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Ein attraktiver Kassenkatalog könnte das Strukturproblem beheben

„Wir haben geliefert, aber heute interessiert das niemanden mehr“

Seit 2. Dezember 2022 ist Dr. Manfred Fiebiger, Dermatologe in Salzburg, neuer Bundesfachgruppenobmann und auch Obmann des Berufsverbandes Österreichischer Dermatologen (BVÖD). Er löst damit Dr. Johannes Neuhofer, Dermatologe in Linz, ab, der jahrelang den Berufsverband erfolgreich geleitet hat. Als Verein wurde der Berufsverband aufgelöst und ist nun in die ÖGDV als eigenständige Arbeitsgruppe integriert.

Wie sehen Ihre Pläne aus, welche Bereiche wollen Sie als Obmann des BVÖD neu gestalten?

M. Fiebiger: Mein erstes Hauptaugenmerk lege ich auf den Kontakt zwischen Dermatologen in Ausbildung mit niedergelassenen Dermatologen. Wir haben ein Strukturproblem, weil Dermatologen in Ausbildung verschiedene Ängste vor der Niederlassung haben. Dadurch wird es immer schwieriger, Kassenstellen nachzubesetzen.

Der Mangel an Ärzten verschärft das Problem. Daher möchte ich niederschwellige Möglichkeiten schaffen, in Praxen zu hospitieren. Die beste Möglichkeit, sich einen Praxisbetrieb anzusehen, ist die Lehrpraxis. Dort kann man einen Teil der Facharztausbildung absolvieren und sich den Praxisalltag ansehen. Für die bereits Niedergelassenen möchte ich mich für Verbesserungen im Kassenkatalog einsetzen.

Der Berufsverband ist nun in die ÖGDV integriert. Wie planen Sie sich innerhalb der ÖGDV zu positionieren?

M. Fiebiger: Mein Plan ist es, mich aktiv in die ÖGDV einzubringen und die Sichtweise der niedergelassenen Kollegen zu vertreten. Diese Zusammenarbeit beruht auf Synergien in jeglicher Hinsicht. Die niedergelassenen Kollegen sind darauf angewiesen, Fälle, die in der Praxis nicht behandelt werden können, in die Kliniken zu schicken. Für die Kliniken ist es wichtig, dass im niedergelassenen Bereich möglichst viele Patienten vollständig betreut werden, um die überfüllten Ambulanzen zu entlasten.

<< Wir haben ein Strukturproblem, weil Dermatologen in Ausbildung verschiedene Ängste vor der Niederlassung haben.>>

Medizinische Weiterentwicklungen in unserem Fach für unsere Patienten umzusetzen und dies auch nach außen zu transportieren liegt im Interesse der gesamten Dermatologie.

Welche Inhalte sind Ihnen in der Arbeitsgruppe besonders wichtig?

M. Fiebiger: In der heutigen Zeit ist die Kommunikation zwischen der Fachgruppe und der Kollegenschaft von großer Wichtigkeit. Neuigkeiten, die das Fach betreffen, müssen so schnell wie möglich vom Präsidium der ÖGDV in die Fachgruppe und zu den Kollegen in der Praxis weitergeleitet werden.

Weiters geht es, wie vorhin schon erwähnt, um eine Attraktivierung des Kassenkataloges im Sinne eines einheitlichen Leistungskataloges. Vor über drei Jahren hat die Politik diesen Katalog gefordert. Bei der Erstellung des Kataloges war ich damals miteingebunden, wir haben geliefert, aber heute interessiert das niemanden mehr. In diese Richtung gehört der politische Druck verstärkt.

Wird es eine eigenständige BVÖD-Tagung geben?

M. Fiebiger: Wenn ich mir unseren sehr umfangreichen Kongresskalender ansehe, empfinde ich es nicht als zielführend, eine zusätzliche Veranstaltung zu organisieren. Dr. Johannes Neuhofer hat mit dem Präsidium der ÖGDV ausreichende Zeitkontingente bei den Jahrestagungen der ÖGDV und der ÖADF für den BVÖD vereinbart, diese Kongresse sind immer sehr gut besucht. Somit haben wir zweimal im Jahr die Möglichkeit, relevante Themen für niedergelassene Dermatologen zu bearbeiten, und können auf die hervorragende Kongresslogistik der beiden Arbeitsgruppen zurückgreifen. Über Themenvorschläge aus dem niedergelassenen Bereich sind wir sehr dankbar.

Wie wollen Sie die Mitgliederzahlen des BVÖD weiter steigern? Ist die Mitgliedschaft kostenpflichtig oder ändert sich nun etwas?

M. Fiebiger: Die Mitgliedschaft ist kostenlos, und das wird auch so bleiben. Aus finanzieller Sicht ist die Anzahl der Mitglieder daher nebensächlich. Der BVÖD soll eine offene Arbeitsgruppe sein. Der Vorstand besteht aus der Bundesfachgruppe, und alle, die sich einbringen möchten, sind dazu herzlich eingeladen.

Planen Sie die mediale Präsenz des BVÖD weiter auszubauen?

M. Fiebiger: In der ÖGDV gibt es starke Aktivitäten, die Präsenz der Dermatologie über die diversen Kanäle zu verstärken. Mit Privatdozent Dr. Christian Posch, der diesen Bereich leitet, habe ich schon erste Vorgespräche geführt. Mein Plan ist, dass sich die Fachgruppe an diesem Projekt beteiligt. Weiters möchte ich über den E-Mail-Verteiler der ÖGDV persönlich an alle Mitglieder herantreten. Wer sich über den BVÖD informieren will, kann unsere Website besuchen: www.bvoed.at

Wie aktiv planen Sie in der Ärztekammer zu sein?

M. Fiebiger: Innerhalb der Ärztekammer bin ich kein Mandatar. Ich habe jedoch eine beratende Funktion in der Bundeskurie. Dort werde ich die Anliegen der Fachärzte für Dermatologie einbringen.

Gibt es genügend Dermatologen in Österreich?

M. Fiebiger: Die Überlastung der Praxen beantwortet die Frage von selbst. Der Stellenplan sollte an die demografische Entwicklung unseres Landes angepasst werden. Aber auch ein verbesserter Stellenplan ist wirkungslos, wenn wegen mangelnder Attraktivität des Kassenkataloges die Stellen nicht besetzt werden können. Hier sind die Versicherungsträger und die Gesundheitspolitik gefordert.

Das Fach Dermatologie ist bei Jungmedizinern sehr beliebt. Gibt es genügend Ausbildungsstellen für den Nachwuchs?

M. Fiebiger: Auch hier sehe ich Verbesserungsbedarf. Es kommt eine Pensionierungswelle auf uns zu, die mit den derzeit in Ausbildung stehenden Kollegen nie abgefangen werden kann.

Was halten Sie von digitalen Apps?

M. Fiebiger: Der Markt ist riesig, es gibt sehr gute Apps und auch sehr schlechte. Zweckmäßig finde ich ganz einfache Apps, die die Patienten auf die Medikamenteneinnahme bzw. Applikation von externer Therapie hinweisen, wodurch die Compliance verbessert wird. Auch gibt es Apps, die bei der Erstellung eines PASI sehr hilfreich sind.

Bei der letzten ÖGDV wurde die App „ScinScreener“ vorgestellt. Mit der App können Patienten Hautläsionen mit der Kamera aufnehmen, und die App wertet die Bilder über künstliche Intelligenz aus. In einer Studie der Universität Graz hat diese App bezüglich Treffsicherheit sehr gut abgeschnitten. Durch diese App beschäftigen sich die Patienten intensiver mit Hautveränderungen und werden aufmerksamer. Ich nehme an, dass sich dadurch die Patienten früher von Dermatologen untersuchen und gegebenenfalls operieren lassen.

Welche Position beziehen Sie in der Diskussion Wahlarzt – Kassenarzt?

M. Fiebiger: Es sollte weiterhin frei entschieden werden können, ob die Kollegen als Wahl- oder Kassenärzte arbeiten. Ich selbst war sechs Jahre Wahlarzt und bin mittlerweile seit fast fünfzehn Jahren Kassenarzt. Beide Arbeitsmodelle haben Vor- und Nachteile.

Leider gibt es bei den angestellten Ärzte extreme Unsicherheiten zu diesem Thema. Deshalb organisiert der BVÖD bei der nächsten ÖADF eine Diskussionsrunde mit Referenten von Spitalsärzten, Wahlärzten und Kassenärzten, bei der dieses Thema ausführlich behandelt wird.

Völlig inakzeptabel sind die Angriffe vom ÖGK-Obmann Andreas Huss gegen die Wahlärzte und sein Wunsch, Ärzte zur Arbeit in der Kassenpraxis zu verpflichten. Das ist ein typisches Ablenkungsmanöver. Unsere Wahlärzte mit Korruption in Verbindung zu bringen ist ein Tiefpunkt der Kommunikation. Probleme lassen sich mit Gesprächen und Verhandlungen lösen und nicht mit Zwangsmaßnahmen und Beleidigungen.

Wie gehen Sie persönlich mit negativen Google-Bewertungen um? Was raten Sie Ihren Kollegen?

M. Fiebiger: Diese Bewertungen können sehr ärgerlich sein. Man arbeitet eine Woche intensiv, operiert in dieser Woche fünfzehn maligne Hauttumore und am Ende der Woche bekommt man eine schlechte Bewertung über einen Fake-Account, weil die Telefonleitung besetzt war.

Es gibt Kollegen, die diese Bewertungen einfach ignorieren, ich persönlich lese sie durch, bedanke mich für gute Bewertungen und schreibe meine Sicht der Dinge bei schlechten Bewertungen. Auf jeden Fall sollten sich der Nationalrat und die EU für eine Klarnamenpflicht einsetzen. Wenn die bewertete Praxis namentlich bekannt ist, sollte sich auch die Person zu erkennen geben, die die Bewertung geschrieben hat.

<< Man arbeitet eine Woche intensiv, und am Ende der Woche bekommt man eine schlechte Bewertung, weil die Telefonleitung besetzt war.>>

Das Grundproblem ist, dass vor allem Patienten Bewertungen schreiben, die unzufrieden sind. Ein guter Weg ist, zufriedene Patienten zu motivieren, positive Bewertungen zu schreiben, wodurch die negativen Bewertungen in den Hintergrund rutschen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!
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