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Neue Erkenntnisse zur symptomatischen Behandlung mit BTX bei Dystonie
Jatros
30
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14.12.2017
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<p class="article-intro">Die Therapie mit Botulinumtoxin (BTX) zählt zu den effizientesten Behandlungen zur Linderung der Symptome bei zervikaler Dystonie (CD). Auf dem Kongress der EAN in Amsterdam sind neue Forschungsergebnisse zu diesem Thema präsentiert worden.</p>
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<p class="article-content"><h2>Wirkung von „deep brain stimulation“ (DBS) und BTX auf Schlaf und Schmerzen</h2> <p>Schmerzen und Schlafprobleme von Dystoniepatienten werden, obwohl sie deren Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, oft vernachlässigt, nicht selten bleiben sie unbehandelt. Auf dem EAN ist eine kroatische Studie über die Wirkungen von DBS und BTX auf Schlaf und Schmerzen bei Dystoniepatienten vorgestellt worden.<br /> Die Studie umfasste 90 zufällig ausgewählte Dystoniepatienten (20 mit generalisierter Dystonie, 35 mit zervikaler Dystonie und 35 mit Gesichtsdystonien). 16 von ihnen (15 mit generalisierter Dystonie und ein Patient mit zervikaler Dystonie) wurden mit DBS, die anderen mit BTX behandelt. Die Patienten wurden vor und 6 Monate nach der Therapie untersucht. Zur Auswertung herangezogen wurden Anamnese- und Behandlungsdaten sowie Daten aus dem Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI), der Visual Analogue Scale (VAS), dem McGill-Fragebogen und der Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS).<br /> Nach 6 Monaten war das Schmerzempfinden der Patienten in der mit BTX behandelten Gruppe von 76 % auf 20 % reduziert, bei den Schlafproblemen war keine signifikante Veränderung festzustellen. DBS hingegen führte zu einer signifikanten Abnahme der Häufigkeit von Schlafproblemen (von 90 % auf 10 % der Patienten) und Schmerzepisoden (von 90 % auf 20 % ) (p<0,05; EAN, PR3064).</p> <h2>Unterschiedliche Reaktionen nach initialer und langfristiger BTX-Therapie</h2> <p>Die klinische Wirkung von BTX auf die Dystonie wird durch dynamische Veränderungen auf mehreren Ebenen des sensomotorischen Systems, von der neuromuskulären Kreuzung bis zur Hirnrinde, vermittelt. Während der langfristigen Behandlung mit BTX kommt es oft zu einer Änderung des klinischen Bildes der CD. Dies erfordert in einigen Fällen, dass das Injektionsmuster von den behandelnden Klinikern adaptiert wird. In einer tschechischen Studie wurde nun die Reaktion der sensomotorischen Netzwerke auf die BTX-Therapie bei naiven und wiederholt behandelten CD-Patienten verglichen.<br /> Sechs CD-Patienten wurden mit funktionellem MRI des Gehirns in zwei unterschiedlichen Settings – während der elektrischen Stimulation des Mediannervs am Handgelenk und während eines motorischen Tests der Hände – vor und vier Wochen nach der BTX-Injektion in die dystonischen Nackenmuskeln untersucht. Die ersten Untersuchungen wurden vor und nach der ersten BTX-Injektion durchgeführt. Nach fünf Jahren regelmäßiger effektiver BTX-Behandlung wurden diese Tests bei denselben Patienten wiederholt. Es zeigte sich, dass eine wirksame BTX-Therapie zu einer differenziellen Reaktion auf somatosensorische Stimulation in den kontralateralen Gyrus praecentralis und Gyrus postcentralis geführt hatte. Die erste BTX-Injektion führte zu einem Ansteigen der Aktivierung bei allen Probanden, während die Aktivierung durch die Langzeitbehandlung mit BTX sank.<br /> In Übereinstimmung mit dem generell langfristig guten klinischen Ergebnis einer BTX-Therapie blieben die Leistungen im Test der motorischen Aktivierung während des 5-Jahres-Follow-ups stabil. Jedoch kann die differenzielle Antwort auf die elektrische Stimulation eine allmähliche Änderung der sensomotorischen Integration während der kontinuierlichen BTX-Behandlung widerspiegeln (EAN, PR2066).</p> <h2>Neue App für Training von BTX-Infiltrationen</h2> <p>Wirksamkeit und Toleranz einer BTX-Therapie bei CD sind eng mit der Präzision bei der Infiltration verbunden. Unterstützende Methoden wie Ultraschall, Axialtomografie und MRT werden bereits erfolgreich angewendet; die meisten davon setzen jedoch eine lange, spezialisierte Ausbildung voraus.<br /> Ein spanisches Team hat auf dem EAN eine App vorgestellt, die Ärzten eine visuelle Unterstützung bietet und die Ausbildung erleichtert. Die App basiert auf Videofilmaufnahmen von mindestens 18 Muskeln, die an den häufigsten Ausprägungen von CD beteiligt sind. Ultraschallbilder sowie die Platzierungstechnik für die Infiltrationsnadel wurden für jeden Muskel parallel aufgezeichnet. Die Funktion, die anatomischen Merkmale sowie die Ultraschallbilder und die Injektionstechniken wurden anschließend in einer Multimedia-App zusammengefasst. Diese soll nun den Ärzten, die sich für den Einsatz von Ultraschall als Anleitung bei BTX-Infiltrationen bei CD-Patienten interessieren, das Training erleichtern (EAN, EP3091).</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: 3<sup>rd</sup> Congress of the European Academy of Neurology
(EAN), 24.–27. Juni 2017, Amsterdam
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