
Darmbakterien als Schlüssel zur Leber
Bericht:
Reno Barth
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Die Erforschung des Darmmikrobioms eröffnet nicht zuletzt die Chance auf neue Biomarker für Leberfunktion und -pathologie sowie möglicherweise auch auf neue Therapien. Dies zeigen Studien zur Wirksamkeit von Stuhltransplantationen bei verschiedenen Lebererkrankungen.
Dass es im Rahmen von Erkrankungen der Leber zur Dislokation bakterieller Bestandteile aus dem Darm in die Zirkulation kommt, ist seit vielen Jahrzehnten bekannt, so Univ.-Prof. Dr. Alexander Moschen, PhD von der Johannes Kepler Universität in Linz. Mittlerweile gäbe es jedoch, so Moschen, Belege, dass beispielsweise bei Autoimmunhepatitis ganze Bakterien aus dem Darm in die Leber transloziert werden und dort unter anderem Autoimmunprozesse fördern. Moschen: „Was im Darm geschieht, ist wichtig, denn es beeinflusst, was im Fettgewebe und anderen metabolischen Organen stattfindet und dann wieder der Leber vermittelt wird. Damit kann möglicherweise das Mikrobiom einen Angriffspunkt für neue Therapien bieten.“
Stuhltransplantation gegen Dysbiose
Dysbiose dürfte also einer der Faktoren sein, die zum Entstehen von Lebererkrankungen beitragen. Ein wesentlicher Faktor der Entstehung einer Dysbiose ist der Verlust des strikt anaeroben Milieus im Darm, der seine Ursache in einer Entzündung, metabolischem Stress oder der Einnahme bestimmter Medikamente haben kann. In der Folge werden jene Bakterien begünstigt, die Sauerstoff besser tolerieren. Moschen: „Das sind aber genau jene Bakterien, die Inflammation vorantreiben und Probleme verursachen.“ Eine Möglichkeit, hier Veränderungen zu bewirken, ist die Stuhltransplantation. Zur Wirkung dieser Prozedur auf Lebererkrankungen wurden auf den hepatologischen Kongressen des Jahres 2020 mehrere bahnbrechende Arbeiten präsentiert. So zum Beispiel die randomisierte, kontrollierte PROFIT-Studie, die die Machbarkeit der Stuhltransplantation bei Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose untersuchte.1 Die Studie zeigte, dass die Stuhltransplantation in der untersuchten Population sicher war und gut vertragen wurde. Der wesentliche klinische Effekt war eine Reduktion von Ammoniak im Blut.1 Analysen des Darmmikrobioms der Patienten zeigten eine Abnahme proinflammatorischer Keime wie Enterococcus faecalis und enteropathogener E.Coli, begleitet von der vermehrten Ausschüttung antiinflammatorischer Faktoren wie IL-10 und IP10. Interessanterweise wurde auch verstärkt TNF-alpha ausgeschüttet, was die Autoren mit verstärkter antibakterieller Abwehr erklären.2 Eine indische Gruppe berichtete im Rahmen des AASLD-Kongresses von Verbesserungen diverser Biomarker durch einmalige Stuhltransplantation bei Patienten mit dekompensierter Zirrhose. Das Überleben konnte allerdings innerhalb des Beobachtungszeitraums von 180 Tagen nicht verbessert werden.3
Präbiotische Konzepte
Moschen äußert allerdings Zweifel, dass die Stuhltransplantation angesichts des Aufwands der Methode und der hohen Patientenzahlen im klinischen Alltag jemals Methode der Wahl in der Behandlung von Lebererkrankungen sein wird. Alternativen werden also dringend benötigt. Präbiotische Konzepte könnten sich dabei durchsetzen und werden nicht zuletzt von der Industrie mit relativ hohem Aufwand beforscht und entwickelt. Mit „microbiome metabolic therapies“ (MMT) wurde auch bereits ein marketingtauglicher Überbegriff gefunden. Das Konzept besteht darin, dem Darmmikrobiom Metaboliten zuzuführen, die die Expansion bestimmter Spezies begünstigen. Für zahlreiche Vertreter dieser Gruppe konnte im Vergleich zu Maltodextrin sowohl ex vivo als auch in vivo ein größerer Effekt auf die Ammoniakproduktion durch Darmbakterien demonstriert werden. Das synthetische Glykan KB174 erwies sich in einer randomisierten, kontrollierten Studie als gut verträglich, seine Wirksamkeit konnte bislang jedoch noch nicht belegt werden.4
Quelle:
„Mikrobiom und Leberkrankheiten“, Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Alexander Moschen, PhD, Linz, im Rahmen des „Wrap-Up Hepatologie AASLD/EASL 2020“; online WEBseminar vom 9. Jänner 2021
Literatur:
1 Woodhouse C et al.: ILC 2020, LBP29 2 Edwards L et al.: ILC 2020, LBP08 3 Dhiman AK et al.: AASLD 2020, Abstract No. 176 4 Mittleman RS et al.: ILC 2020, SAT101
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