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Interdisziplinäre Vulvaambulanz am Landesklinikum Wiener Neustadt

Seit 2015 gibt es am Landesklinikum Wiener Neustadt eine Vulvaambulanz, die interdisziplinär von den Gynäkologen Dr. Eva Pavelka und Dr. Robert Schacherl und vom Dermatologen Dr. Martin Zikeli betrieben wird. Die gynäkologisch-dermatologische Sprechstunde ist in dieser Form einzigartig in Österreich.

Ablauf und Organisation

Die Spezialambulanz findet einmal pro Monat statt. Nach Zuweisung vom Facharzt können pro Termin 9–10 Patientinnen angesehen werden. Teilweise haben die betroffenen Frauen lange Leidenswege hinter sich und kommen sogar aus anderen Bundesländern zu uns. Wir versuchen, uns sowohl für die somatische Erkrankung wie auch die damit verbundenen seelischen Belastungen ausreichend Zeit zu nehmen, um eine definitive Diagnose zu stellen und eine funktionierende Therapie einzuleiten.

Meist klagen die Patientinnen über Brennen, Schmerzen oder Juckreiz, andere kommen wegen HPV-assoziierter Veränderungen. Die fächerübergreifende Expertise von Gynäkologie und Dermatologie hat sich jedenfalls bei der Behandlung von Vulvaerkrankungen sehr bewährt. Für die histologische Befundung arbeiten wir mit der spezialisierten Pathologin Univ.-Prof. Dr. Sigrid Regauer vom Institut für Pathologie der Medizinischen Universität Graz zusammen. Auch die Vernetzung mit Sexualtherapeuten, Physiotherapeuten und Urologen hat einen hohen Stellenwert.

Prof. Regauer und die Gynäkologin Dr. Barbara Eberz sind die Gründerinnen des Vereins Interdisziplinäre Interessensgemeinschaft Vulvaerkrankungen (VIVE e.V.) und Organisatorinnen des jährlich stattfindenden Vulvaworkshops. Im Rahmen dieser Fortbildungsveranstaltung halten wir einen Basiskurs über wichtige entzündliche, infektiöse und neoplastische Krankheitsbilder im Vulvabereich ab, daneben findet ein wechselnder Spezialkurs statt. Auch hier bemühen wir uns um einen regen interdisziplinären Austausch.

Spektrum vulvärer Erkrankungen

Wichtige Differenzialdiagnosen juckender Vulvaerkrankungen sind die vulvovaginale Candidose, Lichen sclerosus, Psoriasis inversa, Lichen simplex chronicus und allergische Kontaktdermatitis.

Brennende oder schmerzhafte Vulvaerkrankungen umfassen z.B. Lichen planus, irritatives Kontaktekzem, Schleimhautpemphigoid, A-Streptokokken-Vulvitis, Herpes genitalis, fixes Arzneimittelexanthem, Vulvitis plasmacellularis und zahlreiche mit Erosionen oder Ulzera einhergehende Veränderungen.

Die Einteilung vulvärer intraepithelialer Neoplasien erfolgt in eine squamöse und eine nicht squamöse Form. Zu Letzterer zählen der extramammäre M. Paget und das Melanoma in situ. Die squamöse Form wird in eine „low grade“ und eine „high grade squamous intraepithelial lesion“ (L-SIL, früher VIN 1, und H-SIL, früher VIN 2 & 3) unterteilt. Wichtig abzugrenzen von diesen HPV-induzierten „usual type VIN“ (uVIN) ist die oft auf Basis eines erosiven Lichen planus entstehende, HPV-negative „differentiated type VIN“ (dVIN). Die dVIN präsentiert sich meist unilokulär und in Assoziation mit einem unzureichend behandelten Lichen planus oder Lichen sclerosus, zeigt eine rasche Progredienz zu einem invasiven Plattenepithelkarzinom und damit eine schlechte Prognose. Sie macht nur 2–5% aller VIN, aber zwei Drittel aller Plattenepithelkarzinome aus und erfordert eine Exzision mit Sicherheitsabstand.

Die interdisziplinäre Arbeit in der Vulvaambulanz bietet die Möglichkeit zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch, wodurch die Patientinnen profitieren können. Ähnliche spezialisierte Einrichtungen an anderen Standorten wären daher wünschenswert.

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Abb. 1: Dr. Martin Zikeli, Dr. Eva Pavelka, Dr. Robert Schacherl (v.l.n.r.)

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