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Stellenwert der Echokardiografie beim MitraClip®-Verfahren
Jatros
30
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31.05.2017
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<p class="article-intro">Das MitraClip<sup>®</sup>-Verfahren ist eine katheterinterventionelle Technik zur Therapie der Mitralinsuffizienz (MI) für Hochrisikopatienten oder Patienten, bei denen eine konventionelle herzchirurgische Operation nicht möglich ist. In Anlehnung an ein von Alfieri entwickeltes chirurgisches Rekonstruktionsverfahren werden die beiden Mitralklappensegel „edge-to-edge“ aneinandergeclippt, um eine Reduktion des MI-Jets zu erreichen. Da die Echokardiografie die bevorzugte bildgebende Methode zur Beurteilung der Mitralklappenmorphologie und -funktion darstellt, spielt sie eine entscheidende Rolle für die MitraClip<sup>®</sup>-Implantation.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Echokardiografie ermöglicht beim MitraClip<sup>®</sup>-Verfahren in der präinterventionellen Diagnostik eine optimale Patientenselektion bezüglich des zugrunde liegenden Pathomechanismus und der Schweregradbestimmung der MI sowie der anatomischen Eignung der Mitralklappe.</li> <li>Periinterventionell ist die Echokardiografie bei der MitraClip<sup>®</sup>- Prozedur zur Steuerung der Intervention und zur Beurteilung des Interventionsergebnisses mit Bestimmung der residualen MI und einer eventuell eingetretenen Stenosekomponente unerlässlich.</li> <li>Postinterventionell erfolgt echokardiografisch im Verlauf die Beurteilung der MI und eines bei der funktionellen MI eintretenden „reverse remodeling“.</li> <li>Die echokardiografisch und die interventionell Untersuchenden müssen Kenntnisse in der jeweils anderen Technik erwerben.</li> </ul> </div> <p><strong>Diagnosestellung und Schweregrad</strong></p> <p>Präinterventionell müssen nach echokardiografischer Diagnosestellung einer MI der jeweils zugrunde liegende Pathomechanismus, der Schweregrad der MI und darüber hinaus die morphologische Eignung für eine MitraClip<sup>®</sup>-Behandlung abgeklärt werden. Hierbei werden neben der transthorakalen Echokardiografie (TTE) auch die transösophageale 2D- und 3D-Untersuchungstechnik (2D/3D-TEE) eingesetzt. Generell kommt das MitraClip<sup>®</sup>-Verfahren bei Vorliegen einer hochgradigen MI in Betracht. Eine funktionelle (sekundäre) MI liegt vor, wenn eine Veränderung der Mitralklappengeometrie durch Verlagerung der Papillarmuskeln und Dilatation des Klappenringes mit einem „remodeling“ des linken Ventrikels zu einer Koaptationsstörung und Restriktion der Klappensegel führt. Im Vergleich dazu sind bei einer degenerativen (primären) MI-Erkrankung Veränderungen des Mitralklappenapparates vorhanden.<br /> Zur Schweregradabschätzung der MI stellt die PISA-Methode trotz einiger Limitationen unter allen quantitativen und qualitativen möglichen Methoden die beste dar. Dementsprechend wird eine degenerative MI bei einer Regurgitationsöffnungsfläche von >40mm<sup>2</sup> und einem Regurgitationsvolumen von >60ml bzw. eine funktionelle MI ab einer Regurgitationsfläche von >20mm<sup>2</sup> und einem Regurgitationsvolumen ab 30ml als hochgradig (Grad 3 und 4) bewertet (Abb. 1).</p> <p><strong>Mitralklappenmorphologie muss geklärt sein</strong></p> <p>Vor Durchführung der MitraClip<sup>®</sup>-Prozedur muss geklärt sein, ob die Mitralklappenmorphologie eine Clipping-Prozedur Erfolg versprechend erscheinen lässt. Bei der Überprüfung, ob die Mitralklappe für ein Clipping morphologisch geeignet ist, wird derzeit zwischen einer optimalen Morphologie, einer bedingt geeigneten Klappenmorphologie und einer ungeeigneten Klappenmorphologie unterschieden. Erstmals wurden entsprechende morphologische Einschlusskriterien in den EVEREST-Studien definiert. Dementsprechend liegt eine optimale morphologische Eignung im Falle einer funktionellen MI bei einer Lokalisation des MI-Jets im A2/P2-Segment der Mitralklappe, keinen Kalzifizierungen in der potenziellen Greifzone, einem ausreichend langen posterioren Segel (>10mm) und bei einer Koaptationslänge von mehr als 2mm bzw. einer Koaptationstiefe von weniger als 11mm vor (Abb. 2).<br /> Bei einer degenerativen MI liegt eine optimale Klappenmorphologie vor, wenn die Breite des Flails oder Prolapses 2 betragen. Wenn das Team, das die Implantation durchführt, über ein gewisses Erfahrungsspektrum verfügt, kann das MitraClip<sup>®</sup>-Verfahren jedoch auch bei suboptimaler Klappenmorphologie erfolgreich angewendet werden.</p> <p><strong>TEE spielt wichtige Rolle bei der Beurteilung</strong></p> <p>Intraprozedural wird jeder Schritt mittels 2D- und 3D-TEE verfolgt (Abb. 3). Die Fluoroskopie spielt nur eine sekundäre Rolle. Die 3D-TEE erleichtert im Vergleich zur 2D-Darstellung die räumliche Orientierung bei den verschiedenen Prozedurschritten:</p> <ul> <li>Bestimmung des transseptalen Punktionsortes</li> <li>Führung des Clip-Einführungssystems durch das Septum in den linken Vorhof</li> <li>Führung der Positionierung des Clip- Freisetzungssystems aus dem Interventionskatheter und Ausrichtung des geöffneten Clips senkrecht zur Koaptationslinie über dem Insuffizienzjet der Mitralklappe im linken Vorhof</li> <li>Vorbringen des Systems in den linken Ventrikel und Ausrichtung des geöffneten Clips senkrecht zur Koaptationslinie über dem Insuffizienzjet der Mitralklappe im linken Ventrikel</li> <li>Fangen der Segel</li> <li>Schließen und Freisetzen der Clips</li> <li>Analyse des Clippings (Segelerfassung, Gewebebrücke, Rest-MI, eingetretene Stenose)</li> </ul> <p>Da es das Ziel einer MitraClip<sup>®</sup>-Prozedur ist, die MI maximal zu reduzieren, erfolgt nach der Implantation des ersten bzw. jedes weiteren Clips eine Schweregradbeurteilung der residualen MI und der Stenosekomponente (mittlerer diastolischer Druckgradient ≤5mmHg). Weiterhin wird echokardiografisch beurteilt, ob beide Klappensegel durch den Clip ausreichend erfasst sind und eine Gewebebrücke, die für einen gleichmäßigen Zug des Clips auf die Klappensegel spricht, vorliegt (Abb. 2). Jeweils vor Entlassung des Patienten, nach 3–6 Monaten und weiter mindestens 1x jährlich sollte eine TTE durchgeführt werden; dabei sollten folgende Befundparameter beurteilt und dokumentiert werden:</p> <ul> <li>Schweregrad der Rest-MI</li> <li>Mittlerer diastolischer Druckgradient über der Mitralklappe (Stenose?)</li> <li>Perikarderguss</li> <li>„Reverse remodeling“ des linken Ventrikels</li> <li>Rechtsventrikuläre Funktion und Pulmonalisdruck</li> <li>Iatrogener ASD, Links-rechts-Shunt oder Rechts-links Shunt</li> </ul> <p>Durch ein kontinuierliches echokardiografisches Monitoring können mögliche Komplikationen wie Perikardergüsse und -tamponaden, z.B. durch eine inadäquate transseptale Punktion, eine Perforation der Herzhöhlen mit Drähten und Kathetern sowie eine Thrombenbildung an dem eingeführten Fremdmaterial, und ein hämodynamisch bedeutsamer iatrogener ASD sofort erfasst und entsprechende therapeutische Konsequenzen (Perikardpunktion, zusätzliche Heparingabe, interventioneller ASDVerschluss) eingeleitet werden.</p> <p> <img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1702_Weblinks_ka1702-seite33_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="1030" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1702_Weblinks_ka1702-seite33_abb2.jpg" alt="" width="1417" height="704" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1702_Weblinks_ka1702-seite33_abb3.jpg" alt="" width="1417" height="581" /></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Die Patientenauswahl beim MitraClip<sup>®</sup>- Verfahren wird durch den Einsatz der verschiedenen Modalitäten der Echokardiografie wesentlich bestimmt. Intraprozedural ist die Echokardiografie ein unverzichtbares „guiding tool“ und Voraussetzung für ein erfolgreiches Clipping.</p> </div></p>
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