
Ein interdisziplinäres Pionierprojekt: die Tracheostoma-Ambulanz in Graz
Autorin:
Dr. Hannaleena Tervonen
Klinische Abteilung für Phoniatrie
Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde
LKH-Univ. Klinikum Graz
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Am LKH-Universitätsklinikum Graz besteht seit Anfang 2019 eine interdisziplinäre Ambulanz für komplexe Fragestellungen bei kanülenversorgten Patient*innen mit Tracheostoma. Sie stellt die größte Anlaufstelle aus dem südösterreichischen Raum dar und ist erst die zweite Ambulanz in Österreich mit diesem speziellen Fachhintergrund.
Keypoints
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Die Tracheostoma-Ambulanz ist eine Anlaufstelle für komplexe Fragestellungen, die meist einen höheren Zeitaufwand erfordern.
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Zu den häufigsten Konsultationsgründen zählen Ventilationsstörungen, Druckstellen oder Schmerzen im Bereich des Stomas, rezidivierende Blutungsepisoden sowie Stimm- und Schluckstörungen.
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In der Ambulanz können zudem Angehörige und Pflegepersonal in die Handhabung der Tracheostomaversorgung eingeschult werden.
Patient*innen mit einem Tracheostoma haben einen operativ angelegten Zugang zur Luftröhre am Hals. Die Indikationsliste für diesen Therapieschritt ist mannigfaltig; die häufigsten Gründe für die Anlage eines ebensolchen sind:
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Langzeitbeatmung
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Verlegung der Atemwege durch z.B. Traumata oder Tumoren
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Schluckstörungen mit Aspiration
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Respiratorische Insuffizienz
Tracheostomata werden sowohl vorübergehend (zum Beispiel im Sinne einer Schutztracheotomie bei Tumoren im Kopf-Hals-Bereich) oder permanent (bei zum Beispiel dauerhafter Beatmung) angelegt. Die Indikationen erstrecken sich somit über verschiedenste Fachbereiche von der Onkologie über die Neurologie bis zur Pädiatrie. Aus diesem Grund sind Patient*innen mit einem Tracheostoma genauso mannigfaltig hinsichtlich ihrer Grunderkrankungen als auch ihrer Anforderungen.
Zum Offenhalten des Stomas muss aus einer Vielzahl von Produktanbietern für jeden Patienten individuell die ideale Kanüle gewählt werden. Diese verwendeten Trachealkanülen können sich interindividuell durch Länge, Form und Material unterscheiden, zudem können sie zum Schutz der unteren Atemwege vor Aspiration geblockt werden oder zur Sicherstellung der Stimmproduktion gesiebt sein.
Um eine adäquate und gleichzeitig sehr zeitintensive Versorgung dieser Patient*innen sicherzustellen, wurde im Jahr 2019 die interdisziplinäre Tracheostoma-Ambulanz des LKH Graz ins Leben gerufen. Das Team aus Ärzt*innen, Logopäd*innen und Pflegepersonen bietet in einem zweiwöchentlichen Abstand drei ambulante Termine an der klinischen Abteilung für Phoniatrie der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde an, welche sowohl für Fragestellungen hinsichtlich des Umgangs mit Kanülen Platz bietet als auch eine ambulante Versorgung für anatomisch komplexe Stomata, Stimm- oder Schluckprobleme gewährleistet.
Für welche Patient*innen ist die Tracheostoma-Ambulanz gedacht?
Abb. 1: Patient der interdiszipilinären Tracheostoma-Ambulanz am LKH-Univ.-Klinikum Graz
Sobald sich das betreuende Umfeld des/der betroffenen Patienten/Patientin mit einer Fragestellung – das Tracheostoma betreffend – überfordert sieht, kann eine Vorstellung an der Ambulanz der klinischen Abteilung für Phoniatrie, LKH der Univ.-Klinik für HNO-Heilkunde Graz, terminisiert werden. Idealerweise wird dem/der Patienten/Patientin dazu ein schriftlicher medizinischer Brief hinsichtlich Vorgeschichte und Kanülen-Historie mitgegeben und eine Vertrauensperson (und auch die Hauptpflegeperson) zu diesem Termin mit dem/der Patienten/Patientin vorstellig.Häufige Probleme sind Ventilationsstörungen („Falschluft“), Druckstellen oder Schmerzen im Bereich des Stomas oder aber auch rezidivierende Blutungsepisoden sowie Stimm-und Schluckstörungen.
Typische Fälle in unserer Tracheostoma-Ambulanz sind Patient*innen mit starkem Übergewicht, anatomisch ungünstig liegenden Tracheostomata oder aber auch alters- oder syndrombedingte Deformierungen im Kopf-Hals-Bereich.
Eine richtige Kanüle für die jeweiligen Patient*innen zu finden, benötigt oft mehrere Anpassungen, kurzfristige Kontrollen und eventuell auch spezielle maßgeschneiderte Anfertigungen. Zusammenarbeit sowohl mit Kanülen-Anbietern als auch mit Epithesen-Firmen gehört zur Routine.
Was können wir Patienten mit Schluckstörungen anbieten?
Grundsätzlich kann gesagt werden, dass Schluckstörungen bei Kanülen-versorgten Patienten gehäuft vorkommen und deshalb auch einen Schwerpunkt in unserer Ambulanz darstellen.
Klinisch können bei Vorstellung im Rahmen einer FEES („fiberendoscopic evaluation of swallowing“) die ersten Schritte zur Abklärung einer Schluckstörung durchgeführt werden, und, sofern nötig, erste Schritte hinsichtlich Einschränkungen oder Abänderung der peroralen Kostform erfolgen. Eine weiterführende Therapie (z.B. logopädisches Schlucktraining, diätologische Beratung) kann bei Bedarf eingeleitet werden.
Zusammenfassung
Die ambulanten Vorstellungen sollen sowohl Fragestellungen seitens der Patient*innen beantworten, es können aber auch Angehörige und Pflegepersonal in die Handhabung der Tracheostomaversorgung eingeschult werden. Das oberste Ziel ist natürlich die fachlich optimierte Therapie und auch die Gewährleistung der Autonomie und Lebensqualität der Patient*innen mit einem Tracheostoma.
Unsere interdisziplinäre Tracheostoma-Ambulanz soll für Patient*innen mit komplexeren Fragestellungen bzgl. Tracheostoma eine Anlaufstelle darstellen, die genug Ressourcen und Zeit für die oftmals aufwendigen Untersuchungen und Diagnostiken zur Verfügung stellen kann.
Unser interdisziplinäres Team arbeitet in enger Abstimmung mit anderen Fachrichtungen, u.a. Thoraxchirurgie, Pädiatrie, Pulmologie oder Gastroenterologie, und stellt den Kontakt zu diversen Produktanbietern her.
Nach drei Jahren Erfahrung können wir zusammenfassend sagen, dass sich die multidisziplinäre Zusammenarbeit gelohnt hat und viele Patient*innen davon einen Benefit hinsichtlich Lebensqualität erfahren haben. Terminvereinbarungen sind täglich zwischen 7.30 und 8.30 Uhr unter der Tel. +43 316 38512505 möglich.
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