© srisakorn - stock.adobe.com

Post-SABCS 2024

Mammakarzinom: Neuerungen in der Chirurgie

Beim San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) wurden auch indiesem Jahr interessante Studien aus dem Bereich der Chirurgie präsentiert. Ich möchte Ihnen drei besondere Arbeiten vorstellen, deren Ergebnisse wegweisend sind und die somit Einfluss auf unsere Praxis haben werden.

Keypoints

  • Nodal isolierte Tumorzellen (ITC) nach neoadjuvanter Chemotherapie gehen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für das Auffinden von Mikro- oder Makrometastasen in den Axillalymphknoten einher.

  • Dennoch bedeutet dies nicht, dass auch ein höheres Rezidivrisiko besteht.

  • Bei invasivem Brustkrebs der Stadien T1–T3 mit präoperativ palpatorisch und sonografisch negativer Axilla und bis zu zwei Makrometastasen im Sentinellymphknoten ist die Sentinellymphknotenbiopsie der Axilladissektion hinsichtlich des brustkrebsspezifischen und des rezidivfreien Überlebens nicht unterlegen.

  • Bei Träger:innen von BRCA1-Mutationen verringert eine bilaterale Mastektomie im Vergleich zu brusterhaltenden Operationen die Brustkrebssterblichkeit nicht.

Die Forschungsgruppe um Walter Weber und das Oncoplastic Breast Consortium stellten unter dem Titel: „Are nodal isolated tumor cells (ITC) after neoadjuvant chemotherapy an indication for axillary dissection?“ eine interessante Arbeit vor. In die Untersuchung wurden von März 2008 bis Mai 2022 nach Screening 583 Patient:innen aufgenommen. Die Inklusionskriterien waren ein Tumorstadium T1–T4, Nodalstatus N0–N3 und bei der Operation nach neoadjuvanter Chemotherapie entdeckte ITC (ypN0([i+]) im Gefrierschnitt oder in der endgültigen Histologie.

Nach Randomisierung in zwei Gruppen wurde bei 182 Patient:innen eine Axilladissektion vorgenommen, bei 401 erfolgte keine Axilladissektion. Die durchschnittliche Follow-up-Zeit betrug 3,2 Jahre. Die Ergebnisse zeigten, dass in der Axilladissektions-Gruppe lediglich 30% positive Lymphknotenbefunde bei neoadjuvanter Chemotherapie zu finden waren. Diese 30% unterteilten sich wie folgt: 5% beinhalteten Makrometastasen, 7% zeigten Mikrometastasen und in 18% fanden sich ITC. Was bedeutet dieses Ergebnis nun für das Überleben? Es konnte gezeigt werden, dass nach fünf Jahren die Kurven für jegliches Wiederauftreten der Erkrankung der beiden Gruppen nicht auseinanderwichen (Abb. 1) – obwohl das Vorhandensein von ITC eine höhere Wahrscheinlichkeit für das Auffinden von Mikro- oder Makrometastasen nach neoadjuvanter Chemotherapie bedeutet.

Abb. 1: Nach fünf Jahren konnte kein statistisch signifikanter Unterschied hinsichtlich des Wiederauftretens eines invasiven Mammakarzinoms zwischen der Gruppe mit Axilladissektion und jener ohne diesen Eingriff festgestellt werden (modifiziert nach Weber W et al. SABCS 2023, Abstr. #GS02-02)

Vergleich der Sentinellymphknotenbiopsie mit der Axilladissektion

In der zweiten Arbeit wurden unter dem Titel: „Recurrence-free survival following sentinel node-positive breast cancer without completion axillary lymph node dissection – first results from the international randomized SENOMAC trial“ die Ergebnisse der SENOMAC-Studie präsentiert.

Dabei handelt es sich um eine prospektive, 1:1 randomisierte, internationale Noninferiority-Studie. Primärer Endpunkt war das brustkrebsspezifische Überleben, sekundärer Endpunkt das rückfallfreie Überleben. Randomisiert wurde nach Komplettierung der Axilladissektion vs. keine Komplettierung der Axilladissektion. Eingeschlossen wurden Patient:innen mit invasivem Brustkrebs der Stadien T1–T3, die präoperativ palpatorisch und sonografisch eine negative Axilla hatten, sowie bis zu zwei Makrometastasen im Sentinellymphknoten. Die Untersuchung ergab bei 84,7% der Patient:innen eine Makrometastasierung in einem Sentinellymphknoten und in 10,2% der Fälle Mikrometastasen in weiteren Lymphknoten.

Es konnte gezeigt werden, dass bei einem medianen Follow-up von 47 Monaten die Sentinellymphknotenbiopsie der Axilladissektion in den vorgegebenen Endpunkten nicht unterlegen war. Die Autoren und Autorinnen geben jedoch zu bedenken, dass ein großer Anteil der Patient:innen auch eine Bestrahlung der Axilla erhalten hat. Daher adressieren sie als nächsten Schritt den Verzicht auf eine Axillabestrahlung. Dies wird derzeit in der T-REX-Studie evaluiert.

Bilaterale Mastektomie bei BRCA1-Mutation

Die letzte Studie, die ich hier abbilden werde, beschäftigt sich mit Frauen, die Trägerinnen von BRCA1-Mutationen sind, und damit, welchen Einfluss eine bilaterale Mastektomie auf das Überleben dieser Frauen hat. Eine BRCA1- oder BRCA2-Mutation wird lediglich bei 3–4% der Frauen mit Brustkrebs gefunden. Daher ist dies eine Frage, die sich für viele nicht stellt und in dieser Form auch in Studien bisher nicht dargestellt wurde. Das Ziel der hier abgebildeten Studie war es, das Risiko für das Auftreten eines kontralateralen Brustkrebses sowie die Brustkrebssterblichkeit auf Basis der chirurgischen Behandlung von BRCA1-Trägerinnen zu evaluieren.

Insgesamt wurden 2482 Frauen mit Brustkrebs im Stadium I–III und einer BRCA1-Mutation aus 26 Zentren in 11 Ländern eingeschlossen. Das mediane Follow-up betrug 8,9 Jahre. 34,3% der Patient:innen erhielten eine brusterhaltende Operation, 46% hingegen eine Mastektomie und 19,7% eine beidseitige Mastektomie.

Das Ergebnis der Studie ist durchweg überraschend: Es konnte gezeigt werden, dass eine bilaterale Mastektomie die Brustkrebssterblichkeit im Vergleich zur brusterhaltenden Methode nicht verringert. Dies schlägt sich auch in einem p=0,52 nieder.Weiterführende Überlegungen sind, dass es weitere Studien mit längerem Follow-up-Intervall geben muss, um dieses Ergebnis zu bestätigen. Außerdem müssen neue Therapiekonzepte in derartige Studien einfließen, Stichwort Olaparib.

Des Weiteren sollte ein Vergleich mit Frauen, die keine BRCA1-Mutation tragen, angestellt werden; andere Gene wie PALB2 und Tp53 sollten ebenfalls Eingang in zukünftige Studien finden.

Zusammenfassend sei gesagt, dass sich der Trend der letzten Jahre fortsetzt und die chirurgischen Therapiekonzepte mehr und mehr auf ihre Sinnhaftigkeit und den Nutzen für die Patient:innen beleuchtet werden. Das erklärte Ziel ist die weitere Deeskalation der Chirurgie.

bei der Verfasserin

Back to top