
Neue Therapieoptionen bei Transthyretin-Amyloidose mit Kardiomyopathie
Bericht:
Reno Barth
Die Transthyretin-Amyloidose mit Kardiomyopathie (ATTR-CM) kann seit 2019 mit dem TTR-Stabilizer Tafamidis wirksam behandelt werden. Seit Kurzem bestehen weitere Optionen, nämlich Acoramidis, ein weiterer TTR-Stabilizer, sowie Vutrisiran, eine „small interfering RNA“, die die TTR-Synthese in der Leber hemmt.
Amyloid ist das, was der Pathologe in einer Kongorot-Färbung sieht: orangerot leuchtende Strukturen, die im polarisierten Licht eine leuchtend grüne Doppelbrechung auf dunklem Grund zeigen“, erklärt DDr. Silvia Charwat-Resl, Leiterin der Hypertrophieambulanz an der Klinik Favoriten. Dahinter stehen Ablagerungen von Proteinen in Form von Beta-Fibrillen. Dieser Befund sagt noch nichts darüber aus, um welche Proteine, welches Amyloid es sich handelt. Dies muss mittels Immunhistochemie oder Massenspektrometrie ermittelt werden. Aktuell sind 42 Proteine bekannt, die sich als Amyloid im Körper anlagern können – neun davon im Herzmuskel. Die Beta-Fibrillen sind nur eingeschränkt löslich bzw. abbaubar und akkumulieren daher in den betroffenen Organen.
Hereditäre und Wildtyp-ATTR
Charwat-Resl erläuterte, dassdieTransthyretin-Amyloidosedurch die Ablagerung von Amyloidfibrillen im Myokard entsteht, wenn das Transportprotein Transthyretin zerfällt. Dies kann auf eine genetische Disposition zurückgehen (hereditär), kann jedoch auch sporadisch aus unbekannten Gründen auftreten (Wildtyp). Charwat-Resl betont allerdings, dass das Vorhandensein von Amyloid noch keine Amyloidose definiert, sondern dafüreine klinische Diagnose erforderlich ist. Durch die Ablagerungen kommt es zu einer progredienten infiltrativen Kardiomyopathie, die sich in Myokardhypertrophie sowie einer Störung der diastolischen und später auch der systolischen Linksventrikelfunktion äußert. Klinisch führt das zu Herzinsuffizienz mit Belastungsdyspnoe, Beinödemen und rascher Erschöpfbarkeit. Noch vor wenigen Jahren war die Prognose schlecht. Seit einigen Jahren stehenAmyloid-spezifische Therapien zur Verfügung, mit denen sich kausal in den Krankheitsverlauf eingreifen lässt. Dazu eignen sich unterschiedliche Strategien, die teilweise bereits mit zugelassenen Substanzen verfolgt oder derzeit nur beforscht werden. Eine dieser Strategien ist die Stabilisierung von Transthyretin mit dem Ziel, die Dissoziation des TTR in Monomere zu verhindern.
Dieser Weg wurde mit dem seit 2019 zugelassenen TTR-Stabilizer Tafamidis beschritten, dessen anhaltende Wirksamkeit in der Zulassungsstudie ATTR-ACT sowie ihrer offenen Verlängerung gezeigt wurde.1 Charwat-Resl: „Wir sehen in der Klinik jeden Tag, dass die Patient:innen unter Tafamidis sehr gut ansprechen und lediglich eine sehr langsame Verschlechterung durchmachen.“ Es sei auch wichtig, möglichst früh mit der Therapie zu beginnen, da ein einmal entstandener Schaden nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Aktuelle Studiendaten zeigen, dass ein Behandlungsbeginn auch in der Altersgruppe über 80 den Betroffenen noch Vorteile bringt.2
Zwei neue Zulassungen in den vergangenen Monaten
Mit Acoramidis ist seit Kurzem ein weiterer TTR-Stabilisator für die Behandlung der ATTR-Amyloidose zugelassen. In der Zulassungsstudie ATTRibute reduzierte Acoramidis in einer hierarchischen Analyse einen kombinierten Endpunkt aus Gesamtsterblichkeit, Hospitalisierungen aus kardiovaskulären Gründen, Veränderung des NT-proBNP-Spiegels sowie Verschlechterung im Sechs-Minuten Gehtest signifikant. Die Studienpatient:innen durften zusätzlich unter Therapie mit Tafamidis stehen.3
Ebenfalls neuzugelassen in der Indikation kardiale ATTR-Amyloidose ist die „small interfering RNA“ Vutrisiran, die die TTR-Synthese in der Leber hemmt und bereits seit Längerem in der Indikation ATTR-assoziierte Neuropathie eingesetzt wird. Die Zulassung bei der kardialen Amyloidose beruht auf der Studie HELIOS B, in die sowohl Patient:innen mit hereditärer als auch Wildtyp-Transthyretin-Amyloidose mit Kardiomyopathie eingeschlossen wurden. Bei Patienten mit ATTR-CM war die Behandlung mit Vutrisiran im Vergleich mit Placebo mit einem geringeren Risiko für Tod aus jeglicher Ursache und für kardiovaskuläre Ereignisse verbunden, darüber hinaus kam es zu einem besseren Erhalt der funktionellen Kapazität und der Lebensqualität.4
Neue Evidenz gibt es auch zur supportiven Therapie bei kardialer ATTR-Amyloidose. Studiendaten zeigen, dass SGLT2-Inhibitoren auch bei dieser Form der Herzinsuffizienz das Risiko von Hospitalisierungen reduzieren.5
Quelle:
„Favoriten in der Kardiologie“, Fortbildungstagung am 22. März 2025 in Wien.
Literatur:
1 Elliott P et al.: Long-term survival with tafamidis in patients with transthyretin amyloid cardiomyopathy. Circ Heart Fail 2022; 15(1): e008193 2 Debonnaire P et al.: Tafamidis in octogenarians with wild-type transthyretin cardiac amyloidosis: an international cohort study. Eur Heart J 2025; 46(11): 1057-70 3 Gillmore JD et al.: Efficacy and safety of acoramidis in transthyretin amyloid cardiomyopathy. N Engl J Med 2024; 390(2): 132-42 4 Fontana M et al.: Vutrisiran in patients with transthyretin amyloidosis with cardiomyopathy. N Engl J Med 2025; 392(1): 33-44 5 Porcari A et al.: SGLT2 inhibitor therapy in patients with transthyretin amyloid cardiomyopathy. J Am Coll Cardiol 2024; 83(24): 2411-22
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