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Osteoporoseprävention und -therapie

<p class="article-intro">Osteoporose ist bis zum Auftritt einer Fraktur asymptomatisch und bleibt daher oft unerkannt und unbehandelt. Folglich kommt es zu einer weiteren Abnahme der Knochenmineraldichte und einer weiteren Zunahme des Frakturrisikos. Begleitend zu Sturz-Screening sowie einer Basisversorgung mit Kalzium und Vitamin D ist die medikamentöse Behandlung der Osteoporose unerlässlich, um osteoporoseassoziierte Frakturen zu verhindern. Dazu stehen neben antiresorptiv wirkenden Substanzen wie Bisphosphonaten und Denosumab auch osteoanabole Therapeutika zur Verfügung.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Das wichtigste Ziel bei der Osteoporosebehandlung lautet: Knochenbr&uuml;che vermeiden!</li> <li>Zur Knochenfestigkeit tragen Knochendichte, Knochenarchitektur, Knochenumbau und Knochenmaterial bei.</li> <li>Durch den nat&uuml;rlichen Alterungsprozess nehmen Knochendichte und Knochenqualit&auml;t ab. Frauen ab dem 70. und M&auml;nner ab dem 80. Lebensjahr geh&ouml;ren daher grunds&auml;tzlich zur Gruppe mit dem h&ouml;chsten Risiko.</li> <li>Basistherapie ist immer eine ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D.</li> <li>Die wichtigsten Therapeutika zur Behandlung der Osteoporose sind Bisphosphonate, Denosumab und Parathormon/Teriparatid.</li> </ul> </div> <p>Osteoporotische Frakturen entstehen nach einem minimalen Trauma. Ein Sturz aus der Standposition kann bereits zu einer Fraktur mit gravierenden Folgen bis zu gesteigerter Morbidit&auml;t und Mortalit&auml;t f&uuml;hren.<sup>1</sup> Durch einen mit zunehmendem Alter assoziierten Knochenverlust treten diese Frakturen typischerweise an H&uuml;fte, Wirbels&auml;ule und Handgelenk auf. Unterarmfrakturen stellen die h&auml;ufigsten Frakturen bei pr&auml;- und postmenopausalen Frauen dar und werden durch die h&ouml;here Inzidenz von Fragilit&auml;tsfrakturen an der Metaphyse des Knochens erkl&auml;rt. W&auml;hrend die Mehrheit aller H&uuml;ft- und Unterarmfrakturen Niedrig-energieverletzungen sind, treten Wirbelk&ouml;rperfrakturen h&auml;ufig ohne jegliches Trauma auf; oft reichen Husten, B&uuml;cken oder Ausstrecken des R&uuml;ckens als Stressausl&ouml;ser aus, um eine Fraktur zu erzeugen.<sup>2</sup></p> <h2>Ver&auml;nderungen im Alter</h2> <p>Lebenslang findet ein steter Knochenumbau statt, um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden. Knochenmaterial und strukturelle Eigenschaften verschlechtern sich mit dem Alter, da die ausgleichenden Mechanismen des Aufbaus (Modeling) und Umbaus (Re-Modeling) am Skelett schlie&szlig;lich scheitern.<sup>3</sup> Remodeling ist jener Prozess, der kleinste Mikrosch&auml;den am Knochen aufzuf&uuml;llen vermag. Jedoch wird w&auml;hrend des Alterns weniger Knochen in jedem Umbau angelagert, als zuvor abgebaut wurde. Bis etwa zum 30. Lebensjahr nimmt die Knochenmasse zu, sp&auml;testens ab dem 40. Lebensjahr &uuml;berwiegt der Knochenabbau. Nach der Menopause m&uuml;ndet der Umbau in ein negatives Gleichgewicht, sodass zunehmend Knochen aus einem st&auml;ndig abnehmenden und architektonisch gest&ouml;rten Knochen abgebaut wird. Die Folgen sind trabekul&auml;re Ausd&uuml;nnung und Verlust der Trabekelkonnektivit&auml;t auf der einen und kortikale Ausd&uuml;nnung und zunehmende kortikale Porosit&auml;t auf der anderen Seite.</p> <h2>Hohe Inzidenz in &Ouml;sterreich</h2> <p>Etwa 600.000&ndash;700.000 Menschen leiden in &Ouml;sterreich an Osteoporose oder haben ein erh&ouml;htes Osteoporoserisiko. Angesichts der steigenden Lebenserwartung rechnen Experten mit einem erheblichen Anstieg der Kosten im Gesundheitssystem. Weltweite epidemiologische Daten belegen, dass &Ouml;sterreich nach D&auml;nemark, Norwegen und Schweden eine der h&ouml;chsten j&auml;hrlichen Inzidenzraten f&uuml;r H&uuml;ftfrakturen unter Frauen (501/100.000 j&auml;hrlich) aufweist.<sup>4</sup> Betrugen die durch Osteoporose verursachten Kosten in &Ouml;sterreich 2010 noch 799 Mio. Euro, wird bis 2025 ein Kostenanstieg auf &uuml;ber 1 Mrd. Euro erwartet.<sup>5</sup></p> <h2>Einsch&auml;tzung des Frakturrisikos</h2> <p>Laut WHO-Definition liegt eine Osteoporose dann vor, wenn die Knochenmineraldichte (BMD) in der DXA-Knochendichtemessung um 2,5 Standardabweichungen (SD) unter dem statistischen Mittelwert gesunder pr&auml;menopausaler Frauen liegt. Die in SD angegebene Abweichung wird als T-Score bezeichnet.<sup>6</sup> Eine herabgesetzte BMD ist jedoch nicht alleiniger Grund f&uuml;r ein erh&ouml;htes Frakturrisiko. Unabh&auml;ngig vom T-Score steigt das Frakturrisiko bei einer Altersdifferenz von 20 Jahren und bei vorangegangenen Frakturen um das Vierfache an.<sup>7</sup> Zu beachten ist, dass insbesondere innerhalb des ersten Jahres nach einem Knochenbruch die Gefahr weiterer Br&uuml;che besonders gro&szlig; ist.<sup>8</sup> Durch das &bdquo;Fracture Risk Assessment Tool&ldquo; (FRAX) werden zus&auml;tzlich zum Alter und zu vorhergehenden Frakturen weitere Risikofaktoren (Geschlecht, Gewicht, K&ouml;rpergr&ouml;&szlig;e, Alkohol-/Tabakkonsum, Glukokortikoidtherapie, rheumatoide Arthritis, sekund&auml;re Osteoporose, Schenkelhalsfraktur bei einem Elternteil, Knochenmineraldichte &ndash; optional) eruiert, durch die man die 10-Jahres-Frakturrate einsch&auml;tzen kann.<sup>9</sup><br /> Biochemische Marker des Knochenumsatzes liefern zus&auml;tzliche Informationen, um das Frakturrisiko zu bewerten. Die Feststellung einer erh&ouml;hten Knochenresorption zus&auml;tzlich zu niedriger BMD bekr&auml;ftigt die Therapieindikation. Bei ausgew&auml;hlten Patienten k&ouml;nnen biochemische Marker zudem eine Rolle bei der Beurteilung des therapeutischen Erfolgs spielen und zur Therapie&uuml;berwachung sinnvoll eingesetzt werden.</p> <h2>Pr&auml;ventive Ma&szlig;nahmen</h2> <p>Neben dem physiologischen Knochenabbau erh&ouml;hen Sarkopenie und Altersfragilit&auml;t sowie ein damit einhergehendes gesteigertes Sturzrisiko die Anzahl der Frakturen. In Anbetracht dessen sollte eine Sturzpr&auml;vention im Therapiekonzept unerl&auml;sslich sein, um einen Autonomieverlust zu verhindern. Studien konnten eine bis zu 35 % ige Verminderung der Sturzereignisse und der Frakturrate durch eine Verbesserung der Muskelkraft nachweisen.<sup>10</sup> In diesem Zusammenhang ist die Supplementation von Vitamin D unerl&auml;sslich. Es konnte in mehreren Studien nachgewiesen werden, dass eine Vitamin-D-Substitution die Sturzrate um 20 % und in der Kombinationstherapie mit Kalzium nach 12 Wochen um 49 % im Vergleich zur alleinigen Kalziumsubstitution senken konnte.<sup>11</sup><br /> Es gibt unterschiedliche Formen der Osteoporosetherapie und der damit angestrebten Frakturpr&auml;vention, das Ziel ist jedoch immer dasselbe: Die Knochenfestigkeit soll erh&ouml;ht werden, indem die Knochenmasse und/oder die Qualit&auml;t des Knochens verbessert werden. Kalzium und Vitamin D z&auml;hlen zur Basistherapie. Kalzium ist ein Mineralstoff und Baustein des Knochens. Vitamin D f&ouml;rdert im Darm die Kalziumaufnahme aus der Nahrung. Kalzium wird &uuml;ber die Nahrung aufgenommen. Vitamin D wird gr&ouml;&szlig;tenteils in der Haut synthetisiert, gef&ouml;rdert durch Sonnenbestrahlung. Je nach Hauttyp und Jahreszeit ist ein 30- bis 60-min&uuml;tiger t&auml;glicher Aufenthalt im Freien ausreichend, um einen schweren Vitamin-D-Mangel zu vermeiden.</p> <h2>Medikament&ouml;se Therapie</h2> <p>Zur Vermeidung von Frakturen und zur Erhaltung der Lebensqualit&auml;t stehen neben Pr&auml;ventivma&szlig;nahmen spezifische Arzneimittel in der Behandlung der Osteoporose zur Verf&uuml;gung. F&uuml;r Bisphosphonate, Teriparatid und Strontiumranelat konnte eine signifikante Reduktion des Frakturrisikos nachgewiesen werden.<sup>12</sup> Bisphosphonate hemmen die Funktion von knochenabbauenden Osteoklasten und wirken auf diesem Weg dem Abbau von Knochen entgegen. Bisphosphonate haben sich als First-Line-Therapie etabliert, jedoch klagen 20&ndash;30 % der Patienten bei der Anwendung von oralen Pr&auml;paraten &uuml;ber Beschwerden im oberen Gastrointestinalbereich, die durch eine Reizung der Schleimhaut der Speiser&ouml;hre hervorgerufen werden.<sup>13</sup> Alternativ k&ouml;nnen Bisphosphonate intraven&ouml;s verabreicht werden, sind jedoch bei eingeschr&auml;nkter Nierenfunktion und einer eGFR unter 30ml/min kontraindiziert.<br /> W&auml;hrend Bisphosphonate die Aktivit&auml;t reifer Osteoklasten hemmen, greift der RANK-Ligand-Inhibitor Denosumab in die Proliferation, Reifung, Aktivierung und das &Uuml;berleben der Osteoklasten ein. Die bisherigen Daten zu Denosumab belegen, dass eine subkutane 60mg-Injektion zweimal j&auml;hrlich ausreichend ist, um mittelfristig Knochenresorption und osteoporotische Frakturen signifikant zu reduzieren. Denosumab ist ein humaner monoklonaler Antik&ouml;rper, der sehr wirksam die Bindung von RANKL an seinen osteoklastenassoziierten Rezeptor (RANK) blockiert &ndash; eine Interaktion, die f&uuml;r die Bildung und Aktivierung sowie f&uuml;r das &Uuml;berleben von Osteoklasten erforderlich ist. Durch die Blockierung dieses Rezeptors inhibiert Denosumab die osteoklastenvermittelte Knochenresorption. In der FREEDOM-Studie reduzierte Denosumab nach drei Jahren signifikant das Risiko f&uuml;r neue vertebrale und nicht vertebrale Frakturen sowie H&uuml;ftfrakturen um 68 % , 20 % und 40 % .<sup>14</sup> Eine anhaltende Reduktion des Frakturrisikos konnte auch in der FREEDOM-Extension-Studie belegt werden: Nach 8 Jahren Behandlung konnte ein Dichtezuwachs von 18,4 % an der LWS und 8,3 % an der H&uuml;fte gemessen werden.<sup>15</sup> <br /> <br /> Im Gegensatz zu oben genannten, antiresorptiv wirkenden Therapeutika greift Teriparatid (TPTD) &uuml;ber einen osteoanabolen Mechanismus in den Knochenstoffwechsel ein. Teriparatid, ein rekombinantes Parathormon (rhPTH 1-34), verbessert durch die Stimulation von Osteoblasten den Knochenaufbau und die Knochenqualit&auml;t.<sup>16</sup> Teriparatid kann bei postmenopausaler Osteoporose der Frau, bei Osteoporose des Mannes sowie bei glukokortikoidinduzierter Osteoporose, wenn trotz ad&auml;quat gef&uuml;hrter, mehr als zwei Jahre w&auml;hrender antiresorptiver Therapie Wirbelk&ouml;rperfrakturen auftreten, verordnet werden. Die Anwendung von TPTD ist in der Behandlung der Osteoporose auf 18&ndash;24 Monate limitiert. Nach Abschluss dieser Phase muss der frisch gewonnene Knochen vor erneutem Abbau gesch&uuml;tzt werden. Dies macht klar, weshalb Dual-mode-Therapien (Sequenz- und Kombinationstherapie) im Osteoporosemanagement immer wichtiger werden. In der CONFORS-Studie f&uuml;hrte eine TPTD-Monotherapie, gefolgt von einer TPTD-Therapie bei gleichzeitiger Gabe von Raloxifen oder Alendronat, zu einer verbesserten Therapieantwort in Bezug auf die Knochendichte.<sup>17</sup><br /> Strontiumranelat weist ein duales Wirkprinzip auf &ndash; es f&ouml;rdert den Knochenaufbau durch Stimulation von Osteoblasten und durch Resorptionshemmung der Osteoklasten. 1- und 3-Jahres-Daten von &uuml;ber 80-j&auml;hrigen Patienten haben eine signifikante Risikoreduktion f&uuml;r nicht vertebrale und vertebrale Frakturen gezeigt.<sup>18</sup> Aufgrund eines geringf&uuml;gig erh&ouml;hten Risikos f&uuml;r Herzinfarkte soll das Medikament nur M&auml;nnern und postmenopausalen Frauen mit schwerer Osteoporose und hoher Frakturneigung verordnet werden. Kontraindikationen sind isch&auml;mische Herzerkrankungen wie Angina pectoris oder Herzinfarkt, periphere arterielle Verschlusskrankheit und zerebrovaskul&auml;re Erkrankungen sowie unkontrollierte arterielle Hypertonie.<sup>19</sup></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Bala Y et al: JMBR 2015; 30(4): 621-29<br /><strong>2</strong> Hernlund E et al: Arch Osteoporos 2013; 8(1-2): 136<br /><strong>3</strong> Seeman E: Lancet 2002; 359(9320): 1841-50<br /><strong>4</strong> Kanis JA et al: Osteoporos Int 2012; 23(9): 2239-56<br /><strong>5</strong> Svedbom A et al: Arch Osteoporos 2013; 8:137<br /><strong>6</strong> Prevention and management of osteoporosis. 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Available from: <a href="http://www.ema.europa.eu" target="_blank">www.ema.europa.eu</a>.</p> </div> </p>
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