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Die Labral-Bridge-Technik – ein Update: Erfahrungen und Weiterentwicklung

<p class="article-intro">Die Labral-Bridge-Technik ist eine arthroskopische, anatomische knotenlose Technik zur Rekonstruktion des Kapsel-Labrum-Komplexes nach vorderer Schulterluxation, die seit mittlerweile 4 Jahren klinisch eingesetzt wird. Im Laufe dieser Zeit wurde die Technik technisch weiterentwickelt und ihre Anwendung auch auf dorsale Labrumläsionen ausgedehnt.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Als Therapie der Wahl bei rezidivierender vorderer Schulterinstabilit&auml;t ohne signifikanten Knochenverlust am vorderen unteren Glenoidrand wird nach wie vor eine arthroskopische Rekonstruktion des Kapsel-Labrum-Komplexes angesehen.<sup>1</sup> Um jedoch die richtige Indikation zu stellen, ist es Voraussetzung, zu wissen, wann denn ein Knochenverlust am vorderen unteren Glenoidrand &uuml;berhaupt als signifikant zu betrachten ist. Genau hier kann uns die aktuelle Literatur jedoch noch keinen sicheren Wert nennen, vermutlich auch deshalb nicht, weil es weniger einen Absolutwert, sondern viel eher einen kritischen Bereich des Knochenverlustes abh&auml;ngig von weiteren individuellen Patientenfaktoren geben d&uuml;rfte. Lange Zeit galt ein Knochenverlust von 20&ndash;25 % des Glenoiddurchmessers auf &bdquo;Bare spot&ldquo;-Niveau als kritische Gr&ouml;&szlig;e,<sup>2</sup> doch neue Arbeiten zeigen bereits ab deutlich geringeren Werten des Knochenverlustes (13,5 % ) eine signifikante Verschlechterung in den klinischen Instabilit&auml;ts-Scores der Patienten.<sup>3</sup> Die &bdquo;kritische Zone&ldquo; d&uuml;rfte somit, rechnet man Ungenauigkeiten der Messtechniken noch mit ein, am ehesten zwischen 10 % und 20 % liegen.<br /> Ein teilweises &Uuml;berziehen der Indikationen, im Sinne der Versorgung von Patienten mit bereits in der kritischen Zone liegendem Knochenverlust mit einer reinen Weichteiltechnik, k&ouml;nnte einer der Gr&uuml;nde daf&uuml;r sein, weshalb die arthroskopischen Techniken im Gegensatz zu offenen Kapsel-Limbus-Plastiken je nach Studie noch immer langfristige Rezidivinstabilit&auml;tsraten von 10&ndash;35 % zeigen.<sup>4, 5</sup> Im Wissen um die nicht restlos zufriedenstellenden Langzeitergebnisse nach klassischen arthroskopischen Kapsel-Limbus- Plastiken ist in den letzten Jahren eine Reihe von modifizierten und verfeinerten arthroskopischen Techniken pr&auml;sentiert worden.<sup>1</sup><br /> Eine dieser neuen arthroskopischen Weichteiltechniken ist die Labral-Bridge- Methode, welche bereits in JATROS Orthop&auml;die &amp; Traumatologie Rheumatologie 2016 (Ausgabe 5, Seite 43ff) vorgestellt wurde. Bei dieser knotenlosen Technik wird in Anlehnung an die klassische offene Technik des Bankart-Repairs das Kapsel-Labrum- Gewebe mit einem flachen 1,5mm- Kunststofftape matratzennahtartig auch zwischen den einzelnen Ankern medial am Glenoidrand fixiert (Abb. 1).<sup>6</sup> Im Folgenden sollen nun ein kurzes Update und Erfahrungen sowie weitere &Uuml;berlegungen zu dieser Technik vorgestellt werden.</p> <h2>Aktuelle Weiterentwicklung der Technik</h2> <p>Mittlerweile wird die Technik von mir seit etwa 4 Jahren durchgef&uuml;hrt, sie wurde im Lauf dieser Zeit stetig weiterentwickelt und hoffentlich dadurch verbessert. Die Grund&uuml;berlegung zur Technik war es, eine Rekonstruktion des Kapsel-Labrum- Komplexes durchzuf&uuml;hren, welche die urspr&uuml;ngliche Anatomie so exakt wie m&ouml;glich wiederherstellt, die biologischen Grundprinzipien der Gewebeheilung ber&uuml;cksichtigt, auf die wesentlichen Faktoren der Weichteilstabilit&auml;t nach derzeitigem Wissensstand eingeht und m&ouml;glichst wenig Kontakt von Fremdmaterial mit den agierenden Gelenkspartnern zul&auml;sst. Da die Reduktion des Kapselvolumens einen entscheidenden Teil einer erfolgreichen Limbusplastik darstellt, wurde in der urspr&uuml;nglichen Beschreibung der Technik der erste Gewebestich bei etwa 5 Uhr noch mit einem Extra-FiberWire<sup>&reg;</sup>-Faden (Arthrex Inc.) als normaler Schlaufenstich durchgef&uuml;hrt. Dies sollte den S&uuml;d-Nord- Gewebetransfer sicher gew&auml;hrleisten und es wurde zus&auml;tzlich ein LabralTape<sup>&reg;</sup> (Arthrex Inc.) mitbefestigt, mit dem dann die weiteren Matratzenstiche zwischen den Ankern durchgef&uuml;hrt wurden. Dieser FiberWire<sup>&reg;</sup>-Faden wurde sehr rasch weggelassen, der erste Schlaufenstich nur mit dem LabralTape<sup>&reg;</sup> durchgef&uuml;hrt und an der 5-Uhr-Position im ersten Anker befestigt.<br /> Ein FiberLink&reg;-Faden (d. i. ein spezieller FiberWire<sup>&reg;</sup>-Faden, der an einem Ende in einer Schlaufe endet, Arthrex Inc.) wurde gleichzeitig in diesem Gewebestich geparkt und nach K&uuml;rzen eines der beiden LabralTape<sup>&reg;</sup>-Schenkels direkt am ersten Anker dazu verwendet, den verbleibenden LabralTape<sup>&reg;</sup>-Schenkel mithilfe der Schlaufe wieder nach medial zu shutteln. So konnten dann die Matratzenstiche zwischen den weiteren Ankern jeweils von medial her durchgef&uuml;hrt werden.<br /> St&ouml;rend erschien nun lediglich die Tatsache, dass somit bei der 5-Uhr-Position immer noch Fremdmaterial, n&auml;mlich der Schlaufenstich mit LabralTape<sup>&reg;</sup>, &uuml;ber den neu kreierten Labrumwulst lief und so potenziell mit Knorpel des Oberarmkopfes in Kontakt kommen konnte, was wiederum reibungsbedingte Knorpelsch&auml;den verursachen h&auml;tte k&ouml;nnen. Bald wurde daher der erste Schlaufenstich bei der 5-Uhr-Position durch einen Mini-Matratzennahtstich mit dem LabralTape<sup>&reg;</sup> ersetzt (Abb. 2). Mit diesem Mini-Matratzennahtstich l&auml;sst sich nun ein ausgezeichneter S&uuml;d-Nord-Gewebeshift durchf&uuml;hren und gleichzeitig wird dadurch verhindert, dass Fadenmaterial &uuml;ber den neuen Kapsel-Labrum-Wulst l&auml;uft, was wiederum den Saugnapfeffekt optimieren sollte und eine Knorpelabrasion eigentlich vollst&auml;ndig vermeidet (Abb. 3).<br /> Der Einsatz der Technik wurde weiters auch auf dorsale Labruml&auml;sionen und Kim-L&auml;sionen ausgeweitet und es lassen sich hier, zumindest soweit arthroskopisch beurteilbar, sehr gut dorsale Rekonstruktionen erzielen. Auch hierbei verl&auml;uft wie bei den vorderen Rekonstruktionen kein Fadenmaterial &uuml;ber den frisch rekonstruierten Labrumwulst. Liegt gleichzeitig eine refixationsw&uuml;rdige SLAP-L&auml;sion vor, so kann vom obersten dorsalen Anker in diesen F&auml;llen mit einer weiteren Matratzennaht der Bizepssehnenanker mitstabilisiert werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1806_Weblinks_jatros_ortho_1806_s22_abb1-3.jpg" alt="" width="2149" height="985" /></p> <h2>Laufende Studien</h2> <p>Aufgrund folgender &Uuml;berlegungen wurde des Weiteren eine anatomische Studie initiiert, die derzeit in Durchf&uuml;hrung ist: Neben einer Reduktion des Kapselvolumens scheint vor allem das Einheilen des neu kreierten Kapsel-Labrum-Wulstes mit ausreichender Labrumh&ouml;he ein entscheidender Faktor f&uuml;r den klinischen Erfolg einer Limbusplastik zu sein. Durch das Labrum wird prinzipiell die Pfanne vertieft und vergr&ouml;&szlig;ert, was den Konkavit&auml;ts- Kompressions-Effekt verbessert und den Kopf zentriert.<sup>7</sup> Eine Reduktion der Labrumh&ouml;he um 80 % f&uuml;hrt zumindest im Labor zu einer deutlichen Abnahme der Gelenkstabilit&auml;t um bis zu 60 % .<sup>8</sup> Will man weiters eine m&ouml;glichst suffiziente Gewebeeinheilung des neuen Labrumwulstes erreichen, so sollte der anatomische Labrum- Footprint durch die Rekonstruktion auch so gut wie m&ouml;glich wieder abgedeckt werden. Deshalb wird derzeit in zuvor genannter Studie an anatomischen Pr&auml;paraten untersucht, wie hoch sich der Kapsel- Labrum-Wulst rekonstruieren und der native Labrum-Footprint mit der Labral- Bridge-Technik im Vergleich zu einer geknoteten Standardtechnik wieder bedecken l&auml;sst. Soweit die ersten Ergebnisse eine Interpretation zulassen, d&uuml;rfte mit der Labral-Bridge-Technik sowohl ein deutlich h&ouml;herer Labrumwulst m&ouml;glich sein als auch der native Labrum-Footprint deutlich weitfl&auml;chiger wieder bedeckt werden k&ouml;nnen.<br /> In wenigen Wochen beginnen nun auch die Nachuntersuchungen zu den klinischen Ergebnissen der Labral-Bridge-Technik nach mindestens 2 Jahren. Hierbei soll zus&auml;tzlich das noch vorhandene Labrumvolumen bildgebungstechnisch mitbestimmt werden. Es bleibt abzuwarten, ob sich der h&ouml;here technische Aufwand bei der Limbusrekonstruktion in Zukunft auch in den klinischen Ergebnissen widerspiegelt, auch wenn hierf&uuml;r die 2-Jahres-Auswertungen wohl noch zu kurzfristig sind.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Durch die technische Weiterentwicklung der Technik wurden potenzielle Knorpelsch&auml;den durch Fadenmaterial weiter minimiert, da durch Anwendung eines Mini-Matratzennahtstichs an der 5-Uhr- Position kein Fremdmaterial mehr &uuml;ber den neu gebildeten Kapsel-Labrum-Wulst l&auml;uft. Durch die Ausdehnung der Anwendung dieser Technik auf dorsale Labruml&auml;sionen hat sich das Einsatzgebiet erweitert. Erste Ergebnisse einer Kadaverstudie, welche die Labrumh&ouml;he und Bedeckung des nativen Labrum-Footprints nach Rekonstruktion untersucht, sind vielversprechend.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Castagna A et al.: Arthroscopic Bankart repair: Have we finally reached a gold standard? Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2016; 24(2): 398-405 <strong>2</strong> Burkhart SS, De Beer JF: Traumatic glenohumeral bone defects and their relationship to failure of arthroscopic Bankart repairs: significance of the inverted-pear glenoid and the humeral engaging Hill- Sachs lesion. Arthroscopy 2000; 16(7): 677- 94 <strong>3</strong> Shaha JS et al: Redefining &bdquo;critical&ldquo; bone loss in shoulder instability: functional outcomes worsen with &bdquo;subcritical&ldquo; bone loss. Am J Sports Med 2015; 43(7): 1719-25 <strong>4</strong> Porcellini G et al.: Predisposing factors for recurrent shoulder dislocation after arthroscopic treatment. J Bone Joint Surg Am 2009; 91(11): 2537-42 <strong>5</strong> van der Linde JA et al.: Long-term results after arthroscopic shoulder stabilization using suture anchors: an 8- to 10-year follow- up. Am J Sports Med 2011; 39(11): 2396-403 <strong>6</strong> Ostermann RC et al.: The &bdquo;labral bridge&ldquo;: a novel technique for arthroscopic anatomic knotless Bankart repair. Arthrosc Tech 2015; 4(2): e91-5 <strong>7</strong> Fehringer EV et al.: The anteroinferior labrum helps center the humeral head on the glenoid. J Shoulder Elbow Surg 2003; 12(1): 53-8 <strong>8</strong> Lazarus MD et al.: Effect of a chondral-labral defect on glenoid concavity and glenohumeral stability. A cadaveric model. J Bone Joint Surg Am 1996; 78: 94-102</p> </div> </p>
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