
SGLT2-Inhibitoren bei HFpEF wirken, aber warum?
Bericht:
Reno Barth
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Im Rahmen des Kongresses des American College of Cardiology 2023 wurden neue Erkenntnisse in der Herzinsuffizienz (HI) vorgestellt. Darunter zur Wirksamkeit von SGLT2-Inhibitoren (SGLT2-I) bei der HFpEF, dem Einsatz von Vorhofschrittmachern bei HFpEF, der Rolle moderner Imaging-Techniken bei ischämischer HI und der interventionellen Versorgung insuffizienter Trikuspidalklappen.
Keypoints
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Die Wirksamkeit von SGLT2-Inhibitoren bei HFpEF dürfte zumindest zum Teil auf einer Senkung des Lungenkapillaren-Verschlussdrucks beruhen.
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Ein Vorhofschrittmacher bei HFpEF erhöht die Belastbarkeit nicht.
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Die Rolle moderner Imaging-Techniken bei ischämischer Herzinsuffizienz ist nach wie vor unklar.
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Die interventionelle Versorgung einer insuffizienten Trikuspidalklappe verbessert die Lebensqualität.
Für die HI mit erhaltener linksventrikulärer Auswurffraktion (HFpEF) standen bis vor Kurzem keine wirksamen Therapien zur Verfügung. Mittlerweile konnte für die SGLT2-I Dapagliflozin und Empagliflozin Wirksamkeit im Hinblick auf einen kombinierten Endpunkt aus Hospitalisierungen wegen HI und kardiovaskulärem Tod sowie auf die Lebensqualität demonstriert werden. Allerdings sei unklar, wie es zu diesen Verbesserungen komme, so Prof. Dr. Barry Borlaug von der Mayo Clinic in Rochester, der darauf hinweist, dass ein erhöhter Fülldruck im linken Herzen sowohl in Ruhe als auch unter Belastung zumindest teilweise für die Symptomatik der HFpEF verantwortlich sein dürfte.
In der CAMEO-DAPA-Studie wurde die Hypothese untersucht, dass die Wirkung des SGLT2-I Dapagliflozin bei HFpEF auf einer Reduktion des Füllungsdrucks im linken Herzen beruht. CAMEO-DAPA war eine doppelblinde, randomisierte Studie mit dem Endpunkt Lungenkapillaren-Verschlussdruck (PCWP) in Ruhe und unter Belastung. In die Studie eingeschlossen wurden 43 Patienten mit HFpEF, die randomisiert über 24 Wochen Dapagliflozin oder Placebo erhielten. Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt. Über 24 Wochen nahm unter Behandlung mit Dapagliflozin der Lungenkapillaren-Verschlussdruck in Ruhe und vor allem unter Belastung signifikant ab, während er in der Placebo-Gruppe weitgehend unverändert blieb. Nach 24 Wochen war der PCWP in der Dapagliflozin-Gruppe in Ruhe um 3,5mmHg niedriger als in der Placebogruppe (p=0,029). Unter Belastung lag der Unterschied zwischen Dapagliflozin und Placebo bei 6,1mm Hg (p=0,019). Die Abnahme des PCWP korrelierte mit einer in der Dapagliflozin-Gruppe erwartungsgemäß beobachteten Gewichtsabnahme, die in der Studie mit durchschnittlich 3,5kg deutlicher war als in anderen Studien mit SGLT2-I. Das Plasmavolumen nahm unter Dapagliflozin ab, wobei die Korrelation mit dem PCWP weit weniger ausgeprägt war. Neben dem Verschlussdruck reduzierte Dapagliflozin den Druck in der Pulmonalarterie sowie im rechten Vorhof.1 Die Ergebnisse können zum Verständnis der Wirksamkeit der SGLT2-I bei HFpEF beitragen, so Borlaug.
Schrittmacher: keine Verbesserung der Leistungsfähigkeit bei HFpEF
HI mit erhaltener linksventrikulärer Auswurffraktion ist häufig mit einem noch wenig verstandenen, klinisch jedoch sehr relevanten Problem assoziiert: der chronotropen Inkompetenz. Das bedeutet, dass sich unter Belastung der Puls nicht adäquat erhöht, was mit reduzierter aerober Leistungsfähigkeit einhergeht. Bislang gibt es keine Strategien, um diesen Zustand therapeutisch zu beeinflussen.2
In der Studie RAPID-HF wurde untersucht, ob sich die eingeschränkte Leistungsfähigkeit infolge chronotroper Inkompetenz durch einen frequenzadaptiven Vorhofschrittmacher wirksam behandeln lässt. In die Studie wurden Patienten mit einer linksventrikulären EF über 40%, NYHA-Klasse II–III und nachgewiesener chronotroper Inkompetenz eingeschlossen. Nach Implantation des Schrittmachers wurde dieser in einem randomisierten, doppelblinden Crossover-Design aktiviert bzw. deaktiviert. Primärer Endpunkt war der Sauerstoffverbrauch an der anaeroben Schwelle. Auch einige mechanistische Endpunkte wie der kardiale Output wurden gemessen.
RAPID-HF verfehlte den primären und fast alle sekundären Endpunkte. Zwar gelang es, mit dem Schrittmacher die Herzfrequenz adäquat zu erhöhen, doch äußerte sich dies nicht in verbesserter Leistungsfähigkeit. Das maximale Schlagvolumen unter Belastung nahm mit dem Schrittmacher sogar signifikant ab. Der Einsatz eines frequenzadaptiven Vorhofschrittmachers könne daher bei Patienten mit HFpEF nicht empfohlen werden, so Prof. Dr. Barry Borlaug von der Mayo Clinic in Rochester anlässlich der Präsentation und Publikation der Daten.3
Bildgebung: wenig Einfluss auf das Outcome bei ischämischer HI
Patienten mit ischämischer HI stellen eine besondere kardiovaskuläre Risikopopulation dar, so Prof. Dr. Lisa Mielniczuk von der Universität Ottawa. Aktuell sind noch viele Fragen zum optimalen Management dieser Patienten offen. So stelle sich häufig die Frage, so Mielniczuk, ob ein Patient von einer koronaren Revaskularisation profitieren kann oder nicht. Dies müsse auch im Kontext der am jeweiligen Zentrum verfügbaren bzw. beim jeweiligen Patienten eingesetzten bildgebenden Verfahren gesehen werden. Im Rahmen des IMAGE-HF-Studienprogramms werden in mehreren Studien relevante Fragen zur Rolle der Bildgebung im Management von HI gestellt. Eine dieser Studie war AIMI-HF, deren Ergebnisse Mielniczuk im Rahmen des ACC 2023 vorstellte. Untersucht wurde der klinische Effekt, wenn Patienten mit ischämischer HI initial mit PET oder kardialer MRT abgeklärt werden. Als Vergleich diente die Abklärung mittels SPECT. Einschlusskriterien waren eine linksventrikuläre Auswurffraktion (LEVF) <45% sowie NYHA-Klasse II–IV. Bei einer LEVF <30% wurden Patienten auch mit NYHAI eingeschlossen. Akutszenarien, wie z.B. eine instabile Angina pectoris, waren Ausschlusskriterien. Insgesamt wurden 1390 Patientinnen und Patienten in die Studie aufgenommen, von denen 271 randomisiert mit SPECT, PET oder Kardio-MRT untersucht wurden. Die übrigen 1110 wurden in ein Register eingeschlossen. Primärer Endpunkt war die Zeit bis zu einem kardialen Komposit-Ereignis aus kardialem Tod, Myokardinfarkt, Herzstillstand mit Reanimation oder Hospitalisierung aus kardialen Gründen. Die Studie folgte einem komplizierten Protokoll mit mehreren Fragestellungen, brachte jedoch kein signifikantes Ergebnis. Tendenziell erwies sich die moderne Bildgebung im Hinblick auf den primären Endpunkt überlegen, dieser Vorteil verfehlte jedoch Signifikanz. Eindeutig führte der Einsatz moderner Bildgebung jedoch zu einem deutlichen Anstieg der Zahl an Revaskularisationen. Beim Einsatz moderner Bildgebung wurde rund jeder dritte Patient zu einer Revaskularisation zugewiesen, bei Diagnostik mit SPECT-Bildgebung nur jeder achte.
Minimalinvasive Versorgung der Trikuspidalklappe
Insuffizienz der Trikuspidalklappe ist ein häufiges und klinisch relevantes Problem, das für die Betroffenen eingeschränkte Lebensqualität sowie erhöhte Morbidität und Mortalität bedeutet. Eine chirurgische Reparatur ist möglich, bedeutet jedoch erheblichen operativen Aufwand und Risiko für den Patienten. Kandidaten für die Klappen-OP sind daher ausgewählte, fitte Patienten. Transkatheter-Interventionen sind im Einsatz, allerdings fehlen Daten aus randomisierten Studien.
Einen Schritt in Richtung besserer Evidenz bedeutet die nun präsentierte und zeitgleich im „New England Journal of Medicine“ publizierte Studie TRILUMINATE, die die Effekte einer Versorgung der Trikuspidalklappe mit einem TriClip genannten Device untersuchte. Der TriClip ist dem bei Insuffizienz der Mitralklappe eingesetzten MitraClip sehr ähnlich. TRILUMINATE ist die bislang erste randomisierte, kontrollierte Studie in der Indikation Trikuspidalinsuffizienz.
Abb. 1: CAMEO-DAPA-Studie: Änderung des Lungenkapillaren-Verschlussdrucks (PCWP) unter Dapagliflozin vs. Placebo
In TRILUMINATE wurden Patienten mit schwerer, symptomatischer Trikuspidalinsuffizienz eingeschlossen und entweder randomisiert oder in einem Single-Arm Design mit dem TriClip behandelt. In die randomisierte Studie wurden mehr als 450 Patienten in 80 Zentren in den USA, Kanada und Europa aufgenommen, bei denen man nach Untersuchung im Rechtsherzkatheter bessere Chancen sah, die trikuspidale Regurgitation auf moderat oder besser zu reduzieren. Als Vergleich diente eine optimierte konservative Therapie. Schwerer erkrankte Patienten erhielten im offenen Arm der Studie einen TriClip.
Primärer Endpunkt im randomisierten Teil von TRILUMINATE war ein Komposit aus Tod, Klappenoperation, Hospitalisierung wegen HI und Lebensqualität. Dieser primäre Endpunkt wurde erreicht, was vor allem auf eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität zurückzuführen war. Hinsichtlich Mortalität oder Hospitalisierungen zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Die Sterblichkeit über ein Jahr war mit rund 10% in beiden Armen relativ gering.
Die Prozedur war sehr sicher. Innerhalb von 30 Tagen nach dem Eingriff traten nur bei drei Patienten schwere unerwünschte Ereignisse auf. Der hämodynamische Effekt war deutlich. Im Interventionsarm konnte nach 30 Tagen bei 87% der Patienten die trikuspidale Regurgitation als mild oder moderat eingestuft werden. Dies gelang mit medizinischer Therapie nur bei 4,8% der Patienten. Dieses Ergebnis war über ein volles Jahr stabil.5
Quelle:
Jahrestagung des American College of Cardiology, „Hot Topics“-Sessions,4.-6. März 2023, New Orleans
Literatur:
1 Borlaug BA. Evaluation of the mechanism of benefit for dapagliflozin in HFpEF: an invasive hemodynamic randomized trial. präsentiert im Rahmen des ACC/WCC 2023 2 Borlaug BA et al.: Impaired chronotropic and vasodilator reserves limit exercise capacity in patients with heart failure and a preserved ejection fraction. Circulation 2006; 114(20): 2138-47 3 Reddy YNV et al.: Rate-Adaptive atrial pacing for heart failure with preserved ejection fraction: the RAPID-HF randomized clinical trial JAMA 2023; 329(10): 801-9 4 Mielniczuk LM: Ischemia and viability imaging in heart failure: the alternative imaging modalities in ischemic heart failure trial (AIMI-HF) IMAGE-HF project 1A. präsentiert im Rahmen des ACC/WCC 2023 5 Sorajja P et al.: Transcatheter repair for patients with tricuspid regurgitation. N Engl J Med. 2023 Mar 4. doi: 10.1056/NEJMoa2300525, Online ahead of print
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