. „In komplexen Therapien werden individuelle molekularbiologische Konstellationen mitberücksichtigt, die mit modernen Biomarkern ermittelt werden und in denen das Genom des Patienten und dessen Pharmakogenomik festgelegt werden“, erklärt Prof. Dr. Heinrich Resch, KH Barmherzige Schwestern, II. Medizinische Abteilung, Wien, Lehrstuhl für Klinische Osteologie, Medizinische Fakultät, Sigmund-Freud-Privatuniversität (SFU) Wien.
Bone Remodeling
Der Knochenstoffwechsel unterliegt physiologischen Rhythmen, die in einer „bone remodeling unit“ ablaufen. Diese kleinste Stoffwechseleinheit wird durch Osteoklasten und Osteoblasten und wahrscheinlich auch von Osteozyten und einer Vielzahl von Zytokinen definiert. „Obwohl die Evidenz für die derzeit vorhandenen Osteoporosetherapien nicht über zehn Jahre hinausgeht, erfordert eine Osteoporose als chronische Erkrankung Langzeittherapien über Jahrzehnte“, so Resch. Antiresorptiva haben seltene, aber schwere und möglicherweise zeitabhängige Nebenwirkungen wie eine Kiefernekrose („osteonecrosis of the jaw“, ONJ) oder atypische Femurfrakturen. Osteoanabolika können nur über ein oder zwei Jahre appliziert werden. Für besonders schwere Fälle der Osteoporose soll eine Sequenztherapie zum Erfolg – vor allem zur Reduktion des Frakturrisikos – führen.
Antiresorptiva (Alendronat, Ibandronat, Risedronat, Zoledronat, Denosumab, Raloxifen, Östrogen) beeinflussen die Osteoklastenfunktion, aber auch die Genese der Osteoklasten, während Anabolika (Teriparatid, Romosozumab) die Osteoblastenfunktion stimulieren und deren Überleben beeinflussen. Hinzu kommen die verschiedenen Wirkmechanismen der Substanzen. Denosumab etwa blockiert den RANK-Ligand (RANKL) und die Bildung, Aktivierung und Differenzierung von Osteoklasten. Bisphosphonate binden an Knochen und werden von Osteoklasten resorbiert. BP führen zum Verlust der Resorptionsfähigkeit von Osteoklasten, funktionsunfähige Osteoklasten leben weiter.
Kombinationsmöglichkeiten sind: antiresorptiv/osteoanabol/antiresorptiv, osteoanabol/antiresorptiv/osteoanabol oder die Kombination aus beiden. „Aus physiologischen Überlegungen könnte die Osteoanabol-Antiresorptiva-Sequenz das optimale Behandlungskonzept sein. Vermutlich wird die osteoanabole Wirkung im Remodeling zum Teil durch antiresorptive Effekte von Medikamenten gebremst“, so Resch.
Biomarker und Synchronisationseffekte
Eine Untersuchung an 419 postmenopausalen Frauen mit geringer Knochenmasse konnte zeigen, dass die Hemmung von Sklerostin mit Romosozumab, einem humanisierten monoklonalen Antikörper gegen Sklerostin, einen starken Anstieg der Knochenbildungsmarker induzierte, einen Knochenresorptionsmarker verringerte und die Knochenmineraldichte erhöhte.1 Das Arzneimittel wurde mittels subkutaner Injektion in Intervallen von einem oder drei Monaten verabreicht. Romosozumab führte im Vergleich zu Placebo, Alendronat und Teriparatid zu einer signifikant deutlicheren Zunahme der Knochendichte an Wirbelsäule und Hüfte. „Romosozumab weist einen beinahe dualen Wirkmechanismus auf und wirkt sehr selektiv auf die Biomarker und damit auf die Knochenphysiologie ein“, sagt Resch.
Teriparatid und Abaloparatid sind derzeit die einzigen osteoanabolen Medikamente zur Behandlung von Osteoporose. Beides sind Liganden, die an den PTH-Rezeptor Typ 1 (PTHR1) binden und diesen aktivieren, wobei Abaloparatid die vorübergehende anabole Konfiguration des Rezeptors begünstigt. Sowohl Teriparatid als auch Abaloparatid reduziert das Risiko für Wirbelkörper- und andere Frakturen. Beide Medikamente werden maximal 24 Monate lang verabreicht. Danach sollte ein antiresorptives Medikament verabreicht werden, um die gewonnene BMD aufrechtzuerhalten.
Romosozumab, das an Sklerostin bindet und dieses hemmt, scheint doppelte Wirkung zu haben, indem es die Knochenbildung stimuliert und die Knochenresorption verringert. Als monatliche Dosis von 210mg subkutanverabreicht, reduziert Romosozumab die Zahl neuer Wirbelkörperfrakturen signifikant und in späterer Folge sowohl das Auftreten von Wirbelkörper- als auch anderen Frakturen.2
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Im späteren Stadium der Behandlung mit Teriparatid wird die anabole Wirkung auf den Knochen durch eine erhöhte Knochenresorption gemindert. Antiresorptiva mit unterschiedlichen Potenzen können unterschiedlich mit Teriparatid interagieren und positive Wirkungen ausüben.3
Der Zweck der CONFORS-Studie4 war es, die Auswirkungen fortgesetzter antiresorptiver Behandlungen für 12 Monate in der Verlängerungsphase zu untersuchen. Frauen in der Postmenopause (n=125) mit schwerer Osteoporose nach 9-monatiger Teriparatid-Behandlung wurden für weitere 9 Monate in 3 offene Gruppen randomisiert: Alendronat 70mg/Woche (n=41), Raloxifen 60mg/Tag (n=37) zusätzlich zu Teriparatid oder ohne zusätzliche Medikamente (n=47) außer Kalzium und Vitamin D. Nach Absetzen von Teriparatid wurden die jeweiligen Antiresorptivagaben weitere 12 Monate fortgesetzt, während Patienten in der Teriparatid-Monotherapiegruppe Kalzium und Vitamin D erhielten. Alendronat führte zu einem anhaltenden BMD-Anstieg an der LWS (4,3±1,5%), am Schenkelhals (4,2±1,6%) und in der Gesamthüftregion (4±1,6%; p<0,001 für alle), während Raloxifen nur an der LWS (2,4±1,7%; p<0,001) wirksam war, aber keine Veränderungen am Schenkelhals (0,4±1,4%) oder an der gesamten Hüfte (–0,8±1,5%) beobachtet werden konnten. Der kortikale Knochen nahm nur in der Alendronat-Gruppe zu (Schenkelhals 6,7±2,7% und –1,3±2,5%; Gesamthüfte 13,8±2,9% und –2,3±2,5% für Alendronat und Raloxifen; p<0,001 für alle). „Bei der Analyse der gesamten 30-monatigen Therapie ergab sich in der Alendronat-Gruppe der größte BMD-Anstieg in allen Regionen“, fasst Resch zusammen.
Wie groß die favorisierenden Effekte auf die Frakturereignisse beim Einsatz knochenformativer Medikamente sind, denen in bestimmten Dosierungen Antiresorptiva nachfolgten, konnte auch in einem Review von 2019 gezeigt werden.5
In der DATA-Switch-Studie wurden die Veränderungen der BMD an der LWS und der gesamten Hüfte bei Frauen mit Osteoporose unter verschiedenen Therapieregimen untersucht. Eine Gruppe erhielt 2 Jahre lang Teriparatid, gefolgt von 2 Jahren Denosumab. Die zweite Gruppe erhielt 2 Jahre Denosumab, gefolgt von 2 Jahren Teriparatid. Die dritte Gruppe erhielt eine Kombination aus beiden, gefolgt von 2 Jahren Denosumab. Es zeigte sich, dass mit der Kombination Denosumab+Teriparatid, gefolgt von Denosumab, die besten Ergebnisse erzielt werden konnten.6
Auch mit der Kombination aus Parathormon und Alendronat sind die positiven Effekte größer als mit den jeweiligen Monotherapien, was sich auch an den Biomarkern ablesen ließ.7 Die durch Biomarker gut gesteuerten Veränderungen in der Knochendichte waren auch mit der zweiten Gabe von Romosozumab (Sequenz: Romosozumab–Denosumab–Romosozumab) evident.8
„Ein osteoanaboles Mittel, gefolgt von einem Antiresorptivum, scheint derzeit die beste Behandlungssequenz bei nicht vorbehandelten Patienten mit schwerer Osteoporose zu sein. In den aktuellen DVO-Richtlinien gibt es jedoch aufgrund unzureichender Evidenz derzeit keine Empfehlungen für die Sequenztherapie“, erklärt Resch. Darin gibt es zwar den Hinweis auf mehrere Studien, in denen eine Therapiekombination aus Teriparatid und Denosumab zu einer höheren Knochendichte als mit den Einzeltherapien führt. Aber laut den Autoren ließen sich aufgrund mangelnder Frakturdaten und der problematischen Assoziation von Frakturreduktion und Knochendichteveränderungen keine Rückschlüsse auf die Wirksamkeit ziehen. Nach Ansicht der Leitliniengruppe mag eine niedrig dosierte Hormontherapie wegen postmenopausaler Beschwerden eine Ausnahme sein, wobei aber davon auszugehen sei, dass sie keine volle Wirksamkeit auf den Knochenstoffwechsel hat. „In diesem Fall halten die Experten eine Kombination mit einem spezifischen Osteoporosepräparat für vertretbar“, so Resch.
Fracture Trials
Bei Frauen in der Postmenopause mit Osteoporose, bei denen ein hohes Frakturrisiko bestand, führte die 12-monatige Behandlung mit Romosozumab, gefolgt von Alendronat, zu einem signifikant geringeren Frakturrisiko als Alendronat allein.9 Romosozumab nach 12 Monaten und nach dem Übergang zu Denosumab nach 24 Monaten war mit einem geringeren Risiko für Wirbelkörperfrakturen verbunden als Placebo. Das geringere Risiko für eine klinische Fraktur, das bei Romosozumab beobachtet wurde, war nach einem Jahr evident.10
Frühere Bisphosphonatbehandlungen schwächen die knochenbildende Wirkung von Teriparatid ab, wie in einer weiteren Studie gezeigt werden konnte.11 Darin wurden die Auswirkungen von 12 Monaten Romosozumab versus Teriparatid auf die BMD bei Frauen mit postmenopausaler Osteoporose, die von einer Bisphosphonattherapie übergingen, untersucht. Dieser Übergang zu einem knochenbildenden Mittel ist bei Patienten, die mit Bisphosphonaten behandelt werden, üblich, z.B. bei Patienten, die während der Therapie eine Fraktur aufweisen. Bei solchen Patienten führte Romosozumab zu einem Anstieg der Hüft-BMD, der bei Teriparatid nicht beobachtet wurde. „Diese Daten könnten klinische Entscheidungen für Patienten mit hohem Frakturrisiko beeinflussen“, meint Resch.
Quelle:
28. Osteoporoseforum, 15.–17. Oktober 2020, St. Wolfgang
Literatur:
1 Clung MR et al.: NEJM 2014; 370(5): 412-20 2 Tabacco G, Bilezikian JP: Br J Clin Pharmacol 2019; 85(6): 1084-94 3 Muschitz C et al.: JBMR 2013; 28(1): 196-205 4 Muschitz C et al.: JBMR 2014; 29(8): 1777-85 5 Lou S et al.: Osteoporos Int 2019; 30: 59-70 6 Leder BZ: JBMR 2018; 2(2): 62-8 7 Black DM et al.: NEJM 2003: 349: 1207-15 8 Kendler DL et al.: Osteoporos Int 2019; 30(12): 2437-48 9 Saag KG et al.: N Engl J Med 2017; 377: 1417-27 10 Cosman F et al.: N Engl J Med 2016; 375(16): 1532-43 11 Langdahl BL et al.: Lancet 2017; 390(10102): 1585-94
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