
ATTR-Amyloidose: gute Daten zu Tafamidis und neue Therapien am Horizont
Bericht:
Reno Barth
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Der selektive TTR-Stabilisator Tafamidis hat die Therapie der ATTR-Amyloidose deutlich verbessert. Neue Daten, die im Rahmen des Heart-Failure-Kongresses 2023 präsentiert wurden, zeigen anhaltende Vorteile und ein signifikant verlängertes Gesamtüberleben. Außerdem befinden sich weitere Therapien in der Indikation in der Pipeline.
ATTR-Amyloidose ist durch Bildung und Ablagerung von Amyloidfibrillen charakterisiert. Sie entstehen, wenn in der Leber gebildetes und physiologischerweise als Tetramer sezerniertes Transthyretin (TTR) in Monomere dissoziiert, die in der Folge zu Amyloidfibrillen aggregieren, so Dr. Pablo Garcia-Pavia vom Hospital Universitario Puerta de Hierro in Madrid. Die Ablagerung der abnormen TTR-Varianten kann z.B. im Nervensystem, im Herzen oder im Magen-Darm-Trakt erfolgen. Es wird zwischen hereditären Formen der ATTR-Amyloidose, denen eine Mutation im Transthyretin- (TTR)-Gen zugrunde liegt, und erworbenen Formen der Krankheit unterschieden. Die pathophysiologische Kaskade erlaubt theoretisch Eingriffe an drei Stellen, so Garcia-Pavia: Man kann die TTR-Synthese unterbinden, die TTR-Tetramere stabilisieren oder den Abbau des abgelagerten Amyloids fördern. Für alle diese Optionen befinden sich Therapien in Entwicklung.1
Tafamidis: deutliche und signifikante Lebensverlängerung
Zur Behandlung der ATTR-Amyloidose ist der selektive TTR-Stabilisator Tafamidis indiziert und zugelassen zur Behandlung der Wildtyp- oder hereditären ATTR-Amyloidose bei erwachsenen Patienten mit Kardiomyopathie. Tafamidis bindet an die Thyroxin-Bindungsstellen des TTR und verlangsamt die Dissoziation des Tetramers. In der Zulassungsstudie ATTR-ACT reduzierte Tafamidis das Mortalitätsrisiko über 1,5 Jahre um 30%.2 Garcia-Pavia betont, dass nun verfügbare Langzeitdaten zeigen, dass Tafamidis noch wirksamer ist. So ergab eine Studie mit einem medianen Follow-up von knapp fünf Jahren eine Mortalitätsreduktion durch Tafamidis um 40% vs. Placebo. Nach Ende der Studie wurden die Placebo-Patienten auf Tafamidis umgestellt.3 Garcia-Pavia: „Je früher im Krankheitsverlauf Patienten Tafamidis erhielten, desto größer war der Effekt. Tafamidis entfernt kein Amyloid aus dem Myokard, es reduziert aber die Bildung von neuem Amyloid. Es zeigte sich, dass auch Patienten in NYHA-Klasse 3 von Tafamidis profitierten.“
Auch bei Patienten über 80 Jahre zeigten sich Vorteile bei der Verlängerung der Sechs-Minuten-Gehstrecke (6MWD) und der Verbesserung der Lebensqualität. Die Mortalität war dem Trend nach reduziert, wobei Garcia-Pavia betont, dass es schwierig sei, bei so alten Menschen Überlebensvorteile zu zeigen.4
In einer Analyse der Studie ATTR-ACT wurde demonstriert, dass Patienten mit der Zufallsdiagnose einer ATTR-Amyloidose und normaler Herzfunktion einen besonders deutlichen Vorteil durch die Stabilisierung der TTR-Tetrameren haben.5
Neue Therapien am Horizont
Weitere Substanzen, die in die amyloidogene Kaskade eingreifen, befinden sich in Entwicklung. Garcia-Pavia nennt das vor Jahrzehnten entwickelte und in einigen Ländern zugelassene nichtsteroidale Antirheumatikum Diflunisal, zu dem es bei ATTR-Amyloidose mit Kardiomyopathie aber keine Phase-III-Studie gibt.
Für den TTR-Stabilizer Acoramidis wurde eine Phase-III-Studie soeben abgeschlossen, die Ergebnisse aber noch nicht veröffentlicht. In einer Interimsanalyse nach 12 Monaten wurde der primäre Endpunkt nicht erreicht, Biomarker-Daten weisen jedoch in Richtung einer besseren Entwicklung in der Verumgruppe. „Wir warten gespannt auf die Ergebnisse“, so Garcia-Pavia.
Für Patisiran, eine „small interfering RNA“, die die Synthese von TTR in der Leber unterbinden soll, besteht eine Zulassung bei ATTR-Amyloidose mit Polyneuropathie. Garcia-Pavia: „Bei Patienten mit Polyneuropathie und Kardiomyopathie sehen wir günstige Effekte auch auf die Kardiomyopathie. In der Studie APOLLO B konnte eine Verbesserung von 6MWD, NT-proBNP und Lebensqualität bei Patienten mit ATTR-Amyloidose mit Kardiomyopathie gezeigt werden.“ Aufgrund des bislang kurzen Follow-ups sind aber (noch) keine Effekte auf das Überleben zu erkennen.6
Mit Vutisiran und Eplontersen befinden sich Silencer der 2. Generation in klinischer Entwicklung. Resultate klinischer Studien werden erst in einigen Jahren erwartet.
Am Horizont ist eine Gentherapie basierend auf CRISPR/Cas9-Technik, die an neun Patienten mit guten Sicherheitsresultaten getestet wurde. Eine klinische Studie soll noch in diesem Jahr beginnen.
Quelle:
Heart Failure 2023, Session „Where to position the new HF drugs?“, 20. Mai 2023, Prag
Literatur:
1 Garcia-Pavia P et al.: Diagnosis and treatment of cardiac amyloidosis: a position statement of the ESC Working Group on Myocardial and Pericardial Diseases. Eur Heart J 2021; 42(16): 1554-68 2 Maurer MS et al.: Tafamidis treatment for patients with transthyretin amyloid cardiomyopathy. N Engl J Med 2018; 379(11): 1007-16 3 Elliott P et al.: Long-term survival with tafamidis in patients with transthyretin amyloid cardiomyopathy. Circ Heart Fail 2022; 15(1): e008193 4 Garcia-Pavia P et al.: Efficacy of tafamidis in patients 80 years and older with transthyretin amyloid cardiomyopathy in ATTR-ACT. ACC 2023; Moderated Poster: Presentation 1065-5, March 5 5 Gonzalez-Lopez E et al.: Prognosis of transthyretin cardiac amyloidosis without heart failure symptoms. JACC CardioOnc 2022; 4(4): 442-54 6 Fontana M et al.: Patisiran treatment for ATTR cardiac amyloidosis: 18-month results of the phase 3 APOLLO-B study. Heart Failure 2023, presented May 20
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