© V. Dannenberg/P. E. Bartko

Österreich-Premiere

Interventioneller Trikuspidalklappenersatz zur Therapie der Trikuspidalinsuffizienz

Im Dezember 2023 ist es dem Team rund um Professor Philipp Emanuel Bartko am Allgemeinen Krankenhaus der Medizinischen Universität Wien erstmalig in Österreich gelungen, einen interventionellen Trikuspidalklappenersatz durchzuführen. Die Therapie steht ab sofort für alle Patientinnen und Patienten zur Verfügung und schließt eine Versorgungslücke.

Keypoints

  • Die Trikuspidalinsuffzienz hat eine hohe Mortalität und Morbidität

  • Das „edge-to-edge repair“, besser bekannt als TriClip, hat sich als Sanierungsverfahren etabliert, führt aber nicht bei allen Patient:innen zu einer effektiven Reduktion der Trikuspidalinsuffizienz.

  • Ab sofort steht der interventionelle Trikuspidalklappenersatz in Österreich zur Verfügung, der geeignet ist für Patient:innen mit besonders starker Trikuspidalinsuffizienz und mit für das „edge-to-edge repair“ ungeeigneter Anatomie.

Die Trikuspidalinsuffizienz ist die häufigste Erkrankung der Trikuspidalklappe und ist mit einer sehr hohen Mortalität und Morbidität assoziiert.1 Eine Metaanalyse von Wang et al. im Jahr 2019 zeigte, dass die Sterblichkeitsrate bei Patient:innen mit einer mindestens mittelgradigen Trikuspidalinsuffizienz etwa doppelt so hoch ist wie bei Patient:innen mit keiner oder einer nur geringfügigen Trikuspidalinsuffizienz.2

Die sekundäre Trikuspidalinsuffizienz tritt signifikant häufiger auf als die primäre Form. Die Ursachen sind oft andere Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems wie eine Mitralinsuffizienz, eine pulmonale Hypertonie oder eine Linksherzinsuffizienz, unabhängig davon, ob die Pumpfunktion erhalten oder eingeschränkt ist.3,4 Das Resultat sind eine Vergrößerung des rechten Herzens, erhöhte Drücke in den Lungenarterien und das Auftreten von Vorhofflimmern. Patient:innen klagen über Atemnot und Beinödeme. Teilweise treten auch Aszites oder eine Reduktion der Leber- und Nierenfunktion auf.

Therapie der Trikuspidalinsuffizienz

Neben der konservativen, medikamentösen Therapie mit Diuretika empfehlen die europäischen Leitlinien für die Versorgung einer sekundären Trikuspidalinsuffizienz prinzipiell eher eine chirurgische Sanierung, vor allem wenn auch Linksherzerkrankungen operiert werden sollen.5 Gründe für die Zurückhaltung bei der Operation einer isolierten Trikuspidalinsuffizienz ist allerdings die hohe perioperative Mortalität von 8–10%.6–8

Aufgrund dessen wurden in den letzten Jahren interventionelle Verfahren zur Sanierung der Trikuspidalinsuffizienz entwickelt. Hierbei hat sich vor allem das sogenannte „edge-to-edge repair“ durchgesetzt. Das am häufigsten benutzte Implantat ist hierbei der TriClip™ (Abbott, Chicago, IL, USA). Verfügbar ist aber auch das PASCAL Device (Edwards Lifesciences, Irvine, CA, USA). Ein Koaptations- oder Klappenschlussdefekt kann durch das Implantat überbrückt und die Trikuspidalinsuffizienz reduziert werden.

Zu diesem Thema ist letztes Jahr die erste randomisierte Studie veröffentlicht worden. Es konnte gezeigt werden, dass der Eingriff die Symptome und die Lebensqualität deutlich verbessern kann. Eine Reduktion der Mortalität und der Zahl der Hospitalisierungen aufgrund einer Herzinsuffizienz ließ sich allerdings in den 1-Jahres-Nachuntersuchungen nicht nachweisen.9

Bei ungeeigneter Anatomie, wie z.B. besonders großen Koaptationsdefekten, führt ein „edge-to-edge repair“ allerdings oft nicht zu der gewünschten Reduktion der Trikuspidalinsuffizienz. Für diese Fälle werden schon seit einiger Zeit interventionelle Verfahren für den direkten Klappenersatz entwickelt. Eine besondere Herausforderung hierbei ist es, eine geeignete Verankerung der Prothese im Bereich des Trikuspidalannulus zu konstruieren.

Eine dieser Herzklappen ist die EVOQUE (Edwards Lifesciences, Irvine, CA, USA, Abb. 1, B und D), welche weltweit wahrscheinlich am häufigsten implantiert worden ist. Eine vor wenigen Wochen publizierte Studie zeigte vielversprechende Ergebnisse. Es konnte nicht nur die Trikuspidalklappe erfolgreich abgedichtet werden, sondern es zeigte sich auch eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität nach einem Jahr.10 Die Verankerung funktioniert durch mehrere Arme, welche von der Ventrikelseite in die Sehnenfäden greifen. Aufgrund der erst kürzlichen Zulassung in Europa ist diese Herzklappe allerdings noch nicht in Österreich verfügbar. Eine Erstimplantation ist frühestens Ende des ersten Quartals 2024 geplant.

Abb. 1: Interventioneller Trikuspidalklappenersatz VDyne (VDyne, Inc. Maple Grove, MN, USA) (A, C) und EVOQUE (Edwards Lifesciences, Irvine, CA, USA) (B, D)

Interventioneller Trikuspidalklappenersatz im AKH Wien

Eine weitere Herzklappe für den interventionellen Trikuspidalklappenersatz ist die VDyne (VDyne, Inc. Maple Grove, MN, USA, Abb. 1, A und C). Diese Herzklappe wurde weltweit weniger als 20-mal implantiert (Stand Jänner 2024). Sie wird mit mehreren Verankerungselementen im Bereich des Ventrikels und des rechtsventrikulären Ausflusstraktes stabilisiert.

Im Dezember 2023 gelang es im Allgemeinen Krankenhaus der Medizinischen Universität Wien erstmals, einen interventionellen Trikuspidalklappenersatz mit der VDyne durchzuführen. Hierbei gelang es, über eine Punktion der Femoralvene die Trikuspidalklappe zu ersetzen und vollständig abzudichten. Die Patientin konnte noch im OP extubiert werden und wurde am Folgetag auf die Normalstation verlegt.

Durch diese Prozedur ist nun eine Lücke in der interventionellen Therapie von Herzklappenerkrankungen geschlossen. In Österreich lassen sich damit ab sofort alle vier Herzklappen interventionell ersetzen. Dies ist ein wichtiger Schritt vorwärts in der Versorgung dieser schwer symptomatischen Patient:innen und bringt neue Hoffnung für die, die auf schonende Verfahren angewiesen sind.

1 Topilsky Y et al.: Burden of tricuspid regurgitation in patients diagnosed in the community setting. JACC Cardiovasc Imaging 2019; 12(3): 433-42 2 Wang N etb al.: Tricuspid regurgitation is associated with increased mortality independent of pulmonary pressures and right heart failure: a systematic review and meta-analysis. Eur Heart J 2019; 40(5): 476-84 3 Heitzinger G et al.: Contemporary insights into the epidemiology, impact and treatment of secondary tricuspid regurgitation across the heart failure spectrum. Eur J Heart Fail 2023; 25(6): 857-67 4 Mascherbauer J et al.: Presence of isolated tricuspid regurgitation should prompt the suspicion of heart failure with preserved ejection fraction. PLoS One 2017; 12(2): e0171542 5 Vahanian A et al.: 2021 ESC/EACTS Guidelines for the management of valvular heart disease. Eur Heart J 2022; 43(7): 561-632 6 Fender EA et al.: Isolated tricuspid regurgitation: outcomes and therapeutic interventions. Heart 2018; 104(10): 798-806 7 Kundi H et al.: Prevalence and outcomes of isolated tricuspid valve surgery among medicare beneficiaries. Am J Cardiol 2019; 123(1): 132-8 8 Zack CJ et al.: National trends and outcomes in isolated tricuspid valve surgery. J Am Coll Cardiol 2017; 70(24): 2953-60 9 Sorajja P et al.: Transcatheter repair for patients with tricuspid regurgitation. N Engl J Med 2023; 388(20): 1833-42 10 Kodali S et al.: Transfemoral tricuspid valve replacement and one-year outcomes: the TRISCEND study. Eur Heart J 2023; 44(46): 4862-73

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