
Ein Gelenk ist geschwollen – was nun?
Kristallarthropathien sind die häufigste Ursache für Monarthritis. Eine septische Arthritis muss dennoch zügig ausgeschlossen werden, weil sie innerhalb kürzester Zeit dramatische Folgen haben kann, wenn sie unbehandelt bleibt.
Keypoints
Bei jeder akuten Monarthritis muss eine septische Arthritis ausgeschlossen werden. Verzögerte Behandlung kann zu rascher und bleibender Gelenkszerstörung führen.
Gicht und septische Arthritis sind häufig weder klinisch noch laborchemisch unterscheidbar.
Synovialflüssigkeit sollte immer gewonnen werden. Proben sollten rasch an ein Speziallabor versandt werden.
Bei Verdacht auf infizierte Gelenksprothese immer den Orthopäden beiziehen.
Wenn ein Patient mit einem geschwollenen Gelenk vorstellig wird, gilt es zunächst herauszufinden, ob die Beschwerden vom Gelenk selbst herrühren oder von gelenknahen Strukturen, erklärt Prof. Dr. Hans-PeterBrezinschek, Klinische Abteilung für Rheumatologie und Immunologie, Medizinische Universität Graz. „Der nächste wichtige Schritt ist der Ausschluss einer Gelenksinfektion.“
Anamnese
Das Anamnesegespräch liefert erste wichtige Hinweise auf eine mögliche Ursache der Gelenksschwellung. Traumen, frühere Gelenkserkrankungen und vorangegangene Infektionen sollten zuerst erfragt werden. „Gab es zum Beispiel schon in der Vergangenheit selbstlimitierende Arthritiden nach Alkoholgenuss oder Diuretikabehandlung, dann würde das für eine Arthritis urica sprechen“, so Brezinschek.
Weil Patienten Allgemeinsymptome meist nicht in Zusammenhang mit der aktuellen Gelenksschwellung bringen, sollte der Arzt aktiv nach Infektionszeichen (Kopfschmerzen, Hautausschlag etc.) fragen. Urogenitale oder gastrointestinale Infektionen sowie Atemwegsinfektionen können eine reaktive Arthritis nach sich ziehen. Eine Pseudogicht tritt häufig während einer akuten Lungenentzündung auf.
Weitere anamnestische Fragen betreffen Risikofaktoren wie Zeckenbisse, kürzliche Fernreisen, besondere Arbeitsplatzverhältnisse, Alkohol- und Drogenkonsum, Diäten und Sexualverhalten (Gonokokkenarthritis). „Obwohl Psoriasisarthritis selten nur als Monarthritis symptomatisch wird, sollte man im Anamnesegespräch auch nach Schuppenflechte in der Familie fragen“, sagt Brezinschek.
Physikalischer Status
Die klinische Untersuchung der Monarthritis erfasst Druckschmerz, Schwellung, Überwärmung (überprüfen mit kontralateraler Seite), Rötung und Beweglichkeit des Gelenks. „Das Bewegungsausmaß spielt insbesondere beim Hüftgelenk eine Rolle“, betont Brezinschek. Denn hier sind Ergüsse nicht tastbar. Nur Bewegungseinschränkungen oder bewegungsinduzierte Schmerzen können auf eine Coxitis hinweisen. „Bei in 90° abgewinkeltem Kniegelenk wird das Hüftgelenk vorsichtig nach innen rotiert“, erklärt Brezinschek die Untersuchung. „Eine schmerzhafte Innenrotation im Hüftgelenk ist immer ein Hinweis auf eine Coxitis.“
Die Suche nach dem Verursacher
Die Liste der möglichen Ursachen für Monarthritiden ist lang:
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Trauma
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Infektion
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nicht infektiöse Entzündungen: Kristallarthropathie (Gicht, Pseudogicht), reaktive Arthritis, Arthritis psoriatica, enteropathische Spondyloarthritis, akute Sarkoidose, rheumatoide Arthritis
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Hämarthros: Verletzung, Koagulopathie
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degenerativ: aktivierte Arthrose.
Eine Studie, welche die Enddiagnosen nach akuter Monarthritis untersuchte, kam zum Ergebnis, dass die häufigste Ursache eine Kristallarthropathie war, gefolgt von septischer Arthritis und Osteoarthrose.1 „Diese Ursachen sind bei einem geschwollenen Gelenk vorrangig in Betracht zu ziehen“, so Brezinschek. „Aber man sollte nicht vergessen, dass sich auch rheumatoide Arthritis und Spondyloarthritis mitunter als Monarthritis äußern.“
Bei jeder Monarthritis ist die septische Arthritis diejenige Verdachtsdiagnose, die schnellstens abgeklärt werden sollte, denn eine verzögerte Behandlung kann rasch zu irreparablen Gelenksschäden, zur Streuung der Infektion, ja sogar zur Invalidität führen, wie Brezinschek betont. Die Mortalität liegt bei 11–15%. Auch wenn Vorgeschichte und Symptome etwa für einen Gichtanfall sprechen, muss dennoch eine septische Arthritis ausgeschlossen werden: „Solange nicht das Gegenteil bewiesen ist, muss bei einer Monarthritis immer eine septische Arthritis angenommen werden.“ Die Empfehlung lautet daher: Synovialflüssigkeit abpunktieren und analysieren. „Aber weder das Fehlen von Organismen in der Gramfärbung noch eine negative Kultur schließen prinzipiell eine septische Arthritis aus“, warnt Brezinschek. „Die Proben müssen daher rasch an ein Speziallabor versandt werden.“
Im Zuge der Untersuchung der Synovialflüssigkeit sollte auch immer eine Polarisationsmikroskopie durchgeführt werden, in der Kristalle darstellbar werden. Auch Ultraschall und Labor (Blutbild, Leberfermente, Nierenwerte, Harnsäure, BSG, CRP) gehören laut Brezinschek zu den grundlegenden Untersuchungen bei geschwollenen Gelenken. – Achtung: „Normale Harnsäurewerte schließen eine Gichtattacke nicht aus.“ Ergänzende Untersuchungen sind Röntgen (bei Verdacht auf Trauma oder Pseudogicht), MRT (bei Verdacht auf Osteomyelitis) und Synovialbiopsie (bei Verdacht auf Tumor oder Tbc).
Vorgehen bei septischer Arthritis
Erste Maßnahmen bei einem Gelenksinfekt sind Analgesie, Kühlung des Gelenks, Ruhigstellung und Hochlagerung. Eine empirische Antibiotikatherapie soll sofort eingeleitet werden. „Die derzeitige Empfehlung dafür sind Cephalosporine der zweiten Generation und Vancomycin“, erläutert Brezinschek. Je nach Lokalisation und individuellem Thromboserisiko kann eine Thromboseprophylaxe gegeben werden. Die weitere Versorgung obliegt dann den Fachärzten für Orthopädie.
Bericht:
Mag. Christine Lindengrün
Quelle:
Webinarreihe „18. Wachauer Rheumatag“
Literatur:
1 Ma L et al.: Acute monoarthritis: What is the cause of my patientʼs painful swollen joint?CMAJ 2009; 180(1): 59-65