
Neues für die Therapie des chronischen Handekzems
Bericht: Dr. med. vet. Susanne Kammerer
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Mit Delgocitinib steht seit Kurzem endlich eine zielgerichtete Lokaltherapie für das chronische Handekzem zur Verfügung. Weitere JAK-Hemmer wie Upadacitinib befinden sich derzeit in Phase-3-Studien, sodass künftig vermutlich auch innovative Systemtherapien zur Verfügung stehen werden.
Das chronische Handekzem hat in der erwachsenen Bevölkerung eine Lebenszeitprävalenz von 14,5%. Die Erkrankung führt zu deutlichen funktionellen und beruflichen Einschränkungen sowie zu einer reduzierten Lebensqualität. «Nicht zuletzt stellt es auch eine ökonomische Belastung für das Individuum und die Gesellschaft dar, ca. 80% der Patienten mit Handekzem entwickeln auch ein chronisches Handekzem», erklärte Prof. Marie-Louise Schuttelaar, University Medical Center in Groningen (Niederlande).1 Die Ursachen für das Handekzem sind multifaktoriell. Patienten leiden an Schmerzen sowie brennenden und stechenden Gefühlen, besonders belastend ist der Pruritus, der beim atopischen Handekzem im Vordergrund steht.
Bis vor Kurzem war Alitretinoin die einzige zugelassene Therapie für schwere Handekzeme, die nicht ausreichend auf topische Kortikosteroide reagieren. Studien an über 1000 Patienten haben gezeigt, dass nur ungefähr die Hälfte der Patienten auf Alitretinoin anspricht. Nach Ausführung von Dr. med. Schuttelaar zeigte eine Post-hoc-Analyse, dass Alitretinoin besser bei hyperkeratotischem Handekzem, aber weniger effektiv bei vesikulärem Handekzem wirkt .2«Wir benötigen dringend weitere systemische Behandlungsmöglichkeiten», so Prof. Schuttelaar.
JAK-Hemmer wirken lokal und systemisch
Ein Hoffnungsträger für künftige Systemtherapien ist der JAK-Hemmer Upadacitinib, dessen Wirksamkeit und Verträglichkeit in den Studien Measure Up-1 und Measure Up-2 bei Patienten mit atopischer Dermatitis (AD) untersucht wurden.3 AD ist zudem der wichtigste Risikofaktor für ein chronisches Handekzem (CHE). In einer Post-hoc-Datenanalyse wurde der Einfluss des JAK-Hemmers auf Studienteilnehmer untersucht, die zu Studienbeginn auch ein mittelschweres bis schweres Handekzem aufwiesen, definiert als ein Wert im Hand Eczema Severity Index (HECSI) von ≥17. In beiden Studien kam es innerhalb von 16 Wochen zu einer Abnahme des HECSI-Scorewerts zwischen –68% und –74%. Schon nach einer Woche erreichten signifikant mehr Patienten mit Upadacitinib ein HECSI-75-Ansprechen. Ähnlich positive Ergebnisse erzielte der JAK-Hemmer Abrocitinib in einer Praxisstudie an Patienten mit therapierefraktärem Handekzem.
Seit Ende letzten Jahres ist der Pan-JAK-Inhibitor Delgocitinib in Cremezubereitung zur Therapie des chronischen Handekzems infolge der positiven Ergebnisse der DELTA-1- und DELTA-2-Studie zugelassen.4 Hier wurden Patienten mit unterschiedlichen Formen des Handekzems eingeschlossen. 20% bis 30% der Patienten erreichten in diesen Studien den besonders strikten Endpunkt IGA-CHE 0/1 mit einer Verbesserung um mindestens zwei Stufen. «Dies bedeutet, dass an den Händen nur noch Spuren eines Erythems sichtbar sein durften», erklärte Prof. Schuttelaar. Die gute Wirkung bestand unabhängig vom Phänotyp des Handekzems, d.h. auch bei Patienten mit vesikulärem Handekzem. In den Zulassungsstudien berichteten auch nur 2% der Teilnehmer von Nebenwirkungen, die meist mild bis mittelstark ausgeprägt waren.
Topischer JAK-Hemmer schlägt bisherigen Goldstandard
In der aktuell gültigen deutschen S2k-Therapieleitlinie zum chronischen Handekzem wird lediglich Alitretinoin zur Behandlung des Handekzems empfohlen. Insofern ist besonders interessant, wie Delgocitinib-Creme im Vergleich zu dieser etablierten Systemtherapie abschneidet. Genau diese Frage untersuchte Prof. Ana Giménez-Arnau, Universität Pompeu Fabra, Autonome Universität Barcelona (Spanien), in einer direkten Vergleichsstudie mit topischem Delgocitinib und Alitretinoin.5 In der Phase-3-Studie DELTA FORCE (ClinicalTrials.gov-ID NCT05259722) wurden 513 erwachsene Teilnehmer randomisiert und sie erhielten 16 Wochen lang zweimal täglich eine Delgocitinib-Creme (20mg/g) oder 12 Wochen lang eine orale Alitretinoin-Dosis von 30mg täglich.5 Die unterschiedliche Behandlungsdauer folgte den jeweiligen Empfehlungen der Präparate in der Fachinformation.
Das Durchschnittsalter bei Studienbeginn lag bei 45 Jahren, 65,1% der Teilnehmer waren Frauen und die Krankheitsdauer betrug 4 Jahre. Zu den Krankheitsmerkmalen gehörte ein mittlerer Wert des HECSI von 80,0. In beiden Studienarmen durften Teilnehmer bei vollständiger oder fast vollständiger Abheilung des Handekzems (entsprechend einem IGA-CHE-Wert von 0/1) die Behandlung abbrechen und bei Bedarf bis Woche 24 wieder aufnehmen.
In Woche 12 war Delgocitinib in allen untersuchten Endpunkten überlegen: So sank der Mittelwert des HECSI, definiert als primärer Studienendpunkt, bei Behandlung mit Delgocitinib um –67,6 gegenüber –51,5 bei Einnahme von Alitretinoin (p<0,001). Zudem erreichten bei Therapie mit Delgocitinib 38,6% der Patienten ein HECSI90-Ansprechen in Woche 12 versus 26% bei Einnahme von Alitretinoin (p=0,003). 27,2% der mit dem JAK-Hemmer behandelten Patienten erreichten einen Behandlungserfolg mit IGA-CHE 0/1 (vs. 16,6% in der Alitretinoin-Gruppe; p=0,004). Auch beim Juckreiz war Delgocitinib überlegen. Prof. Giménez-Arnau fügte hinzu, dass sich der HECSI schon ab der ersten Woche verbesserte und die Wirkung bis zum Studienende aufrechterhalten wurde.5 Ausserdem erreichten signifikant mehr topisch behandelte Teilnehmer eine klinisch relevante Verbesserung ihrer Lebensqualität, definiert als Verringerung des Dermatology Life Quality Index (DLQI) um ≥4 Punkte, an Woche 12 und Woche 24 (p≤0,001 für beide Vergleiche).
Unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit dem Studienmedikament traten im Delgocitinib-Arm bei 9,5% und im Alitretinoin-Arm bei 54,3% auf; schwerwiegende unerwünschte Ereignisse wurden bei 2% der lokal behandelten Patienten und bei 4,9% der Patienten in der Alitretinoin-Gruppe beobachtet. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse im Delgocitinib-Arm gegenüber dem Alitretinoin-Arm waren Kopfschmerzen (4,0% gegenüber 32,4%) und Nasopharyngitis (11,9% gegenüber 13,8%).
Atopisches Handekzem: Topischer JAK-Inhibitor und Dupilumab sind in etwa gleich effektiv
Leider gibt es derzeit keine direkten Vergleichsstudien mit subkutan appliziertem Dupilumab und topischem Delgocitinib zur Behandlung des atopischen Handekzems. «Wir als Dermatologen müssen aber dennoch eine Therapieentscheidung treffen; wenn wir Patienten in der Klinik sehen und beide Möglichkeiten bestehen, sollten wir wissen, wovon unsere Patienten profitieren», erklärte Prof. April Armstrong von der Universität in Kalifornien, Los Angeles (USA).6
Um die Entscheidungsfindung zu unterstützen, präsentierte Prof. Armstrong einen indirekten Vergleich zwischen Delgocitinib und Dupilumab bei Patienten mit atopischem Handekzem, der jedoch bezüglich wesentlicher Einflussfaktoren bereinigt wurde.6 Diese Methode bezeichnete sie als «die nächstbeste Sache für einen direkten Vergleich». Die Analyse umfasste individuelle Patientendaten aus den Phase-3-Studien DELTA 1 und 2 für Delgocitinib4 bei chronischem Handekzem (CHE) und aggregierte Daten aus der Phase-3-Studie LIBERTY-AD-HAFT 7 für Dupilumab bei atopischer Dermatitis mit Beteiligung der Hände und Füsse. Die Analyse konzentrierte sich auf Patienten mit atopischem Handekzem in DELTA 1 und 2 (n=345) und glich sie hinsichtlich Alter, Ethnie, Geschlecht und HECSI-Basiswert mit den Teilnehmern der LIBERTY-AD-HAFT-Studie (n=133) ab. Die daraus resultierende Kohorte hatte ein Durchschnittsalter von 35,8 Jahren in den Behandlungsarmen und 33,4 Jahren in den Placeboarmen und einen durchschnittlichen HECSI-Basiswert von 46,2 bzw. 47,4.
Die HECSI-75-Ansprechraten betrugen 54,1% bzw. 46,9% in den Delgocitinib- und Dupilumab-Armen und 23,1% bzw. 21,5% in den jeweiligen Vehikel-/Placeboarmen.6 Die entsprechenden Ergebnisse für das Erreichen einer vollständigen oder fast vollständigen Abheilung des Handekzems entsprechend IGA 0/1 lagen bei 35,4% in den DELTA-Studien und 40,3% in der Dupilumab-Studie. Keiner dieser Unterschiede erreichte statistische Signifikanz, die Punktschätzungen deuteten jedoch auf einen Trend zugunsten von Delgocitinib hin. «Die wichtigste Botschaft, die man damit erhalten kann, ist, dass es bei der Behandlung von Patienten mit atopischem Handekzem bis Woche 16 keine statistischen Unterschiede zwischen der zweimal täglichen topischen Anwendung von Delgocitinib und der subkutanen Injektion von Dupilumab gab», so das Fazit von Prof. Armstrong aus diesem indirekten Vergleich.6 Insofern könne der Arzt z.B. nach der vom Patienten bevorzugten Applikationsweise (Spritze oder Lokaltherapie) entscheiden.
Literatur:
1 Schuttelaar L: Phenotype-directed treatment of hand eczema. EADV 2024; Abstr. #D2T05.2D 2 Napolitano M et al.: Alitretinoin for the treatment of severe chronic eczema of the hands. Expert Opin Pharmacother 2022; 23(2): 159-67 3 Simpson EL et al.: Efficacy and Safety of Upadacitinib in Patients With Moderate to Severe Atopic Dermatitis: Analysis of Follow-up Data From the Measure Up 1 and Measure Up 2 Randomized Clinical Trials. JAMA Dermatol 2022; 158(4): 404-13 4 Bissonnette R et al.: Efficacy and safety of delgocitinib cream in adults with moderate to severe chronic hand eczema (DELTA 1 and DELTA 2): results from multicentre, randomised, controlled, double-blind, phase 3 trials. Lancet 2024; 404(10451): 461-73 5 Giménez-Arnau A: DELTA FORCE trial: a 24-week head-to-head phase 3 trial comparing the efficacy and safety of topical delgocitinib cream with oral alitretinoin capsules in adults with severe chronic hand eczema. EADV 2024; Abstr. #D1T01.F 6 Armstrong AW: Matching-adjusted indirect comparison of the efficacy of delgocitinib and dupilumab in the treatment of moderate to severe atopic hand eczema. EADV 2024; Abstr. #D3T01.4B 7 Simpson EL et al.: Dupilumab treatment improves signs, symptoms, quality of life, and work productivity in patients with atopic hand and foot dermatitis: results from a phase 3, randomized, double-blind, placebo-controlled trial. J Am Acad Dermatol 2024; 90(6): 1190-9
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