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Orthopädie im Bilde

<p class="article-intro">Die Bildgebung in der Orthopädie stand im Fokus der Jahrestagung 2018 des BVdO. Unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Ronald Dorotka wurde das Thema aus radiologischer, orthopädischer und juristischer Perspektive diskutiert. Weitere medizinische Vorträge behandelten Schmerztherapien und Knochengesundheit.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Einleitend stellte Univ.-Prof. Dr. Franz Kainberger, Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Radiologie, Wien, Innovationen in der Bildgebung des Bewegungsapparates vor. Diese betreffen in erster Linie computerassistierte Diagnostik und darin inkludiert die Techniken der &bdquo;artificial intelligence&ldquo;. F&uuml;r die Semiautomatisierung der radiologischen Zuweisung stehen bereits computerassistierte Diagnosesysteme zur Verf&uuml;gung, die derzeit zur &bdquo;indication-driven investigation&ldquo;, d.h. zum Einsatz zur Zuweisung als Steuerungselement, weiterentwickelt werden.<br /> Bei den verf&uuml;gbaren Verfahren sind f&uuml;r die MRT neue und raschere Sequenzen die klinisch relevanten Innovationen. Mit 3DSequenzen k&ouml;nnen die Untersuchungszeiten f&uuml;r gro&szlig;e Gelenke reduziert werden. Zu speziellen Techniken, die noch im Stadium pr&auml;klinischer Erprobung stehen, geh&ouml;rt das Zero-Echotime-Imaging, mit dem sich aus MR-Datens&auml;tzen CT-analoge Bilder rekonstruieren lassen.<br /> In der Computertomografie sind die Dual-Energy-Technologie und analoge Verfahren mittlerweile etablierter Standard. Mit Post-Processing der Bilddaten sind Urataggregate sehr sensitiv darstellbar, andere Formen des biochemischen Imagings, wie die Kollagenfaserbildgebung, sind klinisch noch schwierig umzusetzen. Da mit neuen Detektoren die Strahlenexposition massiv reduziert werden kann (Submillisievert-CT), ist laut Kainberger eine Ausweitung der Indikationen f&uuml;r die CT zu erwarten.<br /> F&uuml;r Ultraschalluntersuchungen stehen heute Schallkopffrequenzen bis 22MHz standardm&auml;&szlig;ig zur Verf&uuml;gung; h&ouml;here Frequenzen werden in naher Zukunft klinisch verf&uuml;gbar sein. Damit gewinnen das Imaging peripherer Nerven und die US-gesteuerte Schmerztherapie an Bedeutung. Gleichzeitig sind kompaktere Ger&auml;te f&uuml;r den ambulanten Einsatz verf&uuml;gbar. Der 3D-Ultraschall, in der Geburtshilfe seit Jahren Standard, ist nun auch f&uuml;r Bilddaten vom Bewegungsapparat anwendbar; dies bedeutet eine anschaulichere Dokumentation und die Nutzung im Rahmen edukativer Simulationen.<br /> F&uuml;r die klassische R&ouml;ntgenbildgebung sind mehr und praktikablere gro&szlig;formatige Systeme (Extremit&auml;ten, Wirbels&auml;ule) verf&uuml;gbar.<br /> &bdquo;Der radiologische Befund wird kontinuierlich zum strukturierten Multimedia- Report weiterentwickelt&ldquo;, so Kainberger. &Auml;hnlich wie bei den Zuweisungen sind auch hier radiologische Assistenzsysteme in Entwicklung, um neues Wissen aus der Forschung m&ouml;glichst rasch und direkt an den &bdquo;point of care&ldquo; zu bringen und pathologische Ver&auml;nderungen systematisch zu quantifizieren (&bdquo;radiomics&ldquo; und &bdquo;imaging biomarkers&ldquo;). &bdquo;All diese Neuerungen k&ouml;nnen als Basis f&uuml;r die Implementierung von ,artificial intelligence&lsquo;, dem derzeit dynamischsten Bereich der radiologischen Forschung, aufgefasst werden&ldquo;, sagte Kainberger.</p> <h2>Osteoarthritische Ver&auml;nderungen fr&uuml;hzeitig entdecken</h2> <p>Dipl.-Ing. Richard Ljuhar, CEO und Co- Founder von Image Biopsy Lab, stellte eine konkrete Anwendung einer solchen &bdquo;artificial intelligence&ldquo; vor, die eine Fr&uuml;herkennung von Kniearthrose auf Basis konventioneller R&ouml;ntgenbilder erm&ouml;glicht. Basierend auf der Hypothese, dass im subchondralen Knochen schon sehr fr&uuml;hzeitig Ver&auml;nderungen der Mikroarchitektur auftreten, wurden &bdquo;Machine&ldquo;- bzw. &bdquo;Deep learning&ldquo;-Algorithmen angewendet, um die strukturellen Eigenschaften des subchondralen Knochens in ausgew&auml;hlten Bereichen der Tibia und des distalen Femurs anhand einer 2D-Aufnahme zu untersuchen. Dar&uuml;ber hinaus wurden die Gelenkspalth&ouml;he und -fl&auml;che mithilfe einer neu entwickelten vollautomatischen Software bewertet. Die Osteoarthritis- Vorhersagegenauigkeit konnte damit signifikant verbessert werden. Die Modelle werden laut Ljuhar nun erweitert, um auch andere diagnostische Fragestellungen zu untersuchen, insbesondere die Erkennung bzw. Vorhersage von Frakturrisiken, Anomalien im Knochen oder Fragestellungen auf dem Gebiet des Gelenkersatzes. In weiteren Studien m&uuml;ssen die Ergebnisse validiert und die entwickelten Modelle im klinischen Alltag getestet werden.</p> <h2>Ausdruck versus digital</h2> <p>Radiologische Institute &uuml;bermitteln Bilder immer h&auml;ufiger auf Datentr&auml;gern (CDROM, DVD) oder ganz elektronisch. Dr. Bernhard Gisinger, Fachgruppenobmann Orthop&auml;die Wien, sprach zu diesem Thema aus orthop&auml;discher Sicht. Er kritisierte, dass diese Umstellung auf digitale Bilder und Befunde teilweise ohne ausreichende Kommunikation erfolgt. Abgesehen von der mangelnden Praktikabilit&auml;t mancher L&ouml;sungen ergibt sich f&uuml;r ihn auch die Frage, wer f&uuml;r allf&auml;llige Mehrkosten (Bildschirme, EDV-Aufr&uuml;stung etc.) aufkommen soll.<br /> Die Sicht des Radiologen vertrat Dr. Gerhard Zier, Wien. Verarbeitung und Speicherung der Bilder erfolgen heute voll digitalisiert mittels PACS (&bdquo;Picture Archiving and Communication System&ldquo;) bzw. DICOM (&bdquo;Digital Imaging and Communications in Medicine&ldquo;). &bdquo;Digital erzeugte Bilder sollten daher auch digital verteilt und betrachtet werden&ldquo;, meinte Zier. Viele Zuweiser bestehen jedoch auf Papierausdrucke oder Laserfilm-Folien. Wie in der anschlie&szlig;enden Podiumsdiskussion deutlich wurde, sind CD-ROMs und DVDs wenig beliebt, weil es doch einige Zeit in Anspruch nimmt, die Bilder zur Betrachtung einzuspielen, sofern dies nicht durch die Ordinationsassistenten vorbereitet wird. Zudem gibt es offenbar Probleme mit der Kompatibilit&auml;t der verschiedenen Bildbetrachtungssysteme. Zier empfahl, sich f&uuml;r eine Software (z.B. OsiriX&trade; oder RadiAnt&trade;) zu entscheiden, diese in die Ordinations-Software zu integrieren und Bilder auf mitgebrachten Datentr&auml;gern immer mit demselben Programm zu verarbeiten. Alternativ bietet das Diagnosehaus seinen zuweisenden &Auml;rzten durch einen passwortgesch&uuml;tzten Account &uuml;ber die Homepage XR-Web (www.dh18.radiologie. at), wie auch andere Institute &uuml;ber ein Client-Modul (www.bilder-befunde. at), Einsicht in sowohl Bilder als auch Befunde. Dies hat laut Zier unter anderem den Vorteil, dass man f&uuml;r die Archivierung und Verwaltung der Bilddaten nicht selbst Sorge tragen muss (Stichwort DSGVO).<br /> Die L&ouml;sung f&uuml;r die Zukunft wird eventuell ELGA mit Bildintegration bringen, so Zier. Diese Bilder werden die Zuweiser dann mit einer Portal-Software ansehen k&ouml;nnen.</p> <h2>Was d&uuml;rfen Orthop&auml;den?</h2> <p>Dr. Christoph Steinacker, Jurist in der &Ouml;sterreichischen &Auml;rztekammer im Bereich Aus- und Fortbildung, stellte eine rechtliche Betrachtung der Schnittstelle Orthop&auml;die/Radiologie an: &bdquo;Die Abgrenzung der Berufsberechtigung in den Sonderf&auml;chern ist in der Praxis von gro&szlig;er Bedeutung, insbesondere bei der Interpretation und Befundung von R&ouml;ntgen-, CTund MRT-Bildern.&ldquo; Die Beschr&auml;nkung der &auml;rztlichen Berufst&auml;tigkeit auf das jeweilige Sonderfach ist im Paragraphen 31 des &Auml;rztegesetzes geregelt. Der Kompetenzumfang der einzelnen Fachbereiche ergibt sich aus der Fachdefinition in der Ausbildungsordnung. Die Kenntnisse und Fertigkeiten m&uuml;ssen aber nicht unbedingt in den Rasterzeugnissen aufgef&uuml;hrt sein. Was nun die Bildgebung betrifft, d&uuml;rfen Orthop&auml;den und Unfallchirurgen die von Radiologen und Nuklearmedizinern erhobenen Bilder und Befunde zwar fachspezifisch bewerten und f&uuml;r die Diagnostik interpretieren, sie d&uuml;rfen aber nicht befunden. Ausnahme: Die Befundung von Skelettaufnahmen ist bei akuten Traumen und im Rahmen der Erstversorgung zul&auml;ssig. Verst&ouml;&szlig;e k&ouml;nnen disziplinarrechtliche und schadenersatzrechtliche Folgen haben.</p> <h2>Weitere Themen: Schmerz und Knochen</h2> <p>Nach einem Referat von Prim. Prof. Dr. Klemens Trieb, Klinikum Wels-Grieskirchen, &uuml;ber Bildgebung in der modernen Endoprothetik behandelte Prim. Dr. Vinzenz Auersperg, LKH Steyr und LKH Kirchdorf, in seinem Vortrag die radiologische Ortung f&uuml;r die Sto&szlig;wellentherapie. Vor der Anwendung von Sto&szlig;wellen sollte eine Abkl&auml;rung der Situation mit mindestens einer Bildgebung erfolgen, bei Knochenbehandlungen am besten mit R&ouml;ntgen, bei Weichteilindikationen mittels Biofeedback. Eine genaue Ortung sei insbesondere bei der Kalkschulter sehr wichtig.<br /> Abseits des Schwerpunktthemas Bildgebung bot das Programm der BVdOJahrestagung zus&auml;tzliche interessante Vortr&auml;ge: Dr. Christoph Michlmayr aus Rohrbach sprach &uuml;ber die funktionelle Therapie mit Bandagen und Orthesen. Dr. Raphael Scheuer vom Orthop&auml;dischen Spital Speising, Wien, informierte &uuml;ber ultraschallgezielte Infiltrationen, die im Gegensatz zu den r&ouml;ntgengezielten Techniken auch gut im niedergelassenen Bereich durchgef&uuml;hrt werden k&ouml;nnen. Nicht nur an der Wirbels&auml;ule, sondern auch an den Extremit&auml;ten-Gelenken empfahl Scheuer die Steuerung der Infiltrationen mittels Ultraschall, wodurch die Behandlung sicherer wird. Ein weiterer Vorteil: Insbesondere kostenintensive Pr&auml;parate wie Hyalurons&auml;ure oder Eigenblut k&ouml;nnen mit bestm&ouml;glicher Wirkung verabreicht werden.<br /> Dr. Kay Uthoff aus Hannover pr&auml;sentierte die Anwendung von autologem konditioniertem Plasma (ACP) bei Schmerzzust&auml;nden an der Wirbels&auml;ule. Die therapeutischen Eigenschaften von ACP werden derzeit bei Diskusdegeneration, Facettenarthrose, neuropathischem Schmerz, SIGPathologien und Kokzygodynie gepr&uuml;ft. Es sei zu erwarten, dass neue Daten zur epiduralen bzw. periradikul&auml;ren Therapie den Einsatz von ACP zunehmend rechtfertigen, so Uthoff.<br /> F&uuml;r einen &Uuml;berblick &uuml;ber moderne Osteoporosetherapien konnte der Knochenstoffwechsel- Spezialist Doz. Dr. Christian Muschitz, KH der Barmherzigen Schwestern, Wien, gewonnen werden. Dr. Maya Thun, Wilhelminenspital, Wien, widerlegte Mythen, die den Stellenwert von Kalzium zur Senkung des Frakturrisikos infrage stellen. Auch ein erh&ouml;htes kardiovaskul&auml;res Risiko durch Kalziumzufuhr sei nicht belegbar. Thun pr&auml;sentierte au&szlig;erdem Daten, wonach der durchschnittliche &Ouml;sterreicher zu wenig Kalzium mit der Nahrung zu sich nimmt, und empfahl die &Uuml;berpr&uuml;fung der eigenen Ern&auml;hrungsgewohnheiten mittels des &bdquo;Kalziumrechners&ldquo; (www. kalziumrechner.at).</p> <h2>Keine Angst vor der DSGVO</h2> <p>Gro&szlig;es Interesse weckte auch der Vortrag des Wirtschaftsexperten Dr. Hans Bachmann &uuml;ber die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Er betonte den unmittelbaren Nutzen f&uuml;r die &auml;rztliche Praxis, indem vertrauliche personenbezogene Daten korrekt, aktuell und vollst&auml;ndig verf&uuml;gbar gemacht werden (m&uuml;ssen). Dabei sollte man den &bdquo;Sinn f&uuml;rs Wesentliche&ldquo; nicht aus den Augen verlieren: F&uuml;r Kleinunternehmen gen&uuml;ge es, die Einhaltung der DSGVO durch den Grundsatz von Treu und Glauben nachzuweisen und f&uuml;r diesen Nachweis ein Grundger&uuml;st an Prozessen und Dokumenten zu erstellen. Die DSGVO sch&uuml;tzt personenbezogene Daten, das sind alle Daten, die eine Person identifizierbar machen &ndash; also auch Sozialversicherungsnummer oder R&ouml;ntgenbilder. Dieser Schutz umfasst digital und konventionell (auf Papier) verarbeitete Daten. Dabei genie&szlig;en die sogenannten sensiblen Daten (z.B. Gesundheitsdaten) einen besonderen Schutz. Unter den Datenschutz fallen aber auch die personenbezogenen Daten von Mitarbeitern, Lieferanten, kooperierenden &Auml;rzten etc.<br /> Wichtig ist es, schriftlich zu dokumentieren, welche personenbezogenen Daten wann, wo, wie und zu welchem Zweck gespeichert und weitergegeben werden. Formvorschriften f&uuml;r eine solche Datenschutzerkl&auml;rung gibt es keine. Hilfreiche Unterlagen stellen z.B. die Wirtschaftskammer und die Datenschutzbeh&ouml;rde zur Verf&uuml;gung.<br /> Als Arbeitgeber ben&ouml;tigen &Auml;rzte eine Mitarbeiter-Vertraulichkeitserkl&auml;rung, die explizit die Einhaltung des Datenschutzes miteinbezieht. Dies inkludiert eine Schulung der Mitarbeiter sowie die Organisation von Zutritt- und Zugriffsberechtigungen. &bdquo;In der &auml;rztlichen Praxis gibt es hohe Verbesserungspotenziale, besonders im Hinblick auf die vertrauliche Behandlung von Patientenakten im Empfangsbereich, aber auch im Bereich der Patienteninformation&ldquo;, so Bachmann. Der Arzt hat die reaktive Pflicht zur Information, was mit den Daten geschieht und geschehen wird. Daher ist es notwendig, dass die &auml;rztliche Praxis eine Datenschutzerkl&auml;rung verf&uuml;gbar hat und mit weiteren Dokumenten den Nachweis der Einhaltung der DSGVO erbringen kann. Dr. Bachmann hat f&uuml;r niedergelassene &Auml;rzte eine Anleitung erstellt, die beim BVdO angefordert werden kann.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Jahrestagung des Berufsverbands Österreichischer Fachärzte für Orthopädie und orthopädische Chirurgie (BVdO), 1. Dezember 2018, Wien </p>
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