
„Ich will meine Begeisterung für die Medizin, die Lehre und Forschung weitertragen!“
Unser Gesprächspartner:
Univ.-Prof. Dr. Alexander Moschen, PhD
Leiter der Universitätsklinik für Innere Medizin, Schwerpunkt Gastroenterologie/Hepatologie
Kepler Universitätsklinikum Linz
E-Mail: alexander.moschen@kepleruniklinikum.at
Das Interview führte Dr. Katrin Spiesberger, MSc.
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Nach mehr als 20 Jahren an der Medizinischen Universität Innsbruck trat Univ.-Prof. Dr. Alexander Moschen, PhD, im November 2020 nun den klinischen Lehrstuhl für Innere Medizin an und übernahm damit die Leitung der Universitätsklinik für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie/Hepatologie am Kepler Universitätsklinikum Linz. Wir haben mit ihm über neue Herausforderungen und zukünftige Pläne gesprochen.
Sehr geehrter Herr Prof. Moschen, wie ist der Wechsel nach Linz verlaufen, haben Sie sich schon gut eingelebt?
A. Moschen: Ich bin zwar erst einige Monate hier, es fühlt sich aber schon sehr richtig an. Sprich, ich habe mich schon sehr gut eingelebt und auch viel Spaß an der Arbeit. Als ich hierhergekommen bin, kannte ich das Team, das mit 35–40 Ärzten relativ groß ist, kaum und ich bin wirklich begeistert!
In meiner neuen Position finde ich es besonders wichtig, kein Egomane zu sein, sondern alle mit im Boot zu haben. Im Team arbeiten zum Teil ältere Kollegen mitjahrzehntelanger Erfahrung, die wahnsinnig gute Arbeit leisten, es wäre vermessen, von heute auf morgen alles besser zu wissen. Die Zeiten, in denen es einen großen Chef gab, der die Ansagen macht, sind überholt. Ich sehe mich hier eher als Steuermann eines Schiffes – und das fährt nur mit dem gesamten Team. Am Ende des Tages bleiben ohnehin viele Entscheidungen über, die man selbst treffen muss.
War der Wechsel in eine neue Position an einem neuen Standort ein schwieriger Schritt für Sie?
A. Moschen: Früher oder später muss man sich ohnehin der Frage stellen,welchen Weg man einschlagen möchte. Als niedergelassener Facharzt ist man nah am Patienten, im klinischen Alltag allerdings auf sich allein gestellt. In einem Zentrum hingegen arbeitet man im Team. Hinzu kommen viele organisatorische bzw. administrative Aufgaben (die der niedergelassene Arzt allerdings genauso zu erledigen hat), die Arbeit am Patienten wirkt im Vergleich dazu dann oft wie Erholung – Patientengespräche werden quasi zum Highlight des Tages. Generell sollte man sich aber durchaus überlegen, warum man eine Leitungsfunktion annimmt. Für mich ist die Weitergabe des Wissens, aber auch der eigenen Motivation das Ausschlaggebende: Ich will meine Begeisterung für die Medizin, die Lehre und Forschung weitertragen!
Das heißt, die Arbeit mit den jungen Kollegen bzw. ihre Ausbildung liegt Ihnen sehr am Herzen?
A. Moschen: Ich bin der Meinung, dass Medizin nachhaltig sein muss, und in dieser Position kann ich dies besonders gut umsetzen. Da ich hier an einer Universitätsklinik bin, lerne ich meine zukünftigen Kollegen zum Teil schon beim Studium kennen, die dann vielleicht zu mir ins Labor kommen, um ihren PhD zu machen – sprich, man baut sie von der Schule weg auf und geht ein langes Stück ihres Weges mit ihnen. So habe ich es selbst erlebt: Ich hatte das große Glück,sozusagenvon einem Langzeit-Mentorship zu profitieren. Univ.-Prof. Dr. Herbert Tilg hat mich als Student in die Wissenschaft gebracht, mir die Begeisterung für die Fachdisziplin vorgelebt, mich immer unterstützt und steht voll hinter mir – auch heute noch. Genau das möchte ich weiterleben. Wenn ich das auch nur halb so gut hinbekomme wie er, dann habe ich schon ziemlich vielgeschafft.
Was sind Ihrer Einschätzung nach die größten Unterschiede zwischen Innsbruck und Linz?
A. Moschen: Die Standorte Innsbruck, Wien und Graz sind hochetablierte, seit Jahrzehnten bestehende medizinische Universitäten mit Universitätskliniken, an denen viele Abläufe etabliert sind und der Gestaltungsspielraum dementsprechend begrenzt ist. Linz hingegen beherbergt die jüngste medizinische Fakultät, die Entwicklung ist hier noch im Fluss, ich kann mich in denEntwicklungsprozess einbringen und versuchen mitzugestalten. Zudem befindet sich das Klinikum der Johannes-Kepler-Universität (JKU), das übrigens nach dem AKH das zweitgrößte in Österreich ist, in einer besonderen Phase: der Transition vom Stadtspital zur Uniklinik, und ich freue mich darüber, diesen Weg mitgehen zu können. Die medizinische Exzellenz als auch die Motivation hier sind enorm und die Zusammenarbeit von Forschung, Lehre und Klinik wird großgeschrieben. Ich bin froh, einer der Motoren sein zu dürfen, die etwas bewegen, und ich bin mir sicher, dass dies gut funktionieren wird und dass das Konstrukt in ein paar Jahren fest im Sattel sitzen wird.
Freuen Sie sich auf die zukünftigen Herausforderungen in der Lehre?
A. Moschen: Ja, und das nicht ganz uneigennützig. Ich habe an der JKU ja den klinischen Lehrstuhl für Innere Medizin inne und bin Modulverantwortlicher für die „Erkrankungen des Verdauungstraktes und endokrine Organe“. Im Sinne der Nachhaltigkeit des Standortes ist es die ideale Kombination, wenn man den Nachwuchs, den man vor Ort braucht, auch direkt vor Ort ausbilden kann. Die Universität lebt von der Lehre und getreu dem Spruch „Der Lehrende lernt von seiner Lehre am meisten“ zwingt mich die Lehre – mehr als meine persönliche Motivation –, mich ständig auf dem Laufenden zu halten. Das Wissen wächst an Universitätsstandorten immer am stärksten.
Zudem sagt mir das „Linzer Modell“ des Unterrichts sehr zu. In Vorlesungen sind nicht mehr als 60 Studenten, in Kursen nicht mehr als 30. Die Vorlesung findet parallel zum Kurs statt und parallel dazu absolvieren die Studenten auch das klinische Praktikum – ein schlaues Modell, wie ich finde. Die Studenten lernen die Grundlagen, machen sich zeitgleich praktische Überlegungen dazu im Rahmen von interdisziplinären Falldiskussionen und sind auch gleich noch am Patienten. Ich gebe zu, dass vor allem das Unterrichten von Kleingruppen eine Herausforderung für die Lehrenden darstellt, für die Studenten ist dies allerdings ideal.
Seit 2017 leiten Sie zudem das Christian-Doppler-Labor für Mukosale Immunologie, ist das nun auch nach Linz übersiedelt?
A. Moschen: Ja, das CD-Labor konnten wir mit 1. Jänner an die JKU transferieren, formell ist dies bereits über die Bühne gegangen. Zuletzt hatte ich acht Mitarbeiter in Innsbruck, zwei davon, Dissertanten, sind gerade am Fertigwerden, ein Dissertant und eine Biologin, Christina Watschinger, die gerade ihren PhD abschließt und die Laborleitung hier übernehmen wird, sind mit nach Linz gekommen, ein Mitarbeiter überlegt noch. Alles in allem ist uns damit ein unglaublicher Wissenstransfer von Innsbruck nach Linz gelungen, was mir den Start hier natürlich deutlich erleichtert. Die JKU hat mich dabei entsprechend mit personellen und finanziellen Ressourcen unterstützt. Aber auch die Universität Innsbruck ist mir sehr entgegengekommen. Bis Ende Oktober habe ich weiterhin eine geringfügige Beschäftigung in Innsbruck inne, sodass ich meine dortigen Projekte noch abschließen kann.
Wie werden sich Ihre zukünftigen Forschungsschwerpunkte gestalten?
A. Moschen: Mein Fokus liegt ja zum einen auf der Mikrobiomforschung, zum anderen auf der Entzündungsbiologie. Seit Jahren laufen dazu parallel viele Projekte, inklusive klinischer Eigenstudien, an denen ich nach wie vor intensiv arbeiten werde. Die Achse Ernährung – Darmkeimwelt – Immunsystem ist und bleibt von besonderem Interesse für mich. Es ist unglaublich spannend, wie Vorgänge im Darm andere Prozesse in unserem Körper beeinflussen. Wie beeinflusst der Darm unsere Gefühle, also die Darm-Hirn-Achse? Das, wie ein geschätzter Kollege es nennt, Stoffwechselkonzert oder auch das Immunsystem, bei dem die zeitliche Achse eine große Rolle spielt? – Das alles sind die Fragen, mit denen ich mich hier weiterhinbeschäftigen werde.
Diese Fragen bedürfen zudem auch der Expertise anderer Fachgebiete, eine Tatsache, die mir Spaß macht und meinen Horizont erweitert. Der Standort Linz ist dabei besonders interessant für mich, weil der technische Bereich hier sehr stark ist, also die Biochemie, Chemie, Physik, aber auch die Bioinformatik. Ich habe Forschungsschwerpunkte, man darf sich aber auch neuen Wegen nicht verschließen und vielleicht ergeben sich durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit neue Projektideen. Mein Wunsch ist es auf jeden Fall, zukünftig in engem Austausch mit den Kollegen der technischen Fächer zu stehen. Innerhalb der Universität ist es uns möglich, das Know-how aus unterschiedlichen Bereichen zusammenzuführen und aus Einzelkomponenten ein gemeinsames großes Ganzes zu schaffen.
Ich bin also sehr froh, diesen Schritt gewagt zu haben.
Vielen Dank für das Gespräch!
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