
Ösophaguskarzinom: Interdisziplinarität, Multimodalität, Zentralisierung
Bericht:
Reno Barth
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Speiseröhrenkrebs, und dabei insbesondere das Adenokarzinom, tritt derzeit mit beständig steigender Inzidenz auf. Glücklicherweise ist es in den letzten Jahren gelungen, durch verbesserte Strategien in Chirurgie und Onkologie Verbesserungen der Prognose zu erreichen, berichtete Univ.-Prof. Dr. Sebastian Schoppmann, der neue Professor für Onkologische Chirurgie an der Medizinischen Universität Wien.
Mit Univ.-Prof. Dr. Sebastian Schoppmann übernimmt ein Experte für minimalinvasive Techniken in der Viszeralchirurgie die Professur für Onkologische Chirurgie an der Medizinischen Universität Wien (MUW). Er ist habilitierter Allgemein- und Viszeralchirurg und leitet die Arbeitsgruppe für Magen- und Speiseröhrenchirurgie an der Klinischen Abteilung für Viszeralchirurgie der Universitätsklinik für Allgemeinchirurgie der MUW und des AKH Wien sowie die Gastroesophageal Tumor Unit (CCC-GET) amComprehensive Cancer Center (CCC) Vienna.
Der Bedarf an Expert:innen für gastroösophageale Tumoren wird jedenfalls steigen.Denn Speiseröhrenkrebs ist stark im Zunehmen, so Schoppmann. Getrieben wird diese Entwicklung durch die steigende Inzidenz des gastroösophagealen Adenokarzinoms, während das Plattenepithelkarzinom des Ösophagus in seiner Häufigkeit abnimmt. Männer sind stärker betroffen als Frauen und in naher Zukunft dürfte jeder hundertste Mann irgendwann im Lauf seines Lebens an einem Ösophaguskarzinom erkranken.1
Reflux und Mikrobiom als wichtige Risikofaktoren
Verantwortlich für diese Entwicklung werden einerseits Lebensstilfaktoren, andererseits aber auch die demografische Entwicklung gemacht. Allein zwischen 2012 und 2019 hat sich die Inzidenz des Adenokarzinoms des Ösophagus in der Altersgruppe zwischen 45 und 65 verdoppelt. „Das ist, auch im Vergleich zu anderen Formen von Krebs, eine dramatische Entwicklung“, betonte Schoppmann.
Das Adenokarzinom entsteht typischerweise am Übergang von der Speiseröhre in den Magen. Risikofaktoren sind Rauchen, Alkoholabusus, Diabetes und Übergewicht. Darüber hinaus spielt jedoch das Mikrobiom eine wichtige Rolle. Wie auch im Darm erhöht der Verlust der biologischen Diversität im Ösophagus das Krebsrisiko. Der wichtigste Risikofaktor für den Speiseröhrenkrebs ist jedoch gastroösophagealer Reflux, erläuterte Schoppmann. Dieser erhöht einerseits über Zytokinexpression das Krebsrisiko, führt andererseits aber auch durch direkten Einfluss auf die Zellstruktur zu einer Barrett-Schleimhaut, die eine Präkanzerose darstellt. Viele Fragen bleiben jedoch offen, so Schoppmann. So leiden rund 20% der Bevölkerung unter gastroösophagealem Reflux, aber nur relativ wenige Betroffene entwickeln auf dieser Basis ein Karzinom. Möglichkeiten zur individualisierten Risikoabschätzung werden dringend gesucht. Ein solcher Faktor ist die Symptomlast: Das Krebsrisiko ist bei täglichem Reflux deutlich höher als bei gelegentlichem.2
Bessere Prognose durch Besprechung im Tumorboard
Eine Verbesserung der Prognose von Speiseröhrenkrebs konnte erst in den letzten Jahren erreicht werden, so Schoppmann. Dies wurde unter anderem durch interdisziplinäres Management der Erkrankung erreicht.Tumorboards sind heute selbstverständlich.Studiendaten zeigen, dass die interdisziplinäre Besprechung in 60% der Fälle zu Veränderungen in der Diagnostik und in 40% zu geänderten Therapien führt.3 Und damitzu verlängertem Überleben, so Schoppmann. Ein weiterer Faktor, der entscheidend zur Prognoseverbesserung beiträgt, ist Multimodalität, also das Zusammenspiel von Chirurgie, medizinischer Onkologie, Radiologie, Strahlentherapie usw.4 Ebenso trägt Zentralisierung zum Therapieerfolg bei, da in Zentren mit hohen Fallzahlen Operationen mit geringeren Komplikationen und besseren onkologischen Erfolgen durchgeführt werden können. Dies betrifft nicht nur den Eingriff selbst, sondern auch das perioperative Management.5
Schoppmann betonte auch, dass in der Chirurgie heute individualisierte Vorgehensweisen gewählt werden, um in Abhängigkeitvon den Besonderheiten des Tumors optimale Ergebnisse zu erreichen. Die Möglichkeitender minimalinvasiven Chirurgie, auch unter Verwendung von OP-Robotern, haben zu einer markanten Reduktion des Operationsrisikos und damit zu einer Verlängerung desGesamtüberlebens beigetragen. Aktuell wird bei Patient:innen, bei denen ein kurativer Behandlungsansatz möglich ist, ein Langzeitüberleben von rund 50% erreicht.
Schoppmann: „Das kann natürlich nicht das sein, wo wir hinwollen.“ Verbesserungen der Situation erwartet sich der Experte unter anderem vom vermehrten Einsatz von Robotern in der Chirurgie, die mithilfe von künstlicher Intelligenz aus den weltweiten Erfahrungen in diesem Fach lernen können. Durch die verbesserten onkologischen Therapien, beispielsweise Immuntherapien, soll es möglich werden, auch Patient:innen einer kurativen Therapie zuzuführen, bei denen dies derzeit noch nicht möglich ist.
Quelle:
Antrittsvorlesung von Univ.-Prof. Dr. Sebastian Schoppmann am 28. Februar 2025
Literatur:
1 Hang TP et al.: Clin Endosc 2022; 55(3): 372-380 2 Hvid-Jensen F et al.: N Engl J Med 2011; 365(15): 1375-83 3 Schmidt HM et al.: Ann Thorac Surg 2015; 99(5): 1719-24 4 Walsh TN et al.: N Engl J Med 1996; 335(7): 462-7 5 Metzger R et al.: Dis Esophagus 2004; 17(4): 310-4
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