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Qual der Wahl?

Th2-Blockade vs. JAK-Inhibition

Zwei grosse neue Substanzklassen bereichern das Armamentarium für die systemische Therapie der atopischen Dermatitis (AD): Th2-Blocker und JAK-Inhibitoren. Beide Ansätze erweisen sich als effektiv, was sich auch in den entsprechenden Zulassungen widerspiegelt. Dabei nutzen sie unterschiedliche Mechanismen. Was gilt es für die Therapiewahl zu beachten?

Keypoints

  • Für die systemische Therapie der mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis stehen neben Th2-Blockern auch JAK-Inhibitoren zur Verfügung.

  • Th2-Blocker zeichnen sich durch ein spezifisches Wirkprofil aus, benötigen jedoch im Vergleich zu JAK-Inhibitoren etwas länger, bis sie ihr Wirkpotenzial entfalten. Arzneimittelwechselwirkungen spielen kaum eine Rolle.

  • JAK-Inhibitoren wirken sehr schnell, aber auch sehr breit. Durch die Metabolisierung gilt es, Arzneimittelwechselwirkungen zu beachten.

Laut Behandlungsalgorithmus der AD-Leitlinien für Erwachsene1 halten alle neuen systemischen Therapien den höchsten Empfehlungsgrad, führte Prof. Dr. med. Dr. h.c. Andreas Wollenberg, München, aus. Es gebe keine direkte Handlungsanleitung, in welcher Reihenfolge welche Substanzen zur Anwendung kommen sollten. Indem weder einzelnen Th2-Blockern noch speziellen JAK-Inhibitoren der Vorzug gegeben werde, könnten patientenindividuelle Entscheidungen bestmöglich unterstützt werden.

Die Empfehlungen, welche AD-Patientinnen und -Patienten für eine systemische Therapie infrage kommen, wurden im Jahr 2022 überarbeitet:1 Ein SCORAD >50 ist nun nicht mehr alleiniger Faktor. Hinzu kommen ein Versagen der topischen Therapie sowie der Umstand, dass die Teilhabe an Aktivitäten der Peergroup trotz eines SCORAD <50 nicht möglich ist. Hiermit gebe es nun drei Türen, die den Weg zur Systemtherapie öffneten, beschrieb Wollenberg.

Der EASI ist kein adäquates Tool, um sich für oder gegen eine systemische Behandlung zu entscheiden. AD wird durch eine komplexe Fehlregulation zahlreicher immunologischer Signalwege verursacht. Die Signalübertragung wichtiger Zytokine wird über JAK-assoziierte Rezeptoren vermittelt. JAK-Inhibitoren interagieren auf vielen verschiedenen Ebenen und an unterschiedlichen Stellen – und das sehr schnell, so der Experte. Th2-Blocker wirken hingegen eher spezifisch, weshalb die zielgerichteten Effekte ein deutlich besseres Sicherheitsprofil versprächen. Das zeige sich auch in der klinischen Realität.

Pro & kontra Th2-Blocker

Aktuell sind mit Dupilumab und Tralokinumab zwei Th2-Blocker für die systemische Therapie der mittelschweren bis schweren AD zugelassen. Für Lebrikizumab bestehe laut Wollenberg eine positive Opinion, die Zulassung werde in Kürze erwartet. Alle drei monoklonalen Antikörper sind gegen Interleukin(IL)-13 gerichtet, wobei Dupilumab sowohl die Alpha-Kette von IL-4 als auch den IL-13-Rezeptor blockiert. Dieser seit 2017 auf dem Markt befindliche Th2-Inhibitor ist inzwischen für die AD-Therapie ab einem Alter von 6 Monaten zugelassen. Eine aktuelle Studie konnte zeigen, dass Kinder unter Dupilumab im Vergleich zu Erwachsenen weniger Nebenwirkungen wie Konjunktivitis entwickelten.2

Tralokinumab zeige ein leicht besseres Sicherheitsprofil als Dupilumab. Jedoch dauere es etwas länger, bis diese Substanz ihr volles Wirkpotenzial zeige. Manchmal benötige es daher einen etwas längeren Atem bei der Behandlung.

Ein grosser Vorteil, den Th2-Blocker gemeinsam hätten, sei, dass keine Laborwerte im Verlauf überprüft werden müssten. Nachteilig sei jedoch die bereits erwähnte Th2-assoziierte Konjunktivitis. Real-World-Daten zeigen, dass die Inzidenz weltweit höher ist, als die frühen klinischen Studien vermuten liessen.3 Aus Wollenbergs eigener klinischer Erfahrung sind rund 30% der behandelten Patientinnen und Patienten von einer Konjunktivitis betroffen.

Ein weiteres Phänomen sei die Dupilumab-assoziierte Kopf- und-Hals-Dermatitis («Dupilumab-associated head and neck dermatitis», DAHND): Das transkriptomische Profiling einzelner Zellen zeige eine konsistente Expression von IL-13 und eine Hochregulierung von IL-22 und AHR in T-Helfer- und zytotoxischen T-Zellen, erläuterte der Experte.

Auch ein Switch zur Psoriasis lasse sich unter der AD-Therapie mit Dupilumab beobachten, wie ein «case report» aus Deutschland zeigt:4 Durch ein abruptes Absetzen oraler Kortikosteroide und der zielgerichteten Blockade der Th2-Antwort durch Dupilumab erfolgte eine Hochregulation von Th1 mit der Folge einer histologisch manifesten Psoriasis.

Manchmal sei es also nicht ausreichend, sehr zielgerichtet mit wenigen zu erwartenden Nebenwirkungen zu therapieren, schlussfolgerte Wollenberg.

Pro & kontra JAK-Inhibition

Wie eingangs erwähnt setzen JAK-Inhibitoren auf zahlreichen Ebenen der Erkrankung an. So interagieren sie sowohl auf der Nervenebene als auch mit Keratinozyten, dendritischen Zellen und T-Zellen.5 Dies begünstige einen schnellen Wirkeintritt. Auf der anderen Seite werden Januskinasen für zahlreiche physiologische Aktionen und Reaktionen im menschlichen Körper benötigt – insbesondere für die Hämatopoese sowie die antivirale Response.6 Diese Vorgänge nun zu stark oder gar komplett zu blockieren sei nachvollziehbarerweise «keine gute Idee», so Wollenberg. Ziel sei eine Reduktion der Signale und daher sei eine vorsichtige Dosierung angezeigt.

Zugelassen für die systemische Therapie der AD sind derzeit die JAK-Inhibitoren Baricitinib, Upadacitinib und Abrocitinib. Um die richtige Substanz für den individuellen Betroffenen auszuwählen, benötige es eine Menge an Informationen. Hinsichtlich der Nebenwirkungen unterscheiden sich die Substanzen: Abrocitinib tendiert dazu, gastrointestinale Beschwerden auszulösen,7 unter Upadacitinib tritt vermehrt Akne auf.8 Ein besonderes Augenmerk sollte laut dem Experten auf die Herpes-zoster-Vakzinierung vor Beginn der Therapie gelegt werden.

Bezüglich einer Interaktion mit anderen Medikamenten gab Wollenberg zu bedenken, dass JAK-Inhibitoren als «small molecules» metabolisiert werden. Vor allem Abrocitinib habe ein sehr komplexes Interaktionsmuster, für dessen Vorhersage es eine Software-Unterstützung benötige, erklärte der Dermatologe. Andererseits sei Abrocitinib der spezifischste der drei zugelassenen JAK-Inhibitoren. Upadacitinib erweise sich als die stärkste Substanz hinsichtlich des Wirkeffekts, jedoch werde es vergleichbar metabolisiert wie Cyclosporin A und habe daher ähnlich viele, jedoch vorhersagbare Interaktionsmuster. Baricitinib werde nahezu komplett ausgeschieden und nicht metabolisiert, sodass es kaum zu Arzneimittelwechselwirkungen komme.

Vergleich der Substanzklassen

Eine randomisierte, verblindete Phase-III-Studie mit 692 Patientinnen und Patienten mit mittelschwerer bis schwerer AD verglich den Einsatz von Dupilumab mit Upadacitinib.9 Primärer Endpunkt war der EASI 75 in Woche 16. Die Autoren konnten eine statistisch signifikanteÜberlegenheit von Upadacitinib im Vergleich zu Dupilumab zeigen.9 Der JAK-Inhibitor führte schneller zu einem EASI 75 und reduzierte schneller den Juckreiz. Wollenberg wies darauf hin, dass im Verlauf der Th2-Blocker aufholte. Für eine rasche Interferenz biete sich jedoch der Einsatz eines JAK-Inhibitors an. Eine gute Übersicht über die verfügbaren Therapieoptionen haben Wollenberg und Kollegen in der europäischen Leitlinie zusammengefasst (siehe Tab. 1).

Tab. 1: Übersicht Behandlungen; 1 SmPC, 2 Expertenempfehlung, ↑: Anstieg, AE: atopisches Ekzem, GL: Guideline, LDL: «low density lipoprotein», PIIINP: «procollagen type III N-terminal propeptide», TPMT: Thiopurin-S-Methyltransferase (mod. nach Wollenberg A)10

Was bringt die Zukunft?

Die Th2-Blocker und JAK-Inhibitoren haben – ebenso wie die klassischen Immunsuppressiva – ihre Vor- und Nachteile. Wollenberg selbst möchte auf keinen dieser Bausteine verzichten: Es gelte, besser zu definieren, welches klinische Problem mit welchem systemischen Medikament behandelt werden sollte. Dabei sollte insbesondere auch die Adhärenz der Behandelten Berücksichtigung finden.

Symposium «Atopic Dermatitis» beim EADV-Kongress am 12. Oktober 2023 in Berlin

1 Wollenberg A et al.: European guideline (EuroGuiDerm) on atopic eczema. J Eur Acad Dermatol Venereol 2022; 36(11):1409-31 und 1904-26 2 Paller AS et al.: Dupilumab in children aged 6 months to younger than 6 years with uncontrolled atopic dermatitis: a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2022; 400(10356):908-19 3 Halling AS et al.: Real-world evidence of dupilumab efficacy and risk of adverse events: a systematic review and meta-analysis. J Am Acad Dermatol 2021; 84(1):139-47 4 Senner S: Psoriasis bei Dupilumab-behandeltem atopischem Ekzem. Hautarzt 2020; 71(5):383-6 5 Szilveszter KP et al.: Tyrosine kinases in autoimmune and inflammatory skin diseases. Front Immunol 2019; 10:1862 6 Gadina M et al.: Janus kinases to jakinibs: from basic insights to clinical practice. Rheumatology (Oxford) 2019;58(Suppl 1):i4-i16 7 Cibinqo (abrocitinib). Summary of product characteristics. Pfizer; 2023 8 Rinvoq (upadacitinib). Summary of product characteristics. AbbVie; 2023 9 Blauvelt A et al.: Efficacy and safety of upadacitinib vs dupilumab in adults with moderate-to-severe atopic dermatitis: arandomized clinical trial. JAMA Dermatol 2021; 157(9):1047-55 10 Wollenberg A: Symposium «Atopic Dermatitis», EADV-Kongress 2023

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