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Keine Angst vor Cannabis?!
Jatros
30
Min. Lesezeit
07.03.2019
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<p class="article-intro">Seit Jahren wächst das Interesse am therapeutischen Potenzial von Cannabis und einzelnen Cannabinoiden, vor allem Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol (THC). Bisher ist die Studienlage zur Wirksamkeit und Sicherheit von medizinischem Cannabis jedoch noch lückenhaft. Univ.-Ass. Prof. Dr. Leo Auerbach, Leiter der Ambulanz für komplementäre Therapien an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde in Wien, erklärt, wie Cannabinoide in der Therapie eingesetzt werden und worauf dabei zu achten ist.</p>
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<p class="article-content"><p><strong>Welche Rolle spielen Cannabinoide in der Krebstherapie?</strong><br /> <strong>L. Auerbach:</strong> Cannabinoide spielen generell in der Krebstherapie eine sehr interessante Rolle, nicht nur bei gynäkologischen Tumoren. Ausschlaggebend für die Anwendung ist das Beschwerdebild der Patienten. Man muss unterscheiden zwischen Cannabisprodukten mit Tetrahydrocannabinol (THC), das den österreichischen Suchtgiftbestimmungen unterliegt, und den frei erhältlichen Cannabidiol(CBD)- haltigen Präparaten, die frei von THC sind (Restanteil <0,2–3 % ). THC-haltige Cannabinoide sind Bestandteil von Therapieoptionen gegen Schmerzen, Appetitlosigkeit, Kachexie, nicht nur in palliativen Situationen. Eine onkologische Wirksamkeit konnte in vielen Krebszell- und Tierversuchen beschrieben werden, bislang sind jedoch <em>in vivo</em> nur wenige Studien mit kleinen Fallzahlen publiziert, die eine onkologische Wirksamkeit von Cannabis noch nicht ausreichend bewiesen haben.</p> <p><strong>Wie erklärt sich die Wirkung der Cannabinoide bei Krebs?</strong><br /> <strong>L. Auerbach:</strong> Die medizinischen Wirkungen beruhen auf den Inhaltsstoffen THC und CBD. Im menschlichen Körper befinden sich in verschiedenen Organen Cannabisrezeptoren: CB-1-Rezeptoren kommen vor allem im Magen-Darm- Trakt sowie im zentralen und peripheren Nervensystem vor, aber auch in anderen Organen. Die CB-2-Rezeptoren sind primär in Zellen des Immunsystems und in den Zellen des Knochenstoffwechsels aufzufinden.</p> <p><strong>In welcher Form und wie lange werden sie verabreicht?</strong><br /> <strong>L. Auerbach:</strong> Cannabinoide können medizinisch betrachtet oral gegeben werden, zum Beispiel in Form von Tropfen, Kapseln oder einem Mundspray. Die Dauer der Gabe hängt von der Symptomatik ab.</p> <p><strong>Worauf muss man beim Einsatz von Cannabinoiden achten? Sind Neben- oder Wechselwirkungen bekannt?</strong><br /> <strong>L. Auerbach:</strong> Zunächst muss die Indikation korrekt gestellt werden. Für THC-haltige Präparate sind dies unter anderem Kachexie, Appetitlosigkeit und Schmerzen. In diesen Fällen werden die Kosten der Therapie auch von der Krankenkasse übernommen. Die CBD-haltigen Präparate sind frei erhältlich und werden vor allem bei Multipler Sklerose, Tourette-Syndrom, Demenz oder Neuropathien angewandt. Cannabinoide können auch neben anderen Therapien wie einer Chemo- oder Strahlentherapie eingesetzt werden, gemeinsam mit Morphinen ist auch über eine Wirkungssteigerung berichtet worden.<br /> Außerdem sind die Kontraindikationen zu beachten. Dazu zählen schwere Persönlichkeitsstörungen, Psychosen und schwere Herz- Kreislauf-Erkrankungen, Schwangerschaft und die Stillzeit. Bei älteren Patientinnen können stärkere zentralnervöse und kardiovaskuläre Nebenwirkungen auftreten.</p> <p><strong>Wie steht es mit dem Suchtpotenzial, besonders bei einer länger dauernden Anwendung?</strong><br /> <strong>L. Auerbach:</strong> Bei Cannabisprodukten kommt es, anders als bei anderen Suchtmitteln, nur in sehr seltenen Fällen zu einer psychischen Abhängigkeit.</p></p>
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