Ganzheitlicher Blick auf die Patient:innen

„Die Wunde im Fokus – der Mensch im Mittelpunkt“

Beim Wundkongress 2023 in Nürnberg lag der Schwerpunkt auf der ganzheitlichen Betrachtung des einzelnen Patienten. Vor diesem Hintergrund standen Themen wie telemedizinische Wundbehandlungen und künstliche Intelligenz im Fokus.

Mit rund 2000 Teilnehmern hat sich der zweitägige „Wund-Kongress des Südens“ im Zuspruch weiter gesteigert. Das Publikum erwarteten 160 Beiträge in 90 Sessions aus allen Bereichen der Medizin, wie Chirurgie, Dermatologie, Diabetologie, Phlebologie, Angiologie, Geriatrie und Lymphologie, Intensivmedizin sowie Hygiene und Mikrobiologie. Ein Highlight waren die Ausblicke auf die Perspektiven der Diagnostik und Behandlung. Hier wurde auch aufgezeigt, wie weit fortgeschritten die digitale Versorgung in Deutschland tatsächlich ist und wie zukünftig intelligente Hightech-Verbandmaterialien die Wundversorgung verbessern können.

Den Vorsitz der Veranstaltung hatte Tagungspräsident Prof. Dr. Joachim Dissemond, Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum Essen.Prof. Dr. med. Joachim Dissemond gilt als Verfechter einer gründlichen Diagnostik und ist wesentlich an der Entwicklung von diagnostischen Hilfen und Handhaben für die Therapie von Menschen mit chronischen Wunden beteiligt, wie dem TILI-Score, der ABCDE-Regel und dem M.O.I.S.T.-Konzept.

Placeboeffekte nutzbringend einsetzen

Auf die Frage, wie die Heilung von Wunden gefördert werden kann, ging Prof. Dr. Manfred Schedlowski in seinem Eröffnungsvortrag ein. Der Psychologe und Placeboforscher ist der Leiter des Instituts für Medizinische Psychologie und Verhaltensimmunbiologie der Universitätsklinik Essen und beschäftigte sich damit, wie Placeboeffekte nutzbringend eingesetzt werden können. „Es ist keine Einbildung. Der Placeboeffekt schafft tatsächlich messbareneurochemische Veränderungen in Gehirn und Körper“, erklärte der Wissenschaftler in seinem praxisrelevanten Vortrag, den er in der Eröffnungssession vorstellte. Eine positive Erwartung kann demnach einen positiven Einfluss auf die Heilung haben. Dafür ist eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation wichtig.

Perspektiven in der effektiven Wundbehandlung

Warum patientenberichtete Daten für die Lebensqualität der Betroffenen wichtig sind, darum ging es speziell in der Hauptsitzung „Patient-Reported Outcome Measures (PROMs)“. Prof. Dr. Matthias Augustin, Hamburg, berichtete über die Nutzung der Patientenperspektive in der Praxis. Behandlungen können durch validierte Messinstrumente angepasst und verbessert werden, was bei chronischen Erkrankungen eine kontinuierliche Verbesserung der individuellen Lebens- und Versorgungsqualität bedeuten kann.

Eine vielversprechende Möglichkeit zur Verbesserung verschiedener Aspekte der Wundheilung bietet die Kaltplasma-Therapie. Dr. Nessr Abu Rached, Bochum, stellte erste Zwischenergebnisse der POWER-Studie („plasma on chronic wounds for epidermal regeneration“) vor. Im Vergleich zur Standardwundtherapie erhöhte sich der Wundverschlussfaktor signifikant. Der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), in Deutschland im März 2023 eine Erprobungsstudie durchzuführen, nimmt dabei quasi die letzte Hürde auf dem Weg zur Erstattung. Bis zum Routineeinsatz wird es allerdings noch dauern.

Digitale Wundversorgung im Blick

Ein Update gab es auch in der digitalen Wundversorgung. „In Hinblick auf die epidemiologische Entwicklung mit immer mehr älteren Menschen und zeitgleich immer weniger Mitarbeitern im Gesundheitswesen ist die Telemedizin ein sehr wichtiger Ansatz“, erklärte Tagungspräsident Prof. Joachim Dissemond. Gleich drei Hauptsitzungen befassten sich mit den Themen künstliche Intelligenz (KI) und Telemedizin. KI-basierte sogenannte „smart dressings“ in Verbindung mit Telemedizin sind dabei ein zentrales Thema für die Zukunft. Doch bis KI-gestützte Lösungen für eine Unterstützung der Versorgungsstruktur bei der Behandlung von Menschen mit chronischen Wunden in der Praxis eingesetzt werden, ist es noch ein weiter Weg. Ende August 2023 hat allerdings das Bundeskabinett mit dem Digital-Gesetz (DigiG) und dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) zwei Vorhaben beschlossen, die für das Vorantreiben der Digitalisierung der Gesundheitsversorgung eine zentrale Voraussetzung sind.

© Wundkongress

Auch 2023 gab es wieder eine Vielzahl von Vortragsthemen mit hohem Praxisbezug

Wund-Slam und Preisverleihungen

Nach der Premiere des Wund-Slams 2022 konnten sich in diesem Jahr die Hersteller verschiedener Wundprodukte wieder an eineman den Poetry Slam angelehnten Product-Science Slam versuchen. Die Bandbreite der Darbietungen reichte von einem Zauberkünstler über einen Rap und Gedichte bis zu einer Showeinlage im Stil einer Quizshow.

Zum Abschluss des Wundkongresses wurden der beste freie Vortrag und das beste Poster gekürt. Naomi Bosch, Erlangen, erhielt den Posterpreis für ihre Arbeit über Heparin-induzierte Nekrosen – eine häufig unterschätzte Komplikation, deren genaue Pathomechanismen bislang noch unklar sind. Dr. medic Alexandru Tigla, Burghausen, wurde für den besten freien Vortrag zurAuswirkung von nicht heilenden Zehenamputationen im Verlauf eines Jahresgeehrt.

Termin für 2024 steht

Jetzt bereits in den Kalender eintragen kann man sich die 7. Auflage des Nürnberger Wundkongresses: vom 5. bis 6. Dezember 2024 in der Meistersingerhalle in Nürnberg. (red)

Pressemitteilung: WUKO 2023: Die Wunde im Fokus – der Mensch im Mittelpunkt mit neuem Teilnehmerrekord. Dezember 2023

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