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Vernetzung: der Schlüssel zum Disease Management der Herzinsuffizienz
Jatros
30
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16.05.2019
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<p class="article-intro">Die Österreichische Kardiologische Gesellschaft (ÖKG) fordert alle Stakeholder im Gesundheitswesen dazu auf, der Herzinsuffizienz mehr Beachtung zu schenken. Disease-Management-Programme sollten flächendeckend umgesetzt werden, um die hohe Sterblichkeitsrate und die Häufigkeit der Wiederaufnahmen ins Spital bei dieser Erkrankung endlich zu senken.</p>
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<p class="article-content"><p>Die Herzinsuffizienz ist eine ernsthafte und lebensbedrohende Erkrankung, von der bis zu 300 000 Österreicher und Österreicherinnen betroffen sind. „Die Prognose der Herzinsuffizienz ist schlecht, obwohl die Medizin heute gute Möglichkeiten zur Behandlung hat. Besonders Patienten, die keine optimale Therapie erhalten, versterben mit Herzinsuffizienz rascher als mit den verschiedensten Karzinomen. Statistisch gesehen sterben 20 bis 30 Prozent der diagnostizierten Patienten innerhalb eines Jahres. Nach fünf Jahren sind bereits 50 bis 60 Prozent verstorben. Dies liegt viel zu oft daran, dass die Patienten zwar gut akut versorgt werden, aber in ihrem Alltag mit der Krankheit allein gelassen werden“, erklärt die Präsidentin der ÖKG, Prim. Univ.-Prof. Dr. Andrea Podczeck- Schweighofer von der 5. Med. Abteilung des SMZ Süd in Wien.</p> <h2>Für bessere Versorgungsstrukturen nach der Spitalsentlassung</h2> <p>„Herzinsuffizienz ist die häufigste Diagnose bei Spitalsentlassungen bei Patienten über 65 Jahre. Heute werden 50 Prozent der Patienten innerhalb von 6 Monaten nach Entlassung wieder im Spital aufgenommen. Das größte Sterberisiko, die sogenannte vulnerable Phase, ist ebenfalls in den Monaten kurz nach der Spitalsentlassung. Darum ist eine dichtere Überwachung nach Entlassung aus dem Krankenhaus dringend nötig“, erläutert Univ.-Doz. Dr. Martin Hülsmann, der Leiter der Spezialambulanz Herzinsuffizienz am AKH Wien und der Leiter der AG Herzinsuffizienz in der ÖKG. <br />Dr. Gerald Bachinger, der Bundessprecher der Österreichischen PatientenanwältInnen, ergänzt: „In unserem Land werden noch immer Menschen offensichtlich unvorbereitet und ohne Chance auf eine dringend notwendige Nachsorge aus dem Spital entlassen. Es kann nicht sein, dass bei einer weitverbreiteten Krankheit wie der Herzinsuffizienz zwei Drittel der Wiederaufnahmen ins Krankenhaus aufgrund von vermeidbaren Faktoren erfolgen. Noch dazu, wenn wir bereits die Lösung für das Problem kennen und genau wissen, dass ein Disease-Management-Programm notwendig und finanzierbar wäre.“ <br />Die ÖKG fordert einen nationalen Plan für ein strukturiertes Disease-Management- Programm der Herzinsuffizienz. Diese zeitgemäße Form der Betreuung chronisch kranker Menschen hat sich als äußerst effektiv erwiesen. Weltweit und in Österreich gibt es ausreichend wissenschaftlich untermauerte Evidenz für den Erfolg dieser Maßnahmen.</p> <h2>Vernetzung – persönlich, professionell und technisch</h2> <p>Disease-Management-Programme können unterschiedlich ausgeformt sein. Viele beziehen Tools der Telemedizin ein und nützen somit die technischen Vernetzungsmöglichkeiten. Viel wichtiger ist die professionelle und menschliche Vernetzung. Die verschiedenen Health Care Professionals müssen die Möglichkeit haben, sich über die Situation des jeweiligen Patienten auszutauschen, und die Zeit haben, den Betroffenen umfassend zu informieren und zu motivieren, denn die aktive Einbeziehung des Patienten verspricht den höchsten Erfolg. Gerade lebensstilabhängige, chronische Krankheiten wie die Herzinsuffizienz bedingen immer einen hohen Kommunikationsaufwand, der auch entsprechende zeitliche und finanzielle Ressourcen erfordert. Durch Reduktion von Spitalsaufnahmen in weiterer Folge sind diese jedoch letztendlich zumindest kostenneutral.</p> <h2>HerzMobil Tirol</h2> <p>HerzMobil Tirol ist das erste Disease- Management-Programm für Herzinsuffizienz, das in Österreich in die Regelversorgung übernommen wurde. Der medizinische Leiter von HerzMobil Tirol, Univ.-Prof. Dr. Gerhard Pölzl von der Universitätsklinik für Innere Medizin III an der Med Uni Innsbruck, berichtet: „HerzMobil Tirol ist kostendämpfend und reduziert die Krankenhauswiederaufnahmen. Durch die aktive Einbindung der Patienten wird die Compliance gestärkt. Die Patienten lernen mit der Erkrankung umzugehen, fühlen sich sicherer und tragen so selbst zur Steigerung ihrer Lebensqualität bei. Zeitnah kann die Therapie, aber auch das pflegerische und soziale Setting an die Situation angepasst werden.“</p> <h2>Der gesundheitspolitische Blick</h2> <p>Abschließend betont LR Dr. Martin Eichtinger, der Vorsitzende des NÖGUS – NÖ Gesundheits- und Sozialfonds: „Patienten in Disease-Management-Programmen, also Betreuungsprogrammen, haben eine signifikant geringere Mortalität, weniger Folgeschäden, seltenere und kürzere Spitalsaufenthalte, höhere Lebensqualität und mehr Wissen über ihre Erkrankung, was zu einer gesteigerten Compliance führt. Diese Betreuungsprogramme müssen aber auch finanziert sein. Gerade wenn sie unserem Gesundheitssystem helfen, langfristig und effizient Kosten zu sparen, ist es wichtig, diese Finanzierung umzusetzen. Diese Umsetzungen können aber nur alle Entscheider im Gesundheitssystem gemeinsam erreichen, da unser System komplex ist und aus mehreren Töpfen gespeist wird. Darum lade ich alle Stakeholder im Gesundheitswesen ein, gemeinsam Lösungen zu entwickeln, wie wir die Umsetzung von Betreuungsprogrammen erleichtern können, gerade wenn die Evidenzlage so klar ist wie bei der Herzinsuffizienz.“</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Pressegespräch der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft (ÖKG) „Herzgesundheit im 21. Jahrhundert: Vernetzung ist der Schlüssel für ein Disease Management der Herzinsuffizienz“, 21. März 2019, Wien
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