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Transthorakale Echokardiografie bei der Sporttauglichkeitsuntersuchung
Jatros
Autor:
Dr. Mahdi Sareban
Universitätsinstitut für präventive und rehabilitative Sportmedizin<br> Paracelsus Medizinische Privatuniversität<br> Salzburg<br> E-Mail: m.sareban@salk.at
30
Min. Lesezeit
23.02.2017
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<p class="article-intro">Das Athletenherz imponiert echokardiografisch als eine harmonische Vergrößerung und Hypertrophie aller vier Herzhöhlen. Merkmale einiger Kardiomyopathien überlappen sich jedoch mit typischen Veränderungen beim Athletenherz. Eine sichere Differenzierung ist häufig nur durch eine differenzierte Echokardiografie mit Bestimmung funktioneller Parameter möglich.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Das Athletenherz imponiert echokardiografisch mit einer harmonischen Dilatation und Hypertrophie aller Herzhöhlen.</li> <li>Besonders männliche Masterathleten zeigen nicht selten eine LV-Hypertrophie über den aktuell geltenden oberen Grenzwerten des Normalen.</li> <li>Das Athletenherz erfüllt häufig die aktuellen echokardiografischen Task-Force-Kriterien der ARVC.</li> <li>Funktionelle Echoparameter erlauben häufig eine Differenzierung zwischen Veränderungen, die sowohl beim Athletenherz als auch bei Kardiomyopathien auftreten können.</li> <li>Die Sporttauglichkeitsuntersuchung ist eine zu selten durchgeführte Maßnahme, um die kardiale Gesundheit von wettkampforientierten Sportlern zu sichern.</li> </ul> </div> <p>Das Athletenherz fasziniert Kliniker und Wissenschaftler seit dem 19. Jahrhundert. Salomon Henschen perkutierte erweiterte Herzdimensionen im Anschluss an ein Skilanglaufrennen und schlussfolgerte, dass diese strukturelle Anpassung des Herzens beim trainierten Sportler eine höhere Leistung erlaubt.<sup>1</sup> Dass sich das Herz eines Athleten von einem Herzen in der gesunden Allgemeinbevölkerung sowohl strukturell als auch funktionell unterscheidet, ist seit dieser wegweisenden Arbeit in unzähligen Folgepublikationen mit innovativen Untersuchungstechniken bestätigt worden. Jedoch gibt es wiederkehrende Diskussionen, ob diese Veränderungen Zeichen einer physiologischen Adaptation auf Training und sogar eine Voraussetzung für sportliche Höchstleistungen sind oder diese Veränderungen das Risiko für bestimmte kardiale Komplikationen erhöhen. Zudem überlappen sich einige sportbedingte strukturelle Veränderungen des Herzens mit bestimmten Kardiomyopathien und eröffnen einen diagnostischen Graubereich. Die transthorakale Echokardiografie ermöglicht in diesen Graubereichen bei entsprechender Expertise sowie unter Verwendung neuer Untersuchungstechniken eine schnell verfügbare, kostengünstige und nicht invasive Möglichkeit der diagnostischen Orientierung. Zur Interpretation, ob die echokardiografischen Messgrößen Ausdruck einer physiologischen Anpassung oder einer pathologischen Veränderung sind, bedarf es jedoch vorab der Erhebung einiger anamnestischer Punkte, die in der Tabelle 1 aufgelistet sind.<br /> Im Folgenden werden exemplarisch die relevanten Graubereiche zwischen einer hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) und einer sportassoziierten LV-Hypertrophie sowie einer arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie (ARVC) und sportassoziierten RV-Dilatation skizziert.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1701_Weblinks_s10_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="1010" /></p> <h2>Hypertrophe Kardiomyopathie vs. LV-Hypertrophie beim Athleten</h2> <p>Die HCM ist eine genetisch bedingte Herzmuskelerkrankung, die per definitionem mit einer vergrößerten linksventrikulären Wanddicke einhergeht, ohne dass diese Veränderung durch abnormal veränderte Volumen- oder Druckverhältnisse erklärt werden kann, und stellt die häufigste Ursache für einen plötzlichen Herztod bei jungen Athleten dar.<sup>2</sup> Die HCM manifestiert sich heterogen, die asymmetrisch septale Hypertrophie ist dabei mit ca. 80 % die häufigste Variante. Da sich die HCM jedoch auch im apikalen oder lateralen Ventrikelbereich manifestieren kann, muss der echokardiografische Fokus zum Ausschluss auch auf diese Segmente gelegt werden. Unabhängig von Ausmaß und Lokalisation der strukturellen Veränderungen sind die Empfehlungen der Fachgesellschaften uniform und raten Athleten sowohl von moderatem und intensivem dynamischen als auch statischem Sport ab.<sup>3</sup> Besonders männliche Masterathleten zeigen jedoch nicht selten eine LV-Hypertrophie über dem aktuell geltenden oberen Grenzwert des Normalen (1,0cm beim Mann, 0,9cm bei der Frau)<sup>4</sup> und eröffnen somit einen Graubereich zwischen dem Athletenherz und der HCM. Unabhängig von Sportanamnese, Anthropometrie, Geschlecht und ethnischer Herkunft ist ein Ventrikelmyokard von =1,3cm bei Männern und =1,2cm bei Frauen auch bei homogener Hypertrophie weiter abklärungsbedürftig. Dabei ist die echokardiografische Funktionsdiagnostik des linken Ventrikels für die Differenzierung hilfreich.<sup>5</sup> Die durch die EF geschätzte systolische Funktion ist wie beim Athleten häufig normal und insgesamt kein gutes Surrogat für die systolische Funktion bei vorliegender Hypertrophie. Daher soll laut den aktuellen Empfehlungen zusätzlich die longitudinale Verformung des linken Ventrikelmyokards mithilfe der Speckle-Tracking- Technik gemessen werden. Diese ist bei der HCM im Gegensatz zum Athletenherz häufig trotz normaler EF global und besonders regional im Bereich der Hypertrophie reduziert. Athleten haben regelmäßig eine supranormale diastolische LV-Funktion, während diese Funktion bei HCMErkrankten häufig reduziert ist. Eine umfassende Beurteilung der diastolischen LV-Funktion hilft somit bei der Abgrenzung zum Athletenherz. Aufgrund des Einflusses von Lastveränderungen, der Herzfrequenz und des Alters auf das transmitrale Flussprofil sollten zusätzlich Gewebedopplermessungen, das Flussprofil in den Pulmonalvenen, der systolisch pulmonal- arterielle Druck und die Vorhofgröße gemessen werden. Zumeist erlaubt die Kombination der erwähnten diagnostischen Schritte den Graubereich zwischen HCM und dem Athletenherz auszuräumen. Sollte sich dennoch die Diagnose nicht eindeutig stellen lassen, so ist eine kardiale MRT-Untersuchung indiziert.</p> <h2>Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie vs. RV-Dilatation beim Athleten</h2> <p>Die ARVC ist eine genetisch bedingte Herzmuskelerkrankung mit regionaler Atrophie vorwiegend des rechtsventrikulären Myokards mit nachfolgendem Ersatz durch Fett- und Bindegewebe, welches sich echokardiografisch mit einer regionalen Kinetikstörung und Dilatation des rechten Ventrikels äußert.<sup>6</sup> Da Sport das arrhythmogene Risiko bei diesem Krankheitsbild erhöht, zählt die ARVC zu den häufigsten Ursachen für den plötzlichen Herztod bei jungen, scheinbar herzgesunden Athleten.<sup>2</sup> Die aktuellen Leitlinien raten bei einer gesicherten ARVC-Diagnose sowohl von moderatem und intensivem dynamischem als auch statischem Sport ab. Die aktuellen Task-Force-Kriterien für die Diagnose der ARVC basieren auf einem multidisziplinären Zugang, wobei die Echokardiografie eine gewichtige Rolle spielt.<sup>6</sup> Die echokardiografischen Kriterien überlappen sich jedoch mit physiologischen Veränderungen der rechtsventrikulären Ventrikelstruktur beim Athletenherz. In einer Arbeit über 1.009 Olympioniken unterschiedlicher Disziplinen erreichten 4 % die Major- und 32 % die Minor-Kriterien der ARVC Task Force für die RV-Dilatation.<sup>7</sup> Ähnlich wie im diagnostischen Graubereich der HCM kann die echokardiografische Funktionsdiagnostik bei der Differenzierung unterstützen, da sich das Athletenherz zumeist mit einer normalen bis supranormalen RV-Funktion präsentiert. Besonders die im M-Mode gemessene systolische Exkursionsbewegung des lateralen Trikuspidalanulus (TAPSE) und die Geschwindigkeit der systolischen Myokardbewegung im Gewebedoppler (s’) als Surrogat der longitudinalen RV-Funktion als auch die globale und regionale Deformation der lateralen Myokardwand mithilfe der Speckle-Tracking-Untersuchung ermöglichen eine Unterscheidung.<sup>8</sup><br /> Zudem wurde in den letzten Jahren diskutiert, ob repetitive, hochintensive und prolongierte Ausdauerleistungen zu einem ARVC-ähnlichen Bild mit einem proarrhythmogenen Risiko führen können.<sup>9</sup> Auch wenn diese Theorie weiterhin in der Literatur kontrovers diskutiert wird, hilft eine ausführliche echokardiografische Funktionsdiagnostik frühzeitig, bei einer solchen vermeintlichen Risikogruppe maladaptative Veränderungen zu diagnostizieren bzw. den Verlauf zu kontrollieren.</p> <h2>Die Echokardiografie in der Untersuchungskette für die Sporttauglichkeitsbescheinigung</h2> <p>Obwohl die gesundheitlichen Vorteile von regelmäßigem Sport unbestritten sind, stellen intensive sportliche Belastungen bei vorbestehenden Kardiomyopathien einen Risikofaktor für den plötzlichen Herztod dar. Zudem wird weiterhin in der sportkardiologischen Forschung diskutiert, ob der rechte Ventrikel und die Vorhöfe tatsächlich kardiale „Achillesfersen“ des alternden Ausdauerathleten sind und ein Substrat für Arrhythmien darstellen. Somit sollte für Nachwuchssportler sowie wettkampforientierte Hobbysportler eine Sporttauglichkeitsuntersuchung nach dem in der Abbildung 1 skizzierten Ablauf, wie sie in vielen Ländern und vielen Verbänden vor einer Wettkampfteilnahme verpflichtend vorgeschrieben wird, eine sinnvolle Investition in die eigene Gesundheit sein. Neben dem Ruhe- und Belastungs- EKG kommt dabei der Echokardiografie eine zentrale Rolle zu.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1701_Weblinks_s10_abb1_.jpg" alt="" width="1417" height="1199" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Henschen SM: Eine medizinische Sportstudie. Skilauf und Skiwettlauf. Mittlg Med Klinik Uppsala 1899; 2: 15 <strong>2</strong> Maron BJ et al: Sudden deaths in young competitive athletes: analysis of 1866 deaths in the United States, 1980-2006. Circulation 2009; 119: 1085-92 <strong>3</strong> Maron BJ et al, American Heart Association Electrocardiography and Arrhythmias Committee of the Council on Clinical Cardiology, et al: Eligibility and Disqualification Recommendations for Competitive Athletes With Cardiovascular Abnormalities: Task Force 3: Hypertrophic cardiomyopathy, arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy and other cardiomyopathies, and myocarditis: a scientific statement from the American Heart Association and American College of Cardiology. Circulation 2015; 132: e273-280 <strong>4</strong> Lang RM et al: Recommendations for cardiac chamber quantification by echocardiography in adults: an update from the American Society of Echocardiography and the European Association of Cardiovascular Imaging. Eur Heart J Cardiovasc Imaging 2015; 16: 233-270 <strong>5</strong> Elliott PM et al, members TF: 2014 ESC Guidelines on diagnosis and management of hypertrophic cardiomyopathy: the Task Force for the Diagnosis and Management of Hypertrophic Cardiomyopathy of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Heart J 2014; 35: 2733-2779 <strong>6</strong> Marcus FI et al: Diagnosis of arrhythmogenic right ventricular cardiomyopathy/dysplasia: proposed modification of the Task Force Criteria. Eur Heart J 2010; 31: 806-814 <strong>7</strong> D’Ascenzi F et al: RV remodeling in olympic athletes. JACC Cardiovasc Imaging 2016; doi: 10.1016/j.jcmg.2016.03.017. [Epub ahead of print] <strong>8</strong> Qasem M et al: A meta-analysis for echocardiographic assessment of right ventricular structure and function in ARVC. Echo Res Pract 2016; pii: ERP-16-0028. [Epub ahead of print] <strong>9</strong> La Gerche A et al: Exercise-induced right ventricular dysfunction is associated with ventricular arrhythmias in endurance athletes. Eur Heart J 2015; 36: 1998-2010</p>
</div>
</p>