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Lymphome
Jatros
Autor:
OA Dr. David Fuchs
Klinik für Interne 3 – Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie<br> Kepler Universitätsklinikum GmbH<br> Med Campus III, Linz<br> E-Mail: david.fuchs@kepleruniklinikum.at
30
Min. Lesezeit
21.09.2017
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<p class="article-intro">Highlights am EHA-Kongress 2017 waren die Ergebnisse der HD18-Studie zu Morbus Hodgkin und die CAR-T-Zell-Therapie zu DLBCL. Aber auch zu anderen Entitäten wurden interessante Daten präsentiert.</p>
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<p class="article-content"><h2>Aggressive Lymphome</h2> <p>In der POLA-R-CHOP-Studie wurde ein neues Antikörper-Drug-Konjugat bei diffusem großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) untersucht (Abstract S106). Polatuzumab Vedotin (Pola) ist ein Antikörper-Drug-Konjugat mit der Zielstruktur CD79b, die auf DLBCL überexprimiert ist. In die Phase-Ib/II-Studie wurden insgesamt 45 Patienten mit neu diagnostiziertem DLBCL eingeschlossen und mit sechs bis acht Kursen R-CHP-21 und Pola (1,8mg/kg) behandelt. Großteils hatten die Patienten eine schlechte Prognose (aufgrund von Alter, IPI). Die Ansprechrate („overall response rate“, ORR) betrug 91 % , mit 78 % kompletten und 13 % partiellen Remissionen. Nach einem kurzen medianen Follow-up von 9,5 Monaten gab es lediglich ein Rezidiv. Das Toxizitätsprofil entsprach den bekannten Nebenwirkungen einer CHOP-basierten Therapie, mit 58 % Grad-3/4-Nebenwirkungen, 11 % febrilen Neutropenien und Therapieabbrüchen bei 5 von 45 Patienten. Einzig die periphere Neuropathie war relativ häufig, sie trat bei 40 % der Patienten auf, allerdings nur selten als Grad-2/3-Neuropathie. Insgesamt handelt es sich um eine interessante Substanz, deren weiteren Weg man verfolgen sollte.</p> <h2>Fortgeschrittenes DLBCL</h2> <p>Zum fortgeschrittenen DLBCL wurde die SADAL-Studie vorgestellt, eine Phase-IIb-Studie mit dem XPO1-Inhibitor Selinexor (Abstract S469). 72 Patienten wurden eingeschlossen, sie hatten im Median bereits drei Vortherapien erhalten. Die Ansprechrate lag bei 28,5 % , etwa ein Drittel davon (11,1 % ) waren komplette Remissionen. Es gab keine Unterschiede in der Wirkung hinsichtlich des Subtyps der Erkrankung (GCB vs. non-GCB) oder der Dosis von Selinexor (60 vs. 100mg). Die Toxizität entsprach den Erwartungen: Die häufigsten Nebenwirkungen waren Fatigue, Übelkeit und Erbrechen sowie Kachexie, außerdem traten häufig hämatologische Grad-3/4-Zytopenien auf.<br />Eine sehr interessante Studie – auch unter österreichischer Beteiligung – wurde als Late Breaking Abstract präsentiert. Es war dies eine Interimsanalyse einer Phase-II-Studie mit einer CAR-T-Zell-Therapie bei refraktärem oder relabiertem DLBCL (Abstract LB2604). Eingeschlossen waren 141 Patienten, die im Median drei Vortherapien erhalten hatten und nicht für eine (neuerliche) autologe Stammzelltransplantation infrage kamen. 51 % der Patienten waren bereits in einer früheren Therapielinie transplantiert worden. Alle Patienten erhielten die Therapie mit autologen T-Zellen, die mit einem Anti-CD-19-CAR ausgestattet worden waren, und davor eine T-Zell-depletierende Therapie mit Fludarabin/Cyclophosphamid oder Bendamustin.<br />Primärer Endpunkt war die Ansprechrate („overall reponse rate“, ORR), und diese war mit 59 % sehr hoch. Insbesondere konnten auch 49 % komplette Remissionen erzielt werden, von denen ein großer Teil (37 % ) auch nach drei Monaten noch anhielt. Alle Patienten, die nach drei Monaten eine stabile komplette Remission hatten, waren auch am Ende der Studie noch in Remission. Die Toxizität bestand in erster Linie in einem Zytokin-Release-Syndrom, das bei 57 % der Patienten auftrat, außerdem in Zytopenien und fieberhaften Infekten. Therapieassoziierte Todesfälle wurden nicht beobachtet.</p> <h2>Morbus Hodgkin</h2> <p>Ein wesentliches Highlight, ebenfalls unter österreichischer Beteiligung, war die Präsentation der Ergebnisse der HD18-Studie der deutschen Hodgkin-Studiengruppe GHSG, die eine PET-gesteuerte Therapiereduktion bei fortgeschrittenem Morbus Hodgkin untersuchte (Abstract S150). In die Studie wurden erwachsene Patienten mit fortgeschrittenem Morbus Hodgkin (Stadium III und IV) einge­schlossen. Alle Patienten wurden mit BEACOPPesc behandelt und unterzogen sich nach zwei Kursen einem Restaging mittels PET-CT. Im Standardarm erhielten alle Patienten weiter sechs Kurse (vier ab 2011), während PET-negative Patienten im experimentellen Arm lediglich mit zwei weiteren Kursen behandelt wurden. Nach Abschluss der Chemotherapie vorhandene PET-positive Residuen wurden bestrahlt. In die Studie wurden insgesamt 2101 Patienten eingeschlossen, wobei 1005 von ihnen bei negativem PET randomisiert wurden. Im primären Endpunkt, dem progressionsfreien Überleben (PFS), zeigte sich kein Unterschied zwischen den beiden Studienarmen (90,8 % im Standardarm und 92,2 % im experimentellen Arm). Mit einem Gesamtüberleben von über 95 % zeigte sich eine erfreulich gute Effektivität der Therapie in beiden Armen, allerdings war der experimentelle Studienarm im Gesamtüberleben signifikant im Vorteil (97,7 % vs. 95,5 % ; p=0,004), was vor allem auf die geringere Rate an Todesfällen durch Sekundärmalignome (11 bzw. ein Patient) zurückzuführen war. Insgesamt wurde dieses Vorgehen am EHA-Kongress einhellig als neuer Therapiestandard bei fortgeschrittenen Stadien des Morbus Hodgkin in der Primärtherapie gesehen.<br />Weiters wurden längerfristige Follow-up-Daten aus der CheckMate-205-Studie mit Nivolumab bei relabiertem/refraktärem Morbus Hodgkin gezeigt (Abstract S412). Es handelte sich um eine einarmige Studie an 243 Patienten mit Morbus Hodgkin, die nach autologer Stammzelltransplantation ein Rezidiv erlitten hatten. Der Großteil der Patienten (n=180) hatte bereits vor oder nach der Transplantation Brentuximab Vedotin erhalten. Die Ergebnisse waren schon 2016 präsentiert worden und wurden am EHA-Kongress mit einem Langzeit-Follow-up von 16 bis 23 Monaten aufgefrischt. Das Nebenwirkungsprofil entsprach grundsätzlich den von Nivolumab bekannten Toxizitäten. Die Ansprechraten wurden bereits publiziert (Younes et al., Lancet Oncol 2016). Es konnten Raten zwischen 12–13 % (mit Vortherapie mit Brentuximab) und 29 % (ohne Vortherapie) erreicht werden. Das nun präsentierte progressionsfreie Überleben betrug in Kohorte A (keine Vortherapie) 18,3 Monate und in den Kohorten B und C (mit Vortherapie nach bzw. vor Transplantation) 14,7 bzw. 11,9 Monate. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass Nivolumab in diesem recht schwierigen Therapiesetting in der Lage ist, anhaltende komplette Remissionen zu bewirken.</p> <h2>Indolente Lymphome</h2> <p>Zwei interessante Substanzen wurden für das fortgeschrittene follikuläre Lymphom vorgestellt: Die DYNAMO-Studie (Abstract S777) untersuchte den PI3K-delta-Inhibitor Duvelisib bei 129 Patienten mit follikulärem Lymphom in fortgeschrittenen Therapielinien (drei Vortherapien im Median). Der Großteil der Patienten befand sich im Stadium III oder IV (46 % bzw. 39 % ). Die Ansprechrate lag bei 41 % , zusätzlich war bei 36 % der Patienten eine stabile Erkrankung festzustellen. Komplette Remissionen waren allerdings nicht zu verzeichnen. Das progressionsfreie Überleben betrug 9,2 und das Gesamtüberleben 11,1 Monate. Die Nebenwirkungen waren zumeist vom Grad 1–2, allerdings gab es 17 % toxizitätsbedingte Therapieabbrüche. Bedrohliche Nebenwirkungen waren trotzdem sehr selten, insbesondere wurden eine Pneumozystis- und drei CMV-Infektionen verzeichnet. Es handelt sich um eine weitere nicht uninteressante Therapieoption für das fortgeschrittene Stadium.<br />Copanlisib ist eine weitere Substanz aus der Klasse der PI3K-Inhibitoren, die in einer ähnlichen Population getestet worden ist. In der CHRONOS-1-Studie wurden 141 Patienten behandelt, die ebenfalls im Median drei Vortherapien gegen das follikuläre Lymphom erhalten hatten (Abstract S776). Ein Ansprechen wurde bei 58,7 % erreicht, eine Stabilisierung bei 33,7 % . Im Unterschied zur DYNAMO-Studie konnten allerdings auch komplette Remissionen verzeichnet werden (14,4 % , n=15). Die Toxizität inkludierte Diarrhö (5 % Grad 3), Zytopenien, Fatigue und Fieber, insbesondere aber auch Hyperglykämien (50 % der Patienten). Die Dauer des Ansprechens war mit etwa einem Jahr erfreulich hoch, gerade in dieser schwer zu behandelnden Gruppe. <br />Zuletzt wurde noch eine Neuauswertung der GALLIUM-Studie, über die bereits berichtet wurde, präsentiert (Abstract S775). Ursprünglich getestet wurde Rituximab gegen Obinutuzumab in der Erstlinientherapie bei follikulärem Lymphom. Die aktuelle Auswertung bezog sich auf Unterschiede in den verschiedenen Chemotherapie-Backbones (Bendamustin, CVP oder CHOP). Randomisiert wurden 1202 Patienten, die Auswahl des Chemotherapieprotokolls war allerdings nicht randomisiert, sondern erfolgte durch den Behandler. Dementsprechend hatten Patienten unter CHOP weniger Komorbiditäten, aber die Toxizität war erwartbar höher als unter CVP oder Bendamustin. Der signifikant bessere Effekt von Obinutuzumab blieb allerdings über alle Chemotherapie-Backbones erhalten (progressionsfreies 3-Jahres-Überleben unter Bendamustin 84,1 vs. 76,4 % , für CVP 71,3 vs. 64,2 % , für CHOP 80,6 vs. 75,6 % ).</p></p>