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Fluctuat nec mergitur

<p class="article-intro">Letztlich wurde es doch schwer von den Wogen geschüttelt, das kleine Schifflein des Österreichischen Hausärzteverbandes (ÖHV), sodass es nur noch als Floß der Medusa in Wien seinem Schicksal entgegentreibt.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Am 14. November 2016 beendete der &Ouml;HV, wie wir ihn kennen, in Rust sein Bestehen. Damit endete auch die lange Pr&auml;sidentschaft Dr. Christian Eulers, leise, wie eine Melodie verklingt. Der Beginn der &bdquo;&Auml;ra Euler&ldquo; war nun keineswegs von Trompetengeschmetter oder Fanfarenkl&auml;ngen eingeleitet, vielmehr ging ihm ein z&auml;hes Ringen voraus, das den gesamten Kongress in St. Wolfgang des Jahres 1997 pr&auml;gen sollte. Zuletzt aber hat Dr. Euler mit seinem Charme und seiner Konzilianz, hinter der ein konsequentes Streben nach einem gemeinsamen Ziel steht, alle &uuml;berzeugt. Wir sollten es nicht bereuen.</p> <h2>Wer die Nachtigall st&ouml;rt</h2> <p>Unser Bestreben, in den &Auml;rztekammern &Auml;rztevertreter und nicht Funktion&auml;re zu sein, schlug fehl. Sehr schnell mussten wir erkennen, dass dort Fraktionspolitik, gesteuert von der &ouml;sterreichischen Parteipolitik, raumfordernd die B&uuml;hne beherrscht. Auch der Versuch einer Ann&auml;herung an die &Ouml;GAM, die den Anspruch auf die Wissenschaft in der Allgemeinmedizin zumindest im Schilde f&uuml;hrt, wurde zur&uuml;ckgewiesen. Es war Christian Eulers Verdienst, die Angriffe auf den &Ouml;HV, die jeweils den Beginn einer neuen &Ouml;GAM-Pr&auml;sidentschaft markierten, mit Souver&auml;nit&auml;t und Eleganz abzuwehren. Daf&uuml;r wurde ihm pers&ouml;nlich hoher Respekt gezollt, selbst von jenen, die trotz hehrer Wissenschaft mit t&ouml;dlicher Sicherheit auf den Wahllisten der Fraktionen zur Kammerwahl zu finden waren.</p> <h2>Ein Paukenschlag</h2> <p>Im J&auml;nner 2005 erkl&auml;rte uns Mag. Markus Lechner, damals noch in der Kanzlei Oberhofer/Innsbruck t&auml;tig, die Folgen der &sect;15a B-GV betreffend die Zielsteuerung Gesundheit, vielmehr die Folgen, die daraus erwachsen werden. Dass die Quantit&auml;t der Gesundheitsleistungen reduziert wird, war schon damals klar, dass B&uuml;rokratie zum Synonym f&uuml;r Qualit&auml;t dient, absehbar.</p> <h2>Der Kampf gegen die Windm&uuml;hlen</h2> <p>Die Tradition der Haus&auml;rztekongresse setzten wir fort: urspr&uuml;nglich in Bad Ischl, dann in St. Wolfgang, zuletzt in Bad Gleichenberg. Unsere Ziele waren ehrgeizig. Ein ambitioniertes Fortbildungsprogramm, darunter erst- und einmalig Sonografiekurse f&uuml;r Allgemeinmediziner mit Diplom als Abschluss, begleitet von einem Kinderprogramm, das den Kindern Freude und den Eltern Mu&szlig;e brachte. Auf Anregung und unter tatkr&auml;ftigem Engagement Dr. Eulers spielten wir Kabarett, organisierten Ausstellungen und veranstalteten Hausmusikabende &ndash; alles von &Auml;rzten f&uuml;r &Auml;rzte. Unser Stolz und H&ouml;hepunkt der Veranstaltung war jeweils ein Gastvortrag, wie z.B. der von DDr. G. Nenning im Jahr 2000 in Bad Gleichenberg. Pfingsten, das liebliche Fest, war allj&auml;hrlich die Bl&uuml;tezeit unserer Kongresse, aber auch im grauen Alltag hatten wir eine Stimme: die Zeitung &bdquo;Hausarzt&ldquo;, urspr&uuml;nglich und &uuml;ber viele Jahre verlegt von Vater und Sohn Pacher&shy;negg, danach vom Medizinisch Pharmazeutischen Verlag (MPV) unter der temperamentvollen Leitung Karin Herzeles. Als es im Laufe der Zeit zur Trennung kam und die Zeitung unter anderer F&uuml;hrung die 250. Ausgabe feierte, war die lange Vergangenheit des Blattes keiner Erw&auml;hnung wert. Uns aber erstrahlte ein neuer Stern: &bdquo;DAM &ndash; Die AllgemeinMediziner&ldquo;, herausgegeben von der Universimed CMC GmbH, wurde unsere neue journalistische Heimat.</p> <h2>Die Schicksalssymphonie</h2> <p>Beethovens unheilvolles Anfangsmotiv war un&uuml;berh&ouml;rbar, nur in den &Auml;rztekammern wurde es nicht wahrgenommen. Im Glauben, es sich wie immer richten zu k&ouml;nnen, tut man jetzt &uuml;berrascht, vor allem, weil man nicht gefragt wird. Aber der &sect;15a will ernst genommen werden. Seine Propheten, die Patientenanw&auml;lte, predigten unaufh&ouml;rlich und lassen auch heute nicht davon ab. Sie verhei&szlig;en die Heilung aller medizinischen Probleme durch ein Wunder der B&uuml;rokratie: ELGA. Dr. Euler war der Rufer in der W&uuml;ste, der sich gegen den Zeitgeist stellte. Mit der Aktion &bdquo;Raus aus ELGA&ldquo; f&uuml;hrte er unsere kleiner werdende, aber artikulationsf&auml;hige Schar von Haus&auml;rzten in ein letztes Gefecht. Unterst&uuml;tzt vom Werbeb&uuml;ro Halik organisierten wir im Radiokulturhaus Wien und im Caf&eacute; Landtmann regelm&auml;&szlig;ig Veranstaltungen mit namhaften Vortragenden zu Themen der Gesundheitsreform, kamen auch im ORF zu Wort (Vizepr&auml;sidentin der Wiener &Auml;rztekammer, Dr. Eva Raunig, in der Sendung &bdquo;Im Zentrum&ldquo;) und waren dank unseres Dr. Geppert regelm&auml;&szlig;ig in vielen Printmedien &Ouml;sterreichs vertreten. Der Chor der Rache wurde indes immer lauter. Trotzdem: ELGA, als Heilmittel gepriesen, ist bestenfalls ein Trostpflaster, der &ouml;sterreichweite zeitnahe Roll-out immer noch Zukunftsmusik. Die ELGA GmbH soll umgebaut werden. Die Gesch&auml;ftsf&uuml;hrerin wird, statt nach sieben mageren Jahren endlich die Fr&uuml;chte ihres Tuns zu genie&szlig;en, n&auml;chstes Jahr zu neuen Ufern aufbrechen &ndash; raus aus ELGA. Aber immer noch erklingt der Jubel aus offiziellen Kehlen. Weil der Geist der Medizin nicht leicht zu fassen ist, wird er immer aufs Neue beschworen. Die neue Formel hei&szlig;t &bdquo;PHC&ldquo; (Primary Health Care).</p> <h2>Auf Wunder ist kein Verlass</h2> <p>Immer weniger &Auml;rzte w&auml;hlen die Allgemeinmedizin als Lebensinhalt, vor allem auf dem Land. Die Politik, und dazu ist sie ja da, wei&szlig; sofort Abhilfe. Sie sendet Rattenf&auml;nger aus, aber die sollen nicht erst den Umweg &uuml;ber Nagetiere nehmen, sondern gleich gro&szlig;e Kinder fangen: &Auml;rztinnen und &Auml;rzte. Noch herrschen Zweifel und Unglaube. Aber einige lassen sich doch verf&uuml;hren.</p> <h2>Wo der Glaube fern ist, kann man keine Wunder tun</h2> <p>Das wenige, das man von PHC wei&szlig;, ist schier unglaublich. Zusch&uuml;sse von Bund und Land sind n&ouml;tig, um sie &uuml;berhaupt auf die Beine zu stellen. Dass so ein Modell, fl&auml;chendeckend auf &Ouml;sterreich angewandt, nicht finanzierbar ist, kann jedes Milchm&auml;dchen ausrechnen. Noch unglaublicher ist jedoch, dass dort, wo heute nicht einmal ein Arzt mehr hinm&ouml;chte, in Zukunft gleich deren mehrere und noch dazu Physio- und Psychotherapeuten, auch Logop&auml;den, unterst&uuml;tzt von Krankenschwestern und Pflegern, sich tummeln sollen. Aber davor kommen Honorar&shy;abschl&uuml;sse, und die sollen auf Wunsch des Hauptverbandes Einzelvertr&auml;ge sein. Diese Neuerung verhei&szlig;t nichts Gutes. Der von der &Auml;rztekammer f&uuml;r alle bef&uuml;rchtete Prestigeverlust wird nur vom Honorarverlust der Einzelnen &uuml;bertroffen werden. Denn die Zeiten, in denen das W&uuml;nschen noch geholfen hat, sind l&auml;ngst vorbei und die Kinder, die dem Rattenf&auml;nger folgten, kamen nie wieder.</p> <h2>Immer weiter rinnt die Zeit, die Zukunft wird Vergangenheit</h2> <p>Und so endet auch die lange Zeit der Pr&auml;sidentschaft Dr. Eulers so unspektakul&auml;r, wie sie begonnen hat. Die Akkorde, die er in seiner Zeit setzte, werden noch lange nachhallen und die Spur, die hier gezogen wurde, wird auch in Zukunft sichtbar bleiben. Wir alle, die im Team um Dr. Euler mitgewirkt haben, sch&auml;tzen uns gl&uuml;cklich, dabei gewesen zu sein. Den knapp verpassten &bdquo;Zwanziger&ldquo; werden wir im kleinen Rahmen n&auml;chstes Jahr festlich begehen.</p></p>
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