© Getty Images/iStockphoto

UEGW 2016

Autoimmune Lebererkrankungen – Standard of Care und Optionen zur Zweitlinientherapie

<p class="article-intro">Die Inzidenz der autoimmunen Lebererkrankungen ist deutlich steigend<sup>1, 2</sup> – nur ein Teil dieses Anstieges ist der verbesserten Diagnose zuzuschreiben, sodass dieser „Krankheits-Cluster“ einen relevanten Anteil im Rahmen der klinischen Hepatologie einnimmt. Von therapeutischer Relevanz sind, insbesondere bei therapierefraktären Patienten, Overlap-Syndrome, welche im Rahmen aller autoimmunen und immunmediierten Lebererkrankungen auftreten können (Abb. 1).<sup>3, 4</sup></p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>AIH: Therapie mit Steroiden und &shy;Azathioprin mit dem Ziel einer tiefen biochemischen und histologischen Remission; 2nd Line: MMF, 3rd Line: CNI; Relaps bei 90 % , Erfordernis &shy;lebenslanger Therapie zu evaluieren</li> <li>PBC: &bdquo;response-guided therapy&ldquo; mit UDCA; Non-Responder: Add-on-&shy;Therapie mit FXR oder PPAR; bislang entt&auml;uschende Ergebnisse mit Biologikatherapie</li> <li>PSC: nach wie vor Therapie mit UDCA; in Zukunft m&ouml;glicherweise Therapie mit NU, darmspezifische Therapie/Biologikatherapie</li> </ul> </div> <h2>Autoimmunhepatitis (AIH)</h2> <p>Die rezenten EASL Clinical Practice Guidelines<sup>5</sup> (CPG) empfehlen die bekannte gewichtsabh&auml;ngige (0,5&ndash;1mg/kgKG) Steroid-Induktionstherapie, gefolgt von Azathioprin-Add-on (bis 2mg/kg/d) nach Abfall der Transaminasen bzw. bei ikterischem Verlauf von Bilirubin sowie als Standard-Zweitlinientherapie Mycophenolat-Mofetil (MMF) bei Azathioprin-Into&shy;leranz. Bei be&shy;kannt hohen Azathioprin-Unvertr&auml;glichkeitsraten mag jedoch der Zweitlinientherapie mit Budesonid (3x3mg/d) als Standard-Agens bei nicht zirrhotischen Patienten neben MMF im Zuge der rezenten EASL-CPG zu wenig Platz einger&auml;umt worden sein. Insgesamt ben&ouml;tigen 10&ndash;20 % der AIH-Patienten aufgrund von &bdquo;Non-Response&ldquo; therapeutische Alternativen und somit ein Zweitlinien-Agens. Diskutiert wurde bisher neben der Anwendung von Cyclosporin<sup>6</sup> und Everolimus<sup>7</sup> unter anderem auch diejenige von Tacrolimus. Tacrolimus als &bdquo;latest kid on the block&ldquo; in der Reihe der Second-Line-Optionen bei Steroid-Non-Response wurde auch rezent in einer &bdquo;case series study&ldquo; bewertet.<sup>8</sup> Die Ergebnisse waren schlussendlich wenig befriedigend, da weder eine Reduktion der TA noch ein signifikanter Abfall der IgG-Spiegel erzielt werden konnte. Dar&uuml;ber hinaus musste im Rahmen der Langzeitbeobachtung ein Kreatinin-Anstieg verzeichnet werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Infekt_1701_Weblinks_s24.jpg" alt="" width="1417" height="1069" /></p> <h2>Remission &ndash; Therapiebeendigung</h2> <p>Die rezenten EASL CPG verfeinern den Begriff &bdquo;Remission&ldquo; &ndash; die Empfehlungen beinhalten nun eine 3-j&auml;hrige Therapie&shy;dauer, kombiniert mit zumindest 2-j&auml;hriger biochemischer Remission. In einer Studie von Hartl J et al<sup>9</sup> konnte aufgezeigt werden, dass selbst Patienten nach 2-j&auml;hriger Remission (28/288) immerhin noch zu 46 % relapsierten. Jene 54 % , die in nachhaltiger Remission verblieben, zeigten zu Therapieende ALT-Spiegel &lt;0,5xULN bzw. IgG-Levels &lt;12g/l (1.380 IU/ml). Zu diskutieren ist auf Grundlage dieser Studie die Wertigkeit der Leberbiopsie, da bei 5/11 Patienten mit &bdquo;normaler&ldquo; Histologie ein Relaps zu verzeichnen war. &Auml;hnliche Ergebnisse pr&auml;sentierten Dhaliwal HK et al:<sup>10</sup> 42 % der Patienten in biochemischer Remission wurden histologisch mit persistierender Entz&uuml;ndungsaktivit&auml;t evaluiert. Obwohl im Normbereich, hatten diese Patienten h&ouml;here ALT-Werte (24 vs. 18IU/ml). Wenngleich die Fallzahlen aus beiden Studien niedrig waren, scheint die Notwendigkeit des Erreichens einer &bdquo;deep remission&ldquo; (biochemische Marker: niedriger Normbereich) vor Therapiebeendigung durch diese Studien untermauert zu sein.</p> <h2>Prim&auml;r bili&auml;re Cholangitis (PBC)</h2> <p>Die Standardtherapie der PBC (Abb. 2) basiert auf Ursodeoxychols&auml;ure (UDCA, 13&ndash;15mg/KG/d); auch hier ist eine suffiziente Therapie durch das biochemische Ansprechen charakterisiert (Bilirubin &lt;1mg/dl; ALP &lt;1,5x ULN, AST &lt;1,5 ULN). Zu ber&uuml;cksichtigen ist auch hier das Risiko der Entwicklung eines hepatozellul&auml;ren Karzinoms (HCC). Wenngleich nur 10 % PBC-Patienten m&auml;nnlich sind, weisen m&auml;nnliche UDCA-Responder ein &auml;hnlich hohes Risiko auf, an einem HCC zu erkranken, wie weibliche UDCA-Non-Responder. Das h&ouml;chste Risiko f&uuml;r HCC-Entwicklung &shy;haben m&auml;nnliche UDCA-Non-Responder (kumulative HCC-Inzidenz 30 % ).<sup>11</sup> M&auml;nnliche UDCA-Non-Responder mit PBC-Diagnose stellen somit ein Kollektiv mit bisher unbefriedigenden Therapieoptionen dar. Bei Nichtansprechen stehen im Rahmen der Zweitlinientherapien neben Budesonid (3&ndash;9mg/d) und Mycophenolat-Mofetil (MMF, 1,5g/d) nun sowohl PPAR (Fenofibrat [200mg/d]/Bezafibrat [400mg/d]) als auch der FXR-Ligand Obetichols&auml;ure (Ocaliva&reg;) zur Verf&uuml;gung. Ocaliva&reg; erhielt zuletzt ein positives Voting (FDA/EMA) als Zweitlinientherapeutikum in der Behandlung der PBC, da im Rahmen der doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie POISE<sup>12</sup> eine signifikante Reduktion (p&lt;0,001) der alkalischen Phosphatase (ALP) mittels 12-monatiger Verabreichung von Obetichols&auml;ure (OS) sowohl im Titrations-Arm mit 5&ndash;10mg/d (ALP &ndash;113&plusmn;14U/l) als auch im Fixdosis-Arm mit 10mg/d (ALP &ndash;130&plusmn;15U/l), verglichen mit dem Placebo-Arm (ALP &ndash;14&plusmn;15U/l), nachgewiesen werden konnte. In einer explorativen Sekund&auml;ranalyse wurde im Placebo-Arm im 12-monatigen Verlaufszeitraum ein Anstieg der Bilirubin-Spiegel festgestellt, w&auml;hrend Bilirubin bei Patienten unter OS signifikant sank (p&lt;0,001). Der prim&auml;re Studienendpunkt (ALP &lt;1,67xULN+ALP-Reduktion &gt;15 % + Bilirubin &lt;ULN) wurde von 46 % (5&ndash;10mg/d) bzw. 47 % (10mg/d) der Patienten erreicht (Placebo: 10 % ). Als wichtige Nebenwirkung muss das Auftreten von Pruritus erw&auml;hnt werden (Placebo: 38 % ; Titrations-Arm: 56 % , 10mg-Arm: 68 % ); dieses scheint somit deutlich dosisabh&auml;ngig zu sein. Im Titrations-Arm war das Auftreten von Pruritus insgesamt zu managen, sodass nur 1 % der Patienten die Studie wegen dieser Nebenwirkung abbrach. Erw&auml;hnenswert ist auch der Einfluss von Ocaliva&reg; auf das Lipidprofil (HDL-Cholesterin und Triglyzeride ; LDL-Cholesterin ), welcher jedoch im Rahmen der PBC-Therapie im Gegensatz zur NASH-Therapie untergeordnet bewertet werden kann.</p> <p>Hinsichtlich der PPARs Fenofibrat (200mg/d) bzw. Bezafibrat (400mg/d) fehlen derzeit Daten von kontrollierten Studien; bisher verf&uuml;gbare Erkenntnisse wurden aus kleineren, unkontrollierten Studien gezogen; eine kontrollierte Studie aus Frankreich (BEZURSO) steht kurz vor dem Abschluss. Symptomorientiert (Pruritus) konnte eine Verbesserung verzeichnet werden; als Nebenwirkung musste jedoch sowohl ein Kreatinin- als auch ein Bilirubin-Anstieg verzeichnet werden. In einer retrospektiven Studie von Cheung et al,<sup>13</sup> die UDCA mit Fenofibrat kombinierte, konnte ein deutlicher ALP-R&uuml;ckgang aufgezeigt werden &ndash; jedoch bei gleichzeitigem Anstieg von Bilirubin. Dieser zeigte sich v.a. bei zirrhotischen PBC-Patienten als ausgepr&auml;gt. Die endg&uuml;ltigen Daten der derzeit laufenden BEZURSO-Studie (NCT01654731) werden daher mit gro&szlig;em Interesse erwartet.</p> <p>Insgesamt pr&auml;sentiert sich die Studienlandschaft hinsichtlich der PBC-Therapie insbesondere im Bereich des Gallens&auml;urentransports, des Gallens&auml;urenmetabolismus sowie des Signaling kompetitiv. Neben den bereits erw&auml;hnten FXR-Liganden (steroidal: OCA, INT-767; nicht steroidal: LJN452, FXR450, Px-104/GS-9674; GUT-restricted: Fexaramine) und PPARs (Elafibranor [PPAR&alpha;/&delta;], MBX-8025 [PPAR&delta;]) sind hier auch der rekombinante Fibroblast-Growth-Faktor FGF-19 (Down-stream-Signal von FXR: NGM282), Biologika (Ustekinumab [IL12&amp;23], Rituximab [CD20], FFP104 [CD40]) sowie ASBT-Inhibitoren (Gallens&auml;ure-Resorptionsblockade im Ileum) zu erw&auml;hnen.</p> <p>Die Zukunft wird zeigen, welcher dieser zurzeit in der Pipeline befindlichen Wirkstoffe in der Therapie der PBC von Relevanz sein wird.</p> <h2>Prim&auml;r sklerosierende Cholangitis (PSC)</h2> <p>Die fr&uuml;he Erkennung der PSC stellt nach wie vor eine klinische Herausforderung dar, da die sp&auml;te Diagnose den therapeutischen Erfolg limitiert (&bdquo;PSC als Zirrhose des Gallenganges&ldquo;, M. Manns). Das Screening von Langzeit-IBD-Patienten mittels MRCP zeigte, dass IBD-Patienten eine 3-fach erh&ouml;hte PSC-Pr&auml;valenz aufweisen (8 % ). 65 % dieser Patienten pr&auml;sentierten sich im Rahmen dieses Screenings bereits mit subklinischen Zeichen der PSC; dies trotz fehlender Auslenkung biochemischer PSC-Marker.<sup>14</sup> Obwohl es hinsichtlich Langzeit&uuml;berleben keine Evidenz zu einer UDCA-Therapie bei PSC gibt, zeigen sich die rezenten CPG (EASL/AASLD) &shy;gegen&uuml;ber UDCA offen. Dies gr&uuml;ndet auf der Beobachtung, dass nach Absetzen von UDCA eine biochemische und klinische Verschlechterung zu verzeichnen war. Somit wurde trotz fehlender Evidenz ein Revival von UDCA in der PSC-Therapie beobachtet.</p> <p>Dar&uuml;ber hinaus wurde neben UDCA zuletzt nor-UDCA (NU, seitenkettenverk&uuml;rztes UDCA-Derivat) in Studien untersucht (Abb. 2). NU ist resistent gegen&uuml;ber der Konjugation, unterliegt dem cholehepatischen Shunting, gefolgt von intrahepatischer Anreicherung und konsekutiven antifibrotischen, anticholestatischen und antiinflammatorischen Effekten. Unsere Gruppe konnte in einer placebokontrollierten, multizentrischen Phase-II-Studie<sup>15</sup> (NU: 500 vs. 1.000 vs. 1.500mg/d &ndash; 12 Wochen) eine signifikante Abnahme der ALP im Vergleich zur Placebogruppe aufzeigen. Eine Phase-III-Studie ist auf Grundlage der ermutigenden Ergebnisse in Planung. Neben dieser vielversprechenden Option befinden sich derzeit auch FXR-Liganden, Antibiotika (Vancomycin) als Modifikatoren der GUT-Dysbiose, PPARs sowie RARs (Retinoids&auml;urerezeptor-Agonisten) im wissenschaftlichen Fokus. Einen vielversprechenden Ansatz stellt hier u.a. Vedolizumab (Entyvio&reg;) als &alpha;4&beta;7-Integrin-Blocker (Homing-Kontrolle von GUT-&bdquo;primed&ldquo; Lymphozyten in der Leber) dar. Welcher dieser vielf&auml;ltigen Ansatzpunkte schlie&szlig;lich in die Therapie der PSC Einzug finden wird, muss auch hier mittels kontrollierter Studien ermittelt werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Infekt_1701_Weblinks_s26.jpg" alt="" width="1417" height="1118" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Gronbaek L et al: J Hepatol 2014; 60: 612-7 <strong>2</strong> Boonstra K et al: Liver Int 2014; 34: e31-8 <strong>3</strong> Boberg KM et al: J Hepatol 2011; 54: 374-85 <strong>4</strong> Trivedi PJ, Hirschfield GM: Aliment Pharmacol Ther 2012; 36: 517-33 <strong>5</strong> CPG, J Hepatol 2015; 36: 971-1004 <strong>6</strong> Alvares F et al: J Hepatol 1999; 31: 929-38 <strong>7</strong> Ytting H, Larson FS: Scand J Gastro 2015; 50: 1025-31 <strong>8</strong> Than NN et al: Scan J Gastro 2016; 51: 329-36 <strong>9</strong> Hartl J et al: J Hepatol 2015; 62: 642-6 <strong>10</strong> Dhaliwal HK et al: Am J Gastroenterol 2015; 110: 993-9 <strong>11</strong> Trivedi PJ et al: Gut 2016; 65: 321-9 <strong>12</strong> Nevens F et al: New Engl J Med 2016; 375: 631-43 <strong>13</strong> Cheung et al: Aliment Pharmacol Ther 2016; 43: 283-93 <strong>14</strong> Lunder et al: Gastroenterology 2016; 151: 660-9 <strong>15</strong> Trauner et al: EASL ILC 2016; Abstract LBO2</p> </div> </p>
Back to top