© UKH Salzburg

ÖGU – Austrian Fellowship for Traumatology 2024

Going West

Von 19. Februar bis 1. März 2024 durfte ich fünf orthopädisch-traumatologische Abteilungen im Rahmen des „Austrian Fellowship for Traumatology“ besuchen.

In chirurgischen Fächern ist es besonders wichtig, ein möglichst breites Erkrankungs- bzw. Operationsspektrum gesehen zu haben, was den Hauptbeweggrund meiner Bewerbung für das Fellowship darstellte. Darüber hinaus war es mir ein besonderes Anliegen zu sehen, ob und vor allem wie die Transformierung zum „neuen Sonderfach“ an anderen Kliniken umgesetzt wurde.

LKH Feldkirch

Gegen Abend und erstaunlicherweise ohne Verspätung vonseiten der ÖBB kam ich nach einer kleinen, jedoch österreichischen Verhältnissen entsprechenden Weltreise (ausgehend von Wien) in Vorarlberg im LKH Feldkirch an. Der nächste Morgen begann mit einer herzlichen Begrüßung und Vorstellung durch Prim. El Attal und einer kurzen Führung durch die Ambulanzen, Stationen und den Schockraum. Danach ging es an den Ort, wo jeder Chirurg hingehört – in den OP:

Von einer Trochlearplastik inklusive MPFL über Knie-TEPs bis hin zu multisegmentalen dorsalen Stabilisierungen war alles dabei – ein ausgewogener Ortho-Trauma-Mix schon vom ersten Tag an. Ohne vom Gas zu gehen ging es nahtlos mit einer abendlichen Fortbildung mit kleinem Workshop des neuen Nanoskops weiter. Der restliche Abend fand bei einem netten Abendessen einen würdevollen Ausklang. Auch der zweite Tag bot ein abwechslungsreiches Potpourri aus Kreuzbändern, OLEs, langstreckigen Fusionen und als Krönung eine komplexe Beckenverplattung bei Acetabulumfraktur durch den Primar persönlich. Gerne wäre ich länger geblieben, aber ich wurde ja bereits anderswo erwartet. Bisheriges Fazit: Auch als Wiener fällt mir nichts ein, worüber ich raunzen könnte.

Universitätsklinik Innsbruck

Nachdem ich einen großen Teil meiner Ausbildung an der Unfallchirurgie im AKH Wien verbracht habe, war ich natürlich auch sehr interessiert daran zu sehen, wie der Alltag in den anderen Universitätskliniken abläuft. Nach einer netten Vorstellung durch Prof. Arora und einer lebhaften Morgenbesprechung wurde mir durch meine ehemalige Kollegin Cornelia Zeitler die Klinik ausgiebig gezeigt. Danach ging es im OP auch schon munter weiter mit Kreuzbändern, Revisionskreuzbändern und einer periprothetischen Fraktur. Im Nebensaal wurden Prothesen implantiert und auch der „Handsaal“ hatte viel zu bieten: alles von Dupuytren bis hin zu komplexen Achskorrekturen. Zusammenfassend erhielt ich einen guten Überblick über das vor allem sportliche und im Vergleich zu Wien eher jüngere „Patientenkollektiv“. Am Abend lud Prof. Arora in illustrer Runde zum Abendessen ein, wo in angenehmer Atmosphäre der interuniversitäre-fachliche Austausch nicht zu kurz kam.

Der letzte Tag hatte noch einige unfallchirurgische Schmankerln zu bieten: Vom HKB-Ersatz inklusive Seitenbandrekonstruktion bei komplexer Instabilität bis hin zu einer Mehrfragment- – oder eher „zerbröselten“ – Olecranonfraktur, bei der Prof. Arora nicht nur seine langjährige Erfahrung demonstrierte, sondern auch viele Tipps und Tricks verriet, war alles dabei, was das Herz begehrt. Auch in Innsbruck verging die Zeit wie im Flug und die Reise ging weiter.

Bezirkskrankenhaus St. Johann inTirol

Nach einem intensiven OP-Tag in Innsbruck kam ich zu etwas späterer Stunde in St. Johann an. Hier erfolgte auch schon die erste Überraschung: Die Bezeichnung Dienstzimmer war wohl eine Untertreibung – Dienstwohnung mit Wohlfühlfaktor traf es eher. Die nächste Überraschung folgte direkt am nächsten Tag: Trotz der Lage des Hauses wird das gesamte Repertoire des neuen Faches angeboten: von Knorpelchirurgie über Endoprothetik bis hin zur Wirbelsäule. Für den traumatologischen Schwerpunkt sorgten während meines Aufenthaltes dankenswerterweise die holländischen Touristen.

Neben der fachlichen Weiterbildung der Kolleg:innen mit internationalen Rotationen unter anderem in Kanada oder England legt Prim. Brunner auch Wert auf Wissenschaft und Implementierung modernster Methoden. Der anschließende Abend, zu dem Prim. Brunner einlud, war nicht weniger spannend, da er als passionierter Enduro-Fahrer von einigen spannenden Abenteuern berichtete. Vielleicht begegnet man sich am Pamir-Highway wieder.

Nach einem intensiven Skiwochenende ohne Verletzungen begann der letzte Tag in St. Johann. Nach der Versorgung eines Schockraum-Patienten, eines Skifahrers, ging es auch schon weiter mit dem OP-Programm. Zum Warmwerden gab es eine Knieprothese und als Hauptgang dann eine periprothetische Femurfraktur mit Schaftlockerung. Als Draufgabe gab es im Anschluss noch ein Kreuzband und leider hieß es dann schon wieder Abschied nehmen Richtung Zell am See.

Tauernklinikum Zell am See

Nach einer kurzen Bahnfahrt ging es weiter ins pittoreske Zell am See. Weniger beschaulich ging es im Spital zu: Umgeben von vier großen Skigebieten ist immer für Arbeit gesorgt. Selten habe ich so viele Tibiakopffrakturen auf einmal gesehen. Aber auch der Unterschenkelnagel bei Spiral- oder Keilbrüchen wurde wie am Fließband operiert. Weiters wurde auch sporttraumatologisch alles vom Kreuzband bis hin zur komplexen Rotatorenmanschette oder Wirbelsäulenchirurgie geboten. Mein Fazit bereits nach dem ersten Tag: ein Mekka für die Extremitätenchirurgie – also falls jemand zumindest eine Wintersaison Zeit hat, einfach bewerben! Aber es muss nicht nur der Winter sein, dank globaler Erwärmung bzw. des zunehmenden Sommertourismus ist mittlerweile traumatologisch ganzjährig Hochsaison. Das Spektrum und die Fälle muss man einmal verdauen, daher lud Prim. Franke nach einem langen Tag noch zu einer ausgiebigen Nachbesprechung ein.

© D. Popp

Nicht nur traumatologisch, auch kulinarisch hat Zell am See einiges zu bieten. Abendessen mit Prim. Franke (li.)

Einen Katzensprung vom Krankenhaus entfernt durfte ich eine erholsame Nacht in meinem Dienstzimmer verbringen. Das war auch bitter nötig, denn der nächste Morgen begann mit einem kniffligen Fall: Ein zwölfjähriges Mädchen stellte sich nach einem Sturz mit Schmerzen – und einem Radiusköpfchen, das einfach nicht in Position bleiben wollte mit verdächtiger Krümmung im Seitenvergleich im Sinne einer „Bowing Fracture“ – vor. Ungewöhnlich für das Alter. Nach einer TEN-Versorgung war es jedoch dann (endlich) stabil. Danach ging es weiter mit einem Kreuzband, einer Knie-TEP und es hatten sich auch schon ein paar Unterschenkelfrakturen angesammelt. Auch hier hätte ich gerne ein paar Tage mehr verbracht, aber das UKH Salzburg rief schon zum nächsten und damit letzten Halt auf meiner Reise.

UKH Salzburg

Nach einer freundlichen Vorstellung in der Morgenbesprechung ging es gleich mit dem unfallchirurgischen Kerngeschäft los: eine Verplattung, genauer gesagt eine periprothetische Fraktur. Nach zügiger Versorgung durch Prim. Suda schloss sich nahtlos eine Unterschenkelfraktur an. Um es etwas spannender zu machen, hat die betroffene Extremität bereits eine Revisions-Knieprothese mit Stem – möglicherweise ein Wiederholungstäter. Danach war in den anderen Sälen noch genug Zeit für diverse sporttraumatologische Leckerbissen vom Kreuzband bis hin zur komplexen Rotatorenmanschette und auch endoprothetisch durfte ich eine Hüft-TEP miterleben. Kurzum: eine ausgewogene Mischung aus orthopädischen und traumatologischen Inhalten.

Nach einem kulinarisch gelungenen abendlichen Ausklang folgte am nächsten Tag das nächste „Gustostückchen“: eine hintere Acetabulumfraktur bei einem 50-jährigen Patienten – ein echtes Puzzlestück, aber für Prim. Suda kein nennenswertes Problem.

© UKH Salzburg

Komplexe hintere Acetabulumfraktur vor (li.) und nach OP (re.) am UKH Salzburg

Das UKH enttäuschte als letzte Station nicht und somit durfte ich nach zwölf interessanten und vor allem lehrreichen Tagen meine Koffer mit neuen Erfahrungen im Handgepäck packen. Die Zeit ist zu schnell vergangen und ich bin dankbar, diese Erfahrung gemacht haben zu dürfen.

An dieser Stelle möchte ich mich nochmals für die tollen Einblicke und Operationen bei allen Primarii bedanken und auch bei der ÖGU, die dieses interessante und lehrreiche Fellowship ermöglicht hat. Auch wenn die Verweildauer von zwei Tagen pro Klinik an ein unfallchirurgisches Speeddating denken lässt, so konnte ich für meine Zukunft gute Eindrücke sammeln, was mir bestimmt anderweitig sonst nicht möglich gewesen wäre. Ich kann den jüngeren Kolleg:innen nur empfehlen, sich für dieses Fellowship zu bewerben , denn es war eine einzigartige Erfahrung. Hätte ich das eine oder andere früher gesehen, so wäre ich mit Sicherheit – für zumindest eine Skisaison – vom Flachland ins „Hochalpine“ gepilgert. In diesem Sinne kann ich nur empfehlen: „Go west!“

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